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Der »blaue Mantel« fiel, aber es war kein Erz darunter, nur ein<br />

Komödiant.<br />

Dr. S. O.<br />

Wenn mir das Glück treu bleibt, daß solche Köpfe mir abtrünnig wer<strong>de</strong>n<br />

und zwar nicht nur von gestern auf heute, son<strong>de</strong>rn von <strong>de</strong>r ersten zur zweiten<br />

Spalte, so daß sie in <strong>de</strong>r vierten schon ganz beim Gegenteil halten — dann hat<br />

Innsbruck mein Behagen an <strong>de</strong>r Menschheit geför<strong>de</strong>rt. Denn ich litt nicht allein<br />

durch das drücken<strong>de</strong> Bewußtsein, somatisch zu ihr zu gehören — es<br />

möchte kein Hund so länger leben —, anstatt als solcher auf die Welt gekommen<br />

zu sein; ich litt insbeson<strong>de</strong>re durch das Gefühl, von jener unbegreiflichen<br />

Banalität, die mit Vorliebe Menschengestalt annimmt und wahrscheinlich<br />

selbst bei Fliegen nicht vorkommen dürfte, verehrt zu wer<strong>de</strong>n. Es ist nicht zu<br />

glauben, wie viel kostbare Jahre <strong>de</strong>r Entwicklung solche Leute mit <strong>de</strong>m Glauben<br />

an mich vertrö<strong>de</strong>lt haben, bis ihnen plötzlich die Schuppen von <strong>de</strong>n Augen<br />

fallen und dann zum Feuilleton zusammengekehrt wer<strong>de</strong>n, damit sich die<br />

Öffentlichkeit von <strong>de</strong>m Erlebnis dieser Läuterung überzeugen könne. Dieser<br />

S. O., <strong>de</strong>r einer <strong>de</strong>r gewandteren Innsbrucker zu sein scheint, und fast die<br />

großstädtische Gabe hat, einem durch die Lüge hergestellten Sachverhalt mit<br />

Argumenten beizustehn, so daß er als Provinzler dran glaubt, muß freilich auf<br />

die Gelegenheit, mich zu entlarven, schon gespitzt haben. Es ist nur natürlich,<br />

daß die Schwäche, kraft <strong>de</strong>ren sich so viele Minusse von mir angezogen fühlen,<br />

eines Tages o<strong>de</strong>r auch Abends <strong>de</strong>s Zusammenhangs inne wird und nun<br />

die Revanche <strong>de</strong>r Selbstbehauptung zu kosten beginnt, die als Selbstmord einer<br />

Mücke en<strong>de</strong>t. Aber hier muß einer an <strong>de</strong>m tiefen Mißverständnis, das ihn<br />

mich zu verehren zwang, schon lange getragen haben, <strong>de</strong>nn er ist ganz wild<br />

von <strong>de</strong>m Entschluß, <strong>de</strong>m ungewissen Zustand ein En<strong>de</strong> zu machen, und zieht<br />

es vor, ehe er an meinem Licht verbrennt, mit meinem Lampenschirm zusammenzuprallen.<br />

In solchem Taumel vergißt man nicht nur, was war und ist,<br />

son<strong>de</strong>rn sogar was in <strong>de</strong>r ersten und was in <strong>de</strong>r vierten Feuilletonspalte steht.<br />

Zwar das mit <strong>de</strong>r Eitelkeit, die ihm schon immer an mir aufgefallen ist, ist unbestreitbar.<br />

Es hat ihm schon frühe mein Bild getrübt, daß ich die Lobhymnen<br />

meiner unbedingt Ergebenen abgedruckt habe, wenngleich ich doch darauf<br />

gefaßt war, daß sie mir einst ganz an<strong>de</strong>rs aufspielen könnten. Aber war ich<br />

nicht auch stets darauf erpicht, die Dokumente <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>rn Gesinnung abzudrucken?<br />

Nun, wenn sich meine Eitelkeit schon in <strong>de</strong>r Nennung meines Namens<br />

befriedigt und ihn nicht oft genug gedruckt sehen kann, so wer<strong>de</strong> ich<br />

freilich von <strong>de</strong>m Beispiel eines Autors beschämt, <strong>de</strong>r so beschei<strong>de</strong>n ist, <strong>de</strong>n<br />

seinen nicht zu nennen, und wenn er mir vorwirft, daß ich mein Lebtag maßlos<br />

in <strong>de</strong>n Beleidigungen jener war, die mit mir nicht eines Sinnes waren, so<br />

könnte er mir sogar nachweisen, daß ich selbst dafür mit meinem Namen eingetreten<br />

bin, während er mich zwar beleidigt, aber seine eigene Person dabei<br />

aus <strong>de</strong>m Spiel läßt. Was die begeisterte Kritik jenes S. J. 1 anlangt, die ich einmal<br />

abgedruckt habe, so sehe ich schon ein, daß, wenn ich nunmehr auch <strong>de</strong>n<br />

Ta<strong>de</strong>l dieses S. O. abdrucke, <strong>de</strong>r Eindruck meiner Eitelkeit noch immer <strong>de</strong>n<br />

meiner Unparteilichkeit in eigener Sache überwiegen wird. Zu meiner Entschuldigung<br />

kann ich nur anführen, daß ich jenes Lob zwar nicht für geschmacklos,<br />

wohl aber für überschwenglich hielt und daß es mir gera<strong>de</strong> <strong>de</strong>shalb<br />

aufhebenswert schien, als eine <strong>de</strong>r wenigen unter <strong>de</strong>n tausend Verhimmlungen<br />

meiner Leistung, wo ich, <strong>de</strong>r sich allerdings über alle »Kritik« erhaben<br />

dünkt, die persönliche Freu<strong>de</strong> an einem menschlichen und männlichen Be-<br />

1 In Heft 484<br />

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