Abschlussbericht: Runder Tisch Sexueller Kindesmissbrauch
Abschlussbericht: Runder Tisch Sexueller Kindesmissbrauch
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im Ermittlungs- und Strafverfahren einhergehen. Die Mitwirkung der zum Teil schwer<br />
traumatisierten Menschen in diesen Verfahren muss so schonend wie möglich gestaltet<br />
werden. Konkret sieht der Runde <strong>Tisch</strong> in folgenden Punkten Verbesserungsbedarf:<br />
- Mehrfachvernehmungen sollten stärker als bisher vermieden werden. Schon heute<br />
können Sexualdelikte direkt beim Landgericht angeklagt werden. In diesen Fällen bleibt<br />
es dem Opfer erspart, in einer zweiten Hauptverhandlung ein weiteres Mal vernommen<br />
zu werden. Diese Möglichkeit sollte in Zukunft stärker genutzt werden. Außerdem<br />
sollten verstärkt richterliche Videovernehmungen im Ermittlungsverfahren eingesetzt<br />
werden, um gerade Minderjährigen mehrfache Vernehmungen zu ersparen.<br />
- Die Anforderungen an die Qualifikation von Jugend- bzw. Jugendschutzrichterinnen<br />
und -richtern sollten verbindlicher ausgestaltet werden. Für den Umgang mit Kindern<br />
und Jugendlichen insbesondere auch bei Videovernehmungen sind besonders<br />
qualifizierte und erfahrene Richterinnen und Richter vonnöten. Doch dies ist in der<br />
Praxis nicht immer gewährleistet.<br />
- Alle Personen, die als Kinder oder Jugendliche Opfer eines Sexualdelikts geworden<br />
sind, sollten einen Anspruch auf Bestellung einer Opferanwältin bzw. eines<br />
Opferanwalts auf Staatskosten haben; also auch jene, die zum Zeitpunkt des<br />
Verfahrens volljährig sind. Nach geltender Rechtslage ist Minderjährigen, die<br />
sexualisierte Gewalt erlebten, auf ihren Antrag hin auf Staatskosten eine Opferanwältin<br />
bzw. einen Opferanwalt zur Seite zu stellen. Oft aber haben die Betroffenen längst das<br />
Erwachsenenalter erreicht, wenn sie die Straftat anzeigen und das<br />
-<br />
Ermittlungsverfahren beginnt.<br />
Die Informationsrechte von Opfern können noch ausgeweitet werden. Opfer sollten<br />
nicht nur (wie bisher gesetzlich vorgesehen) über erstmalige Vollzugslockerungen oder<br />
Hafturlaube informiert werden, sondern in bestimmten Fällen auch dann, wenn dies<br />
erneut geschieht.<br />
- Opfer von Sexualdelikten brauchen eine Stärkung ihres rechtlichen Gehörs. Bevor ein<br />
Antrag auf Erlass eines Strafbefehls gestellt wird sowie vor sogenannten<br />
Opportunitätseinstellungen 34<br />
-<br />
, sollten sie Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.<br />
Es sollte gesetzlich klargestellt werden, dass Gerichte bei der Abwägung über den<br />
Ausschluss der Öffentlichkeit von der Gerichtsverhandlung die besonderen<br />
Belastungen von Kindern und Jugendlichen berücksichtigen.<br />
- Gesetzliche oder andere Regelungen sollten klarstellen, dass Gerichte<br />
34<br />
Die Staatsanwaltschaft kann beispielsweise von der Verfolgung absehen und das Verfahren einstellen, wenn dieses<br />
ein Vergehen zum Gegenstand hat, die Schuld des Täters gering wäre und kein öffentliches Interesse an der<br />
Strafverfolgung besteht (§ 153 Absatz 1 StPO).<br />
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