Abschlussbericht: Runder Tisch Sexueller Kindesmissbrauch
Abschlussbericht: Runder Tisch Sexueller Kindesmissbrauch
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Hilfesystem haben sollten.<br />
Das Hilfesystem soll auf Missbrauchsfälle aus der Vergangenheit beschränkt sein.<br />
Antragsberechtigt sollen Betroffene eines Missbrauchs sein, der nach der Gründung der<br />
Bundesrepublik Deutschland (23. Mai 1949) und vor Inkrafttreten des Gesetzes zur<br />
Stärkung der Rechte der Opfer sexuellen Missbrauchs (voraussichtlich Anfang 2012)<br />
stattgefunden hat. Für diese Betroffenen sollen Leistungen finanziert werden, die derzeit<br />
von den sozialen Hilfesystemen nicht oder nicht ausreichend lange übernommen werden.<br />
Als angemessen angesehen werden vom Runden <strong>Tisch</strong> zum Beispiel Therapiestunden<br />
über den Umfang hinaus, der von den Krankenkassen getragen wird. Oder Kosten für<br />
Fahrten zu Treffen von Selbsthilfeorganisationen oder zur Akteneinsicht in der Institution,<br />
in der die Übergriffe stattgefunden haben. Zu dem Leistungskatalog sollte auch die<br />
Unterstützung Betroffener bei Weiterbildungs- und Qualifikationsmaßnahmen gehören. So<br />
könnte ein heute Erwachsener, der seinerzeit wegen sexualisierter Gewalt von der Schule<br />
flüchtete und nun seinen Schulabschluss ohne gesetzliche Finanzierungsansprüche<br />
nachholt, Unterstützung durch das Hilfesystem erlangen. Grundsätzlich wird eine<br />
finanzielle Obergrenze der Sachleistungen von 10.000 € pro Antragstellerin und<br />
Antragsteller vorgeschlagen, da nur so eine Finanzierung durch die Institutionen zu<br />
bewältigen ist. Bei der künftigen Ausgestaltung der Hilfeleistung sind allerdings im Hinblick<br />
auf den Grundsatz der Gleichbehandlung die Entscheidungen zur Umsetzung der<br />
Empfehlungen des „Runden <strong>Tisch</strong>es Heimerziehung in den 50er und 60er Jahren“ (RTH)<br />
mit in den Blick zu nehmen. In Einzelfällen soll es möglich sein, die Obergrenze zu<br />
überschreiten, etwa um den Mehrbedarf behinderter Menschen abzudecken. Es ist darauf<br />
zu achten, dass die Leistungen des Hilfesystems grundsätzlich nicht auf andere<br />
Sozialleistungen angerechnet werden. 18<br />
Der Runde <strong>Tisch</strong> betont, dass ein Großteil der Hilfen bereits über die Leistungen der<br />
Krankenkassen oder nach dem OEG abgedeckt ist. Ziel ist es, die verbleibenden Lücken<br />
zu schließen oder unter bestimmten Bedingungen in Vorleistung zu treten, wenn sich<br />
sozialrechtliche Leistungen verzögern. Wenn zum Beispiel der Betroffene mehrere Monate<br />
auf einen Therapieplatz warten muss, weil es in seiner Region nicht genügend<br />
niedergelassene Psychotherapeuten gibt, könnte das Hilfesystem zur Überbrückung der<br />
Wartezeit die Kosten für einen Therapeuten ohne Kassenzulassung übernehmen.<br />
Über die Leistungen soll ein unabhängiges Sachverständigengremium („Clearingstelle“)<br />
18<br />
Siehe hierzu Anlage 1: „Immaterielle und materielle Hilfen für Betroffene“- Empfehlungen des Runden <strong>Tisch</strong>es;<br />
Kapitel V „Anrechnung von Zahlungen auf sozialrechtliche Leistungen“.<br />
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