elements36 - Evonik
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ten Bioche mikalien ist aufwendig, der Umgang<br />
mit empfindlichen Zellen oder Enzymen<br />
nicht immer einfach.<br />
Chemie oder Bio? In vielen Fällen stellt<br />
sich diese Frage so gar nicht. In Zukunft<br />
wird die Kombination aus beidem der Königsweg<br />
sein. Wenn chemische und biologische<br />
Synthesen verzahnt werden, können<br />
beide Disziplinen ihre Stärken kombinieren:<br />
die Che mie beim Umsatz großer Volumina<br />
und bei der Synthese einfacher Mole küle,<br />
die Biologie bei der Bildung komplexer<br />
Struk tu ren und der Umwand lung schwer<br />
spaltbarer Ausgangsstoffe.<br />
Ein Einstieg in diese neue Kooperation<br />
könnten Bioraffinerien sein. In diesen Anlagen<br />
entstehen analog zu petrochemischen<br />
Raf finerien kaskadenartig ganz unterschiedliche<br />
Chemikalien, Roh stoffe oder Kraftstoffe<br />
– allerdings nicht aus Rohöl, sondern<br />
aus Biomasse. Bioraffinerien der zweiten<br />
Generation verarbeiten nicht mehr nur<br />
Stärke und Zucker wie ihre Vorgänger, sondern<br />
Ligno cellulose aus Pflanzenab fäl len<br />
wie Stroh und Bagasse, den fase rigen Überresten<br />
der Zuckerherstellung.<br />
<strong>Evonik</strong> beteiligt sich an einem Forschungsverbund<br />
aus 20 Part nern, der eine<br />
Testanlage im 100-Tonnen-Maßstab am<br />
Chemie standort Leuna in Betrieb nehmen<br />
will. In der dreijährigen Pilot phase soll die<br />
vollständige Verwertung von Holzab fällen<br />
in Chemie produkte erstmals getestet und<br />
die Basis für industrietaugliche Prozes se<br />
gelegt werden. Gelingt es, wertvolle Rohstoffe<br />
aus Materialien herzustellen, die<br />
bisher nichts weiter als Abfälle oder billige<br />
Brennstoffe sind, wäre das ein großer Schritt<br />
nach vorn – für die weiße Biotech no logie<br />
als Disziplin, aber auch ganz allgemein für<br />
eine nachhaltigere Chemie.<br />
ÖKobIlanZ 29<br />
333<br />
gearbeitet. Die objektive Darstellung inklusive aller Randbedingungen<br />
und die Interpretation der Ergebnisse sind daher<br />
von zentraler Bedeutung.<br />
Dagegen sind die Resultate für fossile Rohstoffe recht gut<br />
nach vollziehbar und zeigen relativ geringe Abweichungen. Auf<br />
Ökobilanzen spezialisierte Firmen haben mittlerweile Software-<br />
Pakete entwickelt, die die vielen Einflussfaktoren in einen praktikablen<br />
Zusammenhang bringen. <strong>Evonik</strong> nutzt für seine Berechnungen<br />
eine Software mit dem Namen GaBi, entwickelt von<br />
PE International mit Sitz in Stuttgart – eine Firma, die Marktführer<br />
ist bei Ökobilanzmodulen für industrielle Prozesse.<br />
Trotz aller Fragen, die Ökobilanzen und Carbon Footprint<br />
derzeit noch aufwerfen: In fünf bis zehn Jahren, davon sind wir<br />
überzeugt, wird die ganzheitliche Bilanzierung von alternativen<br />
Rohstoffen, von neuen Produkten und Prozessen im chemischen<br />
Alltag fest verankert sein. Bis dahin werden sich Standardisierung<br />
und Normung weiterentwickelt haben. Transparenz, Glaubwürdigkeit,<br />
Vergleichbarkeit und Zuverlässigkeit der Resul tate<br />
werden wachsen.<br />
Allerdings: Life Cycle Thinking ist eine bestimmt nicht einfache<br />
Herausforderung. Wir stehen erst am Anfang einer umwälzenden<br />
Entwicklung. Die chemische Industrie muss über<br />
kurz oder lang ihre gesamte Rohstoffbasis neu entwickeln. Sie<br />
muss ihre endlichen fossilen Rohstoffe wann immer möglich und<br />
sinnvoll gegen nachwachsende ersetzen. Und das nicht nur durch<br />
bloßen Austausch, sondern auch durch wirtschaftliche und geschickte<br />
Integration in die bestehenden Produktionsketten.<br />
LCA und Carbon Footprint helfen dabei, den Blick aufs Ganze<br />
zu richten, Zusammenhänge zu verstehen, einzelne Abschnitte<br />
einer Wertschöpfungskette zu bewerten und Schwachstellen<br />
aufzuspüren. Sie helfen, anders gesagt, ganzheitlich zu denken –<br />
eine unabdingbare Voraussetzung in einer Welt mit immer komplexeren<br />
Rohstoff- und Produktströmen, mit weiter wachsenden<br />
Anforderungen an Umwelt- und Klimaschutz, mit der Verpflichtung,<br />
zur Verfügung stehende Rohstoffe so sparsam, so intelligent<br />
und so effizient wie nur möglich zu nutzen. 777<br />
thomas engenhorst studierte Bioingenieurwesen<br />
an der TU Braunschweig, wobei er ein Jahr unter<br />
Förderung des Deutschen Akademischen Austauschdienstes<br />
an der Universität Waterloo in Kanada absolvierte.<br />
Er ist seit 2008 Mitarbeiter bei Verfahrenstechnik<br />
& Engineering. Neben der Bearbeitung von<br />
bioverfahrenstechnischen Fragestellungen ist er in der<br />
LCA-Gruppe für Koordination, Durchführung und<br />
Weiterentwicklung von Life Cycle Assessments und<br />
deren Nutzung unter anderem bei Kunden, Industrieverbänden<br />
sowie im Rahmen von Förderprojekten<br />
verantwortlich.<br />
+49 6181 59-3865, thomas.engenhorst@evonik.com<br />
Dr. Karsten grönke studierte Verfahrenstechnik an<br />
der TU Cottbus. Nach einem Auslandsjahr an der TU<br />
Delft im Bereich Biotechnologie, Diplomarbeit bei der<br />
Bayer AG in der Bioverfahrenstechnik und Promotion<br />
in der Fermentationstechnik am Institut für Biotech nologie<br />
im Forschungszentrum Jülich ist er seit 2006 in<br />
der biotechnologischen Prozessentwicklung im Service -<br />
bereich Verfahrenstechnik & Engineering tätig.<br />
Da ne ben entwickelt er in der LCA-Gruppe im S2B Eco²<br />
LCA-Methoden und erstellt Ökobilanzen – für Produkte<br />
und Forschungsprojekte von <strong>Evonik</strong>.<br />
+49 2365 49-2384, karsten.groenke@evonik.com<br />
<strong>elements36</strong> Ausgabe 3|2011