wellen zuständige Geschäftsbereichsleiter bei ThyssenKrupp Presta. Zumal deren Spezialität der „Gebauten Nockenwelle“ von den Motorenbauern dieser Welt sehr gut angenommen wird. „Gebaut“ heißt: Die Nockenwelle wird nicht in Form geschmiedet oder aus flüssigem Metall gegossen, sondern aus einzelnen, separat gefertigten Komponenten zusammengesetzt: dem Rohr mit aufgeschobenen, aber äußerst fest sitzenden Nocken sowie den Lager- und Antriebselementen. Dabei können die Materialien sehr gezielt für ihren Einsatz und entsprechend des Kostenrahmens ausgewählt werden: Die Nocken beispielsweise aus sehr verschleißfestem Schmiedestahl oder Sintermaterial und das Rohr aus einem einfacheren Präzisionsstahl. ROHR UND NOCKEN GEHÖREN IRGENDWANN ZUSAMMEN Dieses funktioniert mit dem Presta-Verfahren folgendermaßen: Ein blankes Stahlrohr von exakter Länge wird mit dem Endstück versehen, etwa einem Zahnrad, das später dem Nockenwellen-Antrieb dient. Jetzt wird es genutzt, um das Rohr jederzeit in der Fertigung exakt auszurichten – das ist wichtig, damit die Nocken in die richtige Richtung zeigen und die Ventile sich nicht aus dem Takt bewegen. Ein Motor bringt das Rohr auf eine sehr hohe Drehzahl, um an der Stelle, wo in wenigen Augenblicken die Nocken sitzen, die „Rollierung“ anbringen zu lassen: Ein eher stumpfes Werkzeug drückt in den Rohrstahl, verdrängt gezielt Material nach außen, so dass feine, nebeneinander liegende Ringe entstehen, die im Durchmesser um einige Zehntelmillimeter größer sind als das Rohr. Das genügt, um die Nocke ganz fest zu fixieren: Das Rohr wird gestoppt und die vorgefertigte Nocke auf die Rollierung gepresst, in exakt der vorgegebenen Winkellage. Zerstörungsfrei sind Nocke und Rohr nun nicht Das TK <strong>Magazin</strong> | 1 | 2004 | Die „Gebaute Nockenwelle“ hat einen großen Vorteil: Sie wird aus einzelnen, separat gefertigten Komponenten zusammengesetzt. Die <strong>Werkstoffe</strong> werden sehr gezielt für den Einsatz ausgewählt . NOCKENWELLE 31 mehr zu trennen. Wieder rotiert das Rohr für die nächste Rollierung, wird die zweite Nocke aufgesteckt – so lange, bis die gewünschte Zahl erreicht ist. Zwischendurch werden auch Lagerstellen aufgeschoben. Eine erste Qualitätsprüfung schließt sich an, bevor die Welle geschliffen wird – ThyssenKrupp Presta liefert die Nockenwellen einbaufertig an seine Kunden. Eine weitere, genauere Prüfung folgt, dann werden die Nockenwellen sicher verpackt und über den Globus expediert, um schon bald in einem Motor für das richtige Maß an Atmung zu sorgen. Das Bauen einer Presta-Nockenwelle findet vollautomatisch in Fertigungszellen statt, blitzschnell und mit sehr engen Taktzeiten. Für einen Personenwagen mit Vierzylinder-Motor ist sie etwa 60 Zentimeter lang und wiegt ein Kilogramm. „Bei optimaler Gestaltung lässt sich mit der Gebauten Nockenwelle im Vergleich zu herkömmlichen Verfahren bis zu 30 Prozent an Gewicht sparen“, sagt Hermann Weissenhorn. Dadurch laufe der Motor geschmeidiger, sei der Kraftstoffverbrauch niedriger. ThyssenKrupp Presta, ein traditionsreiches Unternehmen, ist im Geschäft mit Nockenwellen noch nicht lange vertreten. Alles begann 1986 mit dem Entschluss, in diesem Feld zu starten. „Erst einmal haben wir sechs Jahre lang Grundlagenentwicklung betrieben und uns mit Materialien beschäftigt“, erinnert sich Weissenhorn. Schließlich stand das Verfahren – und der erste Großauftrag kam von Ford, die Lieferung begann 1995. Seitdem ging es steil aufwärts. Im Jahr 2003 wurden mehr als 12 Millionen Nockenwellen für die großen Autohersteller der Welt gefertigt, in zwei Jahren sollen es mehr als 16,5 Millionen Stück sein. Und dies alles bei höchster Präzision, bei Toleranzen im Bereich von hundertstel Millimetern. „Was wir machen, ist Präzision wie bei einer Rolex-Uhr“, sagt Weissenhorn. 7
32 OIL TOOLS