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schwichtigen wollten, »ins Unrecht gesetzt«. 'Er hat es schon damals gewußt.<br />

Aber was die Tiroler Dichter überhaupt, die in jenem Werbeblatt gleich hinter<br />

<strong>de</strong>n Conrad und Dankl aufmarschieren, für ganze Kerle waren, zeigt <strong>de</strong>r Aufruf<br />

<strong>de</strong>s Dichters Kranewitter, <strong>de</strong>n ich doch überliefern muß, schon um die<br />

Tollkühnheit meines Auftretens in solchem Geistesmilieu darzutun:<br />

Wenn wir nicht Kriegsanleihe zeichnen, verweigern wir unsern<br />

Soldaten die Waffen, wenn wir ihnen aber die Waffen verweigern,<br />

müssen wir unbedingt geschlagen wer<strong>de</strong>n. Wenn wir aber geschlagen<br />

wer<strong>de</strong>n, sind wir Sklaven. Der Sieger wird keine Barmherzigkeit<br />

üben, <strong>de</strong>s können wir sicher sein. Umsonst ist all das<br />

Blut geflossen, vergebens war alles Darben. Unser flüssiges Vermögen<br />

wird Altpapier, Grund und Bo<strong>de</strong>n aber so mit Steuern<br />

überlegt, daß kein Gras und keine Blume mehr aufkommen kann.<br />

Bauer, Bürger, Beamter und Arbeiter, das ganze Volk ein Volk von<br />

Bettlern. Damit ist freilich die soziale Frage gelöst, aber nach unten.<br />

Somit ist je<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r imstan<strong>de</strong> ist und nicht zeichnet, nicht nur<br />

ein Tor, ein Feind <strong>de</strong>r Allgemeinheit, son<strong>de</strong>rn auch <strong>de</strong>r größte und<br />

schrecklichste Feind <strong>de</strong>s Einzelnen, ein Kerl, für <strong>de</strong>n kein Galgen<br />

zu hoch und kein Hanf zu dicht. Den letzten Heller für Holz und<br />

Strick.<br />

Franz Kranewitter<br />

Innsbruck, 18. Mai 1917. Dram. Dichter.<br />

Das war also einer, <strong>de</strong>r nicht bloß zur sechsten Kriegsanleihe, son<strong>de</strong>rn<br />

auch zu Holz und Strick für ihre Nichtzeichner aufrief. Hingegen versuchte es<br />

Herr Egger—Lienz mit gütlichem Zure<strong>de</strong>n, in<strong>de</strong>m er statt von einem hohen<br />

Galgen bloß von einer hohen Verzinsung sprach und die Meinung vertrat, daß<br />

kein praktischer Hausvater versäumen soll, »<strong>de</strong>n noch kämpfen<strong>de</strong>n Brü<strong>de</strong>rn<br />

an <strong>de</strong>r Front durch reichliche Zeichnung <strong>de</strong>n baldigen endgültigen Sieg erzwingen<br />

zu helfen«, eine Zeichnung, gegen die er die seinigen heute gewiß<br />

nicht eintauschen wollte, wiewohl sie doch auch schon stark entwertet sind.<br />

Welche Wendungen durch Gottes Fügung! Im Übrigen ist zu bemerken, daß<br />

<strong>de</strong>r Deutsche Heiland gleich zu Beginn <strong>de</strong>s Kriegs auf »Englands Blutschuld«<br />

getippt und auf das Motiv »Es mußte sein« gesungen:<br />

44<br />

Hat nicht <strong>de</strong>s Franzen eitler Sinn betört schon<br />

diese dort und <strong>de</strong>n?<br />

Und haben wir Feil—Englands Geist als Sieger nicht geseh'n ?<br />

Die I<strong>de</strong>ale, einst <strong>de</strong>s Volkes Mark und Feiertag — :<br />

Verlacht! — Statt Treu' besiegelte die List mit Handschlag <strong>de</strong>n<br />

Vertrag;<br />

Statt Schiller, Dürer herrschten: Casanova, Wil<strong>de</strong>, Fragonard;<br />

Statt Liebe schloß die Selbstsucht einen Dirnenpakt<br />

vor <strong>de</strong>m Altar! —<br />

So gings in Innsbruck zu.<br />

Und darum klingt Sankt Michels Schild und ruft die Blutnot auf!<br />

Germanenart ist A<strong>de</strong>lsart. So war'st So bleibt es auch<br />

in aller Ewigkeiten Lauf! — — —

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