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ten <strong>de</strong>utschen Satz sagen, was er eigentlich meint und ob er auf sich etwas<br />

weiß, was meiner Kenntnis auch dann entzogen bleiben wird, wenn er es gesagt<br />

hat. Ich halte ihn für einen Schriftsteller; wenngleich für einen schlechten.<br />

Ich könnte also vielleicht noch <strong>de</strong>n einen unverdrehten Satz über ihn sagen:<br />

daß er keinen schreiben kann. Und infolge<strong>de</strong>ssen <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n schreiben<br />

konnte:<br />

— Meerengen von Fischerbooten torpediert; Untersee von Langmut<br />

<strong>de</strong>stilliert; Riesenerze Malachit und Hydroxyd schmelzen im<br />

Tumult <strong>de</strong>r These: Branntwein nistet in <strong>de</strong>r Teuerung; Rosenernte<br />

hämmert in die Stellung aller Offensiven und am Knotenpunkt <strong>de</strong>r<br />

Er<strong>de</strong>n lagert Munition. —<br />

Will man noch zwingen<strong>de</strong>re Sprache? Brauch ich Verstärkung gegen<br />

das Frachtstück im Kampf um <strong>de</strong>n Tanz auf Er<strong>de</strong>n! Ich heiße<br />

Sonka, <strong>de</strong>r Dichter von Mund zu Mund.<br />

Die Menschen sehen mich und hören meine Stimme, sie lesen dieses<br />

Nihilisten Manifeste, sie sehen dieses Mathematikers Skelette,<br />

warum fragen sie (<strong>de</strong>nn sie fragen): Wer ist Sonka? Wo, was?<br />

Ein Ichweißetwas wür<strong>de</strong> antworten: »Wer? Ein Mystiker. Wo? Im Neuen<br />

Wiener Journal. Was? Weiß ich?« Aber auch ich glaube, die Frage in einer ihn<br />

erschöpfen<strong>de</strong>n Art und Weise beantwortet zu haben. Und wenn ich nie einen<br />

eigenen <strong>de</strong>utschen Satz geschrieben hätte, so wäre mir doch durch meine Zitate<br />

aus <strong>de</strong>r zeitgenössischen Literatur meine Stellung in dieser gesichert.<br />

Aber hier setzt das Chaos ein und alles beginnt im Tumult <strong>de</strong>r These zu<br />

schmelzen. Denn obgleich Franz Josefs Manifest wesentlich daran Schuld<br />

trägt, daß heute Branntwein in <strong>de</strong>r Teuerung nistet, so halte ich seine Sprache<br />

noch jetzt für zwingen<strong>de</strong>r als dieses Nihilisten Manifeste, sowohl das von<br />

einem Neuen Daimon wie das vom Neuen Wiener Journal an <strong>de</strong>n Tag gebrachte.<br />

Die Spielart, die sich zugleich so tänzerisch auf <strong>de</strong>n Höhen einer weltzernichten<strong>de</strong>n<br />

Gedanklichkeit und so gewandt im Sammelkanal eines Sensationsblatts<br />

bewegen kann und <strong>de</strong>ren eine Fertigkeit die an<strong>de</strong>re entlarvt, wenn's<br />

nicht je<strong>de</strong>r für sich gelingt, ist zahlreich wie die Fauna einer Untersee, die<br />

selbst Langmut nicht <strong>de</strong>stillieren könnte. Es sind Quallen, Mollusken, Tintenfische,<br />

die, um sich <strong>de</strong>r Verfolgung zu entziehen, einen Wirbel machen und die<br />

Flüssigkeit von sich geben. Sich selbst machen sie, je nach Bedarf, dunkel, in<strong>de</strong>m<br />

sie sich die Artikel und Interpunktionen ausbrechen. Diese jungen Drahrer<br />

reißen <strong>de</strong>r Satzwelt die Syntax aus, weil das Leben auch mit ihr keinen<br />

Sinn hat, weil eh alles Wurst ist und nichts ein Gedanke. Was hauptsächlich<br />

durch die Inkohärenz <strong>de</strong>r Erscheinungen und in<strong>de</strong>m ein jeglich Ding die Zustän<strong>de</strong><br />

kriegt, die es von Natur nicht haben sollte, bewiesen wird. Man traut<br />

ihnen beiweitem nicht zu, daß sie Wert darauf legen, auf <strong>de</strong>m festen Grun<strong>de</strong><br />

moralischer und logischer Geltung Standpunkte einzunehmen. Je<strong>de</strong>nnoch,<br />

wenns gegen mich geht, sind es gute Draufgänger. Dann simulieren sie normal<br />

zu sein, aber ich glaub's ihnen nicht und mir ist, als hämmerte Rosenernte<br />

in die Stellung ihrer Offensiven. Sie sind nichts und das ist es, was sie gegen<br />

mich haben. Wie sie am Stran<strong>de</strong> lagen und meine Sonne auf sie schien,<br />

konnten sie alle Farben spielen und sagten, sie wären Dichter von Mund zu<br />

Mund. Als die letzte Nacht hereinbrach, sagten sie, ich hätte meine Gesinnung<br />

gewechselt. Wohl hab' ich Stellen, wo ich sterblich bin. Denn als ich im<br />

Höllenfluß ba<strong>de</strong>te, um mich unverwundbar gegen Zeitungsangriffe zu machen,<br />

war schon so viel Tinte drin, daß das Gift nicht mehr ganz wirken konn-<br />

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