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ordnung einen künstlerischen Reiz abgewonnen hat, <strong>de</strong>n er we<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>rn<br />

Kriegsgedichten noch auch <strong>de</strong>n Sprachwerken <strong>de</strong>r Revolution zuerkennen<br />

konnte, kann und können wird?<br />

Ihm gebührt, »daß die Republik, die Blutsverwandtschaft erkennend,<br />

mit <strong>de</strong>n hinterbliebenen Parasiten <strong>de</strong>r Kaiserzeit, wie mit<br />

<strong>de</strong>n Mitessern <strong>de</strong>r Revolution ein En<strong>de</strong> mache.«<br />

Ihm gebührt <strong>de</strong>r Dankbrief <strong>de</strong>s <strong>de</strong>mokratischen Präsi<strong>de</strong>nten Seitz<br />

und ein »Nachruf« durch die Wiener »Arbeiter—Zeitung«.<br />

Ich aber habe für weitere Auseinan<strong>de</strong>rsetzungen mit <strong>de</strong>m Gespenst<br />

Kraus erst dann Zeit, bis es <strong>de</strong>n Mut und die Fähigkeit aufbringt,<br />

einen unverdrehten <strong>de</strong>utschen Satz vor Zeugen zu sprechen<br />

o<strong>de</strong>r öffentlich drucken zu lassen.<br />

Jetzt kann er mich zitieren.<br />

Wien, am 11. März 1920.<br />

Ich tat es. Was die Republik nun nach <strong>de</strong>n einfachen Konstatierungen,<br />

die vor ihren Augen gemacht und von mir wie<strong>de</strong>rholt sind, mit mir vorhat? Ob<br />

sie mir einen Denkzettel o<strong>de</strong>r nur einen Dankbrief geben, ob sie mich behufs<br />

leichterer Ausweisung auffor<strong>de</strong>rn wird, mich um die Landsmannschaft <strong>de</strong>s<br />

Herrn Sonnenschein zu bewerben, o<strong>de</strong>r ob sie gar, mein Wort gegen mich<br />

wen<strong>de</strong>nd, ein En<strong>de</strong> mit mir machen wird, weil ich sowohl ein hinterbliebener<br />

Parasit <strong>de</strong>r Kaiserzeit bin wie ein Mitesser <strong>de</strong>r Revolution — wer kann's wissen.<br />

Charakteristische Schlaglichter sind auf meine Gesinnung gefallen, auf<br />

die vor und nach <strong>de</strong>r Kriegszeit. Zumal meine zwei<strong>de</strong>utige Stellung zu Franz<br />

Josef hat mir die letzten Sympathien abgewen<strong>de</strong>t, die ich noch auf <strong>de</strong>m nach<br />

ihm benannten Quai gehabt habe, und das Mißtrauen <strong>de</strong>s Schottenrings erklärt<br />

sich durch die Tatsache, daß ich schon die längste Zeit von <strong>de</strong>r Börse<br />

ausgeblieben bin. Wur<strong>de</strong> so die Erwartung <strong>de</strong>s Publikums, daß ich dort Benedikt<br />

ersetzen wer<strong>de</strong>, getäuscht, so hat mir <strong>de</strong>r Tod dieses Führers in <strong>de</strong>n Augen<br />

aller, die noch eine Ehre im Leib haben, <strong>de</strong>n Rest gegeben. Ich war sein<br />

ausgesperrter Aftermieter und hinc erklären sich illae irae et lacrimae, die ich<br />

zu seinen Lebzeiten vergoß. Das Motiv gemeiner Rachsucht, das mich ihn bis<br />

ans Grab verfolgen ließ, woselbst es von seinen Angestellten enthüllt wur<strong>de</strong>,<br />

liegt klar zu Tage und daß ich einer älteren Börsengeneration ihre Tüchtigkeit<br />

genei<strong>de</strong>t habe, ist ebenso bewiesen wie die Tatsache, daß mich die Erfolge<br />

<strong>de</strong>r Expressionisten nicht schlafen lassen, weshalb ich mich bei <strong>de</strong>r Nacht<br />

hinsetze, um gegen sie zu schreiben. Was dabei herauskommt, sieht man, Polemiken<br />

von einem Ausmaß, daß <strong>de</strong>r Angegriffene darin verschwin<strong>de</strong>t und<br />

sich <strong>de</strong>shalb so groß vorkommt, wie die Arbeit, die an ihn gewen<strong>de</strong>t ist. Wie<br />

sagt doch Sonka? »Warum fragen sie (<strong>de</strong>nn sie fragen): Wer ist Sonka? Wo,<br />

was?« Und mit solchen Fragen gelangt die alte Frage <strong>de</strong>s polemischen Komments<br />

nach <strong>de</strong>r Würdigkeit <strong>de</strong>s Gegners zur Erörterung, die ich wie immer<br />

damit beantworte, daß man nieman<strong>de</strong>m zu viel Ehre erweist, zu <strong>de</strong>m einem<br />

etwas einfällt, und daß ich die Größe eines Werks nicht nach <strong>de</strong>m Objekt messe,<br />

son<strong>de</strong>rn nach <strong>de</strong>r Distanz und <strong>de</strong>r Fülle <strong>de</strong>ssen, was in ihr Raum hat. Objekt<br />

ist nie <strong>de</strong>r Gegner, son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Umstand, daß es ihn gibt, und die Möglichkeit,<br />

daß das Nichtsein jetzt einen Ausdruck und <strong>de</strong>r hysterische Drang<br />

nach Beachtung Publizität fin<strong>de</strong>t. Den zu erlösen, mag mir eine Qual sein,<br />

aber kein Be<strong>de</strong>nken, das mich hemmen könnte, die kranke Zeit an allen Konvulsionen<br />

zu beobachten, die sie doch für mich und vor mir wie sonst nie offenbart.<br />

Wenn ich unsere Dichter auch um ihre Erfolge benei<strong>de</strong>, <strong>de</strong>r Ruhm,<br />

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