WERKSTOFFAUSWAHL 81
82 WERKSTOFFAUSWAHL Suche nach der optimalen Lösung Adams machte sich die Mühe, alles, was er sah, was ihm vor die Augen kam, zu studieren, Werte zu berechnen, die Ergebnisse zu vergleichen – um alle diese Fakten nach und nach in einer Datenbank zu erfassen. Die Lebenserfahrung freilich hat ihn gelehrt, alle Vorteile der Computertechnik zu nutzen, ohne Gefahr zu laufen, sie überzubewerten. Für ihn bleibt unumstößlich: „Der Computer kann nicht alles ersetzen, aber man kann auch den Computer nicht ganz und gar ersetzen.“ Wie dieses in der Praxis funktioniert, führt er mit der ihm eigenen Leidenschaft vor. Oft steht er im Gespräch auf, eilt zu einem seiner Schränke, deren Inhalt er – für einen Außenstehenden kaum nachvollziehbar – Blatt für Blatt zu kennen scheint. Zielsicher zieht er einen Ordner heraus. Die Bemerkung „Ich kann Ihnen alles schwarz auf weiß zeigen“ ist in Adams Fall keine Koketterie, sondern Ausdruck von Seriosität – die er in Streitfällen so zu nutzen weiß, dass der Hinweis auf diese oder jene Literaturstelle einen Disput fast immer beendet. „Solche Erfahrungen sind bei Auseinandersetzungen überaus hilfreich“ sagt er, „vorausgesetzt, man hat all die technischen Berichte gelesen und weiß, wo man jedes Detail finden kann.“ DETAILKENNTNISSE BEENDEN AM EINFACHSTEN DEN DISPUT Im Normalfall sucht der Kunde bei Jochen Adams die ideale Stahl- Lösung. Mit den heutigen Möglichkeiten kann dieser ihn umgehend bedienen. Angenommen, der Hersteller von Nutzfahrzeugen sucht nach einem Vergütungsschaubild, gibt alle möglichen Eigenschaften wie Härtbarkeit, Streckgrenze, Abkantradius, Schweißeignung, Blechdicke vor – dann kann er mit Hilfe des Computers in wenigen Augenblicken einen Stahl oder eine Auswahl geeigneter Sorten präsentieren, die zudem, was in der Regel zum Wichtigsten gehört, auch noch verfügbar sind. „Was nutzt der schönste Stahl, wenn ich ihn dem Kunden nicht liefern kann?“ fragt Adams, diesmal in der Rolle des Händlers, über die Funktion des Metallkundlers hinaus. Doch findet er zu allen Parametern passend ein Ergebnis in seinem Computer, hellt sich Adams Miene auf. „Volltreffer.“ Der insofern nicht unwichtig ist, als er zu neuem Umsatz bei ThyssenKrupp Schulte führt und Adams einmal mehr zur Prosperität des Unternehmens auf seine Art beiträgt. Eine langweilige Tätigkeit? Überhaupt nicht, meint Adams, es habe keinen Tag in seinem langen Berufsleben gegeben, an dem er ungern in den Betrieb gegangen sei, nicht zuletzt wegen der ständig neuen Herausforderungen. DIE ANGABEN ENTSPRECHEN DEN ERFAHRUNGEN Und dann wird er noch lebendiger als sonst. „Zusammen mit den Kunden suche ich anwendungsorientierte Lösungen. Aber mit Forschung hat dies nichts zu tun.“ Trotzdem, die Grenzen verschwimmen. Bringt er die <strong>Werkstoffe</strong> „TS-ThermoCut 1, TS-ThermoCut 2“ ins Spiel, wird schnell deutlich, dass man ihn auch hier guten Gewissens als Erfinder bezeichnen kann. Denn diese beiden Stähle für thermische Trennverfahren – insbesondere das Laserschneiden – hat er entwickelt. Auch die farbige Broschüre, welche die Eigenschaften der Neuheiten darstellt, spiegelt das Wissen und den Anspruch der Person Adams. Nicht nur die Einzelheiten betreffend, die übersichtlich dargestellten Informationen über die chemische Zusammensetzung, thermische Trennverfahren, Laserstrahlschneiden, Laserstrahlschweißen oder Kalt-Umformen. Die Feststellung „Die Angaben, mit denen wir Sie beraten wollen, entsprechen unseren Erfahrungen“ könnte von ihm stammen. Seit langem beschäftigt sich Jochen Adams besonders auch mit Problemfällen bei den <strong>Werkstoffe</strong>n. Von Natur aus ein Pragmatiker, auf der Basis gesicherten Wissens, holt er den einen oder anderen Gegenstand, legt ihn auf den Tisch und erklärt, worin denn das eigentliche und nicht das vermeintliche Problem besteht. Der Fahrzeugbauer etwa, der nicht mit dem vorgeschriebenen Radius von 10 Millimeter, sondern schon mit 1 Millimeter abkantet, woraufhin die Kante bricht: „Das kann so nicht funktionieren.“ Oder der Hersteller einer Maschine, die Fleisch in Vakuumfolie einschweißt: Die Maschine rostet an allen möglichen Ecken und Enden. Was, wie der Hersteller und Betreiber der Maschine ganz sicher zu wissen meint, am falschen Werkstoff liegt. Was aber, wie Adams noch sicherer weiß, in Wirklichkeit daran liegt, dass die Maschi- Das TK <strong>Magazin</strong> | 1 | 2004 |