Abschlussbericht: Runder Tisch Sexueller Kindesmissbrauch
Abschlussbericht: Runder Tisch Sexueller Kindesmissbrauch
Abschlussbericht: Runder Tisch Sexueller Kindesmissbrauch
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
4. Handeln in der Gegenwart<br />
Politik und Institutionen müssen alles Denkbare tun, damit Kinder heute ohne sexualisierte<br />
Gewalt aufwachsen können. In vielen Institutionen werden Kinder und Jugendliche<br />
gebildet, erzogen und betreut. Diese Institutionen sind auch Schutzräume für Mädchen<br />
und Jungen. Hier bauen sie förderliche und vertrauensvolle Beziehungen zu Gleichaltrigen<br />
sowie zu Erwachsenen auch außerhalb ihres Elternhauses auf, können Hilfe und<br />
Unterstützung in belastenden und schwierigen Lebenssituationen erhalten, treffen auf<br />
Menschen, die ihren konkreten Hinweisen Glauben schenken und diesen nachgehen, die<br />
auch Warnsignale deuten können und erkennen, was in einer Geste, einem Gespräch<br />
angedeutet wird. Diese Erwachsenen tragen für das Aufwachsen und die Entwicklung von<br />
Kindern und Jugendlichen in besonderer Weise Verantwortung. Umso bestürzender ist es,<br />
wenn Kinder und Jugendliche sexualisierte Gewalt oder Reviktimisierung 20<br />
in diesen<br />
Institutionen erfahren – wenn Menschen das Vertrauen ausnutzen, das Kinder ihnen<br />
schenken, wenn Erwachsene die Macht missbrauchen, die ihnen ihre Position verleiht<br />
oder wenn Mädchen und Jungen übergriffigem Handeln Gleichaltriger ausgesetzt sind.<br />
Überall dort, wo Kinder und Jugendliche leben, lernen und ihre Freizeit verbringen,<br />
betreut, gepflegt, behandelt und rehabilitiert werden, muss eine Kultur etabliert werden, die<br />
sexualisierte Gewalt erschwert und die ihre Aufdeckung fördert. Eine Schlüsselfunktion<br />
kommt hierbei der Einführung von konkreten Verfahren und Standards zum Schutz von<br />
Mädchen und Jungen in Institutionen zu. Daher hat sich der Runde <strong>Tisch</strong> auf<br />
übergreifende Leitlinien und darin formulierte Standards zur Prävention sexualisierter<br />
Gewalt, zur Intervention – auch im Hinblick auf die Einschaltung der<br />
Strafverfolgungsbehörden – sowie zur Aufarbeitung in Institutionen geeinigt.<br />
Der Runde <strong>Tisch</strong> spricht sich dafür aus, dass nur noch solche Institutionen öffentliche<br />
Zuschüsse erhalten, die die verabredeten Leitlinien einführen und umsetzen. Dieser<br />
Gedanke wird für die Kinder- und Jugendhilfe auch im Bundeskinderschutzgesetz<br />
(BKiSchG) 21<br />
aufgegriffen. Die übergeordneten Behörden bzw. zuständigen<br />
Organisationen, die für die Betriebserlaubnis, Gewerbezulassung, Aufsicht, Finanzierung,<br />
20<br />
Mit Viktimisierung (abgeleitet vom Lateinischen „victima“ für Opfer) wird die Erfahrung bezeichnet Opfer zu werden,<br />
zum Beispiel von sexuellem Missbrauch oder Misshandlung. Machen Menschen später erneut Erfahrungen dieser Art,<br />
die sich durch einen zeitlichen Abstand oder einen bzw. mehrere Täter von der ersten Opfererfahrung abgrenzen lassen,<br />
wird der Begriff „Reviktimisierung“ verwendet (vgl.: Kindler, Heinz/Unterstaller, Adelheid (2007): Reviktimisierung sexuell<br />
missbrauchter Kinder. In: IzKK-Nachrichten 1: Sexualisierte Gewalt durch Professionelle in Institutionen, S. 8 ff).<br />
21<br />
Siehe hierzu Anlage 2: „Bundeskinderschutzgesetz“.<br />
20