Thyssenkrupp Magazin Werkstoffe
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44 DOMBAUMEISTERIN<br />
Wirbelwind, der die Hosen an hat. In ihrem Hosenanzug wirkt sie elegant,<br />
stilvoll, in ihrem kleinen Büro in einem Gebäude auf der Kölner<br />
Domplatte. Schreibtisch, Besuchertisch und Schränke strahlen den Charme<br />
von Möbelstücken aus, die die Vergangenheit überdauern. Doch<br />
der Computer auf dem Schreibtisch macht gleich deutlich, dass Barbara<br />
Schock-Werner nicht in der Vergangenheít lebt. Überhaupt nicht.<br />
„Wir leben in der Gegenwart und sind deswegen modern. Das möchte<br />
ich auch nach außen hin zeigen. Ich erfülle hier eine Funktion, ich verwende<br />
Materialien unserer Zeit – und werde in einigen Jahren auch<br />
wieder verschwinden, wenn das Alter gekommen ist.“<br />
An Beispielen mangelt es ihr nicht. In der neu hergerichteten<br />
Schatzkammer seien mit Absicht moderne Materialien zum Einsatz gekommen,<br />
Edelstahl etwa, dem sie wegen der Eleganz, der Ästhetik und<br />
der Geradlinigkeit viel abgewinnen kann.<br />
Wie es nun mal mit den ästhetischen Kategorien ist: Sie sagen viel<br />
über denjenigen oder diejenige aus, die sie kundtun. Sicher ist der Dom<br />
für die Leiterin der Dombauhütte sehr viel mehr als eine schnöde Baustelle.<br />
Ihre Funktion würde sie dementsprechend auch nie als Job bezeichnen,<br />
dann schon eher als „richtig tolle Aufgabe“. Bei der es, wie<br />
sie ehrlich zugibt, mitunter Tage gibt, in denen sie den Eindruck habe,<br />
Normalität sei die Ausnahme – Abstrusitäten, Eigenarten, Verrücktheiten<br />
dagegen die Regel. Und dennoch: Sie sucht nicht die Konfrontation,<br />
sondern das Gespräch, den Ausgleich zwischen den unterschiedlichen<br />
Interessen.<br />
DIE DOMBAUMEISTERIN BEHERRSCHT VIELES<br />
Ein Glück nur, dass der Dom sich selbst gehört, keinem anderen. Der<br />
Dom ist, rechtlich gesehen, auf sich selbst eingetragen – weshalb auch<br />
niemand Besitzansprüche erheben kann. Was man erreichen kann,<br />
sind Patenschaften oder fürsorgliches Wirken, wie sie sich etwa das<br />
Domkapitel oder der Dombauverein zueigen macht.<br />
Wer im Brennpunkt solch unterschiedlicher Interessenlagen steht,<br />
bedarf der persönlichen Robustheit. Die würde der Dombaumeisterin<br />
niemand absprechen, schon von der Herkunft her. Heute Mitte fünfzig,<br />
wuchs sie in Stuttgart auf. Die schwäbische Handwerkerfamilie hinterließ<br />
Spuren: „Das deutsche Bildungswesen durchlief ich sozusagen diagonal.<br />
Mittlere Reife, danach Bauzeichnerlehre, weil ich mich schon<br />
immer einerseits für die Kunst, andererseits für die Mathematik interessierte.<br />
Dem folgte ein Architekturstudium an der Fachhochschule in<br />
Stuttgart.“ Um die Diagonale weiterzuführen: zwischendurch absolvierte<br />
sie auch ein Praktikum auf dem Bau als Maurer, später bei einem Zimmermann.<br />
Das Prüfstück verschweigt sie nicht: ein zweizügiger Kamin,<br />
Tragende Winkel<br />
aus Stahl