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Diskussionsteil 118<br />

Gelesenen i<strong>de</strong>ntifizieren können und die <strong>In</strong>formationen nutzen, um mit seinem Umfeld zu<br />

kommunizieren. Abhängig von seinen persönlichen Ansprüchen wird er sich für eine bestimmte<br />

Zeitung entschei<strong>de</strong>n. Neben <strong>de</strong>r eigenen Entscheidung hinsichtlich <strong>de</strong>r Auswahl <strong>de</strong>r Zeitung und <strong>de</strong>m<br />

Selektieren <strong>de</strong>ssen, was er liest und anschließend diskutiert, spielt auch die <strong>In</strong>teraktion mit seinen<br />

Mitmenschen eine entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Rolle für das Ausmaß einer möglichen Manipulation. Je stärker seine<br />

eigene Meinung zu einem Thema o<strong>de</strong>r je stärker <strong>de</strong>r Einfluß seines sozialen Umfel<strong>de</strong>s auf seine eigene<br />

Meinung ist, <strong>de</strong>sto geringer ist die Gefahr, durch die Berichterstattung beeinflußt o<strong>de</strong>r manipuliert zu<br />

wer<strong>de</strong>n. Ein Leser ohne eine eigene Meinung o<strong>de</strong>r ein individuell beeinflussen<strong>de</strong>s Umfeld wird sich<br />

dagegen sehr viel eher an <strong>de</strong>r durch die Medien vorgegebenen Realität orientieren. Diese Realität ist<br />

allgegenwärtig und je<strong>de</strong>m zugänglich.<br />

Ein Leser, <strong>de</strong>r keinen Hund besitzt, wird vermutlich kein größeres <strong>In</strong>teresse an einem fundierten<br />

Wissen über Hun<strong>de</strong> haben. Diese Leser wer<strong>de</strong>n jedoch auch durch die Zeitungslektüre ihren<br />

Wissensstand nicht vergrößern können, <strong>de</strong>nn die Zeitungen liefern so gut wie keine <strong>In</strong>formationen<br />

diesbezüglich. Durch die Berichterstattung über Beißzwischenfälle wer<strong>de</strong>n allenfalls bestehen<strong>de</strong><br />

Vorurteile gegenüber Hun<strong>de</strong>n vergrößert. Denn die Schlagzeile „Kampf<strong>hund</strong> zerfleischt Kind“ verkauft<br />

sich nun einmal besser als die Schlagzeile „Mischling biss dreijähriges Kind“.<br />

Nicht zwangsläufig daraus schließen kann man allerdings, daß Hun<strong>de</strong>halter immer über ein fundiertes<br />

Wissen verfügen. Die Analyse <strong>de</strong>r Leserbriefe macht <strong>de</strong>utlich, daß sich die Gruppe <strong>de</strong>r Hun<strong>de</strong>halter<br />

durchaus in zwei Lager spalten lässt: Auf <strong>de</strong>r einen Seite solidarisieren sich die Halter „ungefährlicher“<br />

Hun<strong>de</strong> mit <strong>de</strong>n „Kampf<strong>hund</strong>e-Besitzern“ und führen nicht selten wissenschaftliche Erkenntnisse als<br />

Begründung für eine überzogene Bewertung <strong>de</strong>r Gefährlichkeit an. Das an<strong>de</strong>re Lager distanziert sich<br />

von diesem Standpunkt und stützt seine Argumente häufig auf offensichtliche Vorurteile, die vielfach<br />

durch ungeprüftes Übernehmen zum Beispiel <strong>de</strong>r öffentlichen Meinung, wie<strong>de</strong>rgegeben durch die<br />

Zeitungen, entstehen.<br />

Selbst die Besitzer von „Kampf<strong>hund</strong>en“ reagieren unterschiedlich auf Berichterstattung und<br />

Gesetzesän<strong>de</strong>rungen. Einige gehen vor Gericht und klagen gegen die Verordnung 356 , sie gehen sogar<br />

für ihre Überzeugung ins Gefängnis 357 . An<strong>de</strong>re trennen sich von ihren Tieren, weil sie Unkosten<br />

scheuen o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n zunehmen<strong>de</strong>n Anfeindungen ihrer Mitmenschen nicht gewachsen sind. 358<br />

Die Konsequenzen dieser Einflüße, daß nämlich die Medien in <strong>de</strong>r Lage sind, das Verhältnis eines<br />

Menschen zur Realität stärker zu beeinflussen als es seine eigenen Beobachtungen tun, und daß ein<br />

Mensch nach <strong>de</strong>r Zeitungslektüre durchaus eine an<strong>de</strong>re Einstellung zum Hund haben kann als vorher,<br />

lassen sich abschließend sehr anschaulich an zwei Beispielen ver<strong>de</strong>utlichen, die sich in meinem<br />

Bekanntenkreis ereignet haben:<br />

Eine Frau ging mit ihrem angeleinten American Staffordshire Terrier wie üblich in ihrer Wohngegend<br />

spazieren. Und wie schon einige Male zuvor kam ihr eine an<strong>de</strong>re Frau entgegen, die ihr 3- o<strong>de</strong>r 4jähriges<br />

Kind an <strong>de</strong>r Hand hatte. Bislang waren sie kurz stehen geblieben, hatten sich begrüßt, und<br />

das Kind durfte <strong>de</strong>n Hund streicheln. Passiert war dabei nie etwas. Nach<strong>de</strong>m nun einige Zeit zuvor<br />

vermehrt über „Kampf<strong>hund</strong>e“ und ihre Angriffe auf Mensch und Tier berichtet wor<strong>de</strong>n war, wechselte<br />

die Frau plötzlich mit ihrem Kind die Straßenseite, als sie <strong>de</strong>n Hund sah. We<strong>de</strong>r die Besitzerin noch <strong>de</strong>r<br />

Hund hatten je Anlaß dazu gegeben.<br />

Einige Zeit später erzählte mir ein Freund, er habe mit seinem Bullterrier (also einem Exemplar einer<br />

als „Kampf<strong>hund</strong>“ gelisteten Rasse) an einer Bushaltestelle gestan<strong>de</strong>n, als eine ältere Frau neben ihm<br />

fragte, ob <strong>de</strong>r Hund lieb sei und sie ihn einmal streicheln dürfe. Nach<strong>de</strong>m sie sich zu <strong>de</strong>m Hund<br />

heruntergebeugt und ihn eine Weile gestreichelt hatte, sah sie <strong>de</strong>n Besitzer an und meinte, es sei<br />

doch scha<strong>de</strong>, daß sich so viele Leute diese schrecklichen „Kampf<strong>hund</strong>e“ halten wür<strong>de</strong>n. Sie sollten sich<br />

doch besser alle so liebe Hun<strong>de</strong> anschaffen, wie er einen habe, dann gäbe es sicher keine Probleme<br />

mehr mit Beißereien.<br />

Der erste Fall macht <strong>de</strong>utlich, daß die Berichterstattung sehr wohl Einfluß haben kann auf die<br />

Alltagssituationen von Menschen, mit und ohne Hund. Durch die Panikmache und Sensationsgier <strong>de</strong>r<br />

Medien entsteht aus einem Gefühl <strong>de</strong>r Schutzlosigkeit übersteigerte Angst seitens <strong>de</strong>r Bevölkerung.<br />

Den Hun<strong>de</strong>haltern wird mit Skepsis begegnet, bekannte und liebgewonnene Hun<strong>de</strong> wer<strong>de</strong>n plötzlich<br />

zum Angstobjekt, ohne daß etwas passiert ist, was die Angst rechtfertigen wür<strong>de</strong>. Die Mutter <strong>de</strong>s<br />

Kin<strong>de</strong>s hat offenbar plötzlich eine an<strong>de</strong>re Vorstellung von <strong>de</strong>r Realität. Und vorausgesetzt, daß sie<br />

zwischenzeitlich keine schlechten Erfahrungen mit einem an<strong>de</strong>ren Hund gemacht hat, die eine<br />

grundsätzliche Angst vor allen Hun<strong>de</strong>n erklären könnten, ist ihre Reaktion nur auf <strong>de</strong>n allgemeinen<br />

356 Berliner Kurier, 7.1.1999, S. 18<br />

357 Berliner Zeitung, 20./21.3.1999, S. 17<br />

358 Berliner Morgenpost, 28.8.1999, S. 14

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