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Thyssenkrupp Magazin Werkstoffe

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Magnesiumblechen einen Personenkraftwagen rund 100 Kilogramm<br />

leichter machen. Das würde bedeuten, dass man die Autoabgase reduzieren<br />

und mit der gleichen Menge Benzin weiter als bisher fahren<br />

könnte.<br />

Doch Magnesium ist kein ganz einfacher Werkstoff. Es hat einen<br />

relativ niedrigen Schmelz- und Siedepunkt. Erhitzt man es an der Luft,<br />

verbrennt es von rund 500 Grad an mit der charakteristischen blendend<br />

weißen Flamme zu Magnesiumoxid. Gefährlich aber erscheint Magnesium<br />

nur für diejenigen, die zu wenig darüber wissen – davon ist Bernhard<br />

Engl, promovierter Werkstoff- und Umformingenieur, überzeugt.<br />

Der Schmelz- und Verarbeitungsvertrieb in Freiberg weiß selbstredend<br />

um die heftige Reaktion von Magnesium und Hitze, das Team hat deshalb<br />

umfangreiche Vorkehrungen getroffen. Flüssiges Magnesium wird<br />

nur in einer Atmosphäre aus Schutzgas verarbeitet, und die ist gleich<br />

mit einem dreifachen Sicherungssystem ausgerüstet.<br />

Magnesium ist nämlich nur flüssig ein problematischer Werkstoff;<br />

ein Magnesiumblech hingegen ist schwerer entflammbar als andere<br />

Bauteile im Fahrzeug. Auch wenn einzelne Komponenten in einem Auto<br />

aus Magnesium sind, stellt das Material keine Gefahr dar, sagt Bernhard<br />

Engl. Die Feuerwehr kämpft im Falle eines Brandes zunächst mit<br />

den wesentlich schneller entflammbaren Stoffen.<br />

Dass es bis heute so wenige Teile aus Magnesium im Auto gibt,<br />

hat denn auch einen anderen Grund als die Sensibilität, die man bei<br />

dessen Verarbeitung an den Tag legen muss. Magnesiumbleche sind<br />

noch zu teuer. Nur etwa ein Prozent des weltweit produzierten Magnesiums<br />

wird für Bleche eingesetzt. Und das, obwohl es mehr als genug<br />

Magnesium auf der Welt gibt. Zwar kommt „Mg“ nicht einfach irgendwo<br />

in elementarer Form vor, sondern nur in Verbindungen. Aber dafür<br />

findet man es überall, etwa in der Erdrinde oder in dem Mineral Dolomit,<br />

aus dem die Dolomiten gebildet sind.<br />

Und auch im Meer: Wird das Meerwasser entsalzt, um daraus<br />

Trinkwasser zu gewinnen, fällt Magnesiumchlorid in großen Mengen an.<br />

Würde man aus diesen Abfällen Magnesium gewinnen, hätte man<br />

sogar zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Zum einen könnten die<br />

anfallenden Lagerkosten für den „Müll“ gespart werden. Zum anderen<br />

gibt es keine Entsorgungsprobleme mit den Blechen: Das verarbeitete<br />

Ein Rohstoff<br />

ohne Mengenproblem<br />

Das TK <strong>Magazin</strong> | 1 | 2004 |<br />

MAGNESIUM 99<br />

Magnesium ist ein wahres Recyclingwunder und kann wieder eingeschmolzen<br />

werden.<br />

Ein Mengenproblem für den Rohstoff Magnesium gibt es nicht,<br />

bestätigt Bernhard Engl. Aber die Preisgestaltung macht Schätzungen<br />

über den Einsatz von Magnesiumblechen in Automobilen so unsicher.<br />

Gleichwohl ist dies eine der wichtigsten Aufgaben der Freiberger Forschungsgruppe:<br />

Bernhard Engl und sein Team müssen herausbekommen,<br />

wie günstig ThyssenKrupp Magnesiumbleche anbieten könnte.<br />

Und da sein Unternehmen die Weltmarktpreise für den Werkstoff nicht<br />

beeinflussen kann, muss es in der Fabrikhalle Ideen entwickeln und die<br />

Abläufe intelligent optimieren. So hat ThyssenKrupp zusammen mit der<br />

Technischen Universität Freiberg eine Gießwalztechnik entwickelt und<br />

zum Patent angemeldet, mit der die Magnesiumbleche in höchster<br />

Qualität industriell gefertigt werden können und gleichzeitig der bisherige<br />

Preis von Magnesiumblechen unterboten werden kann.<br />

ANWENDUNG MIT VIELEN MÖGLICHKEITEN<br />

„Dass das geht, wissen wir schon. Und auch, dass die Bleche in ihren<br />

Maßen und ihrer Beschaffenheit sofort einsatzfähig wären. Denn die<br />

Bleche sind mit zu erreichenden 1,3 mm ziemlich dünn, aber trotzdem<br />

stabil.“ Die ersten tiefgezogenen Versuchsbauteile, die Bernhard Engl<br />

vorweisen kann, beweisen, dass Magnesiumbauteile nicht unbedingt<br />

gegossen werden müssen: Von der technischen Seite steht der Verwendung<br />

von Magnesiumblechen also nichts mehr im Weg.<br />

Das Problem ist jetzt noch der Absatz, denn die Kunden entscheiden<br />

schließlich, ob die Magnesiumbleche im stofflichen Leichtbau akzeptiert<br />

und im Preis gegenüber den anderen <strong>Werkstoffe</strong>n konkurrenzfähig<br />

werden können. Doch genau diese Frage gestaltet sich bislang<br />

schwierig: Man müsste wissen, wie viele Bleche beispielsweise ein Autohersteller<br />

bereit wäre abzunehmen und wie viel er dafür zahlen würde.<br />

Sobald allerdings die Automobilbranche die Vorteile realisieren<br />

kann, könnten die ersten Hersteller Magnesiumbleche aus dem Hause<br />

ThyssenKrupp in die Serienproduktion übernehmen. Und der Einsatz<br />

der neuen Blechkonkurrenz in Auto und Luftfahrtindustrie zeichnet sich<br />

durch Vielfalt aus: Ob Haube, Dach, Instrumententräger oder Sitzschale<br />

– das Leichtgewicht hat noch eine große Zukunft vor sich. 7

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