PDF-Dokument | 60 Seiten - Bundesvereinigung Kulturelle Kinder ...
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kÜnSte – Sinne – bildung. wie gelingt äSthetiScheS lernen?<br />
Die BKJ-Jahrestagung „Künste-Sinne – Bildung“ stellte die<br />
„Gretchenfrage“ der <strong>Kulturelle</strong>n Bildung: „Wie gelingt ästhetisches<br />
Lernen?“ Das Angebot reizte rund 200 Interessierte, in<br />
die Akademie Remscheid zu kommen, um über Bildung neu<br />
nachzudenken und um Qualitätsbedingungen zu reflektieren,<br />
welche die <strong>Kulturelle</strong> Bildung als Praxis der Kunst für <strong>Kinder</strong><br />
und Jugendliche wie auch als kulturpädagogisch begleitete<br />
Bildungspraxis tatsächlich zum Herzstück der allgemeinen<br />
Bildung machen können. Aus der Fülle von Erkenntnissen, die<br />
die Beiträge und Diskussionen dieses Fachkongresses eröffneten,<br />
seien drei Aspekte hervorgehoben:<br />
-Die Pädagogik entdeckt zurzeit die alte Erkenntnis neu, dass<br />
der Mensch mit allen Sinnen und nicht bloß mit dem Kopf<br />
lernt. Das Ästhetische als umfassendes Gestaltungsprinzip<br />
eines „anderen Lernens“ und der Gestaltung geeigneter Lernumgebungen<br />
bietet daher gute Chancen, Lust am Leben und<br />
Freude an der Eroberung der Welt zu vermitteln (vgl. Max<br />
Fuchs in seinem Eröffnungsvortrag „Wie das Ästhetische<br />
hilft, die Welt und sich selbst zu verstehen“).<br />
-In der ästhetischen Bildung geht es um sinnliche Erfahrungen<br />
und die kreative Auseinandersetzung mit dem eigenen Leben<br />
und der Umwelt. Neben dem Ermöglichen von alltäglichen<br />
ästhetischen Erfahrungen ist eine weitere Aufgabe ästhetischer<br />
Bildung, an Kunst und Kultur in aller Vielfalt heranzuführen.<br />
Dann sprechen wir von <strong>Kulturelle</strong>r Bildung. Es liegt auf<br />
der Hand, dass Bildung dabei nicht auf Wissensaneignung reduziert<br />
werden kann, bei der das Denken der Wahrnehmung<br />
und der Gestaltungskompetenz übergeordnet ist. Ästhetische<br />
Prozesse haben offene Bildungswirkungen und sehen<br />
die Teilnehmenden nicht nur als Lernende an, sondern auch<br />
als Wissende und Denkende, die von Kulturpädagog/innen<br />
und Künstler/innen angeregt und animiert werden, ihre Potenziale<br />
zu entdecken und zu entfalten. In der Spannbreite<br />
von ästhetischem Ereignis über das ästhetische Erlebnis zur<br />
ästhetischen Erfahrung und Erkenntnis kann aber nur bedingt<br />
vorher bestimmt werden, was „gelernt“ wird bzw. werden<br />
soll. (vgl. Romi Domkowsky im BKJ-Magazin Nr. 10 zum<br />
Thema: „<strong>Kulturelle</strong> Bildung. Wie gelingt ästhetisches Lernen?“)<br />
-Wir, so der BKJ-Vorsitzende Gerd Taube in seinem Tagungsbeitrag,<br />
müssen unsere künstlerischen und pädagogischen<br />
Standards überprüfen und Veränderungen der Lebenswirklichkeit<br />
berücksichtigen. Es kann uns nicht kalt lassen, wenn<br />
kaum noch Zeit, Raum und Wertschätzung für forschendes<br />
Spiel und Experimente mit offenem Ausgang bleibt, wenn<br />
<strong>Kinder</strong> und Jugendliche in unserer „Bildungsrepublik“ keine<br />
unverplante Zeit mehr haben, in der sie selbst entscheiden<br />
können, was sie wie, wann und wofür tun. Wir – die Akteure<br />
der <strong>Kulturelle</strong>n Bildung – tragen Verantwortung für die Freiräume,<br />
in denen sich ästhetisches Lernen entfalten kann.<br />
Bildungsmotivation, Lerninteresse, Verantwortung für<br />
gesellschaftliche Mitgestaltung des Gemeinwesens und Befähigung<br />
zu einem selbstbestimmten, glücklichem und erfolgreichem<br />
Leben können heutzutage nicht zufriedenstellend<br />
ausgebildet werden, wenn sowohl formale als auch non-formale<br />
Bildungsgelegenheiten nicht stärker die Dimensionen<br />
<strong>Bundesvereinigung</strong> <strong>Kulturelle</strong> <strong>Kinder</strong>- und Jugendbildung e. V.<br />
des Wohlbefindens, der Autonomieerfahrung und Zeitsouveränität<br />
mitberücksichtigen. Bildungs- und Teilhabechancen<br />
können sich nur auf eine neue Lernkultur und ein anderes<br />
Bildungsverständnis gründen, welches die Lernenden in ihrer<br />
sozialen und kulturellen Unterschiedlichkeit wertschätzt und<br />
beteiligt.<br />
kulturelle unterSchiede anerkennen und<br />
zielgruppenorientierung VerbeSSern<br />
Partizipation und kulturelle Teilhabe setzen die Weiterentwicklung<br />
einer streng am Subjekt ausgerichteten, diversitätsbewussten<br />
und zielgruppensensiblen Praxis voraus. Nur so<br />
wird es der <strong>Kulturelle</strong>n Bildung gelingen, eine Brücke zu schlagen<br />
zwischen der vielfältigen Lebenswelt ihrer Teilnehmer/<br />
innen, ihren Bildungsinteressen und einem kreativ-künstlerischen<br />
Gestaltungsangebot, in welchem sie sich mit ihrer<br />
eigenen Geschichte und (transkulturellen) Identität respektiert<br />
fühlen, sich anerkannt sehen mit ihren bereits erworbenen<br />
Kenntnissen und Wissensbeständen und hierauf aufbauend<br />
motiviert sind, ihre Kreativität und Produktivität zu vervollkommnen.<br />
Die Anerkennung kultureller Unterschiede, die<br />
Orientierung am persönlichen Bedarf und die Ausrichtung an<br />
den individuellen Voraussetzungen und Wünschen der Menschen<br />
sind in einem zukunftsfähigen Konzept <strong>Kulturelle</strong>r<br />
Bildung unabdingbar – und auch machbar. Das Prinzip der<br />
Teilnehmerorientierung muss stärker für professionelles,<br />
kulturpädagogisches Handeln betont werden, um altersmäßigen,<br />
körperlichen und kognitiven Unterschieden und der<br />
Verschiedenheit von kultureller Biografie und Sozialisation<br />
Rechnung tragen zu können. Zielgruppenorientierung und<br />
Adressaten-Differenzierung dürfen aber nicht bedeuten, Teilnehmende<br />
als besondere Problemgruppen zu stigmatisieren.<br />
Vielmehr geht es um eine Adressatenperspektive, die die<br />
Besonderheiten von <strong>Kinder</strong>n und Jugendlichen zum „Ausgangsmaterial“<br />
eines künstlerischen Prozesses macht und deren<br />
Vorlieben, Bedürfnisse und Gewohnheiten als Vermögen<br />
ansieht.<br />
auF dem weg zur kulturSchule<br />
Damit sich vielen jungen Menschen vielfältige und umfängliche<br />
Gelegenheiten des ästhetischen Lernens eröffnen, setzt die<br />
BKJ auf die Entwicklung von Ganztagsschulen und bietet<br />
Schulen über das Beratungsangebot der Fachstelle „Kultur<br />
macht Schule“ und über das NRW-Landesbüro „Kulturagenten<br />
für kreative Schulen“ an, sie bei der Entwicklung eines kulturellen<br />
Schulprofils und der Gestaltung einer kulturellen Ganztagsbildung<br />
zu unterstützen. Dahinter steht das 2012 weiterentwickelte<br />
Konzept einer Kulturschule: Eine Schule, die ihre<br />
Organisations-, Unterrichts- und Personalentwicklung mit dem<br />
Ziel gestaltet, <strong>Kinder</strong>n und Jugendlichen ein Lernen in den<br />
Künsten und durch die Künste in der Schule und außerhalb der<br />
Schule in vollem Umfang zu ermöglichen: mit einem qualifizierten<br />
und vollständigen künstlerischen Fachunterricht, mit<br />
vielfältigen ästhetisch-künstlerischen Bildungsangeboten in<br />
nicht-künstlerischen Fächern und Arbeitsgemeinschaften, mit<br />
einem guten Kooperationsverbund in den Sozialraum und zu<br />
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