controller - Haufe.de
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2012 Nov./Dez. I Ausgabe 6 I www.<strong>controller</strong>magazin.<strong>de</strong> Zugleich Mitglie<strong>de</strong>rzeitschrift <strong>de</strong>s Internationalen Controller Vereins<br />
B 12688 I 37. Jg I EUR 24,80 I ISSN 1616-0495<br />
CONTROLLER®<br />
Arbeitsergebnisse aus <strong>de</strong>r Controller-Praxis<br />
Themen im Focus<br />
Controlling im Profi-Fußball<br />
Interne Leistungsverrechnung<br />
Social Media Controlling<br />
Controlling Architektur<br />
Controlling innovativ<br />
Intellektuelles Kapital<br />
Kun<strong>de</strong>nwert managen
Controller Aka<strong>de</strong>mie<br />
Unternehmenssteuerung in <strong>de</strong>r Praxis<br />
Buchen Sie jetzt!<br />
Auszüge aus unserem Trainingsprogramm 2012 / 2013<br />
Einstieg ins 5-stufige<br />
Controller’s Ausbildungsprogramm<br />
Stufe I<br />
19. bis 22. November in Zürich<br />
10. bis 14. Dezember in Feldafing<br />
17. bis 20. Dezember in Berlin<br />
14. bis 18. Januar in Bernried<br />
21. bis 25. Januar in Feldafing<br />
28. bis 31. Januar in Frankfurt/Main<br />
Einstieg in Wirtschaftskompetenz<br />
für Führungskräfte – WIKO<br />
Vertriebs- und Produktmanagement<br />
20. bis 22. November in Hohenkammer<br />
Finanzmanagement und Controlling<br />
27. bis 29. November in Hohenkammer<br />
Bank Controller's Ausbildungsprogramm<br />
Vertiefungsseminar<br />
10. bis 14. Dezember in Bernried<br />
Aus unserer Fachseminar-Reihe<br />
Risikomanagement<br />
12. bis 14. November in Bernried<br />
IAS/IFRS für Controller<br />
12. bis 14. November in Eschborn<br />
Controlling mit Kennzahlen<br />
12. bis 14. November in Bernried<br />
Logistik-Controlling<br />
12. bis 14. November in Starnberg<br />
Gemeinkosten-Controlling<br />
12. bis 14. November in Bernried<br />
Projekt-Portfolio-Controlling<br />
19. bis 21. November in Feldafing<br />
Managementberichte<br />
26. bis 28. November in Feldafing<br />
Business Charts mit Excel<br />
29. bis 30. November in Feldafing<br />
Strategieentwicklung<br />
03. bis 05. Dezember in Feldafing<br />
Strategieumsetzung mit <strong>de</strong>r<br />
Balanced Scorecard<br />
03. bis 05. Dezember in Bernried<br />
Controlling mit Kennzahlen<br />
04. bis 06. Februar in Bernried<br />
Projekt-Management und -Controlling<br />
18. bis 20. Februar in Feldafing<br />
Buchung und Information unter:<br />
+49 (0)89 89 31 34-0 o<strong>de</strong>r<br />
www.<strong>controller</strong>aka<strong>de</strong>mie.<strong>de</strong><br />
Unternehmenssteuerung in <strong>de</strong>r Praxis
CM November / Dezember 2012<br />
Editorial<br />
Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,<br />
haben Sie das Budget 2013 bereits in „trockenen Tüchern“, o<strong>de</strong>r sind Sie<br />
noch beim Nachverhan<strong>de</strong>ln? Wie steht es mit <strong>de</strong>r Erfüllung <strong>de</strong>r aktuellen<br />
Ziele? Erleben Sie ein kräftiges Herbstgeschäft? Trotz Volatilität und Krise<br />
läuft die Wirtschaft in vielen Bereichen sehr gut. Krisenbedingte Sparprogramme<br />
zeigen Wirkung, Nachfrage und Auslastung sind zufrie<strong>de</strong>nstellend.<br />
Die Controller-Arbeit ist in vollem Gange.<br />
Controller als Budgetkürzer?<br />
Dr. Klaus Eiselmayer<br />
Chefredakteur Controller Magazin,<br />
Vorstandsmitglied <strong>de</strong>s Verlag für<br />
ControllingWissen AG<br />
Vorstandsmitglied und Trainer <strong>de</strong>r<br />
Controller Aka<strong>de</strong>mie AG<br />
Mitglied <strong>de</strong>s Geschäftsführen<strong>de</strong>n<br />
Ausschusses <strong>de</strong>r IGC – International<br />
Group of Controlling<br />
k.eiselmayer@<strong>controller</strong>aka<strong>de</strong>mie.<strong>de</strong><br />
Beim Aushan<strong>de</strong>ln von Zielen sind wir Controller nicht immer gern gesehen.<br />
Ich kann mich gut an einen Firmentermin erinnern, wo Controller als diejenigen<br />
angesehen wur<strong>de</strong>n, die immer die Budgets kürzen, Ressourcen vorenthalten<br />
und Investitionen verhin<strong>de</strong>rn. Ich habe dort einer Run<strong>de</strong> von Führungskräften<br />
berichtet, dass ich in <strong>de</strong>r Controller-Abteilung, in <strong>de</strong>r ich zuvor<br />
gewesen war, keine Truhen mit eingespartem Geld gesehen hatte.<br />
Das erzeugte ein spontanes „Aha-Erlebnis“. Klar wird kein Controller<br />
übermäßig Geld horten, das sich sinnvoll einsetzen ließe. Wir versuchen<br />
aber zu verhin<strong>de</strong>rn, dass Mittel von Kun<strong>de</strong>n, Gesellschaftern und Banken<br />
unsinnig verbraucht wer<strong>de</strong>n. Sinngemäß könnte man formulieren: „Je<br />
weniger Geld wir verschwen<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>sto mehr können wir verwen<strong>de</strong>n!“.<br />
Controller als Optimierer<br />
Selbstverständlich müssen wir Reserven bil<strong>de</strong>n, für Qualitätsprobleme,<br />
Neuanläufe, saisonale Unterauslastung o<strong>de</strong>r Marktverwerfungen. Die<br />
restlichen Mittel gehören aber (nachhaltig) investiert in:<br />
Innovation<br />
Markterweiterung<br />
bessere Leistung für unsere Kun<strong>de</strong>n<br />
Mitarbeiterentwicklung<br />
Controller sind nicht diejenigen, die nur an<strong>de</strong>rer Gürtel enger schnallen,<br />
ganz im Gegenteil. Wir helfen die Ressourcen möglichst dort einzusetzen,<br />
wo es etwas bringt, für die zukunftsorientierte, gewinnbringen<strong>de</strong> Entwicklung<br />
unseres Unternehmens. Wir wären also Innovationsför<strong>de</strong>rer und<br />
nicht -verhin<strong>de</strong>rer, was ich lei<strong>de</strong>r auch schon gesagt bekommen habe.<br />
Was Controlleraufgaben bewirken<br />
Die Planung lässt uns mit <strong>de</strong>r Zukunft beschäftigen. Es geht um Neues,<br />
Kreativität, <strong>de</strong>n Blick auf unser Unternehmen aus Kun<strong>de</strong>nsicht, neue<br />
Bedarfsfel<strong>de</strong>r und geografische Aus<strong>de</strong>hnung. Wir wägen Chancen und<br />
Risiken ab und suchen einen gemeinsamen Weg. Leistungsverflechtungen,<br />
Prozesse und Schnittstellen wer<strong>de</strong>n geprüft und abgestimmt.<br />
Regelmäßige Forecasts dienen dazu, sich abzeichnen<strong>de</strong> Abweichungen<br />
frühzeitig zu erkennen und entsprechend zu han<strong>de</strong>ln. Es geht hier um<br />
Flexibilität, Entscheidungsfreu<strong>de</strong> und Verantwortung. Gelebtes Unternehmertum<br />
zeugt von Mitarbeitern, die von sich aus aktiv wer<strong>de</strong>n und<br />
han<strong>de</strong>ln. Das Beste, was wir als Controller tun können, ist Richtung zu<br />
weisen, Auswirkungen aufzuzeigen und koordinierend zu unterstützen.<br />
Abweichungen, positiv wie negativ, wer<strong>de</strong>n sicher kommen und bieten<br />
für uns einen Anlass, die Menschen zu sehen und zu sprechen. Die positiven<br />
Abweichungen bereiten Freu<strong>de</strong>. Sie bringen die Herausfor<strong>de</strong>rung<br />
mit sich, bei hoher Auslastung nicht zu stöhnen, son<strong>de</strong>rn mit Eifer die<br />
Aufträge zu erfüllen. Die negativen Abweichungen gehören auch dazu.<br />
Je<strong>de</strong>r Fehler, <strong>de</strong>r passiert, eröffnet die Chance zu lernen, eine Prozessverbesserung<br />
umzusetzen. Schlimm ist <strong>de</strong>r Fehler, aus <strong>de</strong>m man nichts<br />
lernt und bloß schlechte Stimmung verbreitet.<br />
„Nur wer nichts macht, macht nichts falsch“ heißt ein weiser Spruch in<br />
<strong>de</strong>r Controller Aka<strong>de</strong>mie. Mit NICHTS tun ist noch kein Unternehmen entstan<strong>de</strong>n.<br />
Nur wenn wir als diese Partner erlebt wer<strong>de</strong>n, können wir die Unternehmen<br />
vorwärts bringen. Das gelingt durch aktives Tun, o<strong>de</strong>r eine interne<br />
Schulung, die Sie veranstalten für Ihre Kolleginnen und Kollegen. Vielleicht<br />
schicken Sie Ihre Manager auch auf ein WIKO (Wirtschaftskompetenz)-<br />
Seminar <strong>de</strong>r Controller Aka<strong>de</strong>mie.<br />
Ich wünsche Ihnen eine kräftige Jahresendrally!<br />
Dr. Klaus Eiselmayer<br />
Herausgeber<br />
1
November / Dezember 2012<br />
Inhalt<br />
Titelthema<br />
Interne Leistungsverrechnung<br />
Seite 12<br />
Editorial 1<br />
Alfred Biel<br />
Social Media reif für Controlling? – Interview mit Prof. Dr. Michael<br />
Faustino Bauer 4<br />
Michael Felix | Kerstin Jurkeit<br />
Einführung einer Prozesskostenrechnung bei <strong>de</strong>r Otto Group 12<br />
Andreas Mengen<br />
Kun<strong>de</strong>nmanagement mit <strong>de</strong>m Kun<strong>de</strong>nwert 20<br />
Jürgen Weber<br />
Innovation & Controlling 28<br />
Aktuell<br />
Peter Hoberg<br />
Porsche: Restwertriese o<strong>de</strong>r eher Rabattzwerg? 29<br />
Alfred Biels Literaturforum<br />
Social Media Controlling<br />
Seite 4<br />
Controlling im Profi-<br />
Fußball<br />
Seite 34<br />
Fachbücher im Fokus<br />
Seite 93<br />
Thomas Schnei<strong>de</strong>r<br />
Warum Projekte fehlschlagen 32<br />
Claudio Kasper<br />
Nachhaltige Zielverfolgung im professionellen Fußball 34<br />
Matthias Schmie<strong>de</strong>r<br />
Zeit zur Durchführung <strong>de</strong>r Jahresplanung und -budgetierung 44<br />
Herwig Friedag | Walter Schmidt<br />
Controlling in volatilen Zeiten – Die DIN SPEC 1086 – 46<br />
Bernhard Höveler<br />
Die Erfolgsformel für <strong>de</strong>n Einkauf: Einsparpotenziale systematisch<br />
aufspüren 54<br />
Kai Hoffmann | Jürgen Reinhard<br />
Steuerung interner Dienstleister 58<br />
Inserentenverzeichnis Anzeigen: elKom, 3 | Denzhorn, 7 | Unit4, 11 | prevero, 19 | pmOne, 27 | Stellenanzeige SAP-Spezialist, 31 | Inst. F. Controlling, 43 |<br />
<strong>Haufe</strong> Aka<strong>de</strong>mie, 53 | Controller Aka<strong>de</strong>mie, U2 | <strong>Haufe</strong>-Lexware, U3 | Corporate Planning, U4<br />
Stellenmarkt: Stellenanzeige SAP-Spezialist, 31 Beilagen: CA-Jahresprogramm | CM-Wandkalen<strong>de</strong>r | elKom | Diamant-Software<br />
2<br />
Impressum<br />
ISSN 1616-0495 37. Jahrgang<br />
Herausgeber<br />
Dipl.-Ing. Dr. Klaus Eiselmayer, Vorstandsmitglied <strong>de</strong>s Verlags<br />
für ControllingWissen AG, Trainer und Vorstandsmitglied <strong>de</strong>r<br />
Controller Aka<strong>de</strong>mie AG, Gauting/München<br />
Die Zeitschrift ist Organ <strong>de</strong>s Internationalen Controller Verein<br />
eV, München; die Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s ICV erhalten das Controller<br />
Magazin. Das CM berichtet auch aus <strong>de</strong>ssen Veranstaltungen.<br />
www.<strong>controller</strong>verein.com<br />
Redaktion<br />
Dr. Klaus Eiselmayer, k.eiselmayer@<strong>controller</strong>aka<strong>de</strong>mie.<strong>de</strong><br />
Susanne Eiselmayer, susanne.eiselmayer@vcw.<strong>de</strong><br />
Mag. Gundula Wagenbrenner, gundula.wagenbrenner@vcw.<strong>de</strong><br />
Abonnenten-Service<br />
Silvia Fröhlich, silvia.froehlich@vcw.<strong>de</strong><br />
Magazingestaltung<br />
Susanne Eiselmayer, susanne.eiselmayer@vcw.<strong>de</strong><br />
Abonnenten-Service, Redaktion und Magazingestaltung<br />
VCW AG, Münchner Straße 10, 82237 Wörthsee-Etterschlag,<br />
Tel 0800 72 34 269, Fax 0800 50 50 445<br />
Verlagssitz<br />
VCW Verlag für ControllingWissen AG, Munzinger Str. 9<br />
79111 Freiburg i. Br., <strong>Haufe</strong> Mediengruppe<br />
Literaturforum<br />
Dipl.-Betriebswirt Alfred Biel, Fachjournalist (DFJS),<br />
Beethovenstraße 275, 42655 Solingen, alfred.biel@gmx.<strong>de</strong><br />
Online-Shop www.<strong>controller</strong>wissen.<strong>de</strong><br />
Anzeigenverkauf<br />
Thomas Horejsi, Tel 0931 27 91 -451, Fax -477,<br />
thomas.horejsi@haufe-lexware.com<br />
Anzeigendisposition<br />
Christine Wolz, Tel 0931 27 91 -472, Fax -477,<br />
christine.wolz@haufe-lexware.com<br />
Anzeigenleitung<br />
Bernd Junker, Tel 0931 27 91 -556, Fax -477,<br />
bernd.junker@haufe-lexware.com<br />
<strong>Haufe</strong>-Lexware GmbH & Co. KG, Im Kreuz 9,<br />
97076 Würzburg<br />
Konzept und Design | Titelgestaltung<br />
<strong>de</strong>yhle<strong>de</strong>sign Werbeagentur GmbH, Münchener Straße 45,<br />
82131 Gauting, www.<strong>de</strong>yhle<strong>de</strong>sign.<strong>de</strong><br />
Herstellung <strong>de</strong>yhle<strong>de</strong>sign Werbeagentur GmbH, 82131 Gauting
Internationaler Controller Verein<br />
40 Jahre Controller<br />
Aka<strong>de</strong>mie<br />
Seite 103<br />
Drei Lösungen<br />
Ein Konzept<br />
Eine Datenbank<br />
Optimieren Sie jetzt Ihre<br />
BI-Anwendungen<br />
Frank-J. und Kerin Witt<br />
Happiness Is But A State Of Mind – Teil 2 – 63<br />
Günter Polhe<strong>de</strong><br />
Deutschland – Ruanda 70<br />
Jörn Lueg-Althoff | Michael Georgi | Andreas Hoffjan<br />
Kun<strong>de</strong>n-Controlling für Ingenierbüros 74<br />
Gunnar Heinzow | Ute Vanini<br />
Bewertung <strong>de</strong>s Intellektuellen Kapitals (IK) in KMU und<br />
Kreditinstituten 79<br />
Tobias Haerle | Simone Hellener | Stephan Kaum<br />
Cash Flow als Kerngröße in <strong>de</strong>r Unternehmenssteuerung 86<br />
Günter Lubos<br />
Die „7 Sün<strong>de</strong>n“ <strong>de</strong>r Budgetierung 91<br />
Dietmar Paschers Controllerrätsel 92<br />
›BUSINESS INTELLIGENCE<br />
Auf unternehmensweite Daten zugreifen: per Mausklick.<br />
Mehrdimensional analysieren: intuitiv, variabel,<br />
in Sekun<strong>de</strong>nschnelle. Geschäfts trends erkennen, fundiert<br />
entschei<strong>de</strong>n.<br />
›UNTERNEHMENSPLANUNG<br />
Planungsszenarien erstellen: mit Standardregeln schnell<br />
und komfortabel. Individuell auf unternehmensspezifische<br />
Anfor<strong>de</strong>rungen anpassen – ganz einfach, ohne Programmieraufwand.<br />
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Sollte CM ohne Verschul<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Verlags nicht ausgeliefert wer<strong>de</strong>n,<br />
besteht kein Ersatzanspruch gegen <strong>de</strong>n Verlag.<br />
Durch die Annahme eines Manuskriptes o<strong>de</strong>r Fotos erwirbt <strong>de</strong>r Ver lag<br />
das ausschließliche Recht zur Veröffentlichung.<br />
Nachdruck (auch auszugsweise) nur mit Zustimmung <strong>de</strong>r Redaktion.<br />
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Social Media reif für Controlling?<br />
Social Media reif für Controlling?<br />
Interview mit Prof. Dr. Michael Faustino Bauer<br />
von Alfred Biel<br />
4<br />
Social Media ist ein Trendthema. Darunter wer<strong>de</strong>n<br />
Internetanwendungen verstan<strong>de</strong>n, die es<br />
<strong>de</strong>n Nutzern ermöglichen, sich zu vernetzen, zu<br />
kommunizieren und eigene Inhalte im Web zu<br />
verbreiten. Dazu zählen Foren, Blogs, soziale<br />
Netzwerke wie Facebook, Xing o<strong>de</strong>r Google+,<br />
Kurznachrichtendienste wie Twitter sowie<br />
Content-Sharing-Plattformen wie Youtube<br />
o<strong>de</strong>r Flickr für Fotos und Vi<strong>de</strong>os. Social Media<br />
rückt in Gesellschaft und Arbeitswelt weiter<br />
voran. Dieses Interview geht <strong>de</strong>shalb <strong>de</strong>r Frage<br />
nach, welche Auswirkungen diese Entwicklung<br />
auf die Unternehmen und insbeson<strong>de</strong>re<br />
auf das Controlling hat.<br />
Biel: Herr Prof. Dr. Faustino Bauer, erlauben<br />
Sie bitte sowohl aus medienethischen Grün<strong>de</strong>n<br />
als auch zur thematischen Orientierung<br />
unserer Leserinnen und Leser eine Vor- und<br />
Einleitungsfrage. Wir kennen uns seit etwa 15<br />
Jahren, und zwar seit Ihrer Zeit als wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter am Lehrstuhl von<br />
Prof. Dr. Dr. h.c. Jürgen Weber an <strong>de</strong>r WHU.<br />
Sie haben sich dort insbeson<strong>de</strong>re mit <strong>de</strong>m<br />
Controllingerfolg befasst. Sie haben nicht eine<br />
klassische Controller-Karriere eingeschlagen.<br />
Nach über 10 Jahren im Internetgeschäft<br />
(www.competence-site.<strong>de</strong>) und 2012 bei <strong>de</strong>m<br />
Social Media Analyse- und Beratungsunternehmen<br />
complexium (http://www.complexium.<strong>de</strong>/)<br />
lehren Sie seit Oktober Controlling an<br />
<strong>de</strong>r HWR in Berlin (www.hwr-berlin.<strong>de</strong> ). Ist<br />
dieser Weg von einem be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n Controlling-Lehrstuhl<br />
über Unternehmen, <strong>de</strong>ren Geschäftsmo<strong>de</strong>lle<br />
auf <strong>de</strong>m Web und Social Media<br />
fußen, nun zurück an die Hochschule, eher zufällig<br />
o<strong>de</strong>r steckt dahinter ein Plan, eine Logik?<br />
Faustino Bauer: Der Weg durch mehrere Disziplinen<br />
erfolgte schon planmäßig: Verschie<strong>de</strong>ne<br />
Aspekte <strong>de</strong>r Betriebswirtschaft kombiniert<br />
mit IT- und technischem Verständnis. Ich<br />
bin überzeugt, dass die Überwindung von<br />
Verständnis- und Kultur-Grenzen zwischen<br />
<strong>de</strong>n sogenannten „klassischen“ Disziplinen –<br />
Controlling, Marketing, IT etc. – ein Erfolgsfaktor<br />
für Organisa tionen ist. Durch die „größte<br />
Maschine <strong>de</strong>r Menschheit“, das Internet, wird<br />
dieser Faktor immer be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>r – er for<strong>de</strong>rt<br />
die Controller nun ebenfalls.<br />
Biel: Sie sprechen offenbar Aspekte <strong>de</strong>r Kultur<br />
und Zusammenarbeit an. Können Sie dies<br />
uns noch etwas näher erläutern?<br />
Faustino Bauer: In Bereichen mit starkem Bezug<br />
zur Internetwirtschaft ist die Arbeitskultur<br />
bereits viel kooperativer zwischen <strong>de</strong>n Disziplinen.<br />
Wo neue Märkte entstehen, neue Technologien<br />
in sehr kurzer Zeit starke Treiber wer<strong>de</strong>n<br />
o<strong>de</strong>r wie<strong>de</strong>r veralten, muss schneller und mit<br />
mehr Unsicherheit entschie<strong>de</strong>n und exekutiert<br />
wer<strong>de</strong>n. Der Anteil <strong>de</strong>ssen, was man zum<br />
ersten Mal tut, ist sehr groß. Zusammenarbeit<br />
und fachübergreifen<strong>de</strong>s Verständnis sind also<br />
sehr wichtig. In meiner Forschungsarbeit konnte
CM November / Dezember 2012<br />
ich empirisch zeigen, dass gute Controllerarbeit<br />
positiv auf <strong>de</strong>n Unternehmenserfolg wirkt. Das<br />
ist doch ein Ansporn, die durch das Internet<br />
entstehen<strong>de</strong>n Unsicherheiten – auch mit diesem!<br />
– beherrschen zu helfen.<br />
Biel: Social Media ist unser Thema und insbeson<strong>de</strong>re<br />
die Relevanz für Unternehmen und<br />
Controller. Bitte lassen Sie uns zunächst das<br />
Thema einordnen. Die Hälfte <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen<br />
Unternehmen setzt soziale Medien ein, wie<br />
aus einer aktuellen Studie <strong>de</strong>s IT-Verban<strong>de</strong>s<br />
BITKOM hervorgeht. Ist dies aus Ihrer Sicht<br />
bereits ein gutes Ergebnis? Und ist das Social-Media-Phänomen<br />
wirklich kein Hype und<br />
keine Blase?<br />
Faustino Bauer: Nun, vergegenwärtigen wir<br />
uns einmal die Jahre 1999 und 2000, als mit<br />
<strong>de</strong>m neuen Markt die erste Internetblase geplatzt<br />
ist. Viele Business-Mo<strong>de</strong>lle sind daran<br />
gescheitert, dass die bestehen<strong>de</strong> Vernetzung<br />
<strong>de</strong>r Akteure nicht schnell und vollständig in<br />
elektronische Prozesse übertragen wer<strong>de</strong>n<br />
konnte. Wer damals seine Geschäfte z. T. auch<br />
elektronisch in etablierten Netzwerken abgewickelt<br />
hat, hatte we<strong>de</strong>r Anreiz zum kompletten<br />
Wechsel in´s Web noch die integrierten Tools<br />
von heute. Parallelbetrieb und Übergangszeiten<br />
waren abschreckend.<br />
Biel: … und wie ist es heute?<br />
Faustino Bauer: Heute ist das genau an<strong>de</strong>rsherum:<br />
Die Vernetzung ist extrem weit fortgeschritten,<br />
integrationsfähige Tools und IT-<br />
Systeme sind einfach und schnell verfügbar,<br />
On-Demand und in <strong>de</strong>r Cloud. Die globale<br />
Transparenz zwingt Unternehmen, sich hier zu<br />
positionieren. Schon vor Facebook gab es intensiv<br />
genutzte Foren und Blogs. Arbeits- und<br />
Freizeiten kann ich heute ad hoc und lokalisiert<br />
effektiver und im Austausch mit an<strong>de</strong>ren nutzen.<br />
Denken Sie an Social Seating Initiativen<br />
von Airlines wie KLM. Mobile Endgeräte und<br />
Bandbreiten sind jetzt verfügbar. Schwellenlän<strong>de</strong>r<br />
wie Afrika überspringen gleich das<br />
Festnetz. Seit 2010 fließen mehr Daten als<br />
Sprache über mobile Geräte. Die Schnittstellen<br />
zum Menschen wer<strong>de</strong>n nun entschei<strong>de</strong>nd<br />
sein, <strong>de</strong>r Erfolg von Apple zeigt das großartig.<br />
Also: Hype nein, Anteil Nutzung aber noch<br />
viel zu klein.<br />
Biel: Kann man dabei einen Megatrend, einen<br />
großen Trend, <strong>de</strong>r zu großen Verän<strong>de</strong>rungen<br />
führt, ausmachen?<br />
Faustino Bauer: Ja, einmal <strong>de</strong>n Megatrend<br />
<strong>de</strong>r Konvergenz von Content, Vernetzung, E-<br />
Commerce und (mobilen) Endgeräten. Er wird<br />
beispielsweise auch von Microsoft (Yammer-<br />
Akquisition, Tablet, Nokia-Investment), Google<br />
(Produktsuche, Motorola-Investment, Cloud<br />
Services) o<strong>de</strong>r Amazon (Cloud-Services, Bewertungssystem,<br />
E-books-Verlag) vorangetrieben.<br />
Die fortschreiten<strong>de</strong> Vernetzung und<br />
Nutzung von Web 2.0-Technologien in <strong>de</strong>n Unternehmen<br />
intern und extern ist zu nennen. Viel<br />
mehr als früher sind menschliche Kommunikationsmuster<br />
auch für die Strukturen von Informationssystemen<br />
prägend. Das erfor<strong>de</strong>rt<br />
nun einen intensiven Austausch zwischen CIO<br />
und <strong>de</strong>n Fachbereichen zu <strong>de</strong>ren Zielsetzungen<br />
und Prozessen.<br />
Biel: An dieser Stelle sollten wir die Situation<br />
doch etwas relativieren. Es ist nicht nur alles<br />
glänzend – o<strong>de</strong>r?<br />
Faustino Bauer: Dass bei einem noch so jungen<br />
Medium Fehlentwicklungen passieren, ist<br />
klar. Das Web ist salopp gesagt noch in <strong>de</strong>r<br />
Pubertät. Die Social Web-Phase ist nochmals<br />
jünger.<br />
Biel: Bitte lassen Sie uns die negativen Aspekte<br />
etwas vertiefen. Social Media kann durchaus<br />
auch kritisch gesehen wer<strong>de</strong>n. Ein gewaltiges<br />
Problem steckt im Datenschutz. Auch die<br />
rechtlichen Probleme sind vielfältig und gravierend,<br />
wie beispielsweise die oft kritisierten<br />
Abmahnungen zeigen, vielfach wer<strong>de</strong>n das<br />
Telemediengesetz o<strong>de</strong>r auch das Gesetz gegen<br />
<strong>de</strong>n unlauteren Wettbewerb ebenso berührt wie<br />
Persönlichkeitsrechte. Das Stichwort Cyber-<br />
Mobbing ist eine weitere Problemstelle. Sind<br />
dies unvermeidbare Begleiterscheinungen, sozusagen<br />
Kollateralschä<strong>de</strong>n? Beschränken sie<br />
die Nutzung von Social Media?<br />
Faustino Bauer: Die intensive Nutzung und<br />
weiter steigen<strong>de</strong> Verbreitung kann nicht zurückgedreht<br />
wer<strong>de</strong>n. Der Wettbewerb um die<br />
Nutzer (Konvergenz!) wird hier für vernünftige<br />
Verhältnisse sorgen, wie sich z. B. bei Facebook<br />
gera<strong>de</strong> bezüglich „Datenschutz vs. Werbeziele“<br />
zeigt. Im Spielfeld Social Media haben Sie einerseits<br />
globale Maßstäbe, z. B. <strong>de</strong>n lockereren<br />
Datenschutz in <strong>de</strong>n USA. An<strong>de</strong>rerseits sind<br />
rechtliche Fragen noch ungeklärt. Ein Trial and<br />
Error fin<strong>de</strong>t jedoch bereits statt. Branchenführen<strong>de</strong><br />
Firmen beobachten sich durchaus, halten<br />
aber „<strong>de</strong>n Ball flach“, um auch eigene Handlungsfel<strong>de</strong>r<br />
nicht zu diskreditieren.<br />
Biel: … und das Nichtbekanntsein, Nichtgenanntsein<br />
o<strong>de</strong>r Kunstnamen im Web …<br />
Faustino Bauer: Lei<strong>de</strong>r för<strong>de</strong>rt die Anonymität<br />
im Web auch das Ausleben von weniger<br />
schönen menschlichen Schwächen. Das müssen<br />
wir ertragen und durch soziales Miteinan<strong>de</strong>r<br />
und Konsens weitgehend eingrenzen und<br />
kontrollieren.<br />
Biel: Worauf kommt es aus Ihrer Sicht an?<br />
Wie müssen wir <strong>de</strong>n sich vollziehen<strong>de</strong>n Wan<strong>de</strong>l<br />
einordnen?<br />
Faustino Bauer: Dass Unternehmen verstehen,<br />
wie sich Informations- und Kommunikationsverhalten<br />
fundamental än<strong>de</strong>rn. Für die<br />
eigene Wertschöpfung und <strong>de</strong>ren Umfeld wird<br />
dies auch wertmäßig relevant wer<strong>de</strong>n, o<strong>de</strong>r ist<br />
es schon. Denn umso höher die Wertschöpfung<br />
sein soll, <strong>de</strong>sto mehr Intelligenz, Kooperation<br />
und Kommunikation von Menschen sind notwendig.<br />
Im Business-to-Consumer-Umfeld<br />
muss man sich <strong>de</strong>m Dialog mit Kun<strong>de</strong>n besser<br />
früher als später stellen. Im Business-to-Business<br />
gewinnt jedoch nicht <strong>de</strong>r Erste, son<strong>de</strong>rn<br />
wer einen durchdachten Business Case gut<br />
umsetzt. Erste empirische Belege (z. B. McKinsey<br />
2011) zeigen, dass Web 2.0-Nutzung und<br />
-Vernetzung sich auf das Betriebsergebnis positiv<br />
auswirken. Vor allem das bessere Verständnis<br />
<strong>de</strong>s Marktes (Zuhören) und die interne<br />
Nutzung (Kooperation) sind hier die Treiber.<br />
Auch bei HR erfolgt gera<strong>de</strong> eine Hinwendung zu<br />
sozialen Technologien, intern bei Bindung, extern<br />
bei <strong>de</strong>r Beschaffung – Stichwort „Social<br />
Recruiting“. Der Weg zum passen<strong>de</strong>n Mitarbeiter<br />
über <strong>de</strong>ssen Webprofile (XING etc.) ist ein<br />
direkter. Nicht unterschätzen sollte man die<br />
Verfügbarkeit wettbewerbsrelevanter Information<br />
im Web (Competitive Intelligence).<br />
Social Media Gui<strong>de</strong>lines für die Mitarbeiter sind<br />
auch unter diesem Gesichtspunkt wichtig. Ein<br />
Mitarbeiter, <strong>de</strong>r leichtfertig sensible Infos ver-<br />
5
Social Media reif für Controlling?<br />
Zuhören liefert dabei nicht nur aggregierte Daten<br />
wie „ X % <strong>de</strong>r User fin<strong>de</strong>n unseren Service<br />
gut“. Es besteht jetzt die Chance, unter allen<br />
Akteuren in unserem Netzwerk jene zu fin<strong>de</strong>n,<br />
die beson<strong>de</strong>rs wirksam positiv o<strong>de</strong>r negativ<br />
für uns kommunizieren können. Dieser<br />
Wert kann im einfachen Fall in einer großen<br />
Reichweite bestehen (15.000 Twitter-Follower)<br />
o<strong>de</strong>r – schon spannen<strong>de</strong>r – in einer tiefen<br />
Vernetzung und Kooperation mit an<strong>de</strong>ren<br />
Akteuren, die für mein Business – Technologie,<br />
Lieferantenbeziehungen etc. – be<strong>de</strong>utend sind.<br />
Das zu wissen und zu „controllen“ wird eine<br />
große Herausfor<strong>de</strong>rung für das sogenannte<br />
Enterprise 2.0.<br />
Biel: Social Media ist <strong>de</strong>mnach etwas an<strong>de</strong>res<br />
als klassische Werbung o<strong>de</strong>r Öffentlichkeitsarbeit<br />
…<br />
6<br />
Abb. 1: Social Media Strategie-Bauteile<br />
teilt, ist kritischer zu sehen, als einer, <strong>de</strong>r auf<br />
Facebook uncool mit <strong>de</strong>n Fans diskutiert.<br />
Biel: Lassen Sie uns an dieser Stelle kurz innehalten.<br />
Social Media wird seit geraumer Zeit in<br />
Veröffentlichungen, auf Kongressen und Fachveranstaltungen<br />
intensiv diskutiert. Beim zweiten<br />
Blick zeigt sich, dass sowohl Social Media<br />
als auch die zu dieser Entwicklung geführte<br />
Diskussion recht unübersichtlich sind. Man<br />
kann <strong>de</strong>n Eindruck gewinnen, dass diese Thematik<br />
noch unstrukturiert, aber auch betont<br />
kontrovers erörtert wird. So ist zuweilen von<br />
Konzept- und Strategielosigkeit die Re<strong>de</strong>? Ist<br />
diese Wahrnehmung zutreffend?<br />
Faustino Bauer: Ihr Eindruck täuscht nicht. Die<br />
Unübersichtlichkeit ist ein Ausdruck <strong>de</strong>r<br />
Unsicherheit, die ihrerseits aus <strong>de</strong>r Dynamik<br />
und <strong>de</strong>n fragmentierten Erfahrungen mit Social<br />
Media gespeist wird. Bei knappem Erfahrungswissen<br />
muss intensiv, breit und manchmal<br />
auch abwegig diskutiert wer<strong>de</strong>n. Lei<strong>de</strong>r wird oft<br />
vorschnell agiert. Weil das WIE im Tun so einfach<br />
wie nie ist – z. B. mit Facebook o<strong>de</strong>r einem<br />
internen Wiki – wird häufig das WARUM, also<br />
die Ziele und Strategien, nicht ausreichend<br />
durchdacht. Ohne Ziele kein sinnvolles Steuerungskonzept,<br />
also auch kein Controlling.<br />
Biel: Social Media ist ein Ausdruck für ein verän<strong>de</strong>rtes<br />
Kommunikations- und Mediennutzungsverhalten,<br />
wie wir sehen. Was be<strong>de</strong>uten<br />
nun die neuen Bedingungen <strong>de</strong>r digitalen Medien<br />
für die Unternehmen? Was verän<strong>de</strong>rn die<br />
neuen Kommunikationsformen und -mechanismen?<br />
Faustino Bauer: Je<strong>de</strong>r muss immer mehr<br />
und immer unstrukturiertere Informationen<br />
verarbeiten. Im Web ist Information mittels<br />
Tools (Agenten etc.) spezifiziert und individualisiert<br />
zu erhalten, auch zu analysieren und zu<br />
verbreiten. Der Social Web-Rückkanal nun<br />
macht Informationskonsumenten zu Dialogpartnern.<br />
Die Transparenz und die Vernetzung<br />
machen sie zu starken Multiplikatoren. Die Präsenz<br />
in Netzwerken wie Linkedin lässt sie zu<br />
Botschaftern und Informationsquellen wer<strong>de</strong>n.<br />
Ob die Unternehmen das wollen o<strong>de</strong>r nicht. Das<br />
Faustino Bauer: ... auf je<strong>de</strong>n Fall. Das kratzt<br />
nur an <strong>de</strong>r Oberfläche. Jetzt sind viele und<br />
neuartige Informationen da, die, richtig<br />
analysiert und zusammengesetzt, hoch<br />
wettbewerbsrelevant sind. Wenn beispielsweise<br />
ein Unternehmen neue Mitarbeiter sucht,<br />
mit Qualifikationen, die im bisherigen Geschäft<br />
nicht relevant waren, <strong>de</strong>utet das auf eine Ausweitung<br />
<strong>de</strong>r Geschäftsfel<strong>de</strong>r hin. Das Monitoring<br />
kann weltweit authentische Gespräche<br />
„mithören“. Latente Probleme, wertvolle Erfahrungen<br />
und Bedürfnisse sind zu ent<strong>de</strong>cken.<br />
Junge Mitarbeiter erwarten im Unternehmen<br />
eine ihnen geläufige Kommunikationsinfrastruktur.<br />
(Massen-) Aktionen können im Web<br />
initiiert und effizient koordiniert wer<strong>de</strong>n. Wenn<br />
viele an einem Problem arbeiten, gibt es oft<br />
bessere Lösungen; wie bei Crowd Sourcing und<br />
Open Source-Technologien. Weil nicht-triviale<br />
Geschäftsprozesse von Information und Kommunikation<br />
abhängen, wird folglich ein Umbau<br />
<strong>de</strong>s Unternehmens nach <strong>de</strong>n Anpassungen an<br />
das Informations- und Kommunikationsverhalten<br />
erfolgen müssen. Und zwar in <strong>de</strong>n Prozessen<br />
und in <strong>de</strong>r Organisation. Dabei die Vernetzung<br />
zu verstehen und für sich zu nutzen,<br />
wird für die einen zum Wettbewerbsvorteil,<br />
für die an<strong>de</strong>ren zum Scheitern führen.<br />
Biel: Im Internet fin<strong>de</strong>n sich aber nicht nur<br />
positive und konstruktive Informationen. Häufig<br />
wird sachliche Kritik mit vielfältigen unsachlichen<br />
Beiträgen vermischt. Dieses Internet-
Phänomen wird heftig diskutiert, und oft als<br />
„Shitstorm“ bezeichnet. Das Internet wirkt als<br />
Beschleuniger, manche meinen, auch als<br />
„Dreckschleu<strong>de</strong>r“.<br />
Faustino Bauer: Wenn ein sogenannter „Shitstorm“<br />
eine ganze Produktkategorie in Verruf<br />
bringt, sind Liefer- und Han<strong>de</strong>lsketten davon<br />
viel schneller und härter getroffen als bisher.<br />
Biel: Was folgern Sie daraus? Was ist zu<br />
tun? Controllern geht es ja nicht zuletzt um die<br />
Sicherung <strong>de</strong>r Wettbewerbsfähigkeit.<br />
Faustino Bauer: Die Steuerung <strong>de</strong>r Organisation<br />
auf wirtschaftliche Ziele hin ist die Domäne<br />
<strong>de</strong>r Controller. Wenn Web 2.0-Technologien<br />
qua Information und Kooperation zu mehr<br />
Handlungskompetenz und besseren Entscheidungen<br />
führen, ist das Controlling davon<br />
direkt betroffen. Alle, die das Geschäft<br />
strategisch und operativ planen, sind gefor<strong>de</strong>rt.<br />
Die Fähigkeit, das Web analytisch, wertschöpfend,<br />
kommunikativ, kontrollierend und mit<br />
Partnern kooperativ zu nutzen, muss strategisch<br />
entwickelt wer<strong>de</strong>n. Dass es hier keine<br />
einfachen Antworten o<strong>de</strong>r stabile Planungszyklen<br />
gibt, ist nun mal so, trifft aber alle Organisationen<br />
gleichermaßen. Dazu sollten Controller<br />
also die Verän<strong>de</strong>rungen durch Social Media<br />
zumin<strong>de</strong>st grundsätzlich verstehen. In je<strong>de</strong>m<br />
Falle sollten sie immer dabei sein, wenn die<br />
Frage nach <strong>de</strong>m Warum in <strong>de</strong>n Fachbereichen<br />
o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Geschäftsleitung erörtert wird.<br />
Biel: Da wir bei diesem Punkt sind: Controllerinnen<br />
und Controller <strong>de</strong>nken zielorientiert und<br />
hinterfragen <strong>de</strong>n Nutzen …<br />
Faustino Bauer: … was ich für das rationale<br />
Begrün<strong>de</strong>n und Umsetzen <strong>de</strong>s WARUM uneingeschränkt<br />
gut fin<strong>de</strong> ...<br />
Biel: … daher stellt sich die vertiefen<strong>de</strong> und<br />
grundsätzliche Frage, welchen Mehrwert ein<br />
Social-Media-Engagement <strong>de</strong>m Unternehmen<br />
bringen kann? Überall dort, wo sogenannte<br />
Touch Points, Berührungspunkte, zur<br />
Außenwelt vorhan<strong>de</strong>n sind, leuchten Be<strong>de</strong>utung<br />
und Nutzen unmittelbar ein, beispielsweise<br />
im Marketing, Personalmanagement und<br />
<strong>de</strong>r Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Welches<br />
Potenzial birgt die Tuchfühlung mit Kun<strong>de</strong>n,<br />
CM November / Dezember 2012<br />
Fachkräften und Talenten, kritischer Öffentlichkeit?<br />
Müssen wir hier in größeren Zusammenhängen<br />
<strong>de</strong>nken, beispielsweise die Reputation<br />
ins Feld führen? Welche Social Media-Ziele<br />
sehen Sie? Können Sie uns Ihre Überlegungen<br />
in ein fiktives Beispiel übersetzen?<br />
Faustino Bauer: Angenommen, Sie stellen <strong>de</strong>n<br />
besten, aber auch teuersten Kleber für Fahrzeugscheiben<br />
her. Ihr Geschäft ist direkt abhängig<br />
von <strong>de</strong>n Fahrzeugherstellern (OEM) und<br />
vom Aftermarket mit seinen Autoglas-Lieferanten<br />
(inkl. Kleber) und <strong>de</strong>n Werkstätten und<br />
Ketten (Carglass), die <strong>de</strong>n Endkun<strong>de</strong>n B2B<br />
(Flotten) o<strong>de</strong>r B2C bedienen. Der Endkun<strong>de</strong><br />
kann gar nicht beurteilen, ob <strong>de</strong>r Kleber gut ist.<br />
Die Werkstatt will schnell und einfach Geld verdienen,<br />
<strong>de</strong>r Glashan<strong>de</strong>l auch, und die Kfz-Hersteller<br />
haben jeweils eigene Anspruchsniveaus<br />
<strong>de</strong>finiert. Sie zweifeln nun daran, dass das in<br />
Zukunft weiter so gut läuft, rechnen z. B. mit<br />
Billigkonkurrenz. Der Endkun<strong>de</strong> bekommt die<br />
Scheibe von seiner Versicherung bezahlt, die<br />
auch auf Kostenreduzierung aus ist. Und jetzt<br />
soll er für die Scheibe mit Ihrem Kleber 20 Euro<br />
extra draufzahlen! Warum soll er das tun?<br />
Biel: … und was könnten nun wir in <strong>de</strong>r Welt<br />
von Social Media tun?<br />
Faustino Bauer: Nun können Sie in Stufe 1<br />
versuchen, über breite Kommunikation und<br />
Dialogangebote an Endkun<strong>de</strong>n und Werkstätten<br />
– z. B. zu Sicherheitsaspekten – ein vorteilhaftes<br />
Umfeld zu schaffen. Damit die Werkstatt<br />
evtl. mit Ihrem Kleber als Teil eines Sicherheitskonzepts<br />
wirbt und <strong>de</strong>r Endkun<strong>de</strong> vielleicht<br />
gezielt fragt, ob hier Ihr Kleber – „… <strong>de</strong>r vom<br />
You tube Vi<strong>de</strong>o …“ – verwen<strong>de</strong>t wird. Vielleicht<br />
empfehlen glückliche Kun<strong>de</strong>n über Facebook<br />
eher jene Werkstätten, die Ihren Kleber verwen<strong>de</strong>n.<br />
Am Point of Decision and Sale sind Sie<br />
aber noch nicht wirklich präsent. Wenn Sie<br />
aber die Werkstätten mit Schulungsvi<strong>de</strong>os, mit<br />
Verkaufstipps, mit Zugang zu exklusivem Wissen<br />
und professionellem Austausch versorgen<br />
und dann vielleicht noch das Tablet mit Software<br />
verleasen, mit <strong>de</strong>m in <strong>de</strong>r Hand <strong>de</strong>r<br />
Service mitarbeiter <strong>de</strong>m Endkun<strong>de</strong>n die Sicherheitsaspekte<br />
mit Bild und Ton als Mehrwert vor<br />
<strong>de</strong>r Auftragsvergabe verkauft, dann gewinnen<br />
Sie mehr Kontrolle über die Nachfrage nach<br />
Ihren Produkten. Im Rückkanal lernen Sie von<br />
Erfolg lässt<br />
sich planen.<br />
für integrierte Konzernkonsolidierung<br />
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Einfach, schnell und übersichtlich<br />
mit <strong>de</strong>r Planungs- und<br />
Controlling-Software BPS-ONE ®<br />
Einer von über 2.000 Kun<strong>de</strong>n sagt:<br />
„Die Zeit die ich durch die Pflege <strong>de</strong>r<br />
Excel-Daten verloren habe, kann ich<br />
jetzt wie<strong>de</strong>r für die Analyse verwen<strong>de</strong>n.<br />
Das ist schließlich die eigentliche<br />
Aufgabe eines Controllers.“«<br />
Josef Cremer,<br />
Haix-Schuhe Produktions und<br />
Vertriebs-GmbH, Mainburg<br />
Denzhorn Geschäftsführungs-Systeme GmbH<br />
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Social Media reif für Controlling?<br />
<strong>de</strong>n Verkaufsaktionen, i<strong>de</strong>ntifizieren Ihre wertvollsten<br />
Promotoren und fin<strong>de</strong>n kritische Hür<strong>de</strong>n.<br />
Damit können Sie Ihr Angebot an Information<br />
und Kommunikation für die Akteure<br />
in diesen Prozessen viel besser gestalten<br />
und steuern. Sicherlich profitiert auch Ihre<br />
Produktentwicklung davon. Die Prognosen von<br />
Absatz und Umsatz o<strong>de</strong>r die Planung <strong>de</strong>r Produktion<br />
etc. wer<strong>de</strong>n verbessert. Zuletzt haben<br />
Sie vielleicht <strong>de</strong>n Markt aufgerollt und Maßstäbe<br />
gesetzt, was Ihre Position gegenüber<br />
Zulieferern und Kun<strong>de</strong>n nachhaltig stärkt.<br />
Biel: Das machte <strong>de</strong>n Bezug zum Unternehmenserfolg<br />
doch viel <strong>de</strong>utlicher und anschaulicher.<br />
Bitte gehen Sie, weil es so wichtig ist,<br />
noch näher auf <strong>de</strong>n Zusammenhang mit <strong>de</strong>n<br />
Unternehmenszielen ein.<br />
Faustino Bauer: Mehr als bisher sind die Unternehmensziele<br />
auch ein Ergebnis <strong>de</strong>r<br />
weiterhin neu entstehen<strong>de</strong>n Möglichkeiten<br />
im Web 2.0. Das macht es komplexer.<br />
Deshalb sollte aus meiner Sicht ein Ziel die<br />
Kontrolle <strong>de</strong>r wichtigsten Informations- und<br />
Kommunikationsprozesse sein. Voraussetzung<br />
dafür ist die Analyse <strong>de</strong>r für mein Unternehmen<br />
relevanten Bereiche und Entwicklungen<br />
<strong>de</strong>s Social Web. Wenn das geklärt ist,<br />
ergeben sich vali<strong>de</strong> Aussagen zum Warum.<br />
Die direkten Social Media-Ziele wie z. B. Reputation<br />
und Marke konsistent im Social<br />
Web zu positionieren und schützen o<strong>de</strong>r<br />
einen authentischen offenen Dialog mit <strong>de</strong>n<br />
wichtigsten Stakehol<strong>de</strong>rgruppen zu führen,<br />
sind dann eher Hygienefaktoren.<br />
Biel: In <strong>de</strong>r klassischen Kommunikation gilt die<br />
Glaubwürdigkeit als beson<strong>de</strong>rs wichtiger Erfolgsfaktor.<br />
Müssen wir dies auch auf die Online-Welt<br />
übertragen? Und wie gehen wir damit<br />
um, dass das Internet offensichtlich zu einem<br />
Kontrollverlust <strong>de</strong>r Unternehmen führt?<br />
Faustino Bauer: Aufgrund <strong>de</strong>r Transparenz<br />
und <strong>de</strong>s dynamischen Potenzials – Stichwort<br />
Shitstorm – muss ein Unternehmen wichtige<br />
Voraussetzungen erfüllen: Authentizität ist<br />
enorm wichtig gewor<strong>de</strong>n, je<strong>de</strong>r „Schwin<strong>de</strong>l“<br />
fliegt auf und schlägt zurück. Dann müssen<br />
Prozesse etabliert wer<strong>de</strong>n, die systematisch<br />
von <strong>de</strong>r Beobachtung und Analyse, über<br />
die Einschätzung von Kritikalität o<strong>de</strong>r Relevanz<br />
zu adäquaten Handlungen führen und dabei die<br />
kompetenten Stellen einbeziehen. Die Lufthansa<br />
hat hier gera<strong>de</strong> ein Problem, in<strong>de</strong>m Milesand-More-Kun<strong>de</strong>n<br />
starke Blogkanäle einsetzen<br />
und sogar in Medien wie <strong>de</strong>m Spiegel darüber<br />
berichtet wird. Im Web sind aber noch nicht alle<br />
Zielgruppen gleich gut repräsentiert.<br />
Biel: Wenn wir nun davon ausgehen, dass das<br />
Social Media-Engagement Sinn macht und erstrebenswert<br />
ist, stellt sich die Frage nach einer<br />
geeigneten Vorgehensweise. Der olympische<br />
Gedanke „dabei sein ist alles“ ist vermutlich<br />
nicht ausreichend, ein <strong>de</strong>rartiges Engagement<br />
zu begrün<strong>de</strong>n, und das „Reinmüssen“<br />
keine tragen<strong>de</strong> Motivation. Ist die Definition einer<br />
Social Media-Strategie eine Voraussetzung<br />
weiterer Social Media-Aktivitäten? Sie hatten ja<br />
bereits die „Warum-Frage“ aufgeworfen.<br />
Faustino Bauer: Auf je<strong>de</strong>n Fall. Bei <strong>de</strong>n direkten<br />
Social Media-Zielen ist zuerst zu klären,<br />
welche Risiken das Nicht-Mitmachen birgt.<br />
Was wird im Social Web zu meinem Unternehmen<br />
gesprochen? Setzen hier Wettbewerber<br />
schon Maßstäbe im Dialog? So war Adidas in<br />
Second Life aktiv, hat Geld verbrannt. Puma<br />
hingegen nicht und verkaufte dadurch nicht<br />
weniger Turnschuhe. Auch die Frage nach<br />
(schwachen) Signalen, die meine Branche negativ<br />
beeinflussen könnten, stellt sich. Man<br />
muss vielleicht mitmachen, weil sonst mit Fehlinformationen<br />
zu meinem Geschäft diskutiert<br />
wird. Über nahezu alle Unternehmen wird<br />
gesprochen, auch wenn sie nicht aktiv teilnehmen.<br />
In „kununu“ (www.kununu.com) mit<br />
Arbeitgeberbewertungen o<strong>de</strong>r in „Linkedin“<br />
(http://<strong>de</strong>.linkedin.com).<br />
Bei complexium haben wir einen 5E-Rahmen<br />
entwickelt: Explore (Analyse) ist die Basis, in<br />
Elaborate wer<strong>de</strong>n die direkten Social Media-<br />
Ziele entwickelt, in Enable die Organisation z. B.<br />
mit Gui<strong>de</strong>lines vorbereitet, mit Infrastruktur und<br />
Prozessen in Establish bereitgestellt, und dann<br />
wird erst Enter gedrückt (Dialog).<br />
Biel: Reicht das <strong>de</strong>nn aus? Müssen wir nicht<br />
auch einen Bezug zu <strong>de</strong>n Wertschöpfungsprozessen<br />
herstellen?<br />
8<br />
Autoren<br />
Dipl.-BW Alfred Biel<br />
Nach einem betriebswirtschaftlichen Studium verantwortliche<br />
Tätigkeit in einem Großkonzern in <strong>de</strong>n Bereichen Metho<strong>de</strong>n,<br />
Systeme und Projektmanagement. Danach Qualifizierung an <strong>de</strong>r<br />
Deutschen Fachjournalisten Schule als Fachjournalist (DFS).<br />
Seit Jahren Engagement als Autor, Interviewer und Rezensent<br />
für verschie<strong>de</strong>ne Medien. Verleihung <strong>de</strong>r Ehrenmitgliedschaft<br />
durch <strong>de</strong>n Deutschen Fachjournalisten Verband und <strong>de</strong>n Internationalen<br />
Controller Verein.<br />
E-Mail: alfred.biel@gmx.<strong>de</strong><br />
Prof. Dr. Michael Faustino Bauer<br />
Seit 10/2012 Professur für ABWL, insb. Controlling, an <strong>de</strong>r HWR<br />
Berlin. Über 10 Jahre als Berater und Trainer mit <strong>de</strong>n Auswirkungen<br />
<strong>de</strong>s Web auf Unternehmen befasst. Zuletzt bei complexium<br />
zu Social Media Analyse und Monitoring, davor langjährig<br />
als Mitglied <strong>de</strong>r Geschäftsleitung <strong>de</strong>r NetSkill AG. Einstieg über<br />
Controlling-Beratung ab 1996 bei CTcon, dann Promotion 2001<br />
an <strong>de</strong>r WHU Vallendar (Prof. Dr. Dr. h.c. Jürgen Weber) zum<br />
messbaren Erfolg <strong>de</strong>r Controllertätigkeit.<br />
Faustino Bauer: Nach dieser Stufe 1 <strong>de</strong>r<br />
Strategie – ich nenne es mal „Ob und wie mit<br />
<strong>de</strong>n Wölfen heulen?“ – kommt Stufe 2. Inwieweit<br />
können Social Media für wertschöpfen<strong>de</strong><br />
Prozesse genutzt wer<strong>de</strong>n. Die Social<br />
Media-Strategie ist auch als Informationsstrategie<br />
zu interpretieren: Informationen in<br />
Steuerungskonzepte integrieren und die Verteilung<br />
von Informationen steuern. Der Bezug<br />
zum Unternehmenserfolg wird gewährleistet,<br />
in<strong>de</strong>m ganz klassisch Ursache-Wirkungsbeziehungen<br />
hin zu messbaren Key-Performance-<br />
Indikatoren beschrieben wer<strong>de</strong>n. Diese müssen<br />
dann durchgehend geplant und kontrolliert<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Biel: Was ist nun das Beson<strong>de</strong>re an einer<br />
Social Media-Strategie?
CM November / Dezember 2012<br />
Faustino Bauer: Eine Social Media-Strategie<br />
ist m.E. in zweierlei Hinsicht beson<strong>de</strong>rs: Zum<br />
einen liefert <strong>de</strong>r Blickwinkel vom En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />
Wertschöpfungskette unter Berücksichtigung<br />
<strong>de</strong>r dort nun vorhan<strong>de</strong>nen Macht (Dialog,<br />
Bewertung, Multiplikation) Erkenntnisse und<br />
neue Möglichkeiten. Zum an<strong>de</strong>ren müssen Annahmen<br />
und Strategien häufiger und mit<br />
mehr Analyseeinsatz hinterfragt wer<strong>de</strong>n. Das<br />
ist <strong>de</strong>r Dynamik <strong>de</strong>r Social Web-Technologien<br />
und -Plattformen geschul<strong>de</strong>t.<br />
Biel: In <strong>de</strong>r Online-Kommunikation treffen wir<br />
auf individuelle Sprachstile. Was folgt daraus<br />
für die Analyse?<br />
Faustino Bauer: Ungefilterte Äußerungen und<br />
Jargon von Menschen erfor<strong>de</strong>rt spezielle computer-linguistische<br />
Metho<strong>de</strong>n sowie <strong>de</strong>n Einsatz<br />
von menschlicher Intelligenz im Prozess <strong>de</strong>r<br />
Sammlung, Filterung und Analyse von Information.<br />
Schließlich möchten Sie die Interpretation<br />
<strong>de</strong>r Ergebnisse für Ihre Geschäftsziele<br />
keiner Maschine überlassen – und hoffentlich<br />
auch keinem Berater alleine.<br />
Biel: Wieweit können klassische betriebswirtschaftliche<br />
Metho<strong>de</strong>n dabei helfen?<br />
Faustino Bauer: Sehr, und zwar für Strukturierung<br />
und das gemeinsame Verständnis über<br />
Fachbereichsgrenzen hinweg. Mit einer SWOT-<br />
Analyse und mit Benchmarking können<br />
Stärken und Schwächen, Chancen und Risiken<br />
und Szenarien für eine strategische Ausrichtung<br />
formuliert wer<strong>de</strong>n. Daraus wird eine operative<br />
Roadmap von Maßnahmen generiert.<br />
Wenn die Lage richtig bewertet ist, wird die<br />
Social Media-Strategie hinsichtlich Zielen<br />
und Grundsätzen in <strong>de</strong>r gleichen Schrittfolge<br />
wie je<strong>de</strong> Strategie entwickelt. Vor allem<br />
Mo<strong>de</strong>lle und Metho<strong>de</strong>n, die mit Entscheidungsund<br />
Kommunikationsverhalten zu tun haben,<br />
helfen, um <strong>de</strong>m Social Web-Phänomen Herr<br />
zu wer<strong>de</strong>n.<br />
Biel: Dabei kommt es wohl beson<strong>de</strong>rs auf das<br />
Informations- und Entscheidungsverhalten an?<br />
Faustino Bauer: Ja, ein Kardinalfehler in <strong>de</strong>n<br />
Geschäftsmo<strong>de</strong>llen beim Hype 1999/2000 lag<br />
in Fehleinschätzungen zum Informationsund<br />
Entscheidungsverhalten und <strong>de</strong>ssen<br />
Abb. 2: Auswertungsmöglichkeiten<br />
Än<strong>de</strong>rungsgeschwindigkeit. Es wur<strong>de</strong>n Produkte<br />
angeboten, <strong>de</strong>ren Nutzung fundamental<br />
an<strong>de</strong>res Verhalten voraussetzte. Und das hat<br />
nicht geklappt, wie wir wissen.<br />
Biel: Wo steht Social Media im Controlling?<br />
Unverkennbar ist Social Media nicht nur in <strong>de</strong>r<br />
Mitte <strong>de</strong>r Gesellschaft angekommen, son<strong>de</strong>rn<br />
in gewissem Umfange auch im Controlling.<br />
Denn das Controller Magazin brachte in <strong>de</strong>r<br />
Ausgabe 2/2012 einen Beitrag „Social Media –<br />
eine spieltheoretische Analyse zur Anleitung<br />
von Handlungsempfehlungen für Unternehmen“.<br />
Sehen Sie Social Media bereits auf<br />
einem guten Controlling-Weg?<br />
Faustino Bauer: Im Marketing- und Kommunikationscontrolling<br />
liegen sicherlich die meisten<br />
Erfahrungen bisher. Allerdings ist in Unternehmen<br />
mit eBusiness-/eCommerce-Geschäftsmo<strong>de</strong>llen<br />
das Controlling schon immer sehr<br />
webnah ausgebaut. Oft hängt es jedoch von<br />
Personen und konkret <strong>de</strong>m Wert ihrer Beiträge<br />
ab, ob <strong>de</strong>r Controller nur Kostenstellen kontrolliert<br />
o<strong>de</strong>r Ansprechpartner für die Beherrschung<br />
dieser Unsicherheitssituation ist.<br />
Biel: … wir kennen menschliches Beharrungsvermögen<br />
und wissen, wie schwierig es oft ist,<br />
Verän<strong>de</strong>rungen umzusetzen …<br />
Faustino Bauer: Ja, menschliche Bedürfnisse<br />
und Verhalten sind relativ stabil, sie<br />
brechen sich dann Bahn, wenn die Wege und<br />
Tools einfach, anreizkompatibel und breit verfügbar<br />
sind. Im Top-Management ist Social<br />
Media z. T. angekommen und die ersten „harten<br />
Fragen“ wer<strong>de</strong>n gestellt. Oft preschen Führungskräfte<br />
auch mit eigenen Initiativen vor.<br />
Nachwuchs und Wechsel im Management<br />
bringen an<strong>de</strong>re Verhaltensweisen in die Unternehmen.<br />
Insofern ist hier eine Chance, diese<br />
Offenheit und diesen Bedarf zur Senkung von<br />
Komplexität und Unsicherheit mit Metho<strong>de</strong>n<br />
und Kompetenzen wirksam zu bedienen. Da<br />
Controlling von Informationen lebt, ex post im<br />
Ist, ex ante in <strong>de</strong>r Planung, und mit Szena rien<br />
und Risikoanalysen für das Ergebnis arbeitet,<br />
sind diese Metho<strong>de</strong>n und Kompetenzen grundsätzlich<br />
dafür nutzbar.<br />
Biel: Bitte lassen Sie uns eine doppelte Kernfrage<br />
stellen. Eine Kernfrage ist, welche Tätigkeiten<br />
und Funktionen stehen in einer näheren<br />
Beziehung zu Social Media. Eine an<strong>de</strong>re Kernfrage,<br />
welche <strong>controller</strong>spezifischen Kompetenzen<br />
können betriebliche Sozial Media-<br />
Projekte unterstützen.<br />
Faustino Bauer: Am nächsten dran sind heute<br />
(noch) die MarKom-Ressorts, im Bereich Be-<br />
9
Social Media reif für Controlling?<br />
10<br />
schaffung die HR. Wie ich mit <strong>de</strong>m Glaskleberbeispiel<br />
skizziert hatte, wer<strong>de</strong>n bald alle<br />
Funktionen <strong>de</strong>s Unternehmens eine Haltung zu<br />
Social Media haben müssen. Eine kritische „So<br />
what?“ - Haltung ist schon mal gut, eine konstruktive<br />
„So now!“ - Umsetzung in messbare<br />
Ziele und Wertbeiträge kann ein wichtiger Beitrag<br />
<strong>de</strong>r Controller und in je<strong>de</strong>m Social Media<br />
bezogenen Projekt von Nutzen sein.<br />
Biel: … und mit welchen Erfahrungen und<br />
Fähigkeiten können Controller punkten?<br />
Faustino Bauer: Ich möchte eine dreifache<br />
Antwort geben.<br />
1) Die Beherrschung von Unsicherheit durch<br />
Analyse und Planung.<br />
2) Unterstützung <strong>de</strong>s Lernens und Optimierens<br />
durch <strong>de</strong>n Regelkreis Ziele-Messung-<br />
Kontrolle-Feedback und Feedforward. Wie<br />
im mo<strong>de</strong>rnen Fußball steigt hier <strong>de</strong>r Anspruch<br />
an Timing, Dynamik und Genauigkeit.<br />
Die Controller-Kompetenzen müssten aktuell<br />
gefragt wie nie sein, das ist aber (noch)<br />
nicht so. Mit <strong>de</strong>m dargestellten Wan<strong>de</strong>l <strong>de</strong>r<br />
Organisation und <strong>de</strong>s Mitarbeiterverhaltens,<br />
durch die Dynamik von Vernetzung und Interaktion,<br />
wer<strong>de</strong>n sich auch Steuerung und<br />
Kontrolle neu aufstellen müssen. Und das im<br />
laufen<strong>de</strong>n Betrieb.<br />
Daraus ergibt sich mit<br />
3) <strong>de</strong>r Wertbeitrag <strong>de</strong>r Controller bei <strong>de</strong>r Aufrechterhaltung<br />
eines funktionieren<strong>de</strong>n Kosten-<br />
und Leistungssystems im durch Social<br />
Media getriebenen Transformationsprozess<br />
<strong>de</strong>s Unternehmens.<br />
Biel: Wir diskutieren für Controller und wollen<br />
Social Media für Controller hinterfragen. Dabei<br />
kommen wir an einigen praktischen und zugleich<br />
„typischen Controllerfragen“ nicht vorbei.<br />
Zunächst die Frage <strong>de</strong>r Aufwandsmessung.<br />
Social Media erfor<strong>de</strong>rt personelle und<br />
finanzielle Ressourcen. Können Sie uns Faustformeln<br />
nennen?<br />
Faustino Bauer: Es gibt recht transparente<br />
Best Practices und damit Kostenabschätzungen:<br />
für <strong>de</strong>n Betrieb von Blogs o<strong>de</strong>r Facebook-Seiten,<br />
<strong>de</strong>n Einsatz von Monitoring-Systemen,<br />
für Analysen, das Kampagnen-Tracking<br />
o<strong>de</strong>r das laufen<strong>de</strong> Reporting für Reputation<br />
o<strong>de</strong>r Sicherheit. Hier ist <strong>de</strong>r Mix aus Make-<br />
or-Buy für die nächsten Jahre noch im Fluss.<br />
Unternehmen ist sicher zu empfehlen, eine<br />
Ausschreibung basierend auf <strong>de</strong>n wichtigsten<br />
Risiken und Entscheidungsbeiträgen für das<br />
eigene Geschäft zu <strong>de</strong>finieren. Oft wird das<br />
Lastenheft vom technisch Möglichen her <strong>de</strong>finiert<br />
(„Realtime“, Alerting für 24/7/365).<br />
Im laufen<strong>de</strong>n Betrieb eines eigenen Social<br />
Media-Kanals ist min<strong>de</strong>stens eine halbe Stelle<br />
intern notwendig, auch weil Authentizität in <strong>de</strong>r<br />
Kommunikation durch Mitarbeiter begleitet<br />
wer<strong>de</strong>n muss, selbst wenn eine Agentur hier<br />
unterstützt. Für einmalige Social Web-Analysen<br />
sind zwischen 10 bis 30 TE anzusetzen, bei<br />
Mehrsprachigkeit auch mehr. Die Kosten einer<br />
Kampagnenkontrolle hängen neben <strong>de</strong>m Zeitraum<br />
auch davon ab, ob die Wirkung im gesamten<br />
Web o<strong>de</strong>r nur auf eigenen Kanälen gemessen<br />
wer<strong>de</strong>n soll (ab 2 TE). Laufen<strong>de</strong>s Monitoring<br />
ist automatisiert für we nige Hun<strong>de</strong>rt Euro<br />
im Monat zu erhalten, ABER: Die Maschine erfasst<br />
nur, was vorher als Suchziel <strong>de</strong>finiert<br />
wur<strong>de</strong>. Insofern ist die Mensch-Maschine-<br />
Kombination auf längere Sicht unerlässlich.<br />
Damit kommt effektives Monitoring mit abgeleiteten<br />
Handlungsempfehlungen erfahren<strong>de</strong>r<br />
Analysten in die Größenordnung 2 bis 10 TE<br />
pro Monat, weltweit mal außen vor gelassen.<br />
Biel: Will heißen, ein schickes Dashboard<br />
reicht nicht?<br />
Faustino Bauer: Ich warne davor, sich auf farbig-schicke<br />
Dashboards allein zu verlassen. Die<br />
Illusion <strong>de</strong>r Kontrolle ist zu verlockend angesichts<br />
von Komplexität und Unsicherheit.<br />
Biel: Eine entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Frage fehlt noch. Die<br />
Frage nach <strong>de</strong>r Erfolgsmessung. Ist es bereits<br />
möglich, mit qualitativen und / quantitativen<br />
Kennzahlen zumin<strong>de</strong>st grob <strong>de</strong>n Erfolg<br />
o<strong>de</strong>r auch Misserfolg von Social Media-Projekten<br />
zu bewerten? Haben sich bereits bestimmte<br />
KPIs in <strong>de</strong>r Praxis bewährt?<br />
Faustino Bauer: Die Resonanz kann gut direkt<br />
gemessen wer<strong>de</strong>n, also: Wie wirken unsere<br />
Maßnahmen, auch im Wettbewerbsvergleich,<br />
im Social Web? Eine Initialanalyse vorab zeigt<br />
das relevante Spielfeld auf. Welche Themen<br />
wer<strong>de</strong>n wo (Kanäle) von wem, wie (positiv, negativ)<br />
in welchem Kontext und mit welcher<br />
Wirkung (Reichweite, historische Kampagnenanalyse)<br />
diskutiert. Erfolgsmaßstäbe zu <strong>de</strong>finieren<br />
und zu messen ist Pflicht. Insofern bil<strong>de</strong>n KPI<br />
bereits die Basis für Controlling als Tätigkeit.<br />
Buzz bezeichnet Quantitäten (Initialeinträge,<br />
Kommentare), Tonalität zeigt die Verteilung<br />
positiver/neutraler Einträge (Sentiment), unter<br />
„Fans & Follower“ wer<strong>de</strong>n Nutzer erfasst, die<br />
sich an Unternehmenskanäle (Facebook) andocken,<br />
und schließlich wer<strong>de</strong>n wichtige externe<br />
Kanäle nach diesen Kriterien profiliert. Als<br />
hot topic kann die strukturelle Analyse <strong>de</strong>r<br />
Fans nach sozio-ökonomischen Merkmalen<br />
genannt wer<strong>de</strong>n. Also: „Erreichen wir die richtigen<br />
Fans?“<br />
Biel: Öffnen sich für Controller vielleicht neue<br />
Tätigkeits- und Aufmerksamkeitsfel<strong>de</strong>r?<br />
Reputationsmanagement hatten wir bereits<br />
gestreift. Wie sieht es mit Kommunikationscontrolling<br />
aus? Welche Perspektiven sehen<br />
Sie für Controllerinnen und Controller?<br />
Faustino Bauer: Kommunikationscontrolling<br />
ist extern quasi abgefrühstückt. Die genannten<br />
KPI sind auf´s Web selbst ausgerichtet, ihre<br />
Kopplung zur Kernwertschöpfung ist unzureichend.<br />
Das vernetzte, exten<strong>de</strong>d Enterprise liegt<br />
da noch ein weites Stück in <strong>de</strong>r Zukunft. Die<br />
Controller sollten das Management darin unterstützen,<br />
folgen<strong>de</strong> – zugegebenermaßen strategische<br />
– Fragen zu beantworten:<br />
Wie groß sind die Risiken für´s Geschäft,<br />
wenn wir an<strong>de</strong>re und unsere eigenen Stakehol<strong>de</strong>r<br />
unkontrolliert im Social Web agieren<br />
lassen?<br />
Welche unserer Wertströme sind für Än<strong>de</strong>rungen<br />
in Informations- und Kommunikationsverhalten<br />
beson<strong>de</strong>rs anfällig<br />
und <strong>de</strong>shalb risiko-/chancenreich für Web<br />
2.0-Kontrolle o<strong>de</strong>r -Nutzung?<br />
Wie ist unsere Situation hier, v. a. im Vergleich<br />
mit Wettbewerbern, Kun<strong>de</strong>n und<br />
Lieferanten, und welche Entwicklungen sind<br />
hier relevant?<br />
Inwieweit können wir <strong>de</strong>n Wertbeitrag von<br />
Informations- und Kommunikationsprozessen<br />
entlang <strong>de</strong>r Wertschöpfung bereits<br />
erfassen und bewerten?<br />
Welche Ursache-Wirkungslogiken können<br />
wir für die Präsenz und die Aktivitäten<br />
unseres Ecosystems im Social Web (wir und<br />
geschäftsrelevante Akteure) bereits belastbar<br />
„controllen“, wo sind die Lücken?
CM November / Dezember 2012<br />
Wie entwickeln wir unser Steuerungssystem<br />
weiter, bei gleichzeitiger Sicherung <strong>de</strong>r<br />
Handlungs- und Reaktionsfähigkeit im<br />
Transformationsprozess?<br />
Hier sind Controller gefor<strong>de</strong>rt, damit das Controllingsystem<br />
nicht nur Än<strong>de</strong>rungen nachzieht,<br />
son<strong>de</strong>rn bei <strong>de</strong>r Gestaltung hilft. Prinzipiell sind<br />
die genannten KPI für die Steuerung von I&K-<br />
Prozessen entlang <strong>de</strong>r Wertschöpfung geeignet.<br />
Instrumente wie Prozesskostenrechnung<br />
o<strong>de</strong>r Benchmarking könnten erheblich an<br />
Be<strong>de</strong>utung gewinnen.<br />
Biel: Ein starkes persönliches Netzwerk und<br />
eine erfolgreiche Online-Kommunikation können<br />
auch für <strong>de</strong>n Controller selbst von Vorteil<br />
sein. Wie stellt sich das aus <strong>de</strong>r Perspektive<br />
einer Organisation bzw. <strong>de</strong>r Einzelperson dar?<br />
Faustino Bauer: Controlling soll Freu<strong>de</strong> machen<br />
und die Disziplin soll guten und lernbegierigen<br />
Nachwuchs anziehen. Wenn die<br />
auch nicht immer „XYZ-Controller“ - gelabelt<br />
sind. Im Social Web repräsentieren die Controller<br />
nun selbst Aufgaben, Arbeitsweisen und ihre<br />
Be<strong>de</strong>utung nach außen. Authentizität ist hierbei<br />
wichtig. In <strong>de</strong>r internen Zusammenarbeit und im<br />
Austausch mit externen Experten bringen die<br />
neuen Kommunikationsformen viele Vorteile.<br />
Risiken, die alle gleich treffen, wie Abwerbung<br />
beispielsweise, sind nicht entscheidungsrelevant.<br />
Der knappe Nachwuchs erwartet ein mo<strong>de</strong>rnes<br />
Umfeld und Entscheidungsbeteiligung.<br />
For<strong>de</strong>rn wir ihn heraus! So profitieren individuelle<br />
Kompetenzentwicklung und Marktwert wie<br />
auch das Unternehmen gleichermaßen.<br />
Biel: Zum guten Schluss: Gibt es für Controller<br />
eine kompakte Formel für <strong>de</strong>n Umgang mit <strong>de</strong>n<br />
sozialen Internet-Medien? Was ist Ihre zusammenfassen<strong>de</strong><br />
Empfehlung an Controllerinnen<br />
und Controller?<br />
Faustino Bauer: Sich nicht verrückt machen<br />
lassen, aber auch nicht so verrückt sein, die<br />
an<strong>de</strong>ren einfach machen zu lassen!<br />
Konkret:<br />
- Das Big Picture <strong>de</strong>s Web 2.0, 3.0 ff verstehen<br />
und das eigene Unternehmen dazu<br />
in Bezug setzen, aber nicht je<strong>de</strong> neue<br />
Funktion in Facebook kennen.<br />
- Das Corporate Picture begleiten, intern<br />
diskutieren, und als steuerungswürdige<br />
Infrastruktur und Wertprozesse begreifen<br />
- Neue Datenquellen und -typen in Planung<br />
und Prognose integrieren, beson<strong>de</strong>res Augenmerk<br />
auf z. B. Porters Five Forces legen.<br />
- Häufiger Risiken, Chancen und Ursache-<br />
Wirkungslogik hinterfragen.<br />
- Web 2.0-Technologie selbst intern in<br />
Projekten nutzen.<br />
Generell sollten Controller die neue Unsicherheit<br />
als Chance annehmen, um mit Controlling<br />
die Rationalität von Führung verbessern zu<br />
helfen. Dabei können sie mit vorhan<strong>de</strong>nen<br />
Instrumenten agieren, sollten mit an<strong>de</strong>ren<br />
Bereichen das jedoch als gemeinsames<br />
Lernen verstehen.<br />
Biel: Herr Prof. Dr. Faustino Bauer, ich habe<br />
Ihnen herzlich zu danken für Ihre Auskunftsbereitschaft,<br />
für ihre vielen Hinweise, Tipps<br />
und auch Ermutigungen. Dieser Dank erfolgt<br />
natürlich auch in Namen unserer Leserinnen<br />
und Leser sowie <strong>de</strong>s Herausgebers und <strong>de</strong>r<br />
Redak tion. Es hat wirklich Spaß gemacht, mit<br />
Ihnen an dieser Thematik zu arbeiten.<br />
Interessante aktuelle Quellen:<br />
Adopting Enterprise Web 2.0 collaborative<br />
technologies in business:<br />
The implications for management accountants<br />
Research executive summary series, Volume 7<br />
| Issue 4<br />
© June 2011, Chartered Institute of Management<br />
Accountants<br />
Grenzen überwin<strong>de</strong>n, Freiräume schaffen<br />
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11
Einführung einer Prozesskostenrechnung bei <strong>de</strong>r Otto Group<br />
Einführung einer Prozesskostenrechnung<br />
bei <strong>de</strong>r Otto Group<br />
Leistungsorientierte sowie verursachungsgerechte Verrechnung<br />
von internen Gemeinkosten auf Basis einer Prozesskostenrechnung<br />
von Michael Felix und Kerstin Jurkeit<br />
12<br />
Service Center Lieferantenverkehr (SC LV)<br />
innerhalb <strong>de</strong>r Otto Group<br />
Das SC LV bietet für inländische Unternehmen<br />
<strong>de</strong>r Otto Group die Durchführung <strong>de</strong>r Nebenbuchhaltung<br />
Kreditoren an. Wesentliches Element<br />
dieser Dienstleistung ist die Prüfung von<br />
Rechnungen in <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Hauptprozessen<br />
„Han<strong>de</strong>lsware“ und „Nicht-Han<strong>de</strong>lsware“. Bei<br />
<strong>de</strong>n Han<strong>de</strong>lswaren (HaWa) han<strong>de</strong>lt es sich dabei<br />
um die Waren, die im Segment Multichannel-<br />
Einzelhan<strong>de</strong>l <strong>de</strong>m Endverbraucher zum Kauf angeboten<br />
wer<strong>de</strong>n. Lieferungen und Leistungen,<br />
die die Gesellschaften im Rahmen ihrer unternehmerischen<br />
Tätigkeit beziehen, bezeichnen<br />
wir als Nicht-Han<strong>de</strong>lswaren (Non-HaWa).<br />
Kun<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s SC LV sind Konzernfirmen innerhalb<br />
<strong>de</strong>r Otto Group. Ein Kontrahierungszwang<br />
zur Nutzung <strong>de</strong>s SC LV ist nicht vorhan<strong>de</strong>n,<br />
wonach die Konzernfirmen frei wählen<br />
können, ob sie die Dienstleis tung <strong>de</strong>r Rechnungsprüfung<br />
selbst vornehmen, das SC LV<br />
o<strong>de</strong>r einen Dritten beauftragen.<br />
Die strukturelle Ausrichtung als ein Shared<br />
Service Center bringt für das SC LV mit sich,<br />
dass die Standardisierung und Automatisierung<br />
<strong>de</strong>r logistischen Rechnungsprüfung<br />
die wesentliche Zielsetzung ist, um Kostenvorteile<br />
für die Kun<strong>de</strong>n und somit für die Otto<br />
Group zu erzielen.<br />
Hauptbestandteil einer optimierten logistischen<br />
Rechnungsprüfung ist <strong>de</strong>r systemgestützte<br />
Abgleich <strong>de</strong>r Datenbestän<strong>de</strong> aus Bestellungen<br />
– Leistungserbringung / Lieferung – Rechnungen<br />
(klassischer 3-Wege-Match).<br />
Wettbewerbssituation und -fähigkeit<br />
Der nicht vorhan<strong>de</strong>ne Kontrahierungszwang<br />
bringt für das SC LV eine Wettbewerbssituation<br />
in zwei Dimensionen mit sich. In <strong>de</strong>r ersten<br />
stellt sich eine Wettbewerbssituation gegenüber<br />
<strong>de</strong>r Konzerngesellschaft dar, gilt es<br />
doch hier, die Dienstleistung kostengünstiger<br />
als eine Eigenabwicklung darstellen und anbieten<br />
zu können. Dazu kommt eine Wettbewerbssituation<br />
gegenüber dritten Dienstleistungsunternehmen,<br />
die im Rahmen eines<br />
Business Process Outsourcing (BPO) durch die<br />
Konzerngesellschaft beauftragt wer<strong>de</strong>n können.<br />
Auch diesen gegenüber müssen die Preise<br />
<strong>de</strong>s SC LV einem Vergleich standhalten können.<br />
Um bestehen<strong>de</strong> Kun<strong>de</strong>n halten und neue Kun<strong>de</strong>n<br />
gewinnen zu können, muss also ein drittvergleichsfähiges<br />
Produkt- und Preismo<strong>de</strong>ll
CM November / Dezember 2012<br />
gefun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n, welches etwas über die<br />
Leis tungsfähigkeit <strong>de</strong>s SC LV aussagen kann.<br />
Zu<strong>de</strong>m for<strong>de</strong>rten viele Kun<strong>de</strong>n eine differenzierte<br />
Preisbetrachtung, mit <strong>de</strong>r sie später in<br />
<strong>de</strong>r Lage sind, die Kostentreiber selber zu i<strong>de</strong>ntifizieren<br />
und ihre Prozesse so zu än<strong>de</strong>rn, dass<br />
es zu Kosteneinsparungen kommt. Es bestand<br />
ferner <strong>de</strong>r Wunsch, für die einzelnen Leistungen<br />
Einzelaufrisse <strong>de</strong>r dahinter stehen<strong>de</strong>n<br />
Vorgänge zu erhalten und eigene Recherchen<br />
auf Vorgangsebene durchführen zu können.<br />
Altes Produktmo<strong>de</strong>ll<br />
Das alte Produkt- und Preismo<strong>de</strong>ll (siehe Abbildung<br />
1) folgte grob <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Hauptprozessen<br />
<strong>de</strong>r zu erbringen<strong>de</strong>n Dienstleistung. Dabei wur<strong>de</strong><br />
sowohl HaWa als auch Non-HaWa in die<br />
Produktgruppen Rechnungseingangsbearbeitung<br />
und Rechnungsprüfung aufgeteilt. Die<br />
Produkte im Rechnungseingang wur<strong>de</strong>n getrennt<br />
nach elektronischem und papiergebun<strong>de</strong>nem<br />
Eingang und damit nach <strong>de</strong>m zu betreiben<strong>de</strong>n<br />
Aufwand zur Erzeugung eines digitalen<br />
Rechnungsdatenbestan<strong>de</strong>s. Die Rechnungsprüfung<br />
differenzierte in bei<strong>de</strong>n Fällen grundsätzlich<br />
nur nach „no-touch“ und manuellem<br />
Klärungsbedarf.<br />
Der zu zahlen<strong>de</strong> Preis für eine Rechnung wur<strong>de</strong><br />
retrograd ermittelt. Nach Abschluss <strong>de</strong>r Bearbeitung<br />
einer Rechnung (Prüfung und Klärung,<br />
Buchung und Zahlung) wur<strong>de</strong> betrachtet, welcher<br />
Eingangskanal genutzt wor<strong>de</strong>n und ob ein<br />
manuelles Eingreifen erfor<strong>de</strong>rlich gewesen ist.<br />
Dabei war unbe<strong>de</strong>utend, welcher Art und Umfang<br />
das manuelle Eingreifen war. Gera<strong>de</strong> aber<br />
<strong>de</strong>r Aufwand zur manuellen Bearbeitung<br />
von Klärfällen hat unterschiedlichen Charakter,<br />
wie die Prozesskostenrechnung später<br />
<strong>de</strong>utlich gemacht hat. So kommt zum Beispiel<br />
bei <strong>de</strong>r Klärung einer Preisdifferenz zu Lasten<br />
<strong>de</strong>s Kun<strong>de</strong>n ein elektronischer Workflow zum<br />
Einsatz, <strong>de</strong>r je nach Entscheidung durch <strong>de</strong>n<br />
Einkäufer systemseitig die entsprechen<strong>de</strong>n<br />
Kontokorrentbuchungen und Belastungsanzeigen<br />
vorbereitet und erstellt hat. Bei <strong>de</strong>r Bearbeitung<br />
einer Rechnung mit Mengendifferenz<br />
dagegen erfolgen die einzelnen Prozessschritte<br />
manuell und erzeugen dadurch einen erheblich<br />
höheren Aufwand.<br />
Weitere zusätzlich anfallen<strong>de</strong> Tätigkeiten,<br />
wie z. B. schriftliche und fernmündliche Kommunikation<br />
o<strong>de</strong>r Anfor<strong>de</strong>rungen von Belegen<br />
und Sal<strong>de</strong>nabstimmungen, die nicht direkt im<br />
dargestellten Leistungskatalog enthalten waren,<br />
wur<strong>de</strong>n pauschal auf alle Produkte<br />
gleichermaßen verteilt und aufgeschlagen,<br />
unabhängig davon, ob das Produkt mit dieser<br />
Leistung in Verbindung stand o<strong>de</strong>r nicht und<br />
wie hoch <strong>de</strong>r Anteil <strong>de</strong>s Produktes am Gesamtaufwand<br />
war.<br />
Das Produkt- und Preismo<strong>de</strong>ll war relativ starr<br />
aufgebaut und für die Kun<strong>de</strong>n hinsichtlich Optimierung<br />
<strong>de</strong>r Leistungsverrechnung schwer zu<br />
beeinflussen. Verbesserte man z. B. die Qualität<br />
<strong>de</strong>r Preisinformationen und vermied eine Preisdifferenz,<br />
ohne jedoch aber die Ursachen für<br />
eine Mengendifferenz zu betrachten, so hatte<br />
<strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong> keinen preislichen Vorteil.<br />
Einführung einer<br />
Prozesskostenrechnung<br />
1. Ziele<br />
Als wesentliches und vorrangiges Ziel <strong>de</strong>r<br />
PKR galt es, genaue Kenntnis über die vorherrschen<strong>de</strong>n<br />
Kostentreiber und Transparenz<br />
über die darin gebun<strong>de</strong>nen Ressourcen<br />
zu erhalten und <strong>de</strong>n Anteil an messbaren<br />
Tätigkeiten von vornherein so hoch als möglich<br />
abzubil<strong>de</strong>n und zu erheben.<br />
Abb. 2: Projektplan<br />
Abb. 1: Das alte Produktmo<strong>de</strong>ll – reguläre Leistungen<br />
Der inhaltliche Aufbau <strong>de</strong>r Prozesskostenrechnung<br />
sollte die Hauptprozesse i<strong>de</strong>ntifizieren und<br />
zu einer aussagefähigen Darstellung in Teilund<br />
Detailprozessen führen. Schwachstellen<br />
und Ineffizienzen müssen daraus ableitbar sein<br />
und zu gezielten Optimierungsmaßnahmen führen.<br />
Insgesamt soll die Prozessdokumentation<br />
die Basis für einen neuen kontinuierlichen Verbesserungsprozess<br />
darstellen.<br />
Für die dargestellten Prozesse sollen die einzelnen<br />
Aufwän<strong>de</strong> ermittelt sowie zugeordnet<br />
wer<strong>de</strong>n und somit zu einer Kostentransparenz<br />
führen. Ziel ist eine klare Erhebung <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n<br />
13
Einführung einer Prozesskostenrechnung bei <strong>de</strong>r Otto Group<br />
In dieser Phase waren die Mitarbeiter selber<br />
aufgerufen, über einen Zeitraum von vier Wochen<br />
ihre Tätigkeiten „grob“ aufzuschreiben.<br />
Eine Vorlage auf Wochenbasis mit <strong>de</strong>r<br />
Auflis tung <strong>de</strong>r wesentlichsten Tätigkeiten<br />
diente als Hilfsmittel und sollte täglich<br />
ausgefüllt wer<strong>de</strong>n. Dabei war die Zeit so zu<br />
verteilen, dass die Aufsummierung <strong>de</strong>r<br />
einzelnen Zeitwerte je Tätigkeit <strong>de</strong>r täglichen<br />
Arbeitszeit entspricht. Neben <strong>de</strong>n wertschöpfen<strong>de</strong>n<br />
Tätigkeiten (siehe Abbildung 4,<br />
Punkte 1 bis 4, sowie 7 bis 9), wie Belege<br />
buchen und Bearbeitung von <strong>de</strong>bitorischen<br />
Kreditoren, war <strong>de</strong>r Punkt „Kommunikation“<br />
aufgeführt – unterteilt in „eigene Anfragen<br />
intern/extern“ und „Anfragen von Kun<strong>de</strong>n und<br />
Lieferanten“.<br />
Abb. 3: Auszug <strong>de</strong>r Prozessmatrix im Detail am Beispiel Preisdifferenz<br />
Tätigkeiten gebun<strong>de</strong>nen Aufwän<strong>de</strong>, i. d. R. Mitarbeiteraufwand.<br />
Die angestrebte aussagekräftige Prozesskostenrechnung<br />
soll im SC LV die Basis sein, auf<br />
<strong>de</strong>r das neue Produktmo<strong>de</strong>ll entwickelt wird<br />
und die einzelnen Preise kalkuliert wer<strong>de</strong>n können.<br />
Dabei ist so granular vorzugehen, dass<br />
Produktpreise bei Optimierung von Prozessen<br />
sofort und einfach nachkalkuliert und die monetären<br />
Vorteile direkt an die Kun<strong>de</strong>n weitergegeben<br />
wer<strong>de</strong>n können. Durch die Transparenz<br />
<strong>de</strong>r Prozesse und <strong>de</strong>ren Optimierung wird eine<br />
Kostensenkung erwartet.<br />
2. Projektplanung<br />
Das Projekt fand in mehreren Phasen statt. Insgesamt<br />
ergab sich eine Projektlaufzeit von ca.<br />
neun Monaten. Der Projektplan und die einzelnen<br />
Phasen sind in Abbildung 2 dargestellt.<br />
Bereits während <strong>de</strong>r Aufnahme <strong>de</strong>r Prozesse<br />
und Befragung unterschiedlicher Führungskräfte<br />
und Mitarbeiter konnten einige Prozessschwachstellen<br />
festgestellt wer<strong>de</strong>n. Um<br />
später die Prozesse so zu bewerten, wie sie<br />
tatsächlich anfallen und um eine mögliche<br />
Standardisierung <strong>de</strong>r Prozesse zu erreichen,<br />
wur<strong>de</strong>n bereits in dieser Phase einige Prozessoptimierungen<br />
durchgeführt.<br />
4. Erste Erhebungsphase – Aufschreibphase<br />
Autoren<br />
Zeiten, die nicht in die vorab genannten Kategorien<br />
fallen, z. B. Teilnahme an Mitarbeiterinformationsveranstaltungen,<br />
sollten in <strong>de</strong>n<br />
Punkt „Sonstiges“ geschrieben wer<strong>de</strong>n. Diese<br />
bei<strong>de</strong>n Komplexe wur<strong>de</strong>n zunächst als<br />
„nicht messbare Tätigkeit“ <strong>de</strong>finiert. Sie geben<br />
später einen Anhaltspunkt darüber, welchen<br />
Anteil <strong>de</strong>r sog. Strukturkostenblock hat.<br />
Die Auswertung <strong>de</strong>r Aufschreibephase bestand<br />
zunächst in <strong>de</strong>r Zusammenführung <strong>de</strong>r<br />
zahlreichen durch die Mitarbeiter erstellten Erhebungsbögen.<br />
Dabei wur<strong>de</strong>n zum einen die<br />
Auswertungen auf Wochenbasis kumuliert,<br />
zum an<strong>de</strong>ren nach Tätigkeiten. Diese Ergebnisse<br />
illustrierten eine Grobdarstellung <strong>de</strong>r<br />
Zeiten und dienten zum späteren Abgleich mit<br />
<strong>de</strong>n in Phase Zwei aufgenommenen Prozesszeiten.<br />
Neben <strong>de</strong>r Darstellung <strong>de</strong>r Zeiten aus<br />
<strong>de</strong>n Grobprozessen gibt diese Phase Aufschluss<br />
darüber, wie hoch <strong>de</strong>r Anteil an nicht<br />
messbaren Tätigkeiten ist. Das war möglich,<br />
weil <strong>de</strong>r Anteil an Kommunikation und sonstigen<br />
Tätigkeiten in dieser Zeitspanne stun<strong>de</strong>ngenau<br />
aufgenommen wur<strong>de</strong>. Die Erkenntnis<br />
über <strong>de</strong>n Anteil an nicht messbaren Tätigkeiten<br />
sollte sich später als beson<strong>de</strong>rs be<strong>de</strong>utsam<br />
erweisen.<br />
14<br />
3. Prozessaufnahme<br />
Im ersten Schritt wur<strong>de</strong>n die Hauptprozesse<br />
ermittelt und daraus die Teil-/Detailprozesse<br />
abgeleitet. Durch eine gezielte Befragung <strong>de</strong>r<br />
Führungskräfte und Mitarbeiter zu ihren Tätigkeiten<br />
konnten die einzelnen Prozesse inklusive<br />
kurzer Beschreibung chronologisch in einer<br />
Matrix dargestellt wer<strong>de</strong>n (siehe Abbildung 3).<br />
Kerstin Jurkeit<br />
ist Senior Managerin Controlling, Service Center<br />
Lieferantenverkehr bei <strong>de</strong>r Otto Group in 22172 Hamburg,<br />
Wandsbeker Straße 3-7.<br />
E-Mail: kerstin.jurkeit@ottogroup.com<br />
Michael Felix<br />
ist Leiter Service Center Lieferantenverkehr bei <strong>de</strong>r<br />
Otto Group in 22172 Hamburg, Wandsbeker Straße 3-7.<br />
E-Mail: michael.felix@ottogroup.com
CM November / Dezember 2012<br />
Abb. 4: Erhebungsbogen zur Grobauflistung <strong>de</strong>r Tätigkeiten über eine Woche<br />
5. Zweite Erhebungsphase – Messung<br />
Diese Phase soll <strong>de</strong>taillierte Erkenntnisse<br />
darüber bringen, welche Ressourcen in <strong>de</strong>n<br />
einzelnen Prozessen gebun<strong>de</strong>n sind. Dazu<br />
wur<strong>de</strong>n die Detailprozesse zu Tätigkeiten zusammengefasst,<br />
auf einen Erhebungsbogen<br />
übertragen und mit einer kurzen Erläuterung<br />
versehen – inklusive Start- und Endpunkt (siehe<br />
Abbildung 5). Die Mitarbeiter, die im Tagesgeschäft<br />
mit diesen Prozessen betraut sind,<br />
sollten nun eine festgelegte Anzahl an Vorgängen<br />
bearbeiten, während die dafür aufgewandte<br />
Zeit dokumentiert wird.<br />
Das beson<strong>de</strong>re an dieser Vorgehensweise war,<br />
dass die Teamleiter <strong>de</strong>r fünf Teams mit <strong>de</strong>r<br />
Durchführung <strong>de</strong>r Messungen betraut wur<strong>de</strong>n,<br />
und nicht Personen, die „prozessfremd“<br />
sind. Darüber hinaus wur<strong>de</strong> vorgegeben, dass<br />
je<strong>de</strong>r Teamleiter die Einzelvorgänge bei mind.<br />
zwei unterschiedlichen Mitarbeitern, möglichst<br />
nicht aus seinem Team, aufnehmen muss. Dadurch<br />
ergibt sich eine Anzahl von min<strong>de</strong>stens<br />
acht verschie<strong>de</strong>nen Mitarbeitern (zwei Mitarbeiter,<br />
vier Teams), bei <strong>de</strong>nen ein und die gleiche<br />
Tätigkeit zu erheben war.<br />
Weitergehen<strong>de</strong> Spielregeln zur Durchführung<br />
waren z. B.:<br />
· „je<strong>de</strong>r“ Mitarbeiter muss an min<strong>de</strong>stens<br />
einer Messung teilgenommen haben,<br />
· während <strong>de</strong>r Messung darf nicht eingegriffen<br />
wer<strong>de</strong>n, d. h. je<strong>de</strong>r Mitarbeiter führt seine<br />
Tätigkeit so durch, wie er es gewohnt ist,<br />
· die Messungen sollten frei von Störungen<br />
sein, d. h. keine Ablenkung durch Telefonate<br />
etc.<br />
· die für die Messung zu bearbeiten<strong>de</strong>n Vorgänge<br />
sollten nicht „vorausgewählt“ wer<strong>de</strong>n,<br />
d. h. sie sollten so bearbeitet wer<strong>de</strong>n, wie<br />
sie regulär anfallen, unabhängig vom<br />
Schwierigkeitsgrad.<br />
Um je<strong>de</strong>rzeit Auskunft über <strong>de</strong>n aktuellen Status<br />
sowie die Vollständigkeit <strong>de</strong>r Messungen<br />
über alle Prozesse und Mitarbeiter sicherzustellen,<br />
wur<strong>de</strong> ein Messprotokoll geführt.<br />
Dort waren alle Prozesse aufgelistet und die<br />
Teamleiter sollten vorab eintragen, bei welchem<br />
Mitarbeiter an welchem Tag welche Messung<br />
stattfin<strong>de</strong>t. Für je<strong>de</strong> Messung wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Status<br />
festgehalten, von „offen“ bis „erledigt“ o<strong>de</strong>r<br />
„ausstehend“ mit Begründung (z. B. Erkrankung<br />
<strong>de</strong>s für die Messung vorgesehenen Mitarbeiters).<br />
Nach Abschluss <strong>de</strong>r einzelnen Messungen<br />
aus Phase zwei wur<strong>de</strong>n die Erhebungsbögen<br />
so ausgewertet, dass für die einzelnen Prozesse<br />
durchschnittliche Bearbeitungszeiten<br />
berechnet wer<strong>de</strong>n konnten. Zusätzlich wur<strong>de</strong>n<br />
die Häufigkeiten <strong>de</strong>r anfallen<strong>de</strong>n Tätigkeiten<br />
ergänzt, z. B. Anzahl <strong>de</strong>r geprüften<br />
Rechnungen mit Mengenabweichung pro<br />
Tag. Aus diesen bei<strong>de</strong>n Punkten, „durchschnittliche<br />
Bearbeitungsdauer pro Vorgang“<br />
und „ Anzahl <strong>de</strong>r Vorgänge“, kann genau<br />
errechnet wer<strong>de</strong>n, welchen Aufwand <strong>de</strong>r<br />
Prozess erfor<strong>de</strong>rt und wie viele Mitarbeiter<br />
dafür pro Tag eingesetzt wer<strong>de</strong>n müssen<br />
(siehe Abbildung 6).<br />
15
Einführung einer Prozesskostenrechnung bei <strong>de</strong>r Otto Group<br />
Kalkulation und Produktpreis<br />
Produktkosten<br />
Die Kosten <strong>de</strong>r neu <strong>de</strong>finierten Produkte ergeben<br />
sich aus <strong>de</strong>n in Geld bewerteten Zeitaufwän<strong>de</strong>n<br />
für die unmittelbar dafür erfor<strong>de</strong>rlichen<br />
Tätigkeiten. Die monetäre Bewertung erfolgt zu<br />
<strong>de</strong>m aus <strong>de</strong>r Budgetplanung errechneten Mitarbeiterstun<strong>de</strong>nsatz<br />
zu Vollkosten.<br />
Strukturkosten<br />
Während <strong>de</strong>r Zuordnung <strong>de</strong>r Tätigkeiten aus <strong>de</strong>r<br />
Prozesserhebung wur<strong>de</strong> festgestellt, dass nicht<br />
alle Tätigkeiten nur ausschließlich einem neuen<br />
Produkt zuzuordnen sind, son<strong>de</strong>rn mehreren.<br />
Ein Beispiel hierfür ist die Bearbeitung <strong>de</strong>r Archivfehlerliste.<br />
Beim Einsatz eines elektronischen<br />
Archivs kommt es zu zwei Fehlertypen,<br />
die bearbeitet wer<strong>de</strong>n müssen:<br />
a) digitales Rechnungsbild (tif-Datei)<br />
ohne In<strong>de</strong>xdatensatz und<br />
b) In<strong>de</strong>xdatensatz ohne digitales<br />
Rechnungsbild.<br />
Da diese Fehlertypen sowohl bei <strong>de</strong>r digital als<br />
auch auf Papier gedruckt eingegangenen<br />
Rechnung auftreten können und nicht zwangsläufig<br />
bei je<strong>de</strong>r, ist diese Tätigkeit mehreren<br />
Produkten zugeordnet wor<strong>de</strong>n. Die Verteilung<br />
auf mehrere Produkte wird über einen prozentualen<br />
Aufschlag vorgenommen.<br />
Abb. 5: Beispiel eines Erhebungsbogens für eine Messung<br />
Als ein weiteres Beispiel sind die Kosten für<br />
die Führungskräfte <strong>de</strong>r operativen Abteilung<br />
zu nennen. Sie wirken nicht unmittelbar in <strong>de</strong>n<br />
erhobenen Tätigkeiten mit und sind somit ebenfalls<br />
pauschalisiert auf sämtliche Produkte <strong>de</strong>s<br />
operativen Tagesgeschäftes umzulegen.<br />
16<br />
Abb. 6: Beispielprozess inkl. Prozesszeiten und -mengen
CM November / Dezember 2012<br />
Abb. 7: Vergleich neue und alte Produkte<br />
Da <strong>de</strong>r Prozess Kommunikation von uns im Rahmen <strong>de</strong>r Prozesskostenrechnung<br />
nicht in seinen Teil- und Detailprozessen aufgeglie<strong>de</strong>rt und erhoben<br />
wor<strong>de</strong>n ist, haben wir <strong>de</strong>n darin gebun<strong>de</strong>nen Aufwand durch einen<br />
Aufschlag „Strukturkosten Kommunikation“ auf die Produkte umgelegt,<br />
die einen Kommunikationsaufwand erfor<strong>de</strong>rn.<br />
Bisher unberücksichtigt sind die Kosten für die Abteilung Serviceund<br />
Prozessmanagement sowie für die Stabsfunktion Controlling.<br />
Um die einzelnen Elemente <strong>de</strong>r Preiskalkulation <strong>de</strong>r neuen Produkte nicht<br />
zu verwässern, haben wir entschie<strong>de</strong>n, hierfür einen separaten Strukturkostenaufschlag<br />
vorzunehmen. So ist es zukünftig möglich, die Verän<strong>de</strong>rungen<br />
und Entwicklungen <strong>de</strong>r einzelnen Kostenblöcke transparent nachzuvollziehen<br />
und zu analysieren.<br />
Neues Produkt- und Preismo<strong>de</strong>ll<br />
Im Ergebnis ist das neue Produktmo<strong>de</strong>ll nun wesentlich <strong>de</strong>taillierter, d. h.<br />
es wur<strong>de</strong>n bestehen<strong>de</strong> Produkte weiter aufgeteilt und neue Produkte sind<br />
hinzugekommen. Das Produktmo<strong>de</strong>ll spiegelt <strong>de</strong>n gesamten Aufwand im<br />
Service Center Lieferantenverkehr wi<strong>de</strong>r, so dass sämtliche Tätigkeiten<br />
darin abgebil<strong>de</strong>t sind.<br />
Abbildung 7 zeigt beispielhaft die automatische und manuelle Rechnungsprüfung<br />
im alten und neuen Preismo<strong>de</strong>ll. Aus <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n bisherigen<br />
Produkten „automatische Rechnungsprüfung“ und „manuelle<br />
Rechnungsprüfung“ sind insgesamt fünf neue Produkte entstan<strong>de</strong>n,<br />
die einen unterschiedlichen Bearbeitungsaufwand aufzeigen. Dabei<br />
wur<strong>de</strong>n die bisherigen Produkte <strong>de</strong>taillierter dargestellt, und zusätzlich<br />
entstan<strong>de</strong>n neue Produkte, wie z. B. die Bearbeitung einer Rechnung<br />
im Invoice Center, die vorher nicht separat ausgewiesen wur<strong>de</strong>.<br />
Abbildung 8 zeigt das komplette Produktmo<strong>de</strong>ll inkl. aller aus <strong>de</strong>r<br />
Prozesskostenrechnung ermittelten Produkte.<br />
Abb. 8: Das neue Produktmo<strong>de</strong>ll<br />
17
Einführung einer Prozesskostenrechnung bei <strong>de</strong>r Otto Group<br />
hervorgerufen wur<strong>de</strong> und zu<strong>de</strong>m saisonal<br />
bedingt ist. Bei weiterer Betrachtung wur<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>utlich, dass die bisher manuelle Bearbeitung<br />
dieser Warenrücksendungen auf eine automatische<br />
Verarbeitung umgestellt wer<strong>de</strong>n kann.<br />
Der Kun<strong>de</strong> profitiert mit einer Halbierung <strong>de</strong>s<br />
Preises um 6 € pro Stück <strong>de</strong>utlich davon.<br />
Reports für die Kun<strong>de</strong>n<br />
18<br />
Abb. 9: Kennzahlencockpit eines Kun<strong>de</strong>n zur Rechnungsprüfung Han<strong>de</strong>lsware<br />
Anwendung in <strong>de</strong>r Praxis<br />
Basis für einen kontinuierlichen<br />
Verbesserungsprozess (KVP)<br />
Im Rahmen <strong>de</strong>r Weiterführung <strong>de</strong>r Prozesskostenrechnung<br />
und <strong>de</strong>s Anspruchs, das Produkt-<br />
und Preismo<strong>de</strong>ll immer aktuell zu halten,<br />
wur<strong>de</strong> ein Verfahren etabliert, das zur Aufgabe<br />
hat, neue und sich än<strong>de</strong>rn<strong>de</strong> Prozesse ständig<br />
aufzunehmen und Auswirkungen auf<br />
die Preisgestaltung zu überprüfen. Dabei<br />
wer<strong>de</strong>n neu entstan<strong>de</strong>ne Prozesse unverzüglich<br />
in die Prozessmatrix aufgenommen, gemessen<br />
und mit <strong>de</strong>m entsprechen<strong>de</strong>n Zeitwert versehen.<br />
Anschließend wird überprüft, wie oft dieser<br />
Prozess stattfin<strong>de</strong>t und ob es notwendig<br />
ist, <strong>de</strong>n Aufwand in das neue Preismo<strong>de</strong>ll zu<br />
übertragen und weiter zu berechnen. Bei sich<br />
än<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>n Prozessen wer<strong>de</strong>n ebenfalls neue<br />
Messungen vorgenommen und die Einzelschritte<br />
in die Prozessmatrix übertragen.<br />
Kennzahlen zur operativen Steuerung<br />
<strong>de</strong>s SC LV<br />
Zum Zeitpunkt <strong>de</strong>r Festlegung <strong>de</strong>r neuen Produkte<br />
wur<strong>de</strong> damit begonnen, das vorhan<strong>de</strong>ne,<br />
auf SAP BI abgebil<strong>de</strong>te Kennzahlensystem zu<br />
erweitern, um die Anzahl <strong>de</strong>r Häufigkeit <strong>de</strong>r<br />
neuen Produkte exakt abbil<strong>de</strong>n zu können.<br />
Neben <strong>de</strong>r Abbildung <strong>de</strong>r Werte für das Produktmo<strong>de</strong>ll<br />
ist das Controlling-System zu<strong>de</strong>m<br />
in <strong>de</strong>r Lage, Kennzahlen zur internen Steuerung,<br />
z. B. für die Messung von Durchlaufzeiten,<br />
bereitzustellen. Auch ein <strong>de</strong>taillierter<br />
Aufriss <strong>de</strong>r Einzelbelege, z. B. nach Lieferant,<br />
Belegnummer, Kun<strong>de</strong>nfirma und Einkaufsbereich,<br />
ist problemlos möglich. Neben <strong>de</strong>n<br />
Werten zum Preismo<strong>de</strong>ll und zur internen Steuerung,<br />
können auch Kennzahlen bzgl. <strong>de</strong>r Zahlungsmodalitäten<br />
abgerufen wer<strong>de</strong>n. So gibt<br />
z. B. die Kennzahl „Skontoquote“ Aufschluss<br />
über erlittenen Skontoverlust. In Einzelaufrissen<br />
kann genau recherchiert wer<strong>de</strong>n, wodurch <strong>de</strong>r<br />
Skontoverlust bei <strong>de</strong>r jeweiligen Rechnung<br />
entstan<strong>de</strong>n ist.<br />
Analyse <strong>de</strong>r Produktmengen<br />
Die permanente Analyse <strong>de</strong>r unterschiedlichen<br />
Produkte auf Einzelbelegebene ermöglicht<br />
bereits bei Erstellung <strong>de</strong>r Verrechnung ein<br />
schnelles Erkennen von Ausreißern. So können<br />
signifikante Verän<strong>de</strong>rungen in <strong>de</strong>n Produktmengen<br />
schnell nach Lieferant, Einkaufsbereich<br />
o<strong>de</strong>r Team aufgerissen wer<strong>de</strong>n, wodurch die<br />
Ursachen von Abweichungen schnell gefun<strong>de</strong>n<br />
wer<strong>de</strong>n können. Anhand dieser Werte lassen<br />
sich Prozessungereimtheiten feststellen und<br />
gegebenenfalls abstellen.<br />
Ein Beispiel dafür: Bei einem einzelnen Kun<strong>de</strong>n<br />
stieg die Anzahl <strong>de</strong>r Warenrücksendungen in<br />
<strong>de</strong>n letzten Perio<strong>de</strong>n um ca. 75 % an. Eine Recherche<br />
auf Einzelbelegebene zeigte, dass dieser<br />
Anstieg nur von einem einzelnen Lieferanten<br />
Für die einzelnen Kun<strong>de</strong>n bietet das Controlling-System<br />
beson<strong>de</strong>rs hinsichtlich Aufwandsrecherche<br />
einen erheblichen Vorteil. So können<br />
bestimmte Positionen in unserer Leistungsverrechnung<br />
genauer aufgerissen und analysiert<br />
wer<strong>de</strong>n. Es ist möglich, alle Belege mit einem<br />
bestimmten Fehlertyp, z. B. Preisdifferenz, anzuzeigen<br />
und diese nach Lieferant und Art<br />
<strong>de</strong>s Fehlers auszuwerten. Der Kun<strong>de</strong> hat somit<br />
selber die Möglichkeit, an <strong>de</strong>r Behebung <strong>de</strong>r<br />
Fehler mitzuwirken und beispielsweise Lieferanten<br />
auf die nicht korrekte Rechnungsstellung<br />
hinzuweisen o<strong>de</strong>r gemeinsam Verbesserungsmöglichkeiten<br />
zu erarbeiten.<br />
Schafft es <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>, so auf die Lieferanten<br />
einzuwirken, dass fortan mehr „fehlerfreie“<br />
Rechnungen eintreffen, macht sich dies in<br />
seiner nächsten Leistungsverrechnung bemerkbar.<br />
Zusätzlich wird <strong>de</strong>m Kun<strong>de</strong>n ein Kennzahlencockpit<br />
(siehe Abbildung 9) zur Verfügung gestellt,<br />
in <strong>de</strong>m unter an<strong>de</strong>rem zu erkennen ist,<br />
wie viele Rechnungen über welchen Eingangsweg<br />
gekommen sind o<strong>de</strong>r wie hoch die Preise<br />
pro Rechnung pro Monat sind. Diese Darstellungen<br />
wer<strong>de</strong>n monatlich zur Verfügung<br />
gestellt, jeweils mit <strong>de</strong>m Rückblick auf <strong>de</strong>n<br />
Vormonat, im Vergleich zum Vorjahr und im<br />
Vergleich zu <strong>de</strong>n Planwerten.<br />
Fortlaufen<strong>de</strong> Analyse <strong>de</strong>r<br />
nicht messbaren Tätigkeiten<br />
Nach<strong>de</strong>m das neue Produktmo<strong>de</strong>ll einige Zeit<br />
angewandt wur<strong>de</strong>, ließen sich zahlreiche<br />
Rückschlüsse über die „nicht messbaren<br />
Tätigkeiten“ ziehen. Da sämtliche Tätigkeiten<br />
minutiös auf die abgerechneten Produkte<br />
verteilt wur<strong>de</strong>n, muss die Summe aller<br />
verrechneten Produkte multipliziert mit ihrem
CM November / Dezember 2012<br />
Abb. 10: Produktivität vs. nicht messbare Tätigkeiten GJ 2011/12<br />
jeweiligen Mengenwert <strong>de</strong>n in Zeit messbaren<br />
Gesamtaufwand darstellen. Betrachtet man<br />
nun die gesamte Arbeitszeit aller Mitarbeiter<br />
und subtrahiert <strong>de</strong>n verrechneten Aufwand,<br />
erhält man <strong>de</strong>n Anteil <strong>de</strong>r „nicht messbaren<br />
Tätigkeit“.<br />
Istzeit – Produktaufwand (messbare Tätigkeiten)<br />
= nicht messbare Tätigkeiten<br />
Betrachtet man die einzelnen Monate genauer<br />
(siehe Abbildung 10), stellt man fest, dass die<br />
Monate mit hoher Produktivität <strong>de</strong>r Mitarbeiter<br />
einen niedrigen Anteil an nicht messbarer Tätigkeit<br />
aufweisen und an<strong>de</strong>rsherum.<br />
Ein Jahr nach <strong>de</strong>r Einführung:<br />
Kun<strong>de</strong>nfeedback<br />
Ein halbes Jahr nach Einführung und Anwendung<br />
<strong>de</strong>s neuen Preismo<strong>de</strong>lls wur<strong>de</strong>n die<br />
Kun<strong>de</strong>n erstmalig anhand eines Fragebogens<br />
bezüglich <strong>de</strong>r angebotenen Dienstleistung<br />
befragt. Neben Angaben zur Qualität <strong>de</strong>r<br />
Leistungserbringung, zum Preis-Leistungsverhältnis<br />
und zur Dienstleistungsorientierung<br />
wur<strong>de</strong> auch um eine Bewertung <strong>de</strong>s neuen<br />
Produktmo<strong>de</strong>lls gebeten. Dieses wur<strong>de</strong> von<br />
ausnahmslos allen Kun<strong>de</strong>n mit einer hohen<br />
Zufrie<strong>de</strong>nheit bewertet. Das hohe Maß an<br />
Transparenz, das die <strong>de</strong>taillierte Darstellung<br />
<strong>de</strong>r Leistungsverrechnung nach Produkten<br />
und <strong>de</strong>ren Mengen lieferte, wur<strong>de</strong> als positiv<br />
angesehen.<br />
Durch <strong>de</strong>n Direktor Controlling und Rechnungswesen<br />
<strong>de</strong>s größten Kun<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong><br />
uns bestätigt: „Seit<strong>de</strong>m die Leistungsverrechnung<br />
<strong>de</strong>s Service Center Lieferantenverkehr<br />
einen exakten Aufriss über die Aufwandstreiber<br />
wi<strong>de</strong>rgibt, können wir die Kosten viel besser<br />
steuern. Der zusätzliche Aufriss nach Lieferanten<br />
hinsichtlich <strong>de</strong>r Rechnungseingangswege<br />
und <strong>de</strong>r Anzahl <strong>de</strong>r produzierten Fehlerfälle<br />
gibt uns nun die Möglichkeit, auf spezielle<br />
Lieferanten zuzugehen und mit ihnen gemeinsam<br />
an einer Verbesserung <strong>de</strong>r Zusammenarbeit<br />
zu arbeiten. Dadurch ergeben sich für uns<br />
zukünftig <strong>de</strong>utliche Kostenvorteile“.<br />
Das Feedback eines kaufmännischen Leiters<br />
eines weiteren Kun<strong>de</strong>n: „Die höhere<br />
Detaillierung <strong>de</strong>s Produktmo<strong>de</strong>lls führt in <strong>de</strong>r Tat<br />
zu einer zielgerichteten Optimierung einzelner<br />
Prozesse. Ein für uns bisher nach Zeitaufwand<br />
abgerechneter Son<strong>de</strong>rprozess stellt nun ein eigenes<br />
Produkt dar, welches wir zusammen mit<br />
<strong>de</strong>m Prozessmanagement <strong>de</strong>s Service Center<br />
kürzlich einer kritischen Prüfung unterzogen<br />
haben. Gemeinsam haben wir festgestellt, dass<br />
sich Teilschritte statt manuell auch technisch<br />
abwickeln lassen. Schlussendlich wur<strong>de</strong> uns<br />
das überarbeitete Produkt zu einem um 30 %<br />
reduzierten Stückpreis angeboten.“<br />
19
Kun<strong>de</strong>nmanagement mit <strong>de</strong>m Kun<strong>de</strong>nwert<br />
Kun<strong>de</strong>nmanagement mit <strong>de</strong>m Kun<strong>de</strong>nwert<br />
Wie Unternehmen mit Marketing- und Vertriebscontrolling<br />
kun<strong>de</strong>nbezogenen Aufwand und Nutzen in Einklang bringen<br />
von Andreas Mengen<br />
20<br />
„Wenn Marketing auf Controlling trifft“, könnte<br />
man formulieren, wer<strong>de</strong>n in Unternehmen Fragen<br />
wie „Ist wirklich je<strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong> König?“ o<strong>de</strong>r<br />
„Wie viel Vertrieb ist uns <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong> wert?“ aufgeworfen.<br />
Und in <strong>de</strong>r Tat, viele Unternehmen<br />
unterschei<strong>de</strong>n zwischen weniger wertvollen<br />
und wertvollen Kun<strong>de</strong>n, um Effektivität und Effizienz<br />
beim Management <strong>de</strong>r knappen Marketing-<br />
und Vertriebsressourcen zu verbessern.<br />
Credo: Nur die Kun<strong>de</strong>n mit einem für das<br />
Unternehmen hohen (Kun<strong>de</strong>n-) Wert verdienen<br />
unsere ungeteilte Aufmerksamkeit.<br />
In diesem Beitrag wer<strong>de</strong>n Ergebnisse einer Befragung<br />
zur Nutzung <strong>de</strong>s Kun<strong>de</strong>nwertansatzes<br />
in <strong>de</strong>r Unternehmenspraxis vorgestellt. Welche<br />
Verfahren zur Kun<strong>de</strong>nwertmessung wer<strong>de</strong>n<br />
eingesetzt? Gibt es Unterschie<strong>de</strong> bei <strong>de</strong>r Behandlung<br />
von weniger wertvollen und wertvollen<br />
Kun<strong>de</strong>n, und wenn ja, welche? Anhand<br />
von Praxisbeispielen <strong>de</strong>r Unternehmen E-Plus<br />
und Lufthansa wird aufgezeigt, wie <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>nwert<br />
Entscheidungen in Marketing und<br />
Vertrieb beeinflussen kann.<br />
(Fast) alle Kun<strong>de</strong>n sind Könige:<br />
Empirische Studie mit 120<br />
Unternehmen<br />
Eine telefonische Befragung Marketing- und<br />
Vertriebsverantwortlicher aus 120 Unternehmen<br />
in Deutschland wur<strong>de</strong> 2011 von Master-<br />
Studieren<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Hochschule Koblenz mit<br />
Schwerpunkt Controlling durchgeführt. Aus einer<br />
vorangegangen Untersuchung ist bekannt,<br />
dass etwa 40 % <strong>de</strong>r Unternehmen<br />
<strong>de</strong>n Wert ihrer Kun<strong>de</strong>n nicht systematisch<br />
messen (vgl. Mengen, 2011). Solche Unternehmen<br />
wur<strong>de</strong>n nicht befragt.<br />
Die Stichprobe umfasst Unternehmen u. a. aus<br />
<strong>de</strong>n Branchen Bau, Finanzdienstleistungen,<br />
Han<strong>de</strong>l, Industrie, Lebensmittel, Pharma und<br />
Telekommunikation. 70 % sind im B2B-Bereich<br />
tätig, 30 % lassen sich B2C zuordnen. Die Jahresumsätze<br />
liegen in einer Spanne von ca. 2,5<br />
Mio. Euro bis zu ca. 100 Mrd. Euro. Die Verteilung<br />
<strong>de</strong>r Mitarbeiterzahl kann Abbildung 1<br />
entnommen wer<strong>de</strong>n.<br />
Mit dieser Datenbasis sollen Antworten u. a.<br />
auf die folgen<strong>de</strong>n Fragen gefun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n:<br />
· Welche Verfahren <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>nwertmessung<br />
wer<strong>de</strong>n eingesetzt, wie häufig wer<strong>de</strong>n die<br />
Messungen durchgeführt?<br />
· Anhand welcher Kriterien unterschei<strong>de</strong>n<br />
Unternehmen weniger wertvolle und<br />
wertvolle Kun<strong>de</strong>n, was zeichnet somit<br />
wertvolle Kun<strong>de</strong>n aus?<br />
· Wie beeinflusst <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>nwert Entscheidungen<br />
in <strong>de</strong>n Bereichen Neukun<strong>de</strong>ngewinnung,<br />
Preisgestaltung, Kun<strong>de</strong>nbindungund<br />
-rückgewinnung?
CM November / Dezember 2012<br />
Abb. 1: Mitarbeiterzahl <strong>de</strong>r Stichprobe<br />
Welche Ansätze zur Kun<strong>de</strong>nwertbestimmung<br />
wer<strong>de</strong>n eingesetzt<br />
und was zeichnet wertvolle<br />
Kun<strong>de</strong>n aus?<br />
Unternehmen stehen unterschiedliche Verfahren<br />
zur Kun<strong>de</strong>nwertmessung zur Verfügung<br />
(vgl. für einen Überblick Günter/Helm, 2006). In<br />
einer ABC-Analyse, z. B. nach kumuliertem<br />
Jahresumsatz, wer<strong>de</strong>n Kun<strong>de</strong>n in Gruppen<br />
unterteilt. Häufig kann man feststellen, dass<br />
es ca. 20 % A-Kun<strong>de</strong>n gibt, die für ca. 80 %<br />
<strong>de</strong>s Umsatzes verantwortlich sind. In einem<br />
Scoring-Mo<strong>de</strong>ll hingegen wer<strong>de</strong>n Kun<strong>de</strong>n auf<br />
zuvor <strong>de</strong>finierten Merkmalen durch Punktevergabe<br />
bewertet. Die Merkmale wer<strong>de</strong>n gewichtet<br />
und die jeweils erzielten Punkte zu einem<br />
Gesamtpunkt(kun<strong>de</strong>n-)wert addiert. Damit<br />
kann ein Kun<strong>de</strong>nranking erstellt wer<strong>de</strong>n (vgl.<br />
Mengen/Krings, 2012).<br />
Der Customer-Lifetime-Value (CLV) betrachtet<br />
<strong>de</strong>n Kun<strong>de</strong>n wie eine Investition und ermittelt<br />
mit <strong>de</strong>n vom Kun<strong>de</strong>n verursachten Ein- und<br />
Auszahlungen einen Barwert, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Kun<strong>de</strong>nwert<br />
für <strong>de</strong>n Zeitraum von Aufnahme, Wachstum,<br />
Pflege bis zur Beendigung <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>n-<br />
Abb. 2: Ansätze zur Kun<strong>de</strong>nwertermittlung sowie Ermittlungshäufigkeiten<br />
21
Kun<strong>de</strong>nmanagement mit <strong>de</strong>m Kun<strong>de</strong>nwert<br />
Abb. 3: Berücksichtigung von Kun<strong>de</strong>npotenzialen bei <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>nwertermittlung<br />
22<br />
beziehung abbil<strong>de</strong>t. Auch diese Barwerte lassen<br />
sich für ein Kun<strong>de</strong>nranking verwen<strong>de</strong>n.<br />
Schließlich nutzt die Kun<strong>de</strong>n<strong>de</strong>ckungsbeitragsrechnung<br />
die bisher mit einem Kun<strong>de</strong>n<br />
erwirtschafteten Deckungsbeiträge als Kun<strong>de</strong>nwert,<br />
wobei hier neben <strong>de</strong>n Deckungsbeiträgen<br />
<strong>de</strong>r vom Kun<strong>de</strong>n erworbenen Produkte<br />
auch Kun<strong>de</strong>neinzelkosten (z. B. Entwicklungskosten)<br />
in Ansatz gebracht sind.<br />
Es verwun<strong>de</strong>rt nicht, dass bei <strong>de</strong>n befragten<br />
Unternehmen die ABC-Analyse <strong>de</strong>n größten<br />
Verbreitungsgrad aufweist (siehe Abbildung 2).<br />
Fast drei Viertel (73 %) nutzen diesen vergangenheitsorientierten<br />
Ansatz, <strong>de</strong>r durch seine<br />
Einfachheit überzeugt und eine hohe Schnelligkeit<br />
aufweist. Die Kun<strong>de</strong>n<strong>de</strong>ckungsbeitragsrechnung<br />
wird von gut einem Drittel (37 %) verwen<strong>de</strong>t<br />
und stellt somit immer noch ein verbreitetes<br />
Instrument zur Kun<strong>de</strong>nwertermittlung dar.<br />
Lediglich 18 % <strong>de</strong>r Unternehmen greifen für die<br />
Autor<br />
Kun<strong>de</strong>nwertermittlung zum Scoring-Mo<strong>de</strong>ll. Der<br />
explizit für die Bestimmung eines vergangenheits-<br />
und zukunftsorientierten Kun<strong>de</strong>nwertes<br />
entwickelte CLV ist mit 4 % am schwächs ten verbreitet,<br />
ist allerdings auch durch seine weit in<br />
die Zukunft gerichtete Perspektive in <strong>de</strong>r Umsetzung<br />
sehr komplex und aufwändig.<br />
Fast die Hälfte aller befragten Unternehmen<br />
(45 %) gibt an, <strong>de</strong>n Kun<strong>de</strong>nwert laufend<br />
zu ermitteln. So beobachten z. B. Versicherungen<br />
permanent die Entwicklung <strong>de</strong>r<br />
Kun<strong>de</strong>nverträge, was auch für die zielgruppengerechte<br />
Ansprache bei Produktverkaufsaktionen<br />
verwen<strong>de</strong>t wird. Die monatliche Ermittlung<br />
fällt mit 5 % eher gering aus, hingegen<br />
nennen 10 % <strong>de</strong>r Unternehmen einen<br />
3-6 monatigen Rhythmus. Liegen 3-6 monatige<br />
Lieferverträge mit Kun<strong>de</strong>n vor, wird orientiert<br />
an <strong>de</strong>r Laufzeit <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>nwert ermittelt.<br />
Eine unregelmäßige Kun<strong>de</strong>nwertermittlung<br />
Prof. Dr. Andreas Mengen<br />
lehrt Controlling und Management im Fachbereich Wirtschaftswissenschaften<br />
<strong>de</strong>r Hochschule Koblenz – University of Applied<br />
Sciences und ist Partner von Böcker Ziemen Management Consultants,<br />
Bonn. Die Studie entstand unter Mitwirkung Master-<br />
Studieren<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften.<br />
Johannes Alt, B.A., war an <strong>de</strong>r Manuskripterstellung beteiligt.<br />
E-Mail: mengen@hs-koblenz.<strong>de</strong><br />
führen 15 % <strong>de</strong>r Unternehmen durch. Ein<br />
Grund kann im hohen Anteil an Projektgeschäft<br />
liegen. Die Kun<strong>de</strong>nwertermittlung wird<br />
an die ganz unterschiedlichen Laufzeiten angepasst.<br />
Was macht einen Kun<strong>de</strong>n aus Unternehmenssicht<br />
wertvoll? Wie in Abbildung 2 gezeigt<br />
wer<strong>de</strong>n die ABC-Analyse und die Deckungsbeitragsrechnung<br />
als Verfahren zur<br />
Kun<strong>de</strong>nwertmessung am häufigsten eingesetzt.<br />
Daraus folgt, dass „harte“ Faktoren wie<br />
Umsatz o<strong>de</strong>r Deckungsbeitrag ganz wesentlich<br />
<strong>de</strong>n Kun<strong>de</strong>nwert beeinflussen – eine gut nachvollziehbare<br />
Erkenntnis. Es sind aber auch noch<br />
„weiche“ Faktoren <strong>de</strong>nkbar, <strong>de</strong>ren Messung<br />
zugegeben nicht ganz einfach ist, die aber <strong>de</strong>nnoch<br />
wichtig sein können, will man sich ein<br />
ganzheitliches Bild <strong>de</strong>s Kun<strong>de</strong>n machen. In <strong>de</strong>r<br />
Studie wur<strong>de</strong> daher untersucht, ob die folgen<strong>de</strong>n<br />
Kun<strong>de</strong>npotenziale eine Berücksichtigung<br />
fin<strong>de</strong>n, die somit einen Kun<strong>de</strong>n aus<br />
Unternehmenssicht „wertvoll“ machen.<br />
· Cross-/Upselling-Potenzial<br />
· (zusätzliches Umsatzpotenzial durch<br />
ergänzen<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r höherwertige Produkte)<br />
· Loyalitätspotenzial<br />
· (han<strong>de</strong>lt es sich um einen loyalen Kun<strong>de</strong>n?)<br />
· Referenzpotenzial<br />
· (kann mit <strong>de</strong>m Kun<strong>de</strong>n als Referenzkun<strong>de</strong><br />
geworben wer<strong>de</strong>n?)
CM November / Dezember 2012<br />
Abb. 4: Einstiegsangebote<br />
· Informationspotenzial (liefert <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong><br />
wichtige Informationen, z. B. für Produktverbesserungen?)<br />
Wie Abbildung 3 zeigt, wer<strong>de</strong>n immerhin von<br />
rund <strong>de</strong>r Hälfte <strong>de</strong>r Unternehmen auch diese<br />
weichen Faktoren für die Kun<strong>de</strong>nwertermittlung<br />
herangezogen. Die untersuchten<br />
Potenziale sind somit kun<strong>de</strong>nwertbestimmend.<br />
Die Unternehmen haben erkannt, dass Kun<strong>de</strong>n<br />
auch dann wertvoll sind, wenn sie nicht sofort<br />
bzw. lediglich mittelbar für Umsatz sorgen. Hingegen<br />
liegt <strong>de</strong>r Teil <strong>de</strong>r Unternehmen, <strong>de</strong>r diese<br />
Faktoren bei <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>nwertbestimmung unberücksichtigt<br />
lässt, bei ca. 20-25 %.<br />
Was Unternehmen bei <strong>de</strong>r<br />
Gewinnung wertvoller Kun<strong>de</strong>n<br />
an<strong>de</strong>rs machen<br />
Management <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>ngewinnung nach Kun<strong>de</strong>nwert<br />
be<strong>de</strong>utet, sich um wertvolle Kun<strong>de</strong>n<br />
intensiver zu bemühen als um weniger wertvolle<br />
Kun<strong>de</strong>n. Umgesetzt in <strong>de</strong>r Unternehmenspraxis<br />
kann dies dazu führen, dass wertvollen<br />
Kun<strong>de</strong>n beson<strong>de</strong>rs attraktive Einstiegsangebote<br />
(z. B. Neukun<strong>de</strong>nvorteile)<br />
unterbreitet wer<strong>de</strong>n, weniger wertvolle Kun<strong>de</strong>n<br />
hingegen nur mit geringeren o<strong>de</strong>r keinen<br />
Vorteilen rechnen können.<br />
Die Ergebnisse <strong>de</strong>r Studie zeigen, dass dies<br />
bei durchschnittlich rund 36 % <strong>de</strong>r Unternehmen<br />
zutrifft bzw. voll zutrifft (siehe Abbildung<br />
4). Betrachtet man nur die Gruppe <strong>de</strong>r Unternehmen<br />
aus <strong>de</strong>m B2B-Bereich, liegt diese<br />
Zahl sogar bei 45 %, hingegen sind es bei B2C<br />
lediglich 19 %. Dies kann erklärt wer<strong>de</strong>n mit<br />
<strong>de</strong>r meist geringeren Kun<strong>de</strong>nzahl <strong>de</strong>r B2B-<br />
Unternehmen. Zu diesen kann eine relativ<br />
enge Beziehung aufgebaut wer<strong>de</strong>n. Han<strong>de</strong>lt es<br />
sich um einen wertvollen Kun<strong>de</strong>n, lassen sich in<br />
<strong>de</strong>n Lieferverträgen gezielt (Neukun<strong>de</strong>n-)<br />
Vorteile einbauen und so Differenzierungen<br />
erreichen.<br />
Allerdings praktizieren 38 % aller Unternehmen<br />
keine Angebotsdifferenzierung. Als Grund wird<br />
u. a. <strong>de</strong>r intensive Wettbewerb genannt. Ob für<br />
wertvolle o<strong>de</strong>r weniger wertvolle Kun<strong>de</strong>n, immer<br />
muss mit maximal attraktiven Angeboten<br />
operiert wer<strong>de</strong>n, will man sich gegen die Konkurrenz<br />
durchsetzen. Für zusätzliche Vorteile<br />
bei wertvollen Kun<strong>de</strong>n ist „keine Luft mehr“.<br />
Weiterhin kann es sein, dass Unternehmen<br />
kun<strong>de</strong>nindividuelle Leistungen anbieten, wie<br />
z. B. Beratungsleistungen o<strong>de</strong>r Son<strong>de</strong>ranfertigungen.<br />
In mehreren Verhandlungsrun<strong>de</strong>n wird<br />
die Leistung im Einzelfall <strong>de</strong>finiert. Aufgrund<br />
<strong>de</strong>r geringen Vergleichbarkeit <strong>de</strong>r Angebote ist<br />
es schwierig, gezielt mit Vorteilen für wertvolle<br />
Kun<strong>de</strong>n zu arbeiten.<br />
Können wertvolle Kun<strong>de</strong>n<br />
mit Preisvorteilen rechnen?<br />
Wertvolle Kun<strong>de</strong>n wissen vielfach um ihren<br />
Wert für <strong>de</strong>n Anbieter, abgeleitet z. B. aus<br />
<strong>de</strong>m Bestehen einer langjährigen Geschäftsbeziehung.<br />
Teilweise wird ihnen auch explizit<br />
mitgeteilt, dass sie etwas Beson<strong>de</strong>res sind (vgl.<br />
Beispiel Lufthansaim weiteren Text). Lohnt es<br />
sich eigentlich, ein wertvoller Kun<strong>de</strong> zu sein?<br />
Dies könnte <strong>de</strong>r Fall sein, wenn Unternehmen<br />
beson<strong>de</strong>rs loyalen und in diesem Sinne wertvollen<br />
Kun<strong>de</strong>n gezielt Preiszugeständnisse<br />
machen, die an<strong>de</strong>re Kun<strong>de</strong>n nicht erhalten.<br />
Die Studienergebnisse zeigen, dass man als<br />
loyaler Kun<strong>de</strong>n durchaus mit Preisvorteilen<br />
rechnen darf (vgl. Abbildung 5).<br />
Immerhin für die Hälfte <strong>de</strong>r Unternehmen trifft<br />
zu bzw. voll zu, dass loyalen Kun<strong>de</strong>n Preisvorteile<br />
eingeräumt wer<strong>de</strong>n. Letztlich geht es um<br />
die Belohnung <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>ntreue, natürlich<br />
verbun<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>r Hoffnung, die Loyalität<br />
auch in Zukunft zu erhalten. Dies belegen<br />
Äußerungen wie<br />
· „langjährige Kun<strong>de</strong>n bekommen<br />
Son<strong>de</strong>rrabatte“,<br />
· „Stammkun<strong>de</strong>n erhalten Son<strong>de</strong>rraten“,<br />
· „langfristige, hochvolumige Kun<strong>de</strong>n<br />
können mit besseren Konditionen rechnen“,<br />
23
Kun<strong>de</strong>nmanagement mit <strong>de</strong>m Kun<strong>de</strong>nwert<br />
und weniger wertvolle Kun<strong>de</strong>n unterschei<strong>de</strong>n<br />
(vgl. Abbildung 6).<br />
Abb. 5: Auswirkungen <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>nloyalität auf die Preisgestaltung<br />
· „spezielle Angebote gibt es für treue<br />
Kun<strong>de</strong>n“ sowie<br />
· „treue Kun<strong>de</strong>n genießen Son<strong>de</strong>rleistungen<br />
und Kulanz“.<br />
Demgegenüber sind es allerdings rund 26 %<br />
<strong>de</strong>r Unternehmen, die ihren loyalen Kun<strong>de</strong>n<br />
keinerlei Preisvorteile einräumen. Vermutlich<br />
greift man zwecks Vermeidung eines Preisverfalls<br />
nur ungern zu diesem Instrumentarium,<br />
zumal Preisnachlässe bekanntlich „gewinnschädigend“<br />
sind, wer<strong>de</strong>n sie nicht durch spürbaren<br />
Mehrabsatz überkompensiert. Außer<strong>de</strong>m<br />
ist es gera<strong>de</strong> ein Ziel <strong>de</strong>s Aufbaus von<br />
Kun<strong>de</strong>nloyalität, <strong>de</strong>n Preis aus <strong>de</strong>r Schusslinie<br />
zu nehmen und die Preissensibilität <strong>de</strong>s Kun<strong>de</strong>n<br />
zu reduzieren.<br />
Strengen sich Unternehmen bei<br />
<strong>de</strong>r Rückgewinnung von wertvollen<br />
Kun<strong>de</strong>n beson<strong>de</strong>rs an?<br />
Rund die Hälfte <strong>de</strong>r Unternehmen betreibt<br />
eine systematische Kun<strong>de</strong>nrückgewinnung<br />
und geht nach einem Kun<strong>de</strong>nverlust erneut aktiv<br />
auf diese zu, um verlorenen Bo<strong>de</strong>n wie<strong>de</strong>r<br />
gut zu machen. Dies kann lohnend sein, <strong>de</strong>nn<br />
die bestehen<strong>de</strong>n Kontakte wer<strong>de</strong>n genutzt und<br />
man beginnt „nicht von Null“, wie bei einer Neukun<strong>de</strong>ngewinnung.<br />
Interessant ist dabei die<br />
Frage, ob <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>nwert die Rückgewinnungsanstrengungen<br />
beeinflusst? Aus <strong>de</strong>n<br />
Studienergebnissen geht hervor, dass von <strong>de</strong>n<br />
Unternehmen, die systematische Kun<strong>de</strong>nrückgewinnung<br />
betreiben, immerhin 46 % wertvolle<br />
Dies erfolgt zum Beispiel durch Konzentration<br />
<strong>de</strong>r Aktivitäten auf mittels ABC-Analyse klassifizierte<br />
A-Kun<strong>de</strong>n, für B- und vor allem C-Kun<strong>de</strong>n<br />
wer<strong>de</strong>n die Rückgewinnungsressourcen<br />
nicht aufgewen<strong>de</strong>t. Weiterhin gibt es Unterschie<strong>de</strong><br />
in <strong>de</strong>r Art <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>nansprache.<br />
Für weniger wertvolle Kun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n kostengünstige<br />
Kanäle wie Brief o<strong>de</strong>r elektronische<br />
Medien verwen<strong>de</strong>t, mit zunehmen<strong>de</strong>m Kun<strong>de</strong>nwert<br />
erfolgt vermehrt eine telefonische o<strong>de</strong>r gar<br />
persönliche Kontaktaufnahme. Auch die Anreizgestaltung<br />
erfolgt in Abhängigkeit vom<br />
Kun<strong>de</strong>nwert. Bei wertvollen Kun<strong>de</strong>n sind die<br />
Unternehmen bereit, mit Geld-, Sachprämien<br />
und Son<strong>de</strong>rkonditionen für eine erfolgreiche<br />
Rückgewinnung tiefer in die Tasche zu greifen<br />
als bei weniger wertvollen Kun<strong>de</strong>n.<br />
Dennoch bleibt festzuhalten, dass 54 % <strong>de</strong>r<br />
Unternehmen, die eine systematische Rückgewinnung<br />
betreiben, keine Differenzierung <strong>de</strong>s<br />
Mitteleinsatzes nach Kun<strong>de</strong>nwert vornehmen.<br />
Hier gibt es offensichtlich noch ungenutztes<br />
Potenzial, Rückgewinnungskosten und -nutzen<br />
besser in Einklang zu bringen. Das im nachfolgen<strong>de</strong>n<br />
Kapitel vorgestellte Praxisbeispiel von<br />
E-Plus zeigt, wie man konkret <strong>de</strong>n Mitteleinsatz<br />
bei <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>ngewinnung differenzieren<br />
kann. Allerdings bedarf dies einer wohlüberlegten<br />
Systematik und einer am point of sale<br />
verfügbaren aktuellen Informationsbasis.<br />
Kun<strong>de</strong>nwertbasiertes Management<br />
bei E-Plus und Lufthansa 1<br />
Steuerung <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>ngewinnung<br />
nach Wertbeitrag bei E-Plus<br />
Die vorgestellten Studienergebnisse zeigen,<br />
dass 36 % <strong>de</strong>r Unternehmen ihre Bemühungen<br />
in <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>ngewinnung in Abhängigkeit <strong>de</strong>s<br />
Kun<strong>de</strong>nwerts unterschiedlich gestalten. Bei <strong>de</strong>r<br />
Rückgewinnung trifft dies für 46 % zu. Für<br />
wertvolle Kun<strong>de</strong>n ist man bereit, höhere Marketing-<br />
und Vertriebsressourcen zu investieren als<br />
für weniger wertvolle Kun<strong>de</strong>n.<br />
24<br />
Abb. 6: Kun<strong>de</strong>nrückgewinnung<br />
Bei <strong>de</strong>r E-Plus Mobilfunk GmbH & Co. KG erfolgt<br />
die Umsetzung dieses Ansatzes während
CM November / Dezember 2012<br />
<strong>de</strong>s Abschlusses eines neuen Telefonvertrages.<br />
Dieser hat in <strong>de</strong>r Regel eine Laufzeit von zwei<br />
Jahren und steht somit regelmäßig zur Verlängerung<br />
an. Mitarbeitern im Kun<strong>de</strong>nkontakt, sei<br />
es im Shop o<strong>de</strong>r im Call-Center, wer<strong>de</strong>n dazu<br />
kun<strong>de</strong>nindividuelle Daten „realtime“ zur Verfügung<br />
gestellt.<br />
Einerseits ermöglicht es <strong>de</strong>r Zugriff auf diese<br />
Daten, für das Telefonieverhalten <strong>de</strong>s Kun<strong>de</strong>n<br />
optimal angepasste Tarifangebote sofort<br />
zu fin<strong>de</strong>n und anzubieten. Das System<br />
unterbreitet nach I<strong>de</strong>ntifikation <strong>de</strong>s Kun<strong>de</strong>n automatisch<br />
entsprechen<strong>de</strong> Vorschläge. Kun<strong>de</strong>n<br />
mit einem gestiegenen Gesprächsaufkommen<br />
kann so z. B. bei <strong>de</strong>r Verlängerung ihres Mobilfunkvertrages<br />
ein Tarif angeboten wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r<br />
sie nun günstiger stellt als ihr bisheriger Tarif.<br />
E-Plus hat <strong>de</strong>n Vorteil, die Chancen für eine<br />
Vertragsverlängerung zu verbessern und bei<br />
Erfolg <strong>de</strong>n Kun<strong>de</strong>n erneut für min<strong>de</strong>stens 2<br />
Jahre gebun<strong>de</strong>n zu haben.<br />
An<strong>de</strong>rerseits steuert <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>nwert, bei<br />
E-Plus „Wertbeitrag“ genannt, die kun<strong>de</strong>nindividuelle<br />
Incentivierung zur Herbeiführung<br />
<strong>de</strong>s Verhandlungserfolgs. Der Wertbeitrag wird<br />
bestimmt aus <strong>de</strong>m bisherigen Telefonieverhalten<br />
und <strong>de</strong>m zur Entscheidung anstehen<strong>de</strong>n<br />
Tarif. In diesem Sinne gibt es wertvolle und<br />
weniger wertvolle Mo<strong>de</strong>lle, <strong>de</strong>nken wir z. B. an<br />
einen „Heavy-User“-Tarif mit einem festen<br />
Monatspreis von z. B. 80 € o<strong>de</strong>r an einen Prepaid-Tarif<br />
ohne Min<strong>de</strong>stumsatz für Gelegenheitstelefonierer.<br />
Aus <strong>de</strong>r Kombination Telefonieverhalten und<br />
neuem Tarif errechnet das System <strong>de</strong>n Wertbeitrag<br />
<strong>de</strong>s Kun<strong>de</strong>n für das Unternehmen. Je<br />
höher dieser ausfällt, umso größer sind die<br />
Freiräume für <strong>de</strong>n Vertriebsmitarbeiter, um<br />
<strong>de</strong>m Kun<strong>de</strong>n im Gespräch individuell mit Anreizen<br />
entgegen zu kommen. Dies kann sich z. B.<br />
in einem beson<strong>de</strong>rs niedrigen Preis für ein rabattiertes<br />
Handy nie<strong>de</strong>rschlagen o<strong>de</strong>r auch<br />
eine kostenlose Zusatzoption (z. B. günstige<br />
Minutenpreise für Auslandsgespräche) be<strong>de</strong>uten.<br />
Das System zeigt <strong>de</strong>m Mitarbeiter an, was<br />
in Abhängigkeit vom Wertbeitrag <strong>de</strong>s Kun<strong>de</strong>n<br />
maximal möglich ist und ob die vom Kun<strong>de</strong>n<br />
bevorzugten Incentives „noch im Rahmen“<br />
sind. Dies wird für unterschiedliche Anreize und<br />
Abb. 7: Lufthansa Statussegmentierung<br />
Anreizkombinationen realtime durchgeführt,<br />
was <strong>de</strong>m Mitarbeiter ermöglicht, im Kun<strong>de</strong>ngespräch<br />
flexibel auf <strong>de</strong>ssen Anfor<strong>de</strong>rungen<br />
reagieren zu können und diejenigen Incentives<br />
auszuwählen, auf die <strong>de</strong>r jeweilige Kun<strong>de</strong>n<br />
beson<strong>de</strong>rs anspricht. Wichtig ist, dass die<br />
Angemessenheit zwischen Incentives und<br />
Kun<strong>de</strong>nwert bewahrt bleibt.<br />
Dem Vertriebsmitarbeiter kann es so gelingen,<br />
seine Erfolgsquote bei angemessenem<br />
Incentiveeinsatz insgesamt zu erhöhen,<br />
insbeson<strong>de</strong>re bei wertvollen Kun<strong>de</strong>n, ggf. durch<br />
„wertvollere“ Incentives seine Verhandlungsposition<br />
zu verbessern und im günstigsten Fall<br />
seine Möglichkeiten für Incentives gar nicht voll<br />
ausschöpfen zu müssen.<br />
Segmentierung und Kun<strong>de</strong>nbindung nach<br />
Kun<strong>de</strong>nwert bei <strong>de</strong>r Deutschen Lufthansa<br />
Segmentierung <strong>de</strong>r Miles&More-Kun<strong>de</strong>n<br />
Das erfolgreiche Miles&More-Programm <strong>de</strong>r<br />
Lufthansa ist maßgeblich vom Kun<strong>de</strong>nwertansatz<br />
geprägt. In Abhängigkeit <strong>de</strong>s bisherigen<br />
Flugverhaltens wer<strong>de</strong>n die Kun<strong>de</strong>n in 4<br />
Gruppen unterglie<strong>de</strong>rt, vom „einfachen“<br />
Miles&More Member bis hin zum exklusiven<br />
„HON-Circle“ (vgl. Abbildung 7). Letztlich wird<br />
hier die I<strong>de</strong>e <strong>de</strong>r ABC-Analyse über die angerechneten<br />
Flugmeilen verfolgt – wer mehr<br />
fliegt, steigt höher im Kun<strong>de</strong>nstatus, d. h.<br />
Kun<strong>de</strong>nwert.<br />
Durch die Vergabe von Prämienmeilen verfolgt<br />
Lufthansa das Ziel <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>nbindung. Erfolgt<br />
die Meilenvergabe nach Kun<strong>de</strong>nstatus unterschiedlich,<br />
liegt eine kun<strong>de</strong>nwertbezogene<br />
Differenzierung <strong>de</strong>r Bindungsanstrengungen vor.<br />
Zusätzlich nutzt Lufthansa <strong>de</strong>n Kun<strong>de</strong>nwert<br />
für eine segmentspezifische Produktdifferenzierung.<br />
Der Kun<strong>de</strong>nwert bestimmt, welcher<br />
Service in Anspruch genommen wer<strong>de</strong>n darf.<br />
Z. B. steht für <strong>de</strong>n „normalen“ Miles&More<br />
Member die Frequent Traveller Lounge nicht zur<br />
Verfügung und für die „höherwertigen“ Senatoren<br />
gibt es wie<strong>de</strong>rum eine separate Lounge<br />
mit noch mehr Komfort. Zusätzlich erhalten<br />
Senatoren z. B. eine Buchungsgarantie, die noch<br />
einen Tag vor Abflug auch bei ausgebuchten Flügen<br />
einen Platz sichert. Kun<strong>de</strong>n im HON-Circle<br />
genießen neben diesen und vielen weiteren<br />
Vorzügen <strong>de</strong>n Vorteil, anstelle <strong>de</strong>s Bustransfers<br />
vom Gate zum Flugzeug individuell mit PKW und<br />
Fahrer an Bord gebracht zu wer<strong>de</strong>n.<br />
Letztlich han<strong>de</strong>lt es sich hier um die Gewährung<br />
von beson<strong>de</strong>rs attraktiven Angeboten in Abhängigkeit<br />
vom Kun<strong>de</strong>nwert, wie sie auch im vorangegangenen<br />
Text untersucht wur<strong>de</strong>n (vgl.<br />
S. 23). Wertvolle Kun<strong>de</strong>n können eben mit einer<br />
beson<strong>de</strong>ren Behandlung rechnen. Durch die<br />
Segmentierung nach Kun<strong>de</strong>nwert wird sichergestellt,<br />
dass kostenintensive Services<br />
nur von <strong>de</strong>njenigen Kun<strong>de</strong>n genutzt wer<strong>de</strong>n,<br />
die auch letztlich dafür bezahlen –<br />
zwar nicht direkt, aber doch indirekt durch ihr<br />
Flugverhalten. Im Sinne <strong>de</strong>s Controlling wer<strong>de</strong>n<br />
Kosten und Umsatz so aufeinan<strong>de</strong>r abgestimmt.<br />
Lufthansa CLV-Ermittlung auf Basis <strong>de</strong>s<br />
bisherigen und zukünftigen Flugverhaltens<br />
Darüber hinaus wird bei Lufthansa auch ein<br />
weiterer Kun<strong>de</strong>nwert über <strong>de</strong>n kompletten<br />
25
Kun<strong>de</strong>nmanagement mit <strong>de</strong>m Kun<strong>de</strong>nwert<br />
Einklang zu bringen und so Ressourcen gezielter<br />
und damit erfolgreicher einzusetzen.<br />
Abb. 8: Lufthansa Customer Equity Value<br />
Das Beispiel E-Plus zeigt einen Weg, wie im<br />
Verkaufsdialog hochwertige Absatzanreize,<br />
wie z. B. ein beson<strong>de</strong>rs attraktives und günstiges<br />
Endgerät, nur dann eingesetzt wer<strong>de</strong>n,<br />
wenn <strong>de</strong>r Wertbeitrag <strong>de</strong>s Vertrages und damit<br />
<strong>de</strong>s Kun<strong>de</strong>n dies betriebswirtschaftlich erlaubt.<br />
Auch Lufthansa nutzt <strong>de</strong>n Kun<strong>de</strong>nwert, um<br />
kos tenintensive Services am Bo<strong>de</strong>n (z. B. Senatorlounge)<br />
auf die Kun<strong>de</strong>n zu konzentrieren, die<br />
es sich „verdienen“. Bei <strong>de</strong>r zielgerichteten Setzung<br />
von Absatzanreizen wird explizit auch <strong>de</strong>r<br />
„future value“ eines Kun<strong>de</strong>n herangezogen.<br />
26<br />
Kun<strong>de</strong>nlebenszyklus bestimmt. Eng angelehnt<br />
an <strong>de</strong>n Begriff <strong>de</strong>s Customer Lifetime<br />
Value (CLV, vgl. S. 21f.) wird dieser als „Customer<br />
Equity Value“ bezeichnet.<br />
Ausgehend von Profil und Volumen <strong>de</strong>s bisherigen<br />
Flugverhaltens („past value“) wird unter<br />
Nutzung zusätzlicher Informationen, wie z. B.<br />
Alter, Wohnort etc., über ein umfangreiches<br />
statistisches Mo<strong>de</strong>ll das zukünftige Flugverhalten<br />
bis zum Kun<strong>de</strong>nlebenszyklusen<strong>de</strong><br />
prognostiziert („future value“, vgl. Abbildung<br />
8). Der future value besteht dabei aus<br />
zwei Komponenten. Zum einen beinhaltet er<br />
das zukünftige Flugverhalten, welches als<br />
„forecast“ vom bisherigen Verhalten abgeleitet<br />
bzw. hochgerechnet wird. Zum an<strong>de</strong>ren ist in<br />
diesem auch ein zusätzliches Potenzial enthalten<br />
(Cross/Upselling), welches <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong><br />
noch besitzt, aber ggf. gar nicht o<strong>de</strong>r mit an<strong>de</strong>ren<br />
Airlines realisiert. Dieses Cross/Upselling-<br />
Potenzial fließt somit explizit in <strong>de</strong>n Kun<strong>de</strong>nwert<br />
ein. In <strong>de</strong>r Studie hatten 55 % ein solches Vorgehen<br />
angegeben. Past- und Future Value zusammen<br />
ergeben <strong>de</strong>n Customer Equity Value,<br />
welcher letztlich in einem kun<strong>de</strong>nindividuellen<br />
€-Wert ausgedrückt wird.<br />
Das auf statistischer Basis ermittelte Cross/Upselling-Potenzial<br />
dient auch als Maßstab für die<br />
gezielte Absatzincentivierung, z. B. in Form von<br />
Extrabonusmeilen, die ein Kun<strong>de</strong> bei Buchung<br />
bestimmter Flüge in einem Aktionszeitraum erhalten<br />
kann. Dabei wird versucht, die angebotenen<br />
Meilen möglichst effizient einzusetzen,<br />
d. h. einerseits so wenig wie möglich und an<strong>de</strong>rerseits<br />
gera<strong>de</strong> so viele Meilen wie nötig anzubieten,<br />
um die Buchung zu erreichen. Hier gibt<br />
es Parallelen zum bereits erwähnten Vorgehen<br />
von E Plus. Durch die kun<strong>de</strong>nindividuelle<br />
Differenzierung erreicht Lufthansa Einsparungen<br />
bei <strong>de</strong>n Anreizen und zugleich<br />
mehr Erfolg bei <strong>de</strong>r Erschließung von zusätzlichen<br />
Absatzpotenzialen.<br />
Am Lufthansa-Beispiel wird <strong>de</strong>utlich, wie durch<br />
Berücksichtigung <strong>de</strong>s Kun<strong>de</strong>nwerts eine Steigerung<br />
von Effektivität und Effizienz in<br />
Marketing und Vertrieb erreicht wer<strong>de</strong>n kann.<br />
Zum einen geht es um das I<strong>de</strong>ntifizieren von<br />
Kun<strong>de</strong>nsegmenten in Verbindung mit einer<br />
Differenzierung <strong>de</strong>s Produktes (Steigerung<br />
<strong>de</strong>r Effektivität). Zum an<strong>de</strong>ren wird es über <strong>de</strong>n<br />
Customer Equity Value möglich, Kun<strong>de</strong>n individuell<br />
anzusprechen, differenziert zu incentivieren<br />
und dadurch Mittel für die Kun<strong>de</strong>nbindung<br />
gezielt zu allokieren (Steigerung <strong>de</strong>r Effizienz).<br />
Zusammenfassung<br />
Sind mit <strong>de</strong>m Kun<strong>de</strong>nwert wertvolle und<br />
weniger wertvolle Kun<strong>de</strong>n i<strong>de</strong>ntifiziert,<br />
wer<strong>de</strong>n diese häufig in Marketing und Vertrieb<br />
unterschiedlich behan<strong>de</strong>lt: Wertvollen<br />
Kun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n bei <strong>de</strong>r (Neu-)Kun<strong>de</strong>ngewinnung<br />
attraktivere Angebote unterbreitet, sie<br />
können mit gewissen Preisvorteilen rechnen<br />
und bei <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>nrückgewinnung geben sich<br />
die Unternehmen beson<strong>de</strong>re Mühe. Allerdings<br />
agieren so höchstens die Hälfte <strong>de</strong>r befragten<br />
Unternehmen. Dies dokumentiert noch ungenutzte<br />
Potenziale, die Anstrengungen in <strong>de</strong>r<br />
Kun<strong>de</strong>nbearbeitung mit <strong>de</strong>m Kun<strong>de</strong>nwert in<br />
Die Studienergebnisse und Praxisbeispiele zeigen,<br />
dass es für Unternehmen lohnend sein<br />
kann, <strong>de</strong>n Kun<strong>de</strong>nwert zur Steigerung von Effizienz<br />
und Effektivität in Marketing und Vertrieb<br />
zu nutzen. Hier sind bei weitem noch nicht alle<br />
Potenziale ausgeschöpft.<br />
Quellen und Literatur<br />
1<br />
Expertengespräche mit Andreas Köster, Deutsche<br />
Lufthansa AG, Frankfurt und mit Sylvia<br />
Neubauer, E-Plus Mobilfunk GmbH & Co. KG,<br />
Düsseldorf.<br />
Helm S./Günter, B.: Kun<strong>de</strong>nwert - Eine Einführung<br />
in die theoretischen und praktischen Herausfor<strong>de</strong>rungen<br />
<strong>de</strong>r Bewertung von Kun<strong>de</strong>nbeziehungen,<br />
in: Günter, B./Helm, S. (Hrsg.)<br />
Kun<strong>de</strong>nwert, Wiesba<strong>de</strong>n 2006.<br />
Mengen, A.: Mit Kun<strong>de</strong>nwert-Controlling zu<br />
mehr Erfolg in Marketing und Vertrieb, in: Controlling<br />
- Zeitschrift für erfolgsorientierte Unternehmenssteuerung,<br />
2011, Heft 1, S. 55 - 63.<br />
Mengen, A./Krings, A.: Kun<strong>de</strong>nwertmanagement,<br />
in: Wissenschaftliche Schriften <strong>de</strong>s<br />
Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften,<br />
Hochschule Koblenz, Nr. 8, 2012.
Dr. Hannes Rosenthaler<br />
Chief Financial Officer <strong>de</strong>r M+W GROUP<br />
„Es gab einen strengen Auswahlprozess, bevor Tagetik unsere All-In-One-Lösung für Planung,<br />
Projektplanung, Konsolidierung und Treasury wur<strong>de</strong>. Dass diese Entscheidung richtig war, hat sich<br />
auch daran gezeigt, dass sich Tagetik/pmOne neben <strong>de</strong>n umfangreichen Funktionalitäten und <strong>de</strong>r<br />
einfachen Bedienung durch unseren Fachbereich durch ein erstklassiges Engagement und eine hohe<br />
Zuverlässigkeit <strong>de</strong>s Teams auszeichnet.“<br />
Seit <strong>de</strong>r Gründung 1986 ist Lei<strong>de</strong>nschaft <strong>de</strong>r Hauptantrieb von Tagetik. Wir sind stolz auf die enge Beziehung zu<br />
unseren Kun<strong>de</strong>n und als Resultat sind unsere Kun<strong>de</strong>n das Rückgrat unseres Erfolgs gewor<strong>de</strong>n.<br />
Für uns ist es selbstverständlich, ständig ein offenes Ohr für die Bedürfnisse unserer Kun<strong>de</strong>n zu haben und<br />
kontinuierlich Innovationen für sie zu entwickeln, um ihre sich wan<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n Geschäftsanfor<strong>de</strong>rungen zu erfüllen.<br />
Die Zufrie<strong>de</strong>nheit unserer Kun<strong>de</strong>n lässt sich in Worte fassen, aber ihre Begeisterung drückt sich in <strong>de</strong>r<br />
Bereitschaft aus, ihre Unterschrift unter persönliche Statements zu setzen.<br />
Die pmOne AG, exklusiver Vertriebspartner von Tagetik in Deutschland, Österreich und <strong>de</strong>r Schweiz,<br />
dankt Dr. Hannes Rosenthaler dafür, als Testimonial zur Verfügung zu stehen.<br />
www.pmone.<strong>de</strong><br />
www.tagetik.<strong>de</strong>
Innovation & Controlling<br />
Innovation & Controlling<br />
von Jürgen Weber<br />
28<br />
Was macht Unternehmen erfolgreich? Die<br />
einfache Antwort darauf lautet: Eine konsequente<br />
Ausrichtung aller Aktivitäten auf<br />
das Ergebnis. Sie schafft die Basis, sich im<br />
Wettbewerb nachhaltig zu behaupten. Eine<br />
konsequente Ergebnisausrichtung ist aber nicht<br />
hinreichend. Hinzukommen muss das Streben<br />
nach permanenter Innovation. Nur damit können<br />
die Kun<strong>de</strong>n langfristig gebun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n,<br />
die letztlich <strong>de</strong>n Fortbestand <strong>de</strong>s Unternehmens<br />
sichern.<br />
Auf <strong>de</strong>m ersten Feld, <strong>de</strong>r Ergebnisausrichtung,<br />
tragen Controller viel zum Erfolg bei –<br />
zumin<strong>de</strong>st die, die ihn nicht nur akribisch abbil<strong>de</strong>n<br />
wollen, son<strong>de</strong>rn als finanzielles Gewissen<br />
agieren, die permanent fragen, ob sich etwas<br />
rechnet. Die Hilfestellung <strong>de</strong>r Controller bei<br />
Innovationen war und ist dagegen zumeist<br />
sehr überschaubar. Innovationen gehen neue<br />
Wege, brechen mit Bewährtem und sind in ihrer<br />
Erfolgswahrscheinlichkeit schlecht einzuschätzen.<br />
Controller bauen aber stark auf Erfahrung<br />
auf. Sie nutzen ihr Erfahrungswissen, um bestehen<strong>de</strong><br />
Strukturen zu optimieren. Soll-Ist-<br />
Vergleiche und Abweichungsanalysen gehören<br />
zu ihrem genetischen Co<strong>de</strong>. Sie fühlen sich unwohl<br />
in Bereichen, in <strong>de</strong>nen gera<strong>de</strong> die Abkehr<br />
von Bewährtem <strong>de</strong>n Erfolg ausmacht. Dies<br />
zeigt sich <strong>de</strong>utlich im Forschungs- und Entwicklungsbereich.<br />
Mit <strong>de</strong>n üblichen Planungsund<br />
Kontrollroutinen kommen Controller dort<br />
nicht weit. Steuerungsobjekte sind hier eher<br />
Autor<br />
<strong>de</strong>r Prozess und seine Merkmale, nicht <strong>de</strong>r<br />
einzelne Output. Auch die dort han<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n<br />
Menschen sind an<strong>de</strong>rs. Kreativität verträgt<br />
sich nicht immer mit Strukturiertheit klassischer<br />
Steuerungssysteme.<br />
Innovation ist aber nicht auf die F&E-Abteilung<br />
beschränkt. Innovation betrifft alle im Unternehmen<br />
und damit auch die Controller selbst.<br />
Dies beginnt mit <strong>de</strong>r Beantwortung <strong>de</strong>r Frage,<br />
was Innovation im Controllerbereich konkret<br />
be<strong>de</strong>utet. Mir ist kein Unternehmen bekannt,<br />
das Innovationen im Controlling<br />
misst. Eine solche Größe wäre aber Ausdruck<br />
<strong>de</strong>s Bemühens, das Thema ernst zu nehmen.<br />
Für Innovationen in <strong>de</strong>r Logistik konnten wir<br />
empirisch zeigen, dass ein enger Zusammenhang<br />
zwischen <strong>de</strong>r Formulierung und Nutzung<br />
von Innovationskennzahlen und <strong>de</strong>m Unternehmenserfolg<br />
besteht. Unternehmen, die nicht innovativ<br />
sind, sehen auch keine Notwendigkeit,<br />
das Innovationsverhalten zu messen. Stehen<br />
Innovationen im Fokus, ist ihre Messung selbstverständlich.<br />
Die Messung von Innovationen setzt voraus<br />
zu <strong>de</strong>finieren, was darunter genau zu verstehen<br />
ist. Welcher Controller könnte diese<br />
Frage für das Controlling „aus <strong>de</strong>m Stand“ beantworten?<br />
Je<strong>de</strong>r wird vermutlich die Einführung<br />
einer Balanced Scorecard als Innovation<br />
für ein Unternehmen und seinen Controllerbereich<br />
einschätzen. Aber wie ist eine Verkürzung<br />
Prof. Dr. Dr. h.c. Jürgen Weber<br />
ist Direktor <strong>de</strong>s Instituts für Management und Controlling (IMC)<br />
<strong>de</strong>r WHU-Otto-Beisheim-Hochschule, Burgplatz 2, D-56179 Valendar;<br />
www.whu.edu/controlling. Er ist zu<strong>de</strong>m Vorsitzen<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s<br />
Kuratoriums <strong>de</strong>s Internationalen Controller Vereins (ICV).<br />
E-Mail: juergen.weber@whu.edu<br />
<strong>de</strong>s Umfangs <strong>de</strong>s Monatsberichts von 80 auf 20<br />
Seiten (wahrscheinlich ja) o<strong>de</strong>r auf 70 Seiten<br />
(wahrscheinlich nein) zu beurteilen? Was sind<br />
Produktinnovationen im Controlling, was Prozessinnovationen?<br />
Wie hängen bei<strong>de</strong> zusammen?<br />
Wie viele Ressourcen nehmen Innovationen in<br />
Anspruch, wie viele kann man parallel stemmen?<br />
Wie viele Innovationen scheitern im<br />
Durchschnitt in <strong>de</strong>r F&E, wie viele im Controlling?<br />
Wie kann man diese Quote steuern, wann<br />
ist sie zu hoch, welche ist unvermeidlich? Wie<br />
organisiert man Innovation? Erfor<strong>de</strong>rn sie „nur“<br />
eine entsprechen<strong>de</strong> Innovationskultur, muss<br />
man sie incentivieren („Verbesserungswesen“),<br />
was ist erfolgreich, was nicht?<br />
Im Bereich <strong>de</strong>s Innovationsmanagements gibt<br />
es für <strong>de</strong>rartige Fragen umfangreiches Wissen,<br />
darunter auch sehr viele empirische Studien.<br />
Controller kennen sich in diesem Feld aber zumeist<br />
nicht o<strong>de</strong>r nur sehr oberflächlich aus.<br />
Wer mehr Innovationen im Controlling will,<br />
sollte sich <strong>de</strong>shalb im ersten Schritt mit Innovationsprozessen<br />
generell beschäftigen.<br />
Hier sind entsprechen<strong>de</strong> Fachliteratur und Erfahrungen<br />
in <strong>de</strong>r F&E-Abteilung <strong>de</strong>s Unternehmens<br />
wichtige mögliche Quellen. Controller<br />
müssen hier schnell viel dazulernen. Der allgemeine<br />
Ruf nach mehr Geschäftskenntnis fällt<br />
hier auf ein beson<strong>de</strong>rs braches, aber hoffentlich<br />
sehr fruchtbares Feld. Wenn sich Controller<br />
hier zunehmend sicher fühlen, sind sie<br />
für das Unternehmen wie<strong>de</strong>r ein Stück<br />
wertvoller gewor<strong>de</strong>n und in <strong>de</strong>r Lage, das<br />
Thema Innovation auch für das Controlling<br />
selbst anzugehen. Obwohl schon im laufen<strong>de</strong>n<br />
Geschäft genug zu tun ist, lohnt <strong>de</strong>r zusätzliche<br />
Aufwand: Das Controlling bleibt damit auf <strong>de</strong>r<br />
Höhe <strong>de</strong>r Zeit und die Controller haben nicht<br />
mehr das Problem, darauf angesprochen zu<br />
wer<strong>de</strong>n, dass sie etwas von an<strong>de</strong>ren for<strong>de</strong>rn,<br />
was sie für sich selbst nicht leisten – und das<br />
erhöht die Glaubwürdigkeit ungemein!
CM November / Dezember 2012<br />
Porsche: Restwertriese o<strong>de</strong>r eher Rabattzwerg?<br />
Betriebswirtschaftlich richtige Analyse <strong>de</strong>s Wertverzehrs<br />
von Peter Hoberg<br />
Der Kauf von Investitionsgütern (Maschinen,<br />
Fahrzeuge, Immobilien) ist für Privatleute<br />
und Unternehmen eine sehr wichtige Entscheidung,<br />
weil hohe Beträge für lange Zeit gebun<strong>de</strong>n<br />
wer<strong>de</strong>n. Ob die Entscheidung richtig<br />
war, zeigt sich teilweise erst beim Wie<strong>de</strong>rverkauf.<br />
Erst dann erfährt man <strong>de</strong>n tatsächlichen<br />
Restwert. Dies gilt sogar für <strong>de</strong>n Fall von<br />
Leasingverträgen, wenn man statt eines Kilometerleasings<br />
einen lei<strong>de</strong>r üblichen Zeitleasingvertrag<br />
abgeschlossen hat (Teilamortisationsvertrag<br />
mit Andienungsrecht <strong>de</strong>s Leasinggebers).<br />
Denn dann haftet <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong> am En<strong>de</strong><br />
dafür, dass <strong>de</strong>r Leasinggeber <strong>de</strong>n geplanten<br />
Restverkaufserlös erzielen kann.<br />
Bei Privatfahrzeugen gibt es jährlich einen<br />
großen Presserummel, bei <strong>de</strong>m auf Basis von<br />
Untersuchungen <strong>de</strong>s Restwertspezialisten<br />
„bähr & fess forecasts“ die sogenannten „Restwertriesen“<br />
ermittelt wer<strong>de</strong>n. In <strong>de</strong>n ganz<br />
schlechten Publikationen wer<strong>de</strong>n dann nur die<br />
Prozentwerte veröffentlicht, wodurch dann z. B.<br />
ein Porsche <strong>de</strong>n geringsten Restwertverlust in<br />
% aufweist und damit angeblich das beste<br />
Fahrzeug ist, also <strong>de</strong>r Restwertriese.<br />
Ausgangslage<br />
Während bei intensiv genutzten Geschäftsfahrzeugen<br />
häufig die Kraftstoffkosten<br />
die wichtigste Kostenart darstellen, kann<br />
dies bei Privatfahrzeugen an<strong>de</strong>rs aussehen.<br />
Wenn die Jahreslaufleistung nicht sehr hoch<br />
ist (z. B. unter 20 Tkm), sind die Kosten, die<br />
auf die Anschaffung zurückzuführen sind,<br />
häufig wichtiger. Neben <strong>de</strong>m Wertverzehr<br />
sind dies auch die Kapitalkosten, die lei<strong>de</strong>r in<br />
<strong>de</strong>n hier erwähnten Untersuchungen unter<br />
<strong>de</strong>n Tisch fallen. Während die Berücksichtigung<br />
<strong>de</strong>r gesamten Kapitalkosten bei Unternehmen<br />
unstrittig ist, wird sie bei Privatleuten<br />
häufig nicht in die Betrachtung einbezogen.<br />
Da aber ein Großteil aller PKW finanziert<br />
wird – sei es durch Leasing o<strong>de</strong>r durch Kredite<br />
– , muss ein Zinssatz in <strong>de</strong>r Größenordnung<br />
von 8 % angesetzt wer<strong>de</strong>n.<br />
Für die wenigen Fälle <strong>de</strong>r Finanzierung aus <strong>de</strong>n<br />
Ersparnissen könnte <strong>de</strong>r entgangene Habenzinssatz<br />
zur Anwendung kommen, <strong>de</strong>r zwischen<br />
0,375 % p. a. (Sparbuch) und über 10 %<br />
(bei erfolgreicher Aktienanlage) betragen kann.<br />
Es wür<strong>de</strong>n also die entgehen<strong>de</strong>n Habenzinsen<br />
angesetzt.<br />
In <strong>de</strong>r Abbildung 1 fin<strong>de</strong>n sich die Daten, welche<br />
beispielshaft von <strong>de</strong>r Stiftung Warentest für<br />
<strong>de</strong>n VW Polo und <strong>de</strong>m Renault Clio verwen<strong>de</strong>t<br />
wur<strong>de</strong>n. Die Daten gelten für <strong>de</strong>n Fall einer<br />
4-jährigen Haltedauer.<br />
Ohne Angabe <strong>de</strong>s absoluten Restwertes könnte<br />
<strong>de</strong>r oberflächliche Leser glauben, dass <strong>de</strong>r Polo<br />
<strong>de</strong>utlich besser ist, weil er nur 44 % Wert verliert<br />
und damit 9 Prozentpunkte weniger als <strong>de</strong>r<br />
Renault Clio. Tatsächlich aber ist <strong>de</strong>r absolute<br />
Wertverlust bei Renault Clio bereits um über<br />
100 € geringer. Noch besser sieht <strong>de</strong>r Clio aus,<br />
wenn richtig gerechnet wird und z. B. die Zinsen<br />
berücksichtigt wer<strong>de</strong>n.<br />
Einbeziehung von Zinsen<br />
Mit <strong>de</strong>m Kauf eines Fahrzeugs muss <strong>de</strong>r Erwerber<br />
eine erhebliche Kapitalbindung einge-<br />
Die etwas besseren Berichte nennen dann wenigstens<br />
noch <strong>de</strong>n absoluten Wertverlust in<br />
Euro. Zu diesen gehört z. B. die Stiftung Warentest<br />
(Vgl. Heft 2/2012, S. 79) o<strong>de</strong>r auch <strong>de</strong>r Fokus<br />
in seinem Internetratgeber (www.focus.<strong>de</strong> /<br />
auto/ratgeber/kosten/tid-25622/restwertrie-<br />
sen-2016-die-neuwagen-mit-<strong>de</strong>m-geringsten-<br />
Wertverlust _aid_744399.html). Aber auch mit<br />
<strong>de</strong>r Erwähnung <strong>de</strong>r absoluten Restwerte sind<br />
die Berichte irreführend und weisen zwei<br />
schwere methodische Mängel auf, die fast<br />
immer zu falschen Ergebnissen führen. Die Probleme<br />
wer<strong>de</strong>n in diesem Beitrag aufge<strong>de</strong>ckt<br />
und eliminiert.<br />
Abb. 1: Ausgangsdaten <strong>de</strong>s Beispiels<br />
Abb. 2: Gesamtbelastung unter Berücksichtigung von Zinsen<br />
29
Porsche: Restwertriese o<strong>de</strong>r eher Rabattzwerg?<br />
Laufzeiten<strong>de</strong> in t=4 aufgezinst, ergibt sich<br />
selbstverständlich ein Wert von 930 € per t=4.<br />
Analyse <strong>de</strong>r Preise<br />
30<br />
Abb. 3: Gesamtbelastung unter Berücksichtigung von Rabatten und Zinsen<br />
hen. Unmittelbar einsichtig wird dies, wenn <strong>de</strong>r<br />
Kaufpreis finanziert wer<strong>de</strong>n muss. Um diesen<br />
Effekt richtig einbeziehen zu können, muss die<br />
Kalkulation erweitert wer<strong>de</strong>n. Einfach lässt sich<br />
die Erfassung <strong>de</strong>r Zinsen durchführen, wenn<br />
nach <strong>de</strong>r gesamten Belastung <strong>de</strong>s Käufers am<br />
En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r 4 Jahre gefragt wird. Dabei wird angenommen,<br />
dass <strong>de</strong>r Kaufpreis über 4 Jahre<br />
finanziert und erst dann – nach Abzug <strong>de</strong>s<br />
Restwertes – bezahlt wird. Damit kann dann<br />
ein fairer und einfacher Vergleich unter Berücksichtigung<br />
<strong>de</strong>r Zinsen durchgeführt wer<strong>de</strong>n. In<br />
<strong>de</strong>r Realität wird natürlich monatlich zurückgezahlt;<br />
aber es kann angenommen wer<strong>de</strong>n, dass<br />
dieses Geld zur Tilgung an<strong>de</strong>rer ähnlich teurer<br />
Kredite verwen<strong>de</strong>t wird. Somit ist dann die Annahme<br />
eines sogenannten Kalkulationszinssatzes<br />
von hier 8 % für die gesamte Vertragsdauer<br />
zulässig. Ebenfalls kann die Ermittlung<br />
einer Monatsrate inklusive <strong>de</strong>r Kapitalkosten<br />
durchgeführt wer<strong>de</strong>n.<br />
Die Vorgehensweise sei am Beispiel <strong>de</strong>s VW<br />
Polos dargestellt. In Abbildung 1 ist die zweite<br />
Spalte ergänzt wor<strong>de</strong>n, die zeigt, welche Größe<br />
zu welchem Zeitpunkt anfällt. Hier wird schon<br />
<strong>de</strong>utlich, dass die Verrechnung <strong>de</strong>s Kaufpreises,<br />
<strong>de</strong>r gleich zu Beginn fällig ist, mit <strong>de</strong>m<br />
Restwert nicht zulässig ist, weil diese Einzahlung<br />
ja erst nach 4 Jahren kommt. Über diesen<br />
Punkt gehen viele Autoverkäufer hinweg, weil<br />
Autor<br />
sie Interesse haben, mit angeblich guten Restwerten<br />
über <strong>de</strong>n (zu) hohen Kaufpreis hinwegzutäuschen.<br />
In unserem Beispiel muss somit <strong>de</strong>r Kaufpreis<br />
von 12.275 vom Zeitpunkt t=0 auf <strong>de</strong>n Zeitpunkt<br />
t=4 bezogen wer<strong>de</strong>n, was durch eine<br />
4-jährige Aufzinsung passierten kann. Damit<br />
erhält man, wie in Abbildung 2 gezeigt, für <strong>de</strong>n<br />
Wert per t=4 12.275 *1,08 4 = 16.700 €. Durch<br />
diese Aufzinsung ist nun <strong>de</strong>r Kaufpreis auch auf<br />
<strong>de</strong>n Zeitpunkt t=4 bezogen und kann mit <strong>de</strong>m<br />
Restwert verrechnet wer<strong>de</strong>n, so dass sich eine<br />
Gesamtbelastung von 16.700 – 6.874 = 9.826 €<br />
im Zeitpunkt t=4 ergibt.<br />
Die gleiche Rechnung wur<strong>de</strong> für <strong>de</strong>n Renault<br />
Clio durchgeführt. Die Belastung durch <strong>de</strong>n<br />
Renault Clio ist <strong>de</strong>utlich geringer, weil er schon<br />
beim Kauf eine niedrigere Kapitalbindung verursacht.<br />
Dadurch erhöht sich am Laufzeiten<strong>de</strong><br />
in t=4 <strong>de</strong>r Vorteil <strong>de</strong>s günstigeren Renault Clio<br />
von ca. 100 € auf über 900 €. Zum gleichen Ergebnis<br />
gelangt man, wenn die Leasingraten<br />
ohne Anzahlung ermittelt wer<strong>de</strong>n, welche ja<br />
monatlich vorschüssig zu zahlen sind. Bei<br />
einem Jahreszinssatz von wie<strong>de</strong>rum 8 % effektiv<br />
ergibt sich für <strong>de</strong>n Polo eine Rate von 237,07 € /<br />
Monat und für <strong>de</strong>n Clio eine von 214,63 €/<br />
Monat. Der Vorteil <strong>de</strong>s Clio liegt also bei 22,44 €/<br />
Monat. Wer<strong>de</strong>n diese Monatsvorteile auf das<br />
Prof. Dr. Peter Hoberg<br />
arbeitet als Professor für Betriebswirtschaftslehre an <strong>de</strong>r Fachhochschule<br />
Worms. Auf Basis einer 15-jährigen Erfahrung in internationalen<br />
Unternehmen beschäftigt er sich insb. mit Themen<br />
<strong>de</strong>s Controlling und <strong>de</strong>r Investitionsrechnung. Schwerpunkt<br />
seines Interesses ist die Verbindung von Theorie und Praxis.<br />
E-Mail: peterhoberg@web.<strong>de</strong><br />
Bis jetzt ist <strong>de</strong>r Neupreis als Listenpreis in die<br />
Kalkulation eingegangen. Dies geht jedoch weit<br />
an <strong>de</strong>r Wirklichkeit vorbei, weil sich praktisch<br />
je<strong>de</strong>r Autokäufer über hohe Rabatte freuen<br />
kann. So schreibt die Frankfurter Allgemeine<br />
Zeitung „In Deutschland so viele Nachlässe auf<br />
<strong>de</strong>n Listenpreis wie nie zuvor“ (FAZ 3.4.12,<br />
S. 12). Die Bandbreite <strong>de</strong>r Rabatte ist riesig.<br />
Während es Hersteller mit gut laufen<strong>de</strong>n Mo<strong>de</strong>llen<br />
schaffen, unter 10 % zu bleiben, sind<br />
auch schon Rabatte von über 40 % gegeben<br />
wor<strong>de</strong>n. Der Nettopreis (also nach Rabatten)<br />
liegt somit <strong>de</strong>utlich unter <strong>de</strong>n Listenpreisen. Es<br />
ist offensichtlich, dass damit die obigen Kalkulationen<br />
grob unvollständig sind, weil <strong>de</strong>r Wertverlust<br />
vom Nettopreis gerechnet wer<strong>de</strong>n<br />
muss. Abbildung 3 enthält als Preis <strong>de</strong>n realistischen<br />
Nettopreis.<br />
Erfreulich für die Käufer ist in je<strong>de</strong>m Fall,<br />
dass die Wertverluste in <strong>de</strong>r Realität <strong>de</strong>utlich<br />
geringer sind, weil die Käufer einen großen Teil<br />
<strong>de</strong>r Wertverluste gar nicht erlitten haben,<br />
da sie große Rabatte verhan<strong>de</strong>lt haben. Im gewählten<br />
Beispiel sind die Rabatte für <strong>de</strong>n Clio<br />
<strong>de</strong>utlich höher, so dass sich seine Belastung<br />
nach 4 Jahren nochmals stärker senkt. Insgesamt<br />
spart <strong>de</strong>r Käufer gegenüber <strong>de</strong>m Polo<br />
1155 € nach <strong>de</strong>n 4 Jahren.<br />
Aus <strong>de</strong>r zwingen<strong>de</strong>n Berücksichtigung von<br />
Rabatten ergeben sich zwei Konsequenzen:<br />
a) Die Angabe <strong>de</strong>s prozentualen Wertverlustes<br />
basiert auf einer falschen Basisgröße, nämlich<br />
<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s nie bezahlten Listenpreises.<br />
Tatsächlich müsste aber <strong>de</strong>r Nettopreis als<br />
Basis gewählt wer<strong>de</strong>n. Damit allerdings verliert<br />
die bisherige Reihenfolge <strong>de</strong>r „Restwertriesen“<br />
ihre Gültigkeit. Als Beispiel sei<br />
<strong>de</strong>r Restwertkönig Porsche Boxster angeführt,<br />
<strong>de</strong>r laut Focus „nur“ 40 % innerhalb<br />
von 4 Jahren verliert. Da bei ihm aber häufig<br />
nur 3 % Rabatt gegeben wer<strong>de</strong>n, reduziert<br />
sich <strong>de</strong>r tatsächliche Wertverlust nur<br />
auf 38,1 %, was – selbst relativ – schlechter<br />
ist als beim Polo und Clio. Der Porsche ist<br />
also kein Restwertriese, son<strong>de</strong>rn ein Ra-
CM November / Dezember 2012<br />
battzwerg! Diese Aussage kann durchaus als Kompliment an die<br />
Firma Porsche verstan<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n, die es bis jetzt geschafft hat, trotz<br />
hoher Listenpreise die Rabatte sehr gering zu halten. Eine hohe Restwertstabilität<br />
hat sie aber entgegen vieler Veröffentlichungen nicht<br />
geschafft (wobei historische Fahrzeuge nicht betrachtet wer<strong>de</strong>n). Die<br />
Käufer können sich natürlich we<strong>de</strong>r über die geringen Rabatte noch<br />
über die – richtig gerechnet – mäßige Wertstabilität freuen.<br />
b) Die Aussagen <strong>de</strong>r Verkäufer, dass insbeson<strong>de</strong>re Premiumfahrzeuge<br />
eine große Wertstabilität aufweisen, sind meistens falsch. Damit rechtfertigen<br />
sie keinen Verzicht auf vernünftige Rabatte.<br />
Es sei erwähnt, dass die Nebenkosten (Überführung, Entwachsung,<br />
Inspektion etc.) eigentlich berücksichtigt wer<strong>de</strong>n müssten.<br />
Ein weiterer kleinerer Kritikpunkt liegt darin, dass die Restwerte von <strong>de</strong>n<br />
Händler-Verkaufspreisen abgeleitet wur<strong>de</strong>n. Das ist aber nicht <strong>de</strong>r Betrag,<br />
<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Käufer erhält. Korrekterweise müssten die Händler-Einkaufspreise<br />
verwen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n. Auch für <strong>de</strong>n Fall <strong>de</strong>r Rabattberücksichtigung<br />
seien die Leasingraten ermittelt, wobei wie<strong>de</strong>r 8 % p. a. effektiv gelten<br />
soll. Der Polo erfor<strong>de</strong>rt dann 160,52 €/Monat und <strong>de</strong>r Clio 132,65 €/Monat.<br />
Die aufgezinsten Differenzen ergeben natürlich wie<strong>de</strong>r 1155 €.<br />
Schlussbetrachtung<br />
Am Beispiel von PKWs wur<strong>de</strong> aufgezeigt, dass viele <strong>de</strong>r zurzeit<br />
getroffenen Restwert aussagen grob irreführend sind. Adäquate Ergebnisse<br />
erhält man erst, wenn<br />
a) Zinsen und<br />
b) Rabatte<br />
berücksichtigt wer<strong>de</strong>n. Bis jetzt wur<strong>de</strong>n systematisch teure Autos mit<br />
geringen Rabatten zu gut dargestellt.<br />
Der Ansatz lässt sich selbstverständlich auf praktisch alle Anlagegüter<br />
übertragen. Bei LKWs sind so Rabatte von über 50 % üblich. Hier wird<br />
es noch <strong>de</strong>utlicher, dass nur eine Kalkulation nach Rabatten und Zinsen<br />
die richtigen Belastungen an <strong>de</strong>n Tag för<strong>de</strong>rt. Als Shortcut zum richtigen<br />
Ergebnis können Leasingangebote gelten (auch wenn man gar nicht leasen<br />
möchte). Denn die Kalkulation <strong>de</strong>r Leasingraten enthält <strong>de</strong>n Effekt<br />
von Rabatten und die Zinsen; die Anbieter müssen dafür also alle Karten<br />
auf <strong>de</strong>n Tisch legen. Allerdings müssen es Kilometerleasingverträge sein,<br />
damit das Restwertrisiko nicht auf <strong>de</strong>n Käufer abgewälzt wer<strong>de</strong>n kann.<br />
Quellenverzeichnis<br />
Fokus, Restwertriesen: http://www.focus.<strong>de</strong>/auto/ratgeber/kosten/<br />
tid-25622/restwertriesen-2016-die-neuwagen-mit-<strong>de</strong>m-geringstenwertverlust_aid_744399.html,<br />
Abruf 25.5.12.<br />
Hoberg, P., Gewinnung neuer Kun<strong>de</strong>ngruppen durch Leasing, in: Controllermagazin<br />
5/2011, S. 86-91.<br />
Stiftung Warentest, Restwerte Autos – Euro statt Prozente, in Heft<br />
2/2012, S. 79.<br />
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31
Warum Projekte fehlschlagen<br />
Warum Projekte fehlschlagen<br />
von Thomas Schnei<strong>de</strong>r<br />
32<br />
Projekte sind die „Kür“ <strong>de</strong>r Controllingtätigkeit.<br />
Neben <strong>de</strong>n üblichen, sicherlich notwendigen,<br />
manchmal auch langweiligen Aufgaben.<br />
Die Unternehmensleitung, die Verantwortlichen<br />
von Tochtergesellschaften o<strong>de</strong>r<br />
Fachverantwortlichen einzelner Bereiche sehen<br />
dringen<strong>de</strong>n Handlungs- und Lösungsbedarf.<br />
Hier kann und darf das Controlling seine speziellen<br />
Kompetenzen einbringen, und tut dies<br />
auch gerne. Mit entsprechen<strong>de</strong>m Optimismus<br />
und großem Engagement wird die Aufgabe angegangen.<br />
Oft kann das Controlling so seine Fach- und<br />
Metho<strong>de</strong>nkompetenz unter Beweis stellen, das<br />
Ansehen <strong>de</strong>r Funktion und <strong>de</strong>r involvierten Mitarbeiter<br />
steigern. Bei allem Optimismus: Projekte<br />
können auch scheitern, die Erwartungen<br />
<strong>de</strong>r Auftraggeber nicht erfüllt wer<strong>de</strong>n und damit<br />
einen unmittelbaren Einfluss auf die Reputation<br />
<strong>de</strong>s Controllings haben. Damit es nicht wie<strong>de</strong>r<br />
zurück zu <strong>de</strong>n Monatsberichten und Exceltabellen<br />
geht, sollten die folgen<strong>de</strong>n Fallstricke<br />
beachtet wer<strong>de</strong>n.<br />
Fehlen<strong>de</strong> Vorbereitung<br />
Selbstbewusstsein ist per se keine schlechte<br />
Eigenschaft. Nicht für <strong>de</strong>n Einzelnen und nicht<br />
für eine gesamte Abteilung. Dies gilt auch für<br />
Flexibilität. Controller übernehmen dann<br />
kurzfristig auch komplexe Aufgaben. Am<br />
Donnerstag gibt es das Gespräch mit <strong>de</strong>r Unternehmensleitung<br />
und Montagmorgen sitzt<br />
<strong>de</strong>r Controller schon im Zug. Die vierstündige<br />
Fahrt wird dann zur Vorbereitung genutzt. Entsprechend<br />
beginnt schon das erste Gespräch.<br />
Die Ahnungslosigkeit <strong>de</strong>s Controllers bleibt <strong>de</strong>n<br />
Ansprechpartnern vor Ort nicht verborgen. Die<br />
Reaktionen schwanken zwischen Entsetzen<br />
und Belustigung.<br />
Ein, zwei Fragen bringen <strong>de</strong>n armen Controller<br />
schon ins Schleu<strong>de</strong>rn. Rückfragen an die Auftraggeber,<br />
hektisches Telefonieren mit Kollegen<br />
o<strong>de</strong>r Recherchen im Internet kosten rasch ein<br />
bis zwei Tage, welche dann bei <strong>de</strong>r Projektdurchführung<br />
fehlen. Genauso kritisch ist <strong>de</strong>r<br />
unverzügliche Reputationsverlust zu sehen.<br />
Destruktive Ansprechpartner genießen die<br />
Situation, lassen <strong>de</strong>n Controller auflaufen,<br />
zeigen falsche Richtungen auf und fragen einmal<br />
ganz informell nach, ob <strong>de</strong>r menschlich angenehme<br />
Controller nicht mit <strong>de</strong>r Aufgabe<br />
überfor<strong>de</strong>rt sein könnte.<br />
Um die eigene Unsicherheit wissend, fallen<br />
auch die Projektergebnisse aus. Je<strong>de</strong>r zweite<br />
Satz beginnt mit <strong>de</strong>r Möglichkeitsform, Alternativen<br />
wer<strong>de</strong>n angeschnitten, aber nicht bewertet,<br />
klare Aussagen vermie<strong>de</strong>n. Die Ratlosigkeit<br />
scheint zwischen <strong>de</strong>n Zeilen durch, auch für<br />
<strong>de</strong>n Berichtsempfänger.
CM November / Dezember 2012<br />
Zuviel versuchen<br />
Zwar han<strong>de</strong>lt es sich <strong>de</strong>finitionsgemäß bei<br />
einem Projekt um ein klar abgegrenztes Aufgabenfeld,<br />
in <strong>de</strong>r Praxis gibt es natürlich zahlreiche<br />
Anknüpfungspunkte und Verbindungen<br />
zu an<strong>de</strong>ren Unternehmensbereichen und externen<br />
Partnern. Insbeson<strong>de</strong>re Controller mit vielfältigen<br />
Erfahrungen wissen um die Wechselwirkungen<br />
und haben einen „Tunnelblick“ bewusst<br />
abgelegt. Allerdings besteht die Gefahr,<br />
dass das Projekt zu lange dauert, <strong>de</strong>r Bericht zu<br />
umfangreich wird und wichtige Kernfragen zu<br />
kurz kommen. Mit <strong>de</strong>m Anschnei<strong>de</strong>n einzelner<br />
Problemfel<strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Anführung weiterer Bereiche<br />
wird <strong>de</strong>n Ansprüchen <strong>de</strong>s Auftraggebers<br />
kaum Genüge getan.<br />
Hier hilft eine klare Fokussierung auf das<br />
Aufgabenfeld, wobei gleichzeitig festgelegt<br />
wird, was nicht dazu gehört. Gelegentliche<br />
Nachfragen beim Auftraggeber verhin<strong>de</strong>rn,<br />
dass dieser zu <strong>de</strong>r Einschätzung gelangt, dass<br />
das eigentliche Thema verfehlt wur<strong>de</strong>. Im Zweifel<br />
sind tiefere, <strong>de</strong>taillierte Aussagen einem generalistischen<br />
Überblick vorzuziehen.<br />
Nichteinbeziehung <strong>de</strong>r Partner<br />
von allen Beteiligten akzeptiert sein. Nicht alleine<br />
im Hinblick auf ihren Wahrheitsgehalt, son<strong>de</strong>rn<br />
auch auf ihre Relevanz.<br />
Verzicht auf Expertenwissen<br />
Controller können viel, aber nicht alles. Je<br />
nach Projektziel gilt es, dies gegenüber <strong>de</strong>m<br />
Auftragsgeber einzuräumen und externes<br />
Wissen einzubeziehen. Sicherlich haben entsprechen<strong>de</strong><br />
Fachleute ihren Preis, aber da, wo<br />
<strong>de</strong>ren Expertise notwendig ist, besteht schlicht<br />
keine Alternative.<br />
Externe Fachleute sollten vor Projektbeginn<br />
schon in die Planung eingebun<strong>de</strong>n<br />
wer<strong>de</strong>n, selbst um <strong>de</strong>n Preis eines späteren<br />
Projektabschlusses.<br />
Vernachlässigung <strong>de</strong>s Wertbeitrages<br />
Gerne betont das Controlling seinen Wertbeitrag,<br />
wenn dieser bei Standardaufgaben auch<br />
schwierig nachzuweisen ist. Bei entsprechen<strong>de</strong>n<br />
Projekten kann dieser dagegen sehr<br />
Autor<br />
sollte man bei je<strong>de</strong>m Arbeitsschritt erwägen,<br />
was schlimmstenfalls passieren kann, wenn<br />
dieser nicht im Rahmen <strong>de</strong>s Projektes durchgeführt<br />
wird.<br />
Vernachlässigung <strong>de</strong>r<br />
Risikoorientierung<br />
Routine in <strong>de</strong>r Projektarbeit kann hilfreich<br />
sein, aber auch einengen. Die Auf<strong>de</strong>ckung<br />
von Risiken und Entwicklung einer adäquaten<br />
Strategie mit <strong>de</strong>ren Umgang ist<br />
wichtiger Bestandteil <strong>de</strong>r Controllingtätigkeit.<br />
Aber wie<strong>de</strong>r und wie<strong>de</strong>r die<br />
gleichen Be<strong>de</strong>nken zu formulieren, ruft bei<br />
<strong>de</strong>n Berichtsempfängern allenfalls gepflegte<br />
Langweile hervor. Die Berichtsempfänger<br />
dürfen neue, unorthodoxe Ansätze erwarten.<br />
Erhalten diese <strong>de</strong>n abschließen<strong>de</strong>n Bericht,<br />
soll gespannte Erwartung erfüllt wer<strong>de</strong>n. Hier<br />
geht es nicht um die schlichte Verifizierung<br />
<strong>de</strong>r bereits vorab festgelegten Meinung, ergänzt<br />
um umfangreiche Zahlenfriedhöfe.<br />
Die Vergangenheit hat oft gezeigt, dass Risiken<br />
da liegen, wo keiner damit rechnete. Controller,<br />
Die Unternehmensleitung wird wissen, warum<br />
das Controlling mit einem Projekt beauftragt<br />
wird und nicht die Ansprechpartner vor Ort<br />
über das Thema Bericht erstatten. Dabei dürfen<br />
diese Grün<strong>de</strong> durchaus bei Auftragsvergabe<br />
hinterfragt wer<strong>de</strong>n. Meistens wird eine<br />
neutrale, objektive Meinungsbildung gefor<strong>de</strong>rt,<br />
verbun<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>r Expertise <strong>de</strong>s Controllings.<br />
Neutralität und Objektivität sind jedoch<br />
nicht mit Separatismus und Isolation zu verwechseln.<br />
Controller sollten laufend mit <strong>de</strong>n Partnern<br />
vor Ort kommunizieren. Zwar sind nicht<br />
ständig Zwischenstän<strong>de</strong> zu mel<strong>de</strong>n, aber die<br />
grundsätzliche Richtung <strong>de</strong>s Projektes kann<br />
und soll vermittelt wer<strong>de</strong>n. Häufig sind die Projektberichte<br />
Basis schwieriger, für die Beteiligten<br />
auch schmerzhafter Entscheidungen.<br />
Dennoch gilt es, die Betroffenen „mitzunehmen“.<br />
Über die Schlussfolgerungen kann und<br />
darf man unterschiedlicher Ansicht sein, die<br />
zugrun<strong>de</strong> liegen<strong>de</strong>n Daten müssen dagegen<br />
viel besser aufgezeigt wer<strong>de</strong>n. So anspruchsvoll<br />
es auch sein mag, eine Konzentration auf<br />
negative Aspekte zu vermei<strong>de</strong>n, zumal meistens<br />
negative Entwicklung <strong>de</strong>n Projektanlass<br />
darstellen, sollten diese <strong>de</strong>nnoch nicht vernachlässigt<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Will <strong>de</strong>r Controller nicht als „Hilfssheriff“ verstan<strong>de</strong>n<br />
wer<strong>de</strong>n, gilt es auch positive Punkte zu<br />
erwähnen und entsprechend chancenbasierte<br />
Ausblicke zu gestalten. Insbeson<strong>de</strong>re das Aneinan<strong>de</strong>rreihen<br />
zweitrangiger Fehler und formaler<br />
Prozessabweichungen kann diesem Anspruch<br />
nicht gerecht wer<strong>de</strong>n. Entsprechend<br />
Dipl.-Kfm. Thomas Schnei<strong>de</strong>r<br />
ist bei einem DAX 30 Konzern in Essen in <strong>de</strong>r Internen<br />
Revision tätig.<br />
E-Mail: s_tommy@web.<strong>de</strong><br />
die ihre Aufgabe so verstehen und wahrnehmen,<br />
wer<strong>de</strong>n gerne wie<strong>de</strong>r mit Projekten betraut,<br />
wobei keinem Beteiligten <strong>de</strong>r Ausgang<br />
vorher klar ist. Nicht <strong>de</strong>n Auftraggebern, nicht<br />
<strong>de</strong>n Fachverantwortlichen, nicht <strong>de</strong>n Controllern.<br />
Lei<strong>de</strong>r wissen nicht selten alle Beteiligten<br />
schon vor Projektbeginn, wie dieses durchzuführen<br />
ist und <strong>de</strong>r Bericht auszusehen hat.<br />
Dann darf sich kein Controller wun<strong>de</strong>rn, wenn<br />
dieser Bericht nach unmotiviertem Durchblättern<br />
rasch abgeheftet wird.<br />
33
Nachhaltige Zielverfolgung im professionellen Fußball<br />
Nachhaltige Zielverfolgung im professionellen<br />
Fußball – Ein (un)mögliches Unterfangen?<br />
von Claudio Kasper<br />
34<br />
Der <strong>de</strong>utsche Profifußball ist in <strong>de</strong>n letzten<br />
zwanzig Jahren zu einem Milliar<strong>de</strong>ngeschäft<br />
gewor<strong>de</strong>n. Die Bun<strong>de</strong>sliga kann einen Rekordumsatz<br />
nach <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren vermel<strong>de</strong>n. 1 Gleichzeitig<br />
haben in die Vereine <strong>de</strong>r 1. und 2. Bun<strong>de</strong>sliga<br />
professionelle Managementstrukturen,<br />
gesteuert von hauptamtlichen Führungskräften,<br />
Einzug gehalten. Dennoch „erschüttern“<br />
immer wie<strong>de</strong>r Negativmeldungen über finanzielle<br />
Schieflagen einzelner Clubs die Branche.<br />
Wie <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sligareport 2012 zeigt, konnten<br />
die Bun<strong>de</strong>sligaclubs erst in <strong>de</strong>r Saison<br />
2010/2011 seit langem wie<strong>de</strong>r mehr Eigenkapital<br />
als Verbindlichkeiten ausweisen. 2 Die<br />
zweite Bun<strong>de</strong>sliga verzeichnet bereits in <strong>de</strong>r<br />
zweiten Saison in Folge ein negatives Eigenkapital<br />
über alle Clubs. 3<br />
Nachhaltiger sportlicher und wirtschaftlicher<br />
Erfolg sind immer noch die absolute<br />
Ausnahme. Abbildung 1 zeigt die Platzierungen<br />
verschie<strong>de</strong>ner Bun<strong>de</strong>sligaclubs in <strong>de</strong>n<br />
letzten 20 Jahren. Lediglich <strong>de</strong>m FC Bayern<br />
München ist es gelungen, über die gesamte<br />
Perio<strong>de</strong> erfolgreichen Fußball zu spielen. Der<br />
Einstieg von Audi und Adidas als strategische<br />
Investoren bei <strong>de</strong>n Bayern belegt, dass <strong>de</strong>r<br />
sportliche Erfolg durch soli<strong>de</strong>s Wirtschaften<br />
unterfüttert ist, welches <strong>de</strong>n Verein als ernsthaftes<br />
Investitionsobjekt interessant macht.<br />
Als Traditionsclub hatte <strong>de</strong>r 1. FC Kaiserslautern<br />
Anfang <strong>de</strong>r neunziger Jahre eine gute<br />
Ausgangsposition, um im Konzert <strong>de</strong>r Großen<br />
in Deutschland mitzuspielen. Fehlentscheidungen<br />
und Missmanagement in <strong>de</strong>r folgen<strong>de</strong>n<br />
Deka<strong>de</strong> haben <strong>de</strong>n Club in die Zweitklassigkeit<br />
und nahe an die Insolvenz geführt.<br />
Mit <strong>de</strong>r Rückkehr in das <strong>de</strong>utsche Oberhaus in<br />
<strong>de</strong>r Saison 2009/2010 wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Abwärtstrend<br />
zwischenzeitlich umgekehrt. In <strong>de</strong>r abgelaufenen<br />
Spielzeit konnte <strong>de</strong>r erneute Abstieg<br />
nicht verhin<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n.<br />
Der amtieren<strong>de</strong> Deutsche Meister Borussia<br />
Dortmund hat in <strong>de</strong>n letzten bei<strong>de</strong>n Deka<strong>de</strong>n<br />
bewegte Zeiten hinter sich. Nach <strong>de</strong>n Doppelmeisterschaften<br />
1995 und 1996 und <strong>de</strong>m<br />
Gewinn <strong>de</strong>r Champions League 1997, geht <strong>de</strong>r<br />
BVB als erster <strong>de</strong>utscher Club am 31.10.2000<br />
an die Börse. Die Meisterschaft 2002 ist noch<br />
einmal ein Highlight, danach geht es bergab.<br />
Die Insolvenz kann 2005 in letzter Sekun<strong>de</strong>,<br />
durch Verzicht <strong>de</strong>r Gläubiger und Austausch<br />
<strong>de</strong>s Führungspersonals, abgewen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n.<br />
In <strong>de</strong>n letzten Jahren ist <strong>de</strong>m BVB ein beeindrucken<strong>de</strong>s<br />
Comeback gelungen. Es bleibt zu<br />
hoffen, dass die Vereinsführung ihre Schlüsse<br />
aus <strong>de</strong>n früheren Erfolgen und <strong>de</strong>r folgen<strong>de</strong>n<br />
Krise gezogen hat.<br />
Die hier aufgeführten wenigen Beispiele erwecken<br />
<strong>de</strong>n Eindruck, dass es im „Geschäftsmo<strong>de</strong>ll<br />
Bun<strong>de</strong>sligafußball“ strukturelle<br />
Defizite gibt, die nachhaltigen sportlichen<br />
und wirtschaftlichen Erfolg erschweren. Diese
CM November / Dezember 2012<br />
Abb. 1: Platzierung ausgewählter Clubs in <strong>de</strong>n letzten zwanzig Jahren<br />
Erfahrungen sind ein Grund, warum sich Vereinsvertreter<br />
in <strong>de</strong>r Öffentlichkeit mit <strong>de</strong>r Formulierung<br />
von Zielen offensichtlich schwer tun.<br />
Befragt nach <strong>de</strong>n kurz- und mittelfristigen<br />
Zielen <strong>de</strong>s Clubs, wer<strong>de</strong>n dann in <strong>de</strong>r Regel<br />
Allgemeinplätze, wie z. B.: „Wir <strong>de</strong>nken nur von<br />
Spiel zu Spiel …“ kundgetan. Über einen längeren<br />
Zeitraum konsistente Aussagen zu <strong>de</strong>n<br />
Zielen eines Clubs fin<strong>de</strong>n sich kaum.<br />
Es drängt sich die Frage auf, ob Zielbildung<br />
und nachhaltige Verfolgung <strong>de</strong>r Ziele im<br />
Fußball ein unmögliches Unterfangen darstellen?<br />
Ziel dieses Artikels ist es, einen Blick<br />
hinter die Kulissen zu werfen und aus theoretischen<br />
Überlegungen heraus zu analysieren,<br />
warum dies gera<strong>de</strong> im professionellen Fußball<br />
so problematisch ist.<br />
Zieltheorie<br />
Das Onlinelexikon Wikipedia <strong>de</strong>finiert <strong>de</strong>n Begriff<br />
Ziel, wie folgt: „Der Begriff Ziel bezeichnet einen<br />
in <strong>de</strong>r Zukunft liegen<strong>de</strong>n, gegenüber <strong>de</strong>m<br />
Gegenwärtigen im Allgemeinen verän<strong>de</strong>rten,<br />
erstrebenswerten und angestrebten Zustand<br />
(Zielvorgabe).Ein Ziel ist somit ein <strong>de</strong>finierter<br />
und angestrebter Endpunkt eines Prozesses,<br />
meist einer menschlichen Handlung. ‚Ziel‘<br />
benennt häufig <strong>de</strong>n Erfolg eines Projekts bzw.<br />
einer mehr o<strong>de</strong>r weniger aufwendigen Arbeit.“<br />
Der Begriff impliziert, dass:<br />
1. eine strukturierte Analyse <strong>de</strong>s gegenwärtigen<br />
Zustands vorgenommen wur<strong>de</strong>,<br />
2. mögliche Optionen <strong>de</strong>r Verän<strong>de</strong>rung<br />
dieses Zustands durchgespielt und ihre<br />
Konsequenzen bewertet,<br />
3. eine Entscheidung für eine Option und <strong>de</strong>n<br />
daraus resultieren<strong>de</strong>n angestrebten Zustand<br />
getroffen wur<strong>de</strong>n und<br />
4. Maßnahmen festgelegt wer<strong>de</strong>n, wie dieser<br />
Zustand erreicht wer<strong>de</strong>n soll.<br />
Abbildung 2 ver<strong>de</strong>utlicht, dass Zielbildung und<br />
Zieldiskussion Ausgangspunkt je<strong>de</strong>s Managementhan<strong>de</strong>lns<br />
sein müssen. Ziele sind in <strong>de</strong>n<br />
Dimensionen Zielinhalt (Was soll erreicht wer-<br />
Abb. 2: Zielbildung als Ausgangspunkt <strong>de</strong>s Managementprozesses<br />
35
Nachhaltige Zielverfolgung im professionellen Fußball<br />
Abb. 3: Die <strong>de</strong>utsche professionelle Teamsportbranche<br />
36<br />
<strong>de</strong>n?), Zielbezug (Wann soll das Ziel erreicht<br />
wer<strong>de</strong>n?) und Zielausmaß (Welcher Erfüllungsgrad<br />
ist vorgesehen?) zu <strong>de</strong>finieren. Hinsichtlich<br />
<strong>de</strong>s Zielinhalts lassen sich:<br />
· Sachziele – Beantworten die Frage, was<br />
das Tätigkeitsfeld <strong>de</strong>s Unternehmens sein<br />
soll (Dienstleistungen, Industrieprodukte);<br />
· Formalziele – Beziehen sich auf die<br />
angestrebte wirtschaftliche und finanzielle<br />
Entwicklung <strong>de</strong>s Unternehmens (Umsatz,<br />
Rendite etc.);<br />
· Sozial- bzw. Humanziele – Beschreiben<br />
die erwünschten Verhaltensweisen gegenüber<br />
bestimmten Interessengruppen (Fans,<br />
Kun<strong>de</strong>n, Mitarbeiter);<br />
Autor<br />
· Ökologische Ziele – Beantworten die<br />
Frage, wie das Unternehmen mit natürlichen<br />
Ressourcen und <strong>de</strong>m Umweltschutz umgehen<br />
möchte;<br />
unterschei<strong>de</strong>n.<br />
Einflussfaktoren auf die<br />
Zielbildung im Fußball<br />
Zu einer Analyse <strong>de</strong>r Beson<strong>de</strong>rheiten <strong>de</strong>r Zielbildung<br />
im professionellen Fußball gehört die<br />
I<strong>de</strong>ntifikation und Beschreibung <strong>de</strong>r wichtigsten<br />
Einflussfaktoren, <strong>de</strong>nen die Clubs in<br />
diesem Bereich ausgesetzt sind. Abbildung 3<br />
gibt einen Überblick über die Branche <strong>de</strong>s<br />
Dipl.-Kfm. Claudio Kasper, MBA<br />
ist als Leiter Konzerncontrolling beim FC Gelsenkirchen-Schalke<br />
04 e.V. verantwortlich für die Planung und das Controlling<br />
<strong>de</strong>s Clubs. Vor seiner Tätigkeit für die Königsblauen hat er beim<br />
1. FC Kaiserslautern e.V. das Controlling verantwortet.<br />
E-Mail: claudio.kasper@schalke04.<strong>de</strong><br />
professionellen Teamsports in Deutschland mit<br />
<strong>de</strong>n Sportarten Fußball, Eishockey, Basketball<br />
und Handball.<br />
Aus ihrer Makroumwelt sind die Clubs Verän<strong>de</strong>rungen<br />
in Wirtschaft, Gesellschaft, Rechtssystem<br />
und Technik ausgesetzt, die, wie z. B.<br />
das „Bosman-Urteil“ o<strong>de</strong>r die Entwicklung<br />
<strong>de</strong>s Internets, erheblichen Einfluss auf das<br />
Geschäftsmo<strong>de</strong>ll nehmen können.<br />
Innerhalb <strong>de</strong>r Mikroumwelt konkurrieren die<br />
Vereine in <strong>de</strong>n professionellen Teamsportligen<br />
auf <strong>de</strong>r Lieferantenseite um die wenigen<br />
sportlichen Talente und erfahrenen Führungskräfte,<br />
<strong>de</strong>n Zugang zu Sponsoren, <strong>de</strong>n Kapitalmarkt,<br />
die notwendige Infrastruktur (Stadien<br />
und Hallen) sowie um die wenigen Lizenzen,<br />
die zur Teilnahme an <strong>de</strong>n Wettbewerben in <strong>de</strong>n<br />
(Bun<strong>de</strong>s-)Ligen berechtigen. Auf <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>nseite<br />
herrscht ein harter Wettbewerb hinsichtlich<br />
<strong>de</strong>r Vermarktungsmöglichkeiten <strong>de</strong>r Produkte<br />
<strong>de</strong>s Teamsports, insbeson<strong>de</strong>re bezüglich<br />
<strong>de</strong>r Sen<strong>de</strong>zeiten im TV. Die Zuschauer,<br />
Dienstleistungskun<strong>de</strong>n und Sponsoren müssen<br />
sich entschei<strong>de</strong>n, für welchen Verein sie
CM November / Dezember 2012<br />
ihr Budget einsetzen wollen. Erschwert wird<br />
diese Entscheidung durch das Auftreten potenzieller<br />
Konkurrenten aus <strong>de</strong>m Ausland<br />
(internationale Club-Wettbewerbe, NFL, NBA<br />
etc.), die mit ihrem Angebot auf <strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen<br />
Markt drängen. Zusätzlich kann <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong><br />
noch zwischen einer breiten Palette von Substitutionsprodukten<br />
<strong>de</strong>r Unterhaltungsindustrie<br />
(z. B. Kino, Theater etc.) wählen. Potenziert<br />
wird diese Wettbewerbssituation durch <strong>de</strong>n<br />
Wettbewerb auf allen hier aufgeführten Fel<strong>de</strong>rn<br />
zwischen <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen, in Deutschland<br />
professionell betriebenen Teamsportarten<br />
und innerhalb <strong>de</strong>r Ligen.<br />
Aus allen Umweltebenen wirken Stakehol<strong>de</strong>r(gruppen)<br />
auf <strong>de</strong>n Zielbildungsprozess<br />
in einem Fußballclub ein. Den direktesten<br />
Einfluss haben natürlich das Top-Management<br />
und seine Kontrollorgane. Deren Kernaufgabe,<br />
neben <strong>de</strong>r operativen Führung, liegt in<br />
<strong>de</strong>r strategischen Ausrichtung und <strong>de</strong>m Aufbau<br />
von Erfolgspotenzialen, die künftig die Existenz<br />
<strong>de</strong>s Clubs sichern sollen. Zum „inneren Zirkel“<br />
eines Clubs zählen die Mitarbeiter <strong>de</strong>r<br />
Verwaltung und <strong>de</strong>s sportlichen Bereichs,<br />
sowie die Mitglie<strong>de</strong>r und Anteilseigner. Den<br />
Mitarbeitern obliegt letztlich zum größten Teil<br />
die Zielumsetzung. Folglich nehmen sie im Umsetzungsprozess<br />
Einfluss auf die Zielkorrektur<br />
und -anpassung. Mitglie<strong>de</strong>r und Anteilseigener<br />
wer<strong>de</strong>n oft dann massiv aktiv, wenn die vereinbarten<br />
sportlichen und wirtschaftlichen Ziele<br />
nicht erreicht wur<strong>de</strong>n bzw. ihre Umsetzung in<br />
Gefahr ist.<br />
Abb. 4: Das Zieldreieck im Profifußball<br />
Einen wesentlichen Einfluss auf die Zielbildung<br />
im Club nehmen die nationalen und<br />
internationalen Verbän<strong>de</strong> als Organisatoren<br />
<strong>de</strong>s Spielbetriebs. Clubs, die im <strong>de</strong>utschen<br />
Profifußball am Wettbewerb teilnehmen<br />
wollen, müssen sich <strong>de</strong>n Satzungen und Ordnungen<br />
<strong>de</strong>s DFB und <strong>de</strong>s „Die Liga- Fußballverband<br />
e.V.“ (nachfolgend kurz Ligaverband genannt)<br />
unterwerfen und für je<strong>de</strong> Spielzeit eine<br />
Lizenz beim Ligaverband erwerben. Alle Clubs<br />
<strong>de</strong>r 1. und 2. Bun<strong>de</strong>sliga sind Mitglied im Ligaverband.<br />
Als Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Ligaverbands setzen<br />
sich die Clubs mit <strong>de</strong>r Lizenzierungsordnung<br />
ihr eigenes Regelwerk, welches die Teilnahme<br />
am Spielbetrieb organisiert. Befürchtungen,<br />
dass durch diese institutionellen<br />
Strukturen das Lizenzierungsverfahren aufgeweicht<br />
wer<strong>de</strong>n könnte, haben sich als unbegrün<strong>de</strong>t<br />
erwiesen. Im Gegenteil: Die Lizenzierungsordnung<br />
ist in <strong>de</strong>n letzten Jahren weiter<br />
verschärft wor<strong>de</strong>n. Eine zusätzliche Dynamik<br />
hat dieser Prozess in <strong>de</strong>n letzten Monaten<br />
durch das Financial-Fair-Play-Project <strong>de</strong>r UEFA<br />
erfahren.<br />
Primäres Ziel <strong>de</strong>s Lizenzierungsverfahrens<br />
ist die Sicherstellung <strong>de</strong>s Spielbetriebs. Daneben<br />
sollen das öffentliche Image und die Vermarktungsfähigkeit<br />
<strong>de</strong>s professionellen Fußballs<br />
verbessert, die Integrität <strong>de</strong>s Wettbewerbs<br />
sowie Leistungs- und Konkurrenzfähigkeit<br />
<strong>de</strong>r Liga gesichert und professionelle<br />
Strukturen in <strong>de</strong>n Clubs geför<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n. Um<br />
diese Ziele zu erreichen, hat <strong>de</strong>r Ligaverband<br />
Kriterien in <strong>de</strong>n unterschiedlichsten Fel<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>s<br />
Vereinsmanagements <strong>de</strong>finiert. Neben <strong>de</strong>n<br />
Kriterien bzgl. <strong>de</strong>r wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit<br />
<strong>de</strong>r Clubs sind dies sportliche, rechtliche,<br />
personell-administrative, infrastrukturellsicherheitstechnische,<br />
spielorganisatorische<br />
und medientechnische Kriterien.<br />
Im Mittelpunkt stehen zweifelsohne die wirtschaftlichen<br />
Aspekte. Zur Erfüllung dieser Kriterien<br />
muss je<strong>de</strong>r Club mittlerweile vor und<br />
während einer Spielzeit umfassend über seine<br />
Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie die<br />
Planungen für die aktuelle und kommen<strong>de</strong><br />
Spielzeit Auskunft geben. Entschei<strong>de</strong>nd für<br />
die Erteilung einer Lizenz ist die Tatsache,<br />
dass <strong>de</strong>r Club für die betreffen<strong>de</strong> Spielzeit<br />
eine positive Ausstattung mit liqui<strong>de</strong>n Mitteln<br />
nachweist. Gelingt dieser Nachweis nicht<br />
überzeugend, so verfügt <strong>de</strong>r Ligaverband über<br />
Sanktionsmöglichkeiten bis hin zum Punktabzug<br />
o<strong>de</strong>r Lizenzentzug. Damit kann <strong>de</strong>r Lizenzgeber<br />
massiv in die Zielbildung <strong>de</strong>r Clubs eingreifen<br />
und setzt mit seinem Regelwerk wichtige<br />
„Leitplanken“, die im Rahmen <strong>de</strong>r Ziel<strong>de</strong>finition<br />
ins Kalkül gezogen wer<strong>de</strong>n müssen.<br />
Abhängig von <strong>de</strong>r individuellen Situation je<strong>de</strong>s<br />
Vereins nehmen zusätzlich Sponsoren, Vermarktungsagenturen,<br />
Firmenkun<strong>de</strong>n, Zuschauer,<br />
Fans, Investoren und kommunale Entscheidungsträger<br />
in unterschiedlicher Intensität und<br />
zu verschie<strong>de</strong>nen Zeitpunkten Einfluss auf die<br />
Zielbildung und -erreichung.<br />
Eine beson<strong>de</strong>re Rolle fällt <strong>de</strong>n Medien zu.<br />
Obschon sie nicht direkt in <strong>de</strong>n Prozess <strong>de</strong>r<br />
Zielbildung eingebun<strong>de</strong>n sind, ist die These<br />
wohl nicht beson<strong>de</strong>rs gewagt, dass sie einen<br />
massiven Einfluss auf das Han<strong>de</strong>ln <strong>de</strong>r Vereinsführung<br />
nehmen (können). Damit wir uns nicht<br />
missverstehen: Die Medien gehören zum Bun<strong>de</strong>sligaalltag.<br />
Ohne die mediale Omnipräsenz<br />
<strong>de</strong>s Fußballs wären die enormen Umsatzzuwächse<br />
<strong>de</strong>r letzten Jahrzehnte, insbeson<strong>de</strong>re<br />
im Rahmen <strong>de</strong>r zentralen TV-Vermarktung,<br />
nicht zu realisieren gewesen. Mittlerweile muss<br />
allerdings je<strong>de</strong>r Tag mit sogenannten „News“<br />
aus <strong>de</strong>r Sportbranche gefüllt wer<strong>de</strong>n. Auf <strong>de</strong>r<br />
Suche nach Content wird je<strong>de</strong>r Schritt <strong>de</strong>r Fußballprofis<br />
und <strong>de</strong>r Verantwortlichen zur Nachricht.<br />
Gera<strong>de</strong> in Krisenzeiten ist <strong>de</strong>r Druck<br />
auf die Führungskräfte enorm. Wohl in kaum<br />
37
Nachhaltige Zielverfolgung im professionellen Fußball<br />
38<br />
einer an<strong>de</strong>ren Branche, auch nicht in <strong>de</strong>r Politik,<br />
müssen die Verantwortlichen in so kurzen<br />
Intervallen öffentlich Rechenschaft über ihr<br />
Han<strong>de</strong>ln ablegen und wer<strong>de</strong>n ihre Interviews<br />
aus <strong>de</strong>r Vorwoche auf Konsistenz zu <strong>de</strong>n aktuellen<br />
Aussagen und zum Tabellenstand geprüft.<br />
In einem solchen Umfeld wird das Festhalten an<br />
langfristigen Zielen und Strategien zur Herausfor<strong>de</strong>rung.<br />
Die getroffenen Aussagen zu <strong>de</strong>n Einflussfaktoren<br />
auf die Zieldiskussion im Profifußball<br />
liefern natürlich nur ein grobes Raster, die tatsächlichen<br />
Umstän<strong>de</strong> müssen clubindividuell<br />
analysiert und diskutiert wer<strong>de</strong>n.<br />
Das Zielsystem von Fußballclubs<br />
Nähert man sich in einem ersten Ansatz eines<br />
möglichen Zielsystems von Fußballclubs, so<br />
überrascht es nicht, dass die Ziellandschaft<br />
heterogen und facettenreich ist. Um unserem<br />
Vorgehen eine nachvollziehbare Struktur zu<br />
geben, soll als Navigationsinstrument das in<br />
Abbildung 4 dargestellte „Zieldreieck <strong>de</strong>s<br />
Profifußballs“ fungieren.<br />
Die Darstellung unterstellt, dass <strong>de</strong>r Zielbildungsprozess<br />
von <strong>de</strong>r Prämisse <strong>de</strong>r Existenzsicherung<br />
geleitet wird. Das heißt, dass sämtliche<br />
Handlungen und Zielsetzungen <strong>de</strong>r Verantwortlichen<br />
immer darauf ausgerichtet sind<br />
das Überleben <strong>de</strong>s Clubs zu gewährleisten. Um<br />
dieses Metaziel zu erreichen, sind sportliche,<br />
ökonomische und soziale Zielsetzungen miteinan<strong>de</strong>r<br />
in Einklang zu bringen.<br />
Im Folgen<strong>de</strong>n soll je<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Zielkategorien kurz<br />
dargestellt wer<strong>de</strong>n. Nach<strong>de</strong>m dies geschehen<br />
ist, wer<strong>de</strong>n die Zielbeziehungen diskutiert.<br />
Sportliche Ziele<br />
Im Hinblick auf die sportlichen Ziele einer<br />
Mannschaft lassen sich aus <strong>de</strong>n Statements<br />
von Trainern und Spielern in <strong>de</strong>r Regel nur wenige<br />
Rückschlüsse ziehen. Es hat sich in <strong>de</strong>r<br />
gesamten Bun<strong>de</strong>sliga eingebürgert, nur „von<br />
Spiel zu Spiel“ zu <strong>de</strong>nken. Vor <strong>de</strong>m Hintergrund<br />
<strong>de</strong>s Medienechos im Falle einer Zielverfehlung<br />
ist dieses Verhalten nachvollziehbar.<br />
Eine erfolgreiche Vereinsführung muss allerdings<br />
eine klare Vorstellung bezüglich<br />
<strong>de</strong>r kurzfristigen sportlichen Ziele und <strong>de</strong>s<br />
langfristigen Entwicklungspotenzials von<br />
Mannschaft und Trainerteam entwickeln.<br />
Ist die sportliche Zielsetzung <strong>de</strong>finiert, müssen<br />
Maßnahmen (wie z. B. <strong>de</strong>r Kauf von Spielern,<br />
die Entwicklung einer vereinseigenen Spielphilosophie)<br />
i<strong>de</strong>ntifiziert und umgesetzt wer<strong>de</strong>n,<br />
um das Team in die Lage zu versetzen, die Zielsetzung<br />
zu erfüllen.<br />
Im Hinblick auf die Spannung in <strong>de</strong>r Liga sind<br />
die Ergebnisse <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sligawochenen<strong>de</strong>n<br />
glücklicherweise nur schwer vorhersag- und<br />
planbar. Hieraus resultiert bei Akteuren <strong>de</strong>r<br />
Branche schnell <strong>de</strong>r Reflex, dass eine Planung<br />
<strong>de</strong>s sportlichen Erfolgs unmöglich,<br />
o<strong>de</strong>r schlimmer unnötig, ist, da sie sowieso<br />
nicht eingehalten wer<strong>de</strong>n kann. Ursächlich für<br />
diese Verhaltensweise ist aus Sicht <strong>de</strong>s Autors<br />
ein Missverständnis im Hinblick auf die Be<strong>de</strong>utung<br />
<strong>de</strong>r Planung. Zu oft wird diese im<br />
Sinne eines Budgets verstan<strong>de</strong>n, an welches<br />
sich die Han<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n nach Erarbeitung „sklavisch“<br />
zu orientieren haben. Der Autor ist <strong>de</strong>r<br />
Überzeugung, dass ein Verständnis von Planung<br />
als die gedankliche Vorwegnahme und<br />
das Durchspielen verschie<strong>de</strong>ner Szenarien,<br />
ähnlich wie es die Besatzung von Schiffen und<br />
Flugzeugen für <strong>de</strong>n Ernstfall probt, zweckmäßiger<br />
ist. Ziel <strong>de</strong>r Planung sollte es sein, die<br />
Konsequenzen verschie<strong>de</strong>ner Entwicklungen<br />
möglichst weit im Vorhinein abschätzen zu<br />
können, um für <strong>de</strong>n Falle ihres Eintritts Handlungssicherheit<br />
zu gewinnen.<br />
Im Normalfall ist es möglich, <strong>de</strong>n sportlichen<br />
Erfolg <strong>de</strong>r Mannschaft in einer wahrscheinlichen<br />
Bandbreite anzugeben. Problematisch<br />
dabei ist nicht unbedingt das Verfehlen<br />
<strong>de</strong>s Ziels um ein o<strong>de</strong>r zwei Tabellenplätze.<br />
Zwar hängen nahezu alle Erlösströme mehr<br />
o<strong>de</strong>r min<strong>de</strong>r vom sportlichen Erfolg ab, also die<br />
Ticket- und Merchandisingeinnahmen, die TV-<br />
Einnahmen aus <strong>de</strong>r Zentralvermarktung <strong>de</strong>r<br />
Fernsehrechte und die Sponsoren- und Werbeeinnahmen.<br />
Akut spürbar wird diese Abhängigkeit<br />
allerdings nur in bestimmten Sphären <strong>de</strong>r<br />
Tabelle. So macht es einen Unterschied, ob sich<br />
eine Mannschaft für die Europa League o<strong>de</strong>r für<br />
die Champions League qualifiziert. Die Konsequenzen<br />
zwischen Abstieg und Nichtabstieg<br />
sind für die betroffenen Clubs erheblich, teilweise<br />
existenzbedrohend.<br />
Um diese negativen Effekte zu vermei<strong>de</strong>n, gehen<br />
die Clubs hohe Risiken ein. Gera<strong>de</strong> Teams,<br />
die <strong>de</strong>m Abstiegsgespenst entfliehen wollen,<br />
neigen mitunter zu „Kurzschlussreaktionen“.<br />
Die Entlassung <strong>de</strong>s Trainers mit einer<br />
entsprechen<strong>de</strong>n Abfindung o<strong>de</strong>r die Verpflichtung<br />
teurer Spieler in <strong>de</strong>r Winterpause sollen<br />
<strong>de</strong>n drohen<strong>de</strong>n Gang in die Zweit- o<strong>de</strong>r Drittklassigkeit<br />
mit allen Mitteln verhin<strong>de</strong>rn. Im<br />
sportlichen Wettbewerb <strong>de</strong>r Clubs entstehen<br />
somit <strong>de</strong>r Drang zur Hyperaktivität und die<br />
latente Gefahr <strong>de</strong>r Überinvestition in die Spielstärke<br />
<strong>de</strong>s Teams.<br />
Theoretische Überlegungen zu diesem Phänomen<br />
wur<strong>de</strong>n bereits 1979 von Akerlof angestellt.<br />
Er führte hierfür <strong>de</strong>n Begriff <strong>de</strong>s „rat<br />
race“ in die ökonomische Literatur ein. 4<br />
Grundlage war das im Labor beobachtbare<br />
Verhalten von Ratten, die im Rennen um ein<br />
Stück Käse ihre Geschwindigkeit bis hin zur<br />
Gefährdung <strong>de</strong>r eigenen Gesundheit erhöhten,<br />
ohne dass dieser zusätzlichen Energieinvestition<br />
eine zusätzliche Belohnung in Form eines<br />
wachsen<strong>de</strong>n Stücks Käse gegenüberstand.<br />
Charakteristisch für diese Wettbewerbssituationen<br />
ist, dass die Entlohnung eines Akteurs<br />
ausschließlich von seinem Rang in einem<br />
direkten Leistungsvergleich mit seinen<br />
Konkurrenten abhängt. Weiterhin kennzeichnend<br />
ist, dass <strong>de</strong>r zu erringen<strong>de</strong> Preis in <strong>de</strong>r<br />
Regel klar <strong>de</strong>finiert ist und im Hinblick auf <strong>de</strong>n<br />
steigen<strong>de</strong>n Einsatz unterproportional o<strong>de</strong>r<br />
überhaupt nicht anwächst. 5 Weitere wesentliche<br />
Voraussetzung ist das Vorliegen von Informations<strong>de</strong>fiziten<br />
bei <strong>de</strong>n beteiligten Akteuren,<br />
so dass diese nur begrenzt rational han<strong>de</strong>ln<br />
können.<br />
Eskalationsför<strong>de</strong>rnd wirken sich bei Rattenrennen<br />
hohe Belohnungsunterschie<strong>de</strong> zwischen<br />
einzelnen Rängen aus. Ist <strong>de</strong>r Unterschied<br />
zwischen Entlohnungsstufen sehr <strong>de</strong>utlich, so<br />
besteht bei Rattenrennen ein individuell hoher<br />
Anreiz, die eigene Intensität überproportional<br />
zu steigern, um die nächsthöhere Belohnungsstufe<br />
zu erreichen bzw. die nächstniedrigere<br />
zu vermei<strong>de</strong>n. 6 Unter Belohnung dürfen dabei<br />
nicht nur monetäre Mittel verstan<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n.<br />
Eskalationsför<strong>de</strong>rnd wirken sich beispielsweise
CM November / Dezember 2012<br />
Abb. 5: I<strong>de</strong>altypischer Zu- und Abfluss liqui<strong>de</strong>r Mittel während einer Spielzeit<br />
ein hoher Machtzuwachs durch das Erreichen<br />
eines besseren Ranges o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Zuwachs an<br />
Prestige und öffentlicher Wahrnehmung aus,<br />
wie sie z. B. ein <strong>de</strong>utscher Meistertitel mit sich<br />
bringt. 7<br />
Teamsportwettbewerbe sind Rennen mit<br />
einer hohen Intensität. Die Intensität wird<br />
geför<strong>de</strong>rt durch:<br />
1. die hohe Transparenz <strong>de</strong>r Leistung, die<br />
je<strong>de</strong>n Spieltag anhand <strong>de</strong>r Tabelle abzulesen<br />
ist;<br />
2. die hohen Belohnungsunterschie<strong>de</strong> zwischen<br />
<strong>de</strong>n ersten Rängen (Meisterschaft,<br />
Teilnahme an internationalen Wettbewerben),<br />
<strong>de</strong>n mittleren und <strong>de</strong>n letzten Plätzen,<br />
wo die Gefahr <strong>de</strong>s Abstiegs und damit <strong>de</strong>r<br />
Verlust eines Teils <strong>de</strong>r ligaspezifischen Investitionen<br />
droht;<br />
3. die Eigenschaft von Meisterschaftsrennen<br />
als natürliches Monopol; da es nur „ein Rennen“<br />
um die nationale Meisterschaft gibt,<br />
können Akteure nicht auf ein an<strong>de</strong>res Wettbewerbsfeld<br />
ausweichen, wie dies zum Beispiel<br />
in Rennen um Beför<strong>de</strong>rungen in einem<br />
Konzern, durch <strong>de</strong>n Wechsel <strong>de</strong>s Unternehmens<br />
möglich wäre;<br />
4. die liberalen Regeln auf <strong>de</strong>n Spielertransfermärkten,<br />
die einen regen Austausch<br />
von Spielern för<strong>de</strong>rn;<br />
5. die hohe Fluktuation, insbeson<strong>de</strong>re <strong>de</strong>r<br />
sportlich Verantwortlichen, die in <strong>de</strong>r Regel<br />
die Konsequenzen einer schlechten Einkaufspolitik<br />
nur bis zu ihrer Entlassung<br />
tragen müssen sowie<br />
6. das gesteigerte öffentliche Interesse an<br />
Teamsportwettbewerben, insbeson<strong>de</strong>re auf<br />
<strong>de</strong>r höchsten nationalen Ligaebene, und das<br />
Prestige, welches mit <strong>de</strong>m Gewinn <strong>de</strong>r Meisterschaft<br />
verbun<strong>de</strong>n ist. 8<br />
Diese theoretischen Überlegungen erklären,<br />
warum es für die Clubmanager so „verlockend“<br />
ist, riskante Kurzschlussentscheidungen zu<br />
treffen, um vielleicht doch noch die internationalen<br />
Wettbewerbe zu erreichen o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Abstieg<br />
zu vermei<strong>de</strong>n. Damit wer<strong>de</strong>n oft die<br />
langfristigen Zielsetzungen gefähr<strong>de</strong>t o<strong>de</strong>r<br />
gänzlich „über Bord“ geworfen.<br />
Um die negativen Effekte <strong>de</strong>s Positionsrennens<br />
abzumil<strong>de</strong>rn, sind die regulatorischen Eingriffe<br />
<strong>de</strong>r Verbän<strong>de</strong> gefragt. Das wichtigste Instrument<br />
hierfür in Deutschland ist das bereits beschriebene<br />
Lizenzierungsverfahren <strong>de</strong>s Ligaverbands.<br />
Weitere Instrumente, die immer<br />
wie<strong>de</strong>r diskutiert bzw. in an<strong>de</strong>ren Sportarten,<br />
vor allem in Nordamerika zum Einsatz kommen,<br />
sind Begrenzungen <strong>de</strong>r Spielergehälter (sogenannte<br />
Salary Caps), die Abschaffung <strong>de</strong>s<br />
sportlichen Abstiegs, wie im <strong>de</strong>utschen Eishockey,<br />
o<strong>de</strong>r Regeln für <strong>de</strong>n Transfer von Spielern.<br />
All diese Regelungen haben spezifische<br />
Vor- und Nachteile. Ihr Einsatz und ihre Kombination<br />
müssen wohl überlegt und austariert<br />
erfolgen, um das verletzliche Gleichgewicht<br />
im sportlichen Wettbewerb nicht zu zerstören.<br />
Wirtschaftliche Ziele – o<strong>de</strong>r ist Gewinn<br />
ein primäres Ziel im Fußball?<br />
Direkt mit <strong>de</strong>m sportlichen Erfolg <strong>de</strong>s Teams ist<br />
<strong>de</strong>r wirtschaftliche Erfolg eines Vereins verknüpft.<br />
Wirtschaftlicher Erfolg kann in <strong>de</strong>n Kategorien<br />
Sicherung <strong>de</strong>r Liquiditätsbasis, Erzielung<br />
eines Jahresüberschusses o<strong>de</strong>r Steigerung<br />
<strong>de</strong>r Umsatzerlöse ausgedrückt wer<strong>de</strong>n. In<br />
<strong>de</strong>r ökonomischen Literatur zum Management<br />
von Profifußballclubs und <strong>de</strong>r Diskussion in <strong>de</strong>n<br />
Medien wird die Gewinnerzielungsabsicht,<br />
39
Nachhaltige Zielverfolgung im professionellen Fußball<br />
40<br />
wenn nicht direkt als solches ausgegeben, zumin<strong>de</strong>st<br />
aber implizit, als primäres ökonomisches<br />
Ziel unterstellt. Der Autor ist <strong>de</strong>r Überzeugung,<br />
dass diese Sichtweise geprägt von<br />
<strong>de</strong>r klassischen Betriebswirtschaft und für die<br />
meisten Clubs unzutreffend ist.<br />
Aus ihrer Tradition als gemeinnützige Vereine,<br />
ihren Organisations- (vor allem <strong>de</strong>n<br />
Rechtsformen) und Eigentümerstrukturen (mittelbar<br />
o<strong>de</strong>r unmittelbar „gehören“ die Clubs in<br />
<strong>de</strong>r Regel ihren Mitglie<strong>de</strong>rn) sowie <strong>de</strong>m originären<br />
Wettbewerbsmo<strong>de</strong>ll, welches auf die<br />
Maximierung <strong>de</strong>s sportlichen Erfolgs ausgerichtet<br />
ist, ergibt sich kein unmittelbarer<br />
Zwang, positive monetäre Renditen zu erwirtschaften<br />
und diese an die Eigentümer<br />
auszuschütten. Das Management <strong>de</strong>r Clubs<br />
wird nicht daran gemessen! Selbst <strong>de</strong>r Deutsche<br />
Meister Borussia Dortmund, <strong>de</strong>r seit<br />
2000 als einziger <strong>de</strong>utscher Verein an <strong>de</strong>r Börse<br />
gelistet ist, hat bisher noch nie eine Divi<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />
an seine Aktionäre gezahlt! Unzweifelhaft ist<br />
allerdings, dass ein nachhaltig erfolgreiches<br />
Wirtschaften die Potenz eines Clubs steigert,<br />
um in <strong>de</strong>n Lizenzspielerka<strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r die Infrastruktur<br />
zu investieren. Der Rekordmeister Bayern<br />
München liefert hierfür das eindrucksvollste<br />
Beispiel. Dem bayrischen Club ist es<br />
gelungen, durch nachhaltiges Management<br />
unter <strong>de</strong>r Ägi<strong>de</strong> von Uli Hoeneß, in <strong>de</strong>n letzten<br />
dreißig Jahren einen profitablen Fußballkonzern<br />
aufzubauen, <strong>de</strong>r regelmäßig<br />
„schwarze Zahlen schreibt“.<br />
Die primäre wirtschaftliche Zielsetzung <strong>de</strong>r<br />
meisten Clubs ist die kurz- und mittelfristige<br />
Sicherung einer ausreichen<strong>de</strong>n Liquiditätsbasis.<br />
Wie Negativbeispiele <strong>de</strong>r letzten Jahre (Arminia<br />
Bielefeld, Alemannia Aachen, 1860 München)<br />
zeigen, ist eine belastbare Liquiditätsplanung<br />
eines <strong>de</strong>r Hauptprobleme <strong>de</strong>r<br />
Clubs. Die Ursachen hierfür sind, neben einer<br />
im Vergleich zum Umsatz geringen Ressourcenausstattung<br />
<strong>de</strong>r Finanz- und Controllingabteilungen,<br />
im Businessmo<strong>de</strong>ll <strong>de</strong>r Fußballbranche<br />
zu suchen. Abbildung 5 zeigt <strong>de</strong>n<br />
i<strong>de</strong>altypischen Cash-Zu-/Abfluss während einer<br />
Spielzeit.<br />
Beginnend im Juni bis En<strong>de</strong> August eines Jahres<br />
gehen <strong>de</strong>n Clubs die Einnahmen aus Dauerkarten,<br />
Logen- und VIP-Tickets sowie <strong>de</strong>r<br />
Großteil <strong>de</strong>r Sponsorengel<strong>de</strong>r für die kommen<strong>de</strong><br />
Spielzeit zu. Allein <strong>de</strong>r Verkauf <strong>de</strong>r Dauerkarten<br />
spült, in Abhängigkeit <strong>de</strong>r Gegebenheiten<br />
<strong>de</strong>s einzelnen Clubs, bereits zu Beginn<br />
<strong>de</strong>r Saison bis zu zwei Drittel <strong>de</strong>r Ticketeinnahmen<br />
in die Kasse. Bei <strong>de</strong>n Sponsorengel<strong>de</strong>rn<br />
sind Ratenzahlungen nur für Haupt- und<br />
wenige Großsponsoren zu Beginn <strong>de</strong>r Hin- und<br />
Rückrun<strong>de</strong> die Regel. Über die Saison verteilt<br />
fließen als regelmäßige Cashzuflüsse hauptsächlich<br />
die vier Raten aus <strong>de</strong>r Zentralvermarktung<br />
<strong>de</strong>r TV-Einnahmen, die Einnahmen aus<br />
<strong>de</strong>m Verkauf <strong>de</strong>r Tagestickets sowie die Umsätze<br />
an Spieltagen aus <strong>de</strong>m Public Catering und<br />
<strong>de</strong>m Verkauf von Fanartikeln.<br />
Ist die „Kriegskasse“ zu Beginn <strong>de</strong>r Spielzeit<br />
or<strong>de</strong>ntlich gefüllt, so wird diese schnell geleert<br />
durch die Zahlung <strong>de</strong>r Transferraten aus <strong>de</strong>n<br />
Sommertransfers und für die Honorare <strong>de</strong>r<br />
Spielerberater, die oft im September/Oktober<br />
fällig wer<strong>de</strong>n. Während ein Großteil <strong>de</strong>r Einzahlungen,<br />
wie oben beschrieben, punktuell erfolgt,<br />
ist <strong>de</strong>r Großteil <strong>de</strong>r Auszahlungen über die<br />
Spielzeit verteilt. Die Auszahlungen für Spielergehälter,<br />
Punkt- und Einsatzprämien sowie die<br />
Unterhaltung <strong>de</strong>s Stadions führen zu einem<br />
kontinuierlichen Abfluss liqui<strong>de</strong>r Mittel in <strong>de</strong>n<br />
Folgemonaten. Diese Asynchronität <strong>de</strong>r Mittelzu-<br />
und abflüsse und die Schwierigkeit<br />
<strong>de</strong>r Planbarkeit <strong>de</strong>s sportlichen Erfolgs machen<br />
eine Liquiditätsplanung im Profifußball<br />
beson<strong>de</strong>rs herausfor<strong>de</strong>rnd. Die Clubs<br />
müssen quasi weit vor Beginn <strong>de</strong>r Saison über<br />
eine <strong>de</strong>taillierte integrierte Planung verfügen<br />
und dann die Disziplin aufbringen, sich – vor<br />
allem während <strong>de</strong>r ersten Transferperio<strong>de</strong> –<br />
daran zu halten.<br />
Beson<strong>de</strong>rs zu Beginn <strong>de</strong>r Spielzeit ist die Versuchung<br />
naturgemäß beson<strong>de</strong>rs groß die Liquiditätsbasis<br />
für die gesamte Spielzeit zu erodieren.<br />
Wenn die Konten übervoll, vielversprechen<strong>de</strong><br />
Spieler auf <strong>de</strong>m Transfermarkt zu haben sind,<br />
die Spielerberater sich in <strong>de</strong>n Vorstandsetagen<br />
die Klinke in die Hand geben und die Konkurrenten<br />
in <strong>de</strong>r Liga fleißig auf Einkaufstour gehen,<br />
bedarf es entsprechen<strong>de</strong>r Instrumente<br />
und Disziplin, um zu vermei<strong>de</strong>n, dass die sportliche<br />
Leitung Transfers tätigt, die bereits zu Beginn<br />
<strong>de</strong>r Spielzeit die Saisonbudgets über <strong>de</strong>n<br />
<strong>Haufe</strong>n werfen. Die Konsequenzen einer verfehlten<br />
Einkaufspolitik wer<strong>de</strong>n regelmäßig im<br />
April und Mai <strong>de</strong>s Folgejahres sichtbar, wenn<br />
die sportlichen Ziele nicht erreicht wur<strong>de</strong>n und<br />
die finanziellen Spielräume zur Begleichung <strong>de</strong>r<br />
Personalkosten und offener Rechnungen stark<br />
eingeschränkt sind.<br />
Eine Möglichkeit, sich vom sportlichen Erfolg<br />
unabhängiger zu machen und laufen<strong>de</strong> Liquiditätszuflüsse<br />
über die Spielzeit zu generieren,<br />
besteht in <strong>de</strong>r Ausweitung <strong>de</strong>s Geschäftsmo<strong>de</strong>lls<br />
<strong>de</strong>r Clubs in sportnahe Geschäftsbereiche.<br />
Hierdurch soll ein nachhaltiges Umsatzwachstum<br />
erzielt wer<strong>de</strong>n. Klassisch sind<br />
das Angebot gastronomischer Einrichtungen in<br />
und um die Spielstätte sowie <strong>de</strong>r Einstieg in das<br />
Geschäft mit Groß- und Kleinveranstaltungen,<br />
wie Konferenzen, Messen und Konzerte. Die<br />
Gründung eigener Gesundheits- und Rehabilitationszentren<br />
sowie <strong>de</strong>r Einstieg in die Produktion<br />
von Sport- und Freizeitmo<strong>de</strong> – neben <strong>de</strong>m<br />
klassischen Merchandising – stellen weitere<br />
naheliegen<strong>de</strong> Geschäftsfel<strong>de</strong>r dar. Bisher ist<br />
dabei eine wirkliche, nachhaltige Verbreiterung<br />
<strong>de</strong>s Geschäftsmo<strong>de</strong>lls nur in wenigen Fällen<br />
überzeugend gelungen.<br />
Soziale Zielsetzungen<br />
Sozialen Zielen kommt in <strong>de</strong>r Clubrealität eine<br />
hohe Be<strong>de</strong>utung zu. Zumin<strong>de</strong>st je<strong>de</strong>r eingetragene<br />
Verein ist laut Satzung zur För<strong>de</strong>rung<br />
<strong>de</strong>s Gemeinwohls und <strong>de</strong>r sportlichen<br />
Aktivität seiner Mitglie<strong>de</strong>r verpflichtet. Die<br />
Leistungszentren <strong>de</strong>r Clubs för<strong>de</strong>rn das Sozialverhalten<br />
<strong>de</strong>r Jugendlichen und die Integration<br />
von Menschen mit Migrationshintergrund. Fanprojekte<br />
und -initiativen kümmern sich um sozial<br />
schwächer gestellte Anhänger. Menschen<br />
mit Behin<strong>de</strong>rungen wer<strong>de</strong>n spezielle Sitzplätze<br />
und audiovisuelle Hilfen beim Besuch <strong>de</strong>s<br />
Spiels angeboten.<br />
Überlegungen zu Zielbeziehungen<br />
Komplex wird das Thema Zielsetzungen im professionellen<br />
Sport, wenn die Beziehungen zwischen<br />
<strong>de</strong>n Zielen diskutiert wer<strong>de</strong>n. Wie hier<br />
bereits angeklungen, geht es darum, das Zieldreieck<br />
aus sportlichen, wirtschaftlichen und<br />
sozialen Zielsetzungen vor <strong>de</strong>m Hintergrund <strong>de</strong>r<br />
langfristigen Existenzsicherung auszutarieren
CM November / Dezember 2012<br />
Abb. 6: Ein fiktives Zielsystem eines Fußballclubs<br />
und in ein ausgewogenes Gleichgewicht zu<br />
bringen. Der Argumentation aus <strong>de</strong>n vorangegangenen<br />
Abschnitten folgend wird hierbei<br />
in <strong>de</strong>r Regel die sportliche Zielsetzung die<br />
Führungsrolle im Zielsystem übernehmen. Um<br />
es noch einmal ganz <strong>de</strong>utlich zu machen: Dies<br />
ist vor <strong>de</strong>m Hintergrund <strong>de</strong>s Businessmo<strong>de</strong>lls<br />
<strong>de</strong>r Sportbranche durchaus legitim und nicht<br />
zu kritisieren. Letztlich wird es darum gehen,<br />
nachhaltig <strong>de</strong>n maximalen sportlichen<br />
Erfolg mit <strong>de</strong>n zur Verfügung stehen<strong>de</strong>n<br />
Mitteln zu erreichen.<br />
Genau diese Einschränkung führt uns zu <strong>de</strong>n<br />
bei<strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Zielkategorien. Nachhaltiger<br />
sportlicher Erfolg wird nur zu erreichen sein,<br />
wenn <strong>de</strong>r Verein auf einer soli<strong>de</strong>n wirtschaftlichen<br />
Basis steht. Kurz- und mittelfristig ist die<br />
Erzielung eines ausgeglichenen wirtschaftlichen<br />
Ergebnisses ausreichend, wenn die sportlichen<br />
Zielvorgaben realisiert wer<strong>de</strong>n können. Gelingt<br />
es mittel- und langfristig Überschüsse im operativen<br />
Geschäft zu erwirtschaften, können diese<br />
in die Infrastruktur und die Lizenzspielermannschaft<br />
investiert wer<strong>de</strong>n. Im I<strong>de</strong>alfall werfen<br />
diese Investments ebenfalls positive Renditen,<br />
bspw. durch eine bessere Vermarktung <strong>de</strong>r<br />
Spielstätte o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Durchbruch von Spielern<br />
aus <strong>de</strong>r eigenen Jugend, ab. Soziales Engagement<br />
<strong>de</strong>r Clubs sichert die Unterstützung <strong>de</strong>r<br />
Fanbasis, die Verankerung <strong>de</strong>s Vereins in seiner<br />
Region und <strong>de</strong>n Zugang zu Talenten.<br />
Im Normalfall herrscht zwischen <strong>de</strong>n unterschiedlichen<br />
Zielkategorien also Zielkomplementarität.<br />
Grundsätzlich gilt, umso<br />
sportlich erfolgreicher ein Club, umso stärker<br />
steigen die Einnahmen aus <strong>de</strong>r TV-Vermarktung,<br />
<strong>de</strong>m Ticketing und Sponsoring. Gleichzeitig<br />
wachsen die Handlungsspielräume, um<br />
Investitionen in die Infrastruktur und soziale<br />
Projekte zu tätigen. Abhängig von <strong>de</strong>n Rahmenbedingungen<br />
<strong>de</strong>s jeweiligen Clubs ist allerdings<br />
irgendwann ein Punkt erreicht, wo höhere Einnahmen<br />
die notwendigen höheren Ausgaben<br />
für zusätzlichen sportlichen Erfolg nicht mehr<br />
<strong>de</strong>cken! An diesem Punkt wechselt die Komplementarität<br />
<strong>de</strong>r Ziele in eine partielle Zielkonkurrenz.<br />
Wird diese Entwicklung nicht früh genug<br />
erkannt und korrigiert, so setzt <strong>de</strong>r Verein im<br />
Extremfall seine Existenz aufs Spiel. Die Crux<br />
dabei ist, dass <strong>de</strong>r Punkt, an <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r positive<br />
Entwicklungspfad verlassen wird, in <strong>de</strong>r Regel<br />
nicht genau i<strong>de</strong>ntifiziert wer<strong>de</strong>n kann. Sei es<br />
<strong>de</strong>r etwas zu teure Transfer eines talentierten<br />
Spielers, <strong>de</strong>r die Erwartungen nicht erfüllt,<br />
o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Bau eines neuen Stadions,<br />
welches hinsichtlich seiner Vermarktbarkeit<br />
o<strong>de</strong>r Kapazitätsauslastung nicht die erwünschten<br />
Ergebnisse erzielt. Steht zu<strong>de</strong>m eine charismatische<br />
Führungspersönlichkeit an <strong>de</strong>r Spitze<br />
<strong>de</strong>s Clubs, die in <strong>de</strong>r Vergangenheit erfolgreiche<br />
Entscheidungen getroffen hat, so wer<strong>de</strong>n<br />
kritische Stimmen in <strong>de</strong>r Regel so lange<br />
ausgeblen<strong>de</strong>t, bis die Krise für alle, insbeson<strong>de</strong>re<br />
die mediale Öffentlichkeit augenscheinlich<br />
wird. Die einsetzen<strong>de</strong> Abwärtsspirale nimmt<br />
dann oft eine Dynamik an, die nur schwer zu<br />
durchbrechen ist. Symptome hierfür sind <strong>de</strong>r<br />
teure und wie<strong>de</strong>rholte Austausch <strong>de</strong>r sportlich<br />
Verantwortlichen, hektische Betriebsamkeit auf<br />
<strong>de</strong>m Transfermarkt, <strong>de</strong>r ständige Wechsel von<br />
Taktik und Spielphilosophie sowie die Erosion<br />
<strong>de</strong>s Vereinsimages und <strong>de</strong>r emotionalen Bindung<br />
<strong>de</strong>r Fans. 9<br />
Die vorstehen<strong>de</strong>n Aussagen beziehen sich<br />
primär auf die Beziehung zwischen <strong>de</strong>r sportlichen<br />
und ökonomischen Zieldimension. Analoge,<br />
allerdings in <strong>de</strong>r Realität selten zu beobachten<strong>de</strong><br />
Zielkonflikte sind auch in <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren<br />
Richtungen <strong>de</strong>s Dreiecks vorstellbar. So<br />
kann eine Überbetonung <strong>de</strong>r wirtschaftlichen<br />
Zielsetzungen bspw. durch <strong>de</strong>n Einsatz<br />
von billigen Spielern dazu führen, dass<br />
die sportlichen Ziele nicht zu realisieren<br />
sind und <strong>de</strong>r Club in die Be<strong>de</strong>utungslosigkeit<br />
unterer Ligen verschwin<strong>de</strong>t. Kürzungen<br />
<strong>de</strong>r Subventionen für soziale Projekte können<br />
durch Fanrandale im Stadion zu Strafzahlungen<br />
41
Nachhaltige Zielverfolgung im professionellen Fußball<br />
42<br />
und Verlust <strong>de</strong>s Fanzuspruchs führen. Im Gegenzug<br />
kann eine einseitige Fokussierung auf<br />
die sozialen Ziele das Potenzial für Investitionen<br />
in die Infrastruktur und <strong>de</strong>n Lizenzspielerka<strong>de</strong>r<br />
schmälern.<br />
Letztlich wird es für die Verantwortlichen eines<br />
Clubs darauf ankommen, eine klare Zielvorstellung<br />
zu entwickeln und ein zwischen <strong>de</strong>n<br />
verschie<strong>de</strong>nen Zielkategorien ausgewogenes<br />
Zielsystem zu formulieren. Abbildung 6 zeigt<br />
ein fiktives Beispiel einer vorstellbaren „Ziellandkarte“,<br />
in welcher mögliche Zielbeziehungen<br />
<strong>de</strong>utlich gemacht wur<strong>de</strong>n.<br />
Thesen zur Zielbildung im Fußball<br />
Wie so oft kommt es auch bezüglich <strong>de</strong>r<br />
Zielbildung im Fußball auf die richtige Balance<br />
an. Mit <strong>de</strong>r sportlichen Zieldimension<br />
kommt dabei im Vergleich zu Wirtschaftsunternehmen<br />
eine schwer zu kalkulieren<strong>de</strong> Größe<br />
hinzu, ohne die allerdings das Produkt Bun<strong>de</strong>sliga<br />
unattraktiv wäre. Die ständige öffentliche<br />
Diskussion von Entscheidungen und Resultaten<br />
erschwert eine nachhaltige Zielverfolgung.<br />
Anstelle einer Zusammenfassung <strong>de</strong>r aufgeführten<br />
Argumente schließt <strong>de</strong>r Artikel mit<br />
9 Thesen zur Zielbildung im Profi fußball:<br />
1) Zieldiskussion und die Vorgabe von Zielen<br />
sind die vordringlichste Aufgabe <strong>de</strong>r Clubverantwortlichen.<br />
2) Das Zielsystem eines Clubs ist mit <strong>de</strong>n Mitarbeitern,<br />
<strong>de</strong>n Mitglie<strong>de</strong>rn, <strong>de</strong>n Fans und<br />
Sponsoren offen zu diskutieren. Damit können<br />
Erwartungen gesteuert und ein sensibles<br />
Korrektiv geschaffen wer<strong>de</strong>n, welches<br />
im I<strong>de</strong>alfall dazu führt, negative Abweichungen<br />
von <strong>de</strong>n verfolgten Zielen früh zu<br />
erkennen und anzusprechen.<br />
3) Das Zielsystem ist in untergeordnete Teilzielsysteme<br />
für die Abteilungen und je<strong>de</strong>n einzelnen<br />
Mitarbeiter herunterzubrechen. Die<br />
Zielerreichung ist auf <strong>de</strong>r Zeitachse zu terminieren.<br />
Meilensteine sind zu i<strong>de</strong>ntifizieren,<br />
die es ermöglichen, <strong>de</strong>n Stand <strong>de</strong>r Zielumsetzung<br />
abzuschätzen. Maßnahmen sind<br />
zu <strong>de</strong>finieren, die zum Zwecke <strong>de</strong>r Zielerreichung<br />
zu realisieren sind.<br />
4) Zielsysteme sind so zu formulieren, dass sie<br />
<strong>de</strong>n Austausch <strong>de</strong>s Führungspersonals<br />
„überdauern“. Das Zielsystem und die daraus<br />
abgeleitete Spielphilosophie sollten als<br />
Leitplanken dienen, um dazu kompatibles<br />
Führungspersonal, welches sich mit <strong>de</strong>n<br />
Zielen <strong>de</strong>s Clubs i<strong>de</strong>ntifiziert, auszuwählen.<br />
5) Die Clubführung und ihr Kontrollgremium<br />
müssen Instrumente und Systeme <strong>de</strong>r Früherkennung<br />
implementieren, die schwache<br />
Signale aufnehmen und verstärken, so dass<br />
<strong>de</strong>r Zeitraum, in <strong>de</strong>m die Gefahr einer beginnen<strong>de</strong>n<br />
Zielkonkurrenz entsteht, früh erkannt<br />
und Gegenmaßnahmen ergriffen wer<strong>de</strong>n<br />
können.<br />
6) Die Implementierung eines geeigneten Controllingsystems<br />
muss gewährleisten, dass<br />
über die Etablierung von Plan-Ist-Vergleichen<br />
<strong>de</strong>r Zielerreichungsgrad regelmäßig<br />
evaluiert wird. Das Controlling muss geeignete,<br />
<strong>de</strong>m Geschäftsmo<strong>de</strong>ll angepasste<br />
Kennzahlen entwickeln, anhand <strong>de</strong>rer die<br />
Clubs gesteuert wer<strong>de</strong>n können. Ein Schwerpunkt<br />
sollte hierbei auf <strong>de</strong>r Liquiditätsplanung<br />
und -kontrolle liegen.<br />
7) Mittels <strong>de</strong>r Implementierung eines leistungsfähigen<br />
Planungssystems sind worst-, bestund<br />
real-case Szenarien und mögliche Handlungsoptionen<br />
im Führungsteam durchzuspielen,<br />
so dass bei Eintreten eines Szenarios Handlungssicherheit<br />
<strong>de</strong>monstriert wer<strong>de</strong>n kann.<br />
8) Die Clubführung muss eine Kultur <strong>de</strong>r offenen<br />
und konstruktiven Kritik schaffen, die<br />
negative Entwicklungen in <strong>de</strong>n operativen<br />
Geschäftsbereichen schnell an die Vereinsführung<br />
kommuniziert.<br />
9) Beson<strong>de</strong>re Sorgfalt ist in die Planung von<br />
Großprojekten, wie <strong>de</strong>m Stadion(um)bau<br />
o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Transfer eines Starspielers, die bei<br />
ihrem Scheitern die Existenz <strong>de</strong>s Vereins<br />
o<strong>de</strong>r nachhaltig die Balance im Zieldreieck<br />
gefähr<strong>de</strong>n, zu legen. Oft dominiert hier die<br />
Mentalität, dass es „noch immer gut gegangen<br />
ist“ und dass im Zweifel ein Sponsor<br />
o<strong>de</strong>r ein an<strong>de</strong>rer Investor als Retter in <strong>de</strong>r<br />
Not auftauchen wird. Vor <strong>de</strong>m Hintergrund<br />
klammer öffentlicher Kassen und einer zunehmend<br />
kritischen Öffentlichkeit nimmt die<br />
Bereitschaft ab, unprofessionelle Fußballclubs<br />
vor <strong>de</strong>m drohen<strong>de</strong>n Exodus zu retten.<br />
Neben <strong>de</strong>n Clubverantwortlichen sind die<br />
oben aufgeführten Thesen an die Controller<br />
in <strong>de</strong>n Clubs gerichtet. Ihre Aufgabe ist es,<br />
eine clubindividuelle „Zielsysteminfrastruktur“<br />
zu entwickeln, die <strong>de</strong>n gesamten<br />
Prozess <strong>de</strong>r Zielbildung, Zielentscheidung und<br />
-umsetzung dokumentiert. Mit geeigneten Instrumenten<br />
müssen die Controller <strong>de</strong>n Zielerreichungsgrad<br />
„messbar“ machen. Hierfür sind<br />
die klassischen Controllinginstrumente, wenn<br />
überhaupt, nur bedingt geeignet. Mit <strong>de</strong>r wichtigen<br />
sportlichen und <strong>de</strong>r sozialen Zielkomponente<br />
ist das Zielsystem von Profifußballclubs<br />
komplex und facettenreich. Mit <strong>de</strong>m Fokus auf<br />
die sportlichen Ziele sind viele traditionelle<br />
Controllinginstrumente nicht kompatibel. Durch<br />
die Beson<strong>de</strong>rheiten <strong>de</strong>s Geschäftsmo<strong>de</strong>lls gelangen<br />
viele Tools im Hinblick auf ihre Flexibilität<br />
an ihre Grenzen. Aufgabe <strong>de</strong>s Controllings<br />
wird es sein, überzeugen<strong>de</strong> Varianten vorhan<strong>de</strong>ner<br />
und neuer Instrumente zu entwickeln und<br />
zu implementieren. Vor <strong>de</strong>m Hintergrund eines<br />
Sports, <strong>de</strong>r Millionen Zuschauer so viel be<strong>de</strong>utet,<br />
eine herausfor<strong>de</strong>rn<strong>de</strong> und spannen<strong>de</strong> Aufgabe.<br />
Kommen wir zurück zur Eingangsfrage, inwiefern<br />
es im Fußball unmöglich ist, Ziele nachhaltig<br />
zu verfolgen. Der Autor ist <strong>de</strong>r Überzeugung<br />
– und hofft durch die hier aufgeführte Argumentation<br />
auch <strong>de</strong>n Leser davon überzeugt zu<br />
haben –, dass die Frage falsch gestellt ist. Sie<br />
erweckt <strong>de</strong>n Eindruck einer Wahl zwischen <strong>de</strong>r<br />
Definition von Zielen und <strong>de</strong>m Verzicht auf ein<br />
Zielsystem. Warum es so schwierig ist, Ziele<br />
nachhaltig zu verfolgen, wur<strong>de</strong> ausführlich dargestellt.<br />
Ob <strong>de</strong>m professionellen Teamsport<br />
hierbei eine Son<strong>de</strong>rrolle auf Grund <strong>de</strong>r sportlichen<br />
Komponente im Vergleich zur Privatwirtschaft<br />
zukommt, kann an dieser Stelle nicht geklärt<br />
wer<strong>de</strong>n. Diesem Punkt wird aus Sicht <strong>de</strong>s<br />
Autors allerdings zu viel Be<strong>de</strong>utung in <strong>de</strong>r Diskussion<br />
eingeräumt. Die Kräfte, die in dieser<br />
Diskussion verschlissen wer<strong>de</strong>n, sollten besser<br />
in die Entwicklung geeigneter Instrumente, die<br />
die sportliche Komponente adäquat berücksichtigen,<br />
investiert wer<strong>de</strong>n. Fakt ist, dass es<br />
zur Entwicklung einer langfristigen Zielvorstellung<br />
und Suche geeigneter Wege zur<br />
Erreichung <strong>de</strong>r Ziele auch im Fußball keine<br />
Alternative gibt.
CM November / Dezember 2012<br />
Am Schluss dieses Beitrags soll ein Zitat stehen, welches Dr. Reinhard<br />
Rauball, <strong>de</strong>m amtieren<strong>de</strong>n Präsi<strong>de</strong>nten <strong>de</strong>s Ligaverbands, zugeschrieben<br />
wird: „Einen Bun<strong>de</strong>sliga-Verein aufzubauen, dauert sehr lange.<br />
Ihn zu ruinieren, geht von heute auf morgen.“<br />
Fußnoten<br />
1<br />
Vgl. DFL 2012.<br />
2<br />
Vgl. DFL 2012, S. 24.<br />
3<br />
Vgl. DFL 2012, S. 36.<br />
4<br />
Vgl. Akerlof 1979, Dietl, Franck 2000, S. 1159 und Franck, Müller<br />
Literaturverzeichnis<br />
Akerlof, George (1979): The Economics of Caste and of the Rat Race and<br />
other woeful Tales, The quarterly journal of economics. In: The quarterly<br />
journal of economics, Jg. 90, S. 599 - 617.<br />
DFL Deutsche Fußball Liga GmbH (2012): Bun<strong>de</strong>sliga Report 2012.<br />
Frankfurt am Main.<br />
Dietl, Helmut M.; Franck, Egon (2000): Effizienzprobleme in Sportligen<br />
mit gewinnmaximieren<strong>de</strong>n Kapitalgesellschaften. Eine mo<strong>de</strong>lltheoretische<br />
Untersuchung. In: Zeitschrift für Betriebswirtschaft - ZfB,<br />
Jg. 70, H. 10, S. 1157 - 1175.<br />
Dörnemann, Jörg (2002): Controlling für Profi-Sport-Organisationen.<br />
Dargestellt am Beispiel <strong>de</strong>r Deutschen Fußballbun<strong>de</strong>sliga. München: Vahlen<br />
(Controlling-Praxis).<br />
Dörnemann, Jörg; Kopp, Jens (2000): Mit Controlling an die Tabellenspitze?<br />
Eine kritisch-konstruktive Analyse <strong>de</strong>s Ausbaustan<strong>de</strong>s betriebswirtschaftlicher<br />
Steuerungsinstrumente in <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Fußballbun<strong>de</strong>sliga.<br />
In: Controller Magazin - CM, H. 6, S. 484 - 489.<br />
Franck, Egon; Müller, Jens Christian (2000): Problemstruktur, Eskalationsvoraussetzungen<br />
und eskalationsför<strong>de</strong>rn<strong>de</strong> Bedingungen sogenannter<br />
Rattenrennen. In: Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche<br />
Forschung - Zfbf, Jg. 52, S. 3 - 26.<br />
Haas, Oliver (2006): Controlling <strong>de</strong>r Fußballunternehmen. Management<br />
und Wirtschaft in Sportvereinen. 2., völlig neu bearbeitete und erweiterte<br />
Auflage. Berlin: Erich Schmidt Verlag.<br />
Keller, Christian (2008): Steuerung von Fußballunternehmen. Finanziellen<br />
und sportlichen Erfolg langfristig gestalten. Berlin: Schmidt (Kultur-<br />
Kommerz, 16).<br />
Keller, Christian; Langner, Volker; Amann, Tobias (2006): Controlling the<br />
Game. Status Quo <strong>de</strong>s Controllingwesens im <strong>de</strong>utschen Profifußball. In:<br />
Controlling & Management - ZfCM, Jg. 50, H. 1, S. 43 - 49.<br />
Kräkel, Matthias; Schauenberg, Bernd (1994): Rattenrennen und Beför<strong>de</strong>rungen.<br />
In: Wirtschaftwissenschaftliches Studium - WiSt, Jg. 23, H. 5,<br />
S. 224 - 230.<br />
Kurscheidt, Markus (2004): Stand und Perspektiven <strong>de</strong>r ökonomischen<br />
Forschung zum Fußball. Eine dogmenhistorische Annäherung. In: Hammann,<br />
Peter; Schmidt, Lars; Welling, Michael (Hg.): Ökonomie <strong>de</strong>s Fußballs.<br />
Grundlegungen aus volks- und betriebswirtschaftlicher Perspektive.<br />
Wiesba<strong>de</strong>n: Deutscher Universitäts-Verlag, S. 25 - 58.<br />
Lang, Joachim (2008): Corporate Governance <strong>de</strong>r Fußballunternehmen.<br />
Leitung, Überwachung und Interessen im Sportmanagement. Berlin:<br />
Erich Schmidt Verlag.<br />
2000, S. 3.<br />
5<br />
Vgl. Franck, Müller 2000, S. 3 bzw. 5-6, die als Beispiele die Vergabe politischer<br />
Mandate und <strong>de</strong>n Wettbewerb um neue Technologien anführen.<br />
Außer<strong>de</strong>m das Beispiel bei Kräkel, Schauenburg 1994, die Rattenrennen<br />
im Rahmen von hochkompetitiven Karrieresystemen, wie sie in Unternehmensberatungen<br />
und Wirtschaftskanzleien zu beobachten sind, untersuchen.<br />
6<br />
Vgl. hierzu Kräkel, Schauenburg 1994, S. 230, die im Hinblick auf die<br />
Gehälter von Top-Managern, dafür plädieren, die Kluft zwischen diesen<br />
und <strong>de</strong>m mittleren Management nicht zu groß zu dimensionieren, um<br />
Manager auf unteren Hierarchieebenen vor sich selbst zu schützen (Überarbeitung,<br />
Herzinfarkt etc.). Außer<strong>de</strong>m könnten durch eine Überdimensionierung<br />
<strong>de</strong>r Anreize Konkurrenten versucht sein unlautere Mittel<br />
(Sabotage, Korruption etc.) einzusetzen um sich durchzusetzen.<br />
7<br />
Franck, Müller 2000, S. 19-22.<br />
8<br />
Vgl. in Teilen Kurscheidt 2004, S. 50-51.<br />
9<br />
Vgl. zu <strong>de</strong>n Ausführungen auch Keller 2008, S. 53 f.<br />
43
Zeit zur Durchführung <strong>de</strong>r Jahresplanung und -budgetierung<br />
Zeit zur Durchführung <strong>de</strong>r Jahresplanung<br />
und -budgetierung<br />
Kennzahl <strong>de</strong>s Monats<br />
von Matthias Schmie<strong>de</strong>r<br />
In dieser Rubrik wird jeweils eine wichtige<br />
Kennzahl aus <strong>de</strong>m Bereich Finanzen und Controlling<br />
dargestellt. Dabei wird die Berechnung<br />
<strong>de</strong>r Kennzahl erläutert sowie auf die Be<strong>de</strong>utung<br />
<strong>de</strong>r Kennzahl hingewiesen. Die Höhe <strong>de</strong>s Wertes<br />
ist <strong>de</strong>r Benchmarkingdatenbank von<br />
APQC entnommen. APQC hat in <strong>de</strong>n letzten<br />
Jahren knapp 9.000 Benchmarks durchgeführt,<br />
60 % <strong>de</strong>r Fortune 100 Unternehmen<br />
haben daran teilgenommen. APQC ist strategischer<br />
Partner <strong>de</strong>s Benchmarking Center<br />
Europe.<br />
Umsätze, Kostenhöhe und Cash Flow sowie das<br />
Wachstum <strong>de</strong>s Unternehmens. Hier liegt die<br />
Basis für die monatlichen Plan-Vergleiche mit<br />
<strong>de</strong>r proaktiven Kostenkontrolle. Sie kann in<br />
Form einer Blockplanung o<strong>de</strong>r rollieren<strong>de</strong>r Planung<br />
erfolgen. Die Jahresplanung sollte die<br />
strategischen Pläne und Ziele reflektieren. Diese<br />
dient als Plattform für die regelmäßigen<br />
Business Meetings, in <strong>de</strong>nen das Management<br />
entschei<strong>de</strong>t, ob und welche taktischen<br />
Än<strong>de</strong>rungen zur Erreichung <strong>de</strong>s Planes notwendig<br />
sind.<br />
1. Formel für die Kennzahl<br />
Zeit vom Beginn bis zum Abschluss <strong>de</strong>r Planung<br />
und Budgetierung.<br />
2. Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Kennzahl<br />
Die Kennzahl beschreibt die Zeit, welche notwendig<br />
ist, um die Jahresplanung aufzustellen.<br />
Sie gibt Aufschluss darüber, wie effizient <strong>de</strong>r<br />
Planungsprozess ist.<br />
44<br />
Der Prozess <strong>de</strong>r periodischen Planung und<br />
Budgetierung unterstützt das Management<br />
bei <strong>de</strong>r Erreichung <strong>de</strong>r unternehmerischen<br />
Ziele. Dies beinhaltet sowohl die Annahmen für<br />
Abb. 1: Zeit in Tagen zur Erstellung <strong>de</strong>s Jahresbudgets<br />
Die Kennzahl „Zeit zur Durchführung <strong>de</strong>r Jahresplanung<br />
und -budgetierung” <strong>de</strong>finiert sich<br />
als die gesamte Zeit vom Beginn bis zum<br />
Abschluss <strong>de</strong>r Planung und Budgetierung.<br />
3. Interpretation <strong>de</strong>r Kennzahl<br />
Durch diese Kennzahl lassen sich Schwächen<br />
<strong>de</strong>r Planung und Budgetierung i<strong>de</strong>ntifizieren,<br />
die auf eine schlechte Effizienz <strong>de</strong>r Funktion<br />
„Planung und Budgetierung“ hin<strong>de</strong>uten. Der<br />
Prozess „Planung und Budgetierung“ umfasst<br />
die folgen<strong>de</strong>n Teilprozesse:<br />
· Ableitung <strong>de</strong>r Jahresplanung aus <strong>de</strong>r<br />
strategischen Planung / Mittelfristplanung<br />
· Aufstellung <strong>de</strong>r Jahrespläne für alle<br />
operativen Einheiten<br />
· Planung von Mengen, Kosten, Personal,<br />
Umsatz<br />
· Zusammenfassung von Kostenartengruppen<br />
· Zerlegung <strong>de</strong>r Jahrespläne auf die einzelnen<br />
Teilperio<strong>de</strong>n (Monate)<br />
· Abstimmung <strong>de</strong>r Planung zwischen <strong>de</strong>n<br />
operativen Einheiten und <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen<br />
Ebenen <strong>de</strong>s Managements<br />
· Verabschiedung <strong>de</strong>r Planung und<br />
Budgetierung<br />
· Inkraftsetzung <strong>de</strong>s Planung für die<br />
Planperio<strong>de</strong>
CM November / Dezember 2012<br />
Abbildung 1 zeigt die Zeit zur Durchführung <strong>de</strong>r<br />
Jahresplanung und -budgetierung in Abhängigkeit<br />
davon, ob die Unternehmensführung eine<br />
Blockplanung o<strong>de</strong>r eine rollieren<strong>de</strong> Planung<br />
durchführt. Unternehmen, die rollierend planen,<br />
haben durchschnittlich ca. ein Viertel niedrigere<br />
Kosten, da sie mit <strong>de</strong>m Planungsprozess<br />
durch die regelmäßige Wie<strong>de</strong>rholung besser<br />
vertraut sind.<br />
Zwischen <strong>de</strong>n TOP Performern (die 25 % besten<br />
Unternehmen), <strong>de</strong>n Median-Unternehmen<br />
und <strong>de</strong>n Low Performern (die 25 % schlechtesten<br />
Unternehmen) bestehen gravieren<strong>de</strong> Unterschie<strong>de</strong><br />
– unabhängig vom Planungsverfahren.<br />
Weiterhin liegt zwischen <strong>de</strong>n Top<br />
Performern und <strong>de</strong>n Low Performern ein zeitlicher<br />
Unterschied mit <strong>de</strong>m Faktor vier. Ferner<br />
ist zwischen <strong>de</strong>n Median- und Top Performern<br />
eine Differenz mit einem Faktor von ca. zwei bis<br />
drei je nach Planungsmetho<strong>de</strong> zu beobachten.<br />
Dies be<strong>de</strong>utet enorme Sparpotenziale. Maßgeblich<br />
hierfür sind folgen<strong>de</strong> Grün<strong>de</strong>:<br />
1. Unternehmen, <strong>de</strong>ren Budgetierung von weniger<br />
als sieben Mitarbeitern durchgeführt<br />
wird, benötigen weniger Zeit.<br />
2. Unternehmen, die externe Software zur Budgetierung<br />
verwen<strong>de</strong>n, sind <strong>de</strong>utlich schneller.<br />
3. Unternehmen, die <strong>de</strong>n Planungs- und Forecast-Prozess<br />
häufiger durchführen, haben<br />
aufgrund ihrer höheren Routine ein wesentlich<br />
geringeres Fehlerpotenzial in <strong>de</strong>r Durchführung<br />
<strong>de</strong>r Planung und Budgetierung.<br />
4. Unternehmen, die am Planungs- und Budgetierungsprozess<br />
weniger än<strong>de</strong>rn, haben<br />
<strong>de</strong>utliche Vorteile bezüglich <strong>de</strong>s Planungsaufwan<strong>de</strong>s.<br />
Organisationen mit sieben o<strong>de</strong>r weniger Angestellten<br />
sind in <strong>de</strong>r Lage, die Planung schneller<br />
durchzuführen. Einige <strong>de</strong>r Organisationen in <strong>de</strong>r<br />
Gruppe weniger Angestellter waren in <strong>de</strong>r Lage,<br />
Autor<br />
Abb. 2: Zeit in Tagen zur Erstellung <strong>de</strong>s Jahresbudgets: Monatlicher Forecast vs. Quartalsweiser Forecast<br />
<strong>de</strong>n Zyklus an 36 bis 92 Tagen ohne mehr als<br />
drei Vollzeitmitarbeiter durchzuführen. Dies gilt<br />
insbeson<strong>de</strong>re für erfahrenes Personal. Des<br />
Weiteren helfen standardisierte Prozesse zur<br />
einheitlichen und gleichartigen Durchführung<br />
<strong>de</strong>r Jahresplanung.<br />
Insbeson<strong>de</strong>re spezialisierte Software hilft bei<br />
<strong>de</strong>r schnellen und kontrollierbaren Durchführung<br />
<strong>de</strong>r Jahresplanung. Weitere Untersuchungen<br />
zeigen einen <strong>de</strong>utlichen Unterschied<br />
<strong>de</strong>r Kosten in Abhängigkeit <strong>de</strong>r Planungsart<br />
(rollierend o<strong>de</strong>r nicht rollierend) und <strong>de</strong>m zeitlichen<br />
Punkt <strong>de</strong>r Durchführung. Quartalsweise<br />
kann so ein Drittel <strong>de</strong>r Zeit und monatlich<br />
die Hälfte <strong>de</strong>r Zeit eingespart wer<strong>de</strong>n.<br />
4. Erhebungsrhythmus <strong>de</strong>r<br />
Kennzahl<br />
Die Kennzahl sollte regelmäßig erhoben wer<strong>de</strong>n,<br />
um die Effizienz <strong>de</strong>r Planung zu prüfen.<br />
Prof. Dr. Matthias Schmie<strong>de</strong>r<br />
lehrt an <strong>de</strong>r FH Köln Unternehmensführung und Controlling.<br />
Weiters leitet er das Benchmarking Center Europe (BCE) am<br />
IN-eKO an <strong>de</strong>r Universität Köln.<br />
E-Mail: m.schmie<strong>de</strong>r@bmc-eu.com<br />
Eine jährliche Erhebung wäre hierbei sinnvoll.<br />
Bei einer rollieren<strong>de</strong>n Planung kann ebenfalls<br />
eine mehrfache unterjährige Erhebung als sinnvoll<br />
erachtet wer<strong>de</strong>n.<br />
5. Quellen für die Daten <strong>de</strong>r<br />
Kennzahl<br />
Die Kosten wer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Kostenstellen- und<br />
speziell in <strong>de</strong>r Prozesskostenrechnung ermittelt.<br />
Es entsteht kein zusätzlicher Aufwand<br />
für die Erhebung. Die Kosten beinhalten die<br />
Personalkosten, die Systemkosten und die<br />
Overheadkosten.<br />
6. Verwandte Kennzahlen<br />
· Zykluszeit, um die Jahresplanung und<br />
Budgetierung auf Geschäftseinheitsebene<br />
durchzuführen.<br />
· Zykluszeit, um <strong>de</strong>n rollieren<strong>de</strong>n Forecast<br />
zu aktualisieren.<br />
· Zykluszeit in Tagen, um <strong>de</strong>n finanziellen<br />
Forecast zu ermitteln.<br />
Weitere Informationen erhalten Sie unter: www.<br />
Benchmarking-center-europe.com o<strong>de</strong>r telefonisch<br />
(+49 221 86053 - 16) o<strong>de</strong>r per E-Mail<br />
(m.schmie<strong>de</strong>r@bmc-eu.com)<br />
45
Controlling – Die DIN SPEC 1086 –<br />
Controlling in volatilen Zeiten – Die DIN SPEC 1086 –<br />
Ein Leitfa<strong>de</strong>n für die Praxis – Teil 4 –<br />
von Herwig Friedag und Walter Schmidt<br />
46<br />
Im einführen<strong>de</strong>n Beitrag zu dieser Reihe hatten<br />
wir „Controlling in volatilen Zeiten“ durch 7<br />
Thesen kurz beschrieben. Wir wollen uns nun<br />
<strong>de</strong>r vierten These zuwen<strong>de</strong>n:<br />
These 4: Controlling ist innovativ<br />
So eine Formulierung wirkt auf <strong>de</strong>n ersten<br />
Blick fern je<strong>de</strong>r Praxis. Kreative Menschen gewinnen<br />
oft <strong>de</strong>n Eindruck, dass Controller innovativen<br />
Prozessen eher ein Korsett verpassen,<br />
als selber innovativ zu sein. Es gibt an<strong>de</strong>re Beispiele:<br />
Marktbezogene Geschäftsmo<strong>de</strong>lle,<br />
strategische Preisbildung o<strong>de</strong>r Ziel-Kosten-Management<br />
bil<strong>de</strong>n in vielen Unternehmen<br />
eigenständige innovative Beiträge <strong>de</strong>s<br />
Controllings. Frühzeitige Kooperation auf <strong>de</strong>r<br />
Basis stimmiger Ziele und gemeinsamer Werte<br />
kann wettbewerbsentschei<strong>de</strong>nd sein. Denn<br />
eine Innovation ist erst dann erfolgreich, wenn<br />
sie sich auf <strong>de</strong>n Märkten <strong>de</strong>s Unternehmens<br />
bewährt. Soweit unsere These.<br />
Innovatives Controlling schafft<br />
zukunftsorientierte Strukturen<br />
Gemäß <strong>de</strong>r DIN SPEC 1086 betrachten wir die<br />
Controller als Partner <strong>de</strong>s Managements. Gemeinsam<br />
gestalten sie die Führungsaufgabe<br />
<strong>de</strong>r auf nachhaltige Wirtschaftlichkeit ausgerichteten<br />
betriebswirtschaftlichen Zielfindung,<br />
Planung und Steuerung eines Unternehmens 1 .<br />
Dabei sind drei Anfor<strong>de</strong>rungen miteinan<strong>de</strong>r zu<br />
verbin<strong>de</strong>n:<br />
1. Zum einen geht es um die Zukunftsorientierung<br />
bei <strong>de</strong>r Findung und Festlegung <strong>de</strong>r<br />
unternehmenspolitischen Ausrichtung und<br />
<strong>de</strong>ren Umsetzung in Geschäftsmo<strong>de</strong>lle mit<br />
mess- und prüfbaren Zielen. 2<br />
2. Zum Zweiten geht es um die Einbindung <strong>de</strong>r<br />
Ressourcenströme und Geschäftsprozesse<br />
in die betriebswirtschaftliche Unternehmenssteuerung.<br />
Dafür benötigen Controller<br />
ein ausreichen<strong>de</strong>s Verständnis für das Geschäft<br />
<strong>de</strong>s Unternehmens und einen Überblick<br />
über Umfeld, Märkte, Wettbewerb und<br />
die jeweilige Wertschöpfungskette. 3 Und sie<br />
müssen <strong>de</strong>n Zusammenhang zur Strategie<br />
(strategischem Entwickeln von Potenzialen)<br />
darstellen können. 4<br />
3. Zum Dritten geht es um die Verknüpfung <strong>de</strong>r<br />
Zukunftsorientierung mit <strong>de</strong>n Aufgaben <strong>de</strong>r<br />
Rechnungslegung, in<strong>de</strong>m Controller ihre<br />
Richtlinien-Kompetenz für die Strukturen <strong>de</strong>r<br />
Planung sowie <strong>de</strong>s Kontenrahmens und <strong>de</strong>r<br />
Kostenstellen wahrnehmen. 5<br />
Wenn sich Unternehmen durch Innovationen<br />
auf ihren Märkten positionieren wollen, hängen
CM November / Dezember 2012<br />
die realisierbaren Wettbewerbsvorteile maßgeblich<br />
auch davon ab, wie konsistent Zukunftsorientierung<br />
mit Geschäftsprozessen und<br />
Rechnungslegung verzahnt wer<strong>de</strong>n. Denn es<br />
reicht nicht aus, gute I<strong>de</strong>en (Inventionen) zu haben,<br />
zu entwickeln und sie umzusetzen. Eine<br />
Invention wird erst dann zur Innovation, wenn<br />
sie auf <strong>de</strong>m Markt angenommen und von einer<br />
ausreichen<strong>de</strong>n Anzahl Kun<strong>de</strong>n bezahlt wird.<br />
Und um sich schließlich als erfolgreiche Innovation<br />
durchzusetzen, sind darüber hinaus Geschäftsprozesse<br />
erfor<strong>de</strong>rlich, <strong>de</strong>ren interne und<br />
externe Wirkungen in nachhaltige wirtschaftliche<br />
Ergebnisse umgesetzt wer<strong>de</strong>n.<br />
Controller als Brückenbauer<br />
zur und aus <strong>de</strong>r Zukunft<br />
Abb. 1: Etappen auf <strong>de</strong>m Weg zur Entwicklung und Umsetzung einer Strategie 8<br />
So weit, so gut. Doch mit solchen Allgemeinplätzen<br />
kann man nicht zielstrebig führen. Wir<br />
brauchen also konkret messbare Strukturen,<br />
um Innovationen einen Rahmen zu geben:<br />
· Zukunftsorientierte Geschäftsmo<strong>de</strong>lle, die<br />
alle Beteiligten von <strong>de</strong>r Tragfähigkeit neuer<br />
I<strong>de</strong>en überzeugen;<br />
· Geschäftsprozesse, die einerseits genügend<br />
Raum lassen für Kreativität und zugleich<br />
eine schrittweise Einbindung in technologische<br />
Disziplin ermöglichen; und eine<br />
· Rechnungslegung, die <strong>de</strong>n Weg vom<br />
„Ungefähren“ zum „Exakten“ för<strong>de</strong>rt.<br />
Solch einen „Brückenschlag“ zu leisten ist<br />
eine Herausfor<strong>de</strong>rung, für die Controller gera<strong>de</strong>zu<br />
prä<strong>de</strong>stiniert erscheinen. Je besser sie<br />
dazu in <strong>de</strong>r Lage sind und proaktiv im Unternehmen<br />
konkreten Handlungsbedarf aufzeigen,<br />
6 umso stärker können sie etwas Beson<strong>de</strong>res<br />
in die Zusammenarbeit mit ihren<br />
Managern einbringen. Wahrscheinlich<br />
kennzeichnet diese Fähigkeit wie keine<br />
an<strong>de</strong>re die Spezifik <strong>de</strong>r Controller-Profession.<br />
Das ist eine Basis, auf <strong>de</strong>r Partnerschaft<br />
entstehen kann.<br />
Durch Routine ist das nicht zu leisten. „Zahlenakrobatik“<br />
aus bloßer Kombination vielfältiger<br />
Daten geriert schnell zu einem Korsett, mit<br />
<strong>de</strong>m Innovationen eher erstickt als geför<strong>de</strong>rt<br />
wer<strong>de</strong>n. Man muss schon über das Gewohnte<br />
hinausgehen und selber kreativ sein wollen.<br />
Dann eröffnet <strong>de</strong>r Brückenschlag ein weites<br />
Feld für eigenständige innovative Beiträge 7<br />
auch <strong>de</strong>s Controllings. Denn Innovationen gibt<br />
es nicht nur in technisch-technologischer<br />
Richtung: Auch die Verbindung von Zukunftsorientierung,<br />
Geschäftsprozessen sowie Rechnungslegung<br />
bietet sich dafür an.<br />
Dazu ein kleines Beispiel.<br />
In einem Maschinenbau-Unternehmen wur<strong>de</strong><br />
vor einigen Jahren damit begonnen, im Zusammenhang<br />
mit einem Balanced-Scorecard-Projekt<br />
<strong>de</strong>n gesamten Strategie-Entwicklungs- und<br />
Umsetzungsprozess zu überarbeiten. Das BSC-<br />
Team hatte sich zur Strukturierung <strong>de</strong>s gemeinsamen<br />
Vorgehens auf sieben Schritte mit dazugehörigen<br />
Fragestellungen verständigt (siehe<br />
Abbildung 1):<br />
1. Die Geschäftsi<strong>de</strong>e <strong>de</strong>s Unternehmens beruht<br />
seit seiner Gründung auf einer Fokussierung<br />
in einem Spezialbereich <strong>de</strong>s umformtechnischen<br />
Anlagenbaus. Die Mitarbeiter sind<br />
stolz auf ihre in Jahrzehnten gewachsene ingenieurtechnische<br />
Kompetenz und ihre Leistungsfähigkeit,<br />
die auf gegenseitigem Respekt<br />
und hoher Kooperationsbereitschaft<br />
ebenso beruht wie auf stabilen Kun<strong>de</strong>nbeziehungen.<br />
Für die „alten Hasen“ gehört das zu<br />
<strong>de</strong>n Selbstverständlichkeiten, über die man<br />
eigentlich nicht mehr re<strong>de</strong>n muss. Aber in<br />
<strong>de</strong>n letzten Jahren war das Unternehmen<br />
stark gewachsen. Viele neue Mitarbeiter und<br />
Führungskräfte sind hinzugekommen, die<br />
nicht in <strong>de</strong>n Traditionen verankert sind. So<br />
empfan<strong>de</strong>n es alle Beteiligten als hilfreich,<br />
sich <strong>de</strong>r Selbstverständlichkeiten wie<strong>de</strong>r<br />
einmal zu vergewissern.<br />
2. Auch das Geschäftsmo<strong>de</strong>ll war eigentlich<br />
„klar“. Es hatte ja immer funktioniert. Allerdings<br />
war <strong>de</strong>r Wettbewerb stärker und das<br />
Umfeld volatiler gewor<strong>de</strong>n. In <strong>de</strong>r Diskussion<br />
kam daher die Frage auf, wie weit die Geschäftsi<strong>de</strong>e<br />
noch tragfähig ist. Um sie zu beantworten,<br />
wur<strong>de</strong> das Geschäftsmo<strong>de</strong>ll auf<br />
<strong>de</strong>n Prüfstand gestellt und präzisiert. Dazu<br />
später mehr.<br />
3. Es gab eine klare Unternehmens-Politische-<br />
Orientierung (UPO) <strong>de</strong>r Gesellschafter für die<br />
Entwicklung <strong>de</strong>s Unternehmens bis 2020:<br />
1. Wahrung <strong>de</strong>r strategischen Unabhängigkeit<br />
(finanziell als auch bezüglich <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>n-<br />
und Lieferantenstrukturen );<br />
2. Verdopplung <strong>de</strong>s Marktanteils bei gleichzeitiger<br />
Steigerung <strong>de</strong>r Wirtschaftlichkeit<br />
(Realisierung <strong>de</strong>s Wachstum aus eigener<br />
Kraft);<br />
3. Positionierung als attraktiver Arbeitgeber<br />
mit beson<strong>de</strong>rer Anziehungskraft für die<br />
besten Talente <strong>de</strong>r Branche (trotz Ansiedlung<br />
<strong>de</strong>r Haupt-Standorte in eher ländlich<br />
geprägten Gebieten).<br />
Alle drei Punkte wur<strong>de</strong>n als enorme Herausfor<strong>de</strong>rung<br />
empfun<strong>de</strong>n. Erst im Laufe <strong>de</strong>r Zeit<br />
festigte sich allmählich die Überzeugung,<br />
47
Controlling – Die DIN SPEC 1086 –<br />
<strong>de</strong>m gerecht wer<strong>de</strong>n zu können. Damit<br />
wuchs auch die Bereitschaft, sich das anzutun.<br />
Zu dieser Entwicklung haben sowohl<br />
das Engagement als auch die I<strong>de</strong>en <strong>de</strong>r Controller<br />
maßgeblich beigetragen, in<strong>de</strong>m sie<br />
gemeinsam mit <strong>de</strong>r BSC-Gruppe<br />
4. durch die Konkretisierung <strong>de</strong>r UPO die Machbarkeit<br />
<strong>de</strong>r angestrebten Verän<strong>de</strong>rungen<br />
plausibilisiert,<br />
5. unter Nutzung <strong>de</strong>r BSC zielgerichtete strategische<br />
Umsetzungs-Maßnahmen entwickelt,<br />
6. im Rahmen <strong>de</strong>r Mittelfristigen Planung die<br />
Konkretisierung <strong>de</strong>r UPO und die BSC-Maßnahmen<br />
mit <strong>de</strong>n Geschäftsprozessen verbun<strong>de</strong>n<br />
und<br />
7. durch Verknüpfung mit <strong>de</strong>r Rechnungslegung<br />
die Gewährleistung einer immer ausreichen<strong>de</strong>n<br />
Liquidität gesichert haben.<br />
Innovations-Potenzial<br />
<strong>de</strong>s Controllings<br />
Wir wollen hier beispielhaft drei Aufgabenfel<strong>de</strong>r<br />
herausgreifen, um das Controlling-bezogene<br />
Innovations-Potenzial zu illustrieren:<br />
I. Die Gestaltung <strong>de</strong>s Geschäftsmo<strong>de</strong>lls<br />
Ist die innovative Kraft <strong>de</strong>s Unternehmens ausreichend,<br />
um die Orientierung bis 2020 umsetzen<br />
zu können und wie verfolgen wir die Entwicklung<br />
in <strong>de</strong>n kommen<strong>de</strong>n Jahren?<br />
Zum einen geht es um die Fundierung<br />
<strong>de</strong>r Einzigartigkeit: 9<br />
Inwiefern können wir mit unseren Kern-Kompetenzen<br />
die Kern-Bedürfnisse unserer<br />
Kun<strong>de</strong>n besser befriedigen als alle an<strong>de</strong>ren<br />
Anbieter und wie „tickt“ unser Kun<strong>de</strong>ntyp, d. h.<br />
wen wollen wir haben und wie können wir ihn<br />
am geeignetsten ansprechen?<br />
Zuerst wur<strong>de</strong>n die Zukunftsvorstellungen für<br />
die zentralen Produkte und Leistungen in eine<br />
Roadmap 2020 <strong>de</strong>r Entwicklungsleistungen<br />
überführt. Dabei wur<strong>de</strong>n im Sinne eines „Lastenheftes“<br />
Nutzenparameter ausgewählt, die<br />
voraussichtlich <strong>de</strong>n Trend <strong>de</strong>r kommen<strong>de</strong>n Jahre<br />
in diesem Spezialgebiet <strong>de</strong>s Maschinenbaus<br />
bestimmen wer<strong>de</strong>n.<br />
Gleichzeitig erarbeitete die BSC-Gruppe 10<br />
Orientierungen für <strong>de</strong>n Leistungsvorsprung<br />
gegenüber <strong>de</strong>m Wettbewerb, <strong>de</strong>r als Basis<br />
für die Verdopplung <strong>de</strong>r Marktanteile angesehen<br />
wur<strong>de</strong>.<br />
Auf dieser Grundlage verabschie<strong>de</strong>te die Geschäftsführung<br />
Programme für fünf Entwicklungsfel<strong>de</strong>r<br />
und <strong>de</strong>ren wesentliche Meilensteine<br />
bis 2020:<br />
· Für je<strong>de</strong>s Entwicklungsfeld wur<strong>de</strong> eine „Kostenträgergruppe“<br />
(Masternummer) gebil<strong>de</strong>t<br />
als Basis für die Planung und Steuerung aller<br />
Arbeiten. Darin einbezogen ist die Dokumentation<br />
<strong>de</strong>r erzielten Leistungen und Aufwendungen.<br />
· Mit <strong>de</strong>n Kostenträgergruppen stehen „Buchungsobjekte“<br />
zur Verfügung, mit <strong>de</strong>nen<br />
alle Programm-bezogenen Informationen<br />
über eine jeweils gemeinsame „Adresse“<br />
verfügen. Das erlaubt <strong>de</strong>m Unternehmen<br />
kontinuierliche Auswertungen über die gesamte<br />
Programmdauer.<br />
Außer<strong>de</strong>m wur<strong>de</strong>n in die Roadmap 2020 drei<br />
weitere Programme als „flankieren<strong>de</strong> Maßnahmen“<br />
integriert:<br />
· technologische Investitionen zur Erweiterung<br />
<strong>de</strong>r Fertigungskapazitäten und besseren<br />
Steuerung <strong>de</strong>r Prozessabläufe,<br />
· Gewinnung und Entwicklung talentierter<br />
Mitarbeiter und<br />
· Markterschließung und -bearbeitung<br />
inklusive <strong>de</strong>s Ausbaus enger Kooperationsbeziehungen<br />
mit ausgewählten Kun<strong>de</strong>n und<br />
Lieferanten.<br />
Auch für diese drei Programme wur<strong>de</strong>n frühzeitig<br />
spezielle Buchungsobjekte (hier jetzt:<br />
„Kos tenstellengruppen“) eingerichtet, um alle<br />
spezifischen Informationen zusammenfassen<br />
und nachhalten zu können.<br />
Durch die Erarbeitung <strong>de</strong>r Roadmap 2020 mit<br />
insgesamt acht Programmen und die Einrichtung<br />
geeigneter „Buchungsobjekte“ als Adressen<br />
für das Sammeln von Informationen wur<strong>de</strong>n<br />
hilfreiche Strukturen zur Konkretisierung<br />
<strong>de</strong>r Zukunftsorientierung geschaffen. So konnte<br />
grob umrissen wer<strong>de</strong>n, wofür und in welchen<br />
Etappen wie viel Geld in die Zukunft investiert<br />
wer<strong>de</strong>n soll. Zielsetzung, Planung, Steuerung<br />
II. Die Verbindung <strong>de</strong>r Geschäftsprozesse mit<br />
<strong>de</strong>r Strategie<br />
Welche bisher ungenutzten Potenziale lassen<br />
sich i<strong>de</strong>ntifizieren und erschließen, um die Wirtschaftlichkeit<br />
nachhaltig zu steigern?<br />
III. Die Strukturierung <strong>de</strong>r Rechnungslegung<br />
Wie kann ein adäquater Rahmen für die Umsetzung<br />
<strong>de</strong>r UPO geschaffen wer<strong>de</strong>n?<br />
I. Zukunftsorientierung durch<br />
Geschäftsmo<strong>de</strong>lle strukturieren<br />
Autoren<br />
Dr. Herwig Friedag<br />
Friedag Consult, Mo<strong>de</strong>ration in Unternehmen.<br />
Dr. Friedag leitet <strong>de</strong>n Öffentlichkeitsausschuss im<br />
internationalen Controller Verein eV.<br />
E-Mail: consult@friedag.com<br />
Dr. Walter Schmidt<br />
ask, Angewandte Strategie und Kommunikation. Er ist<br />
Mitglied <strong>de</strong>s Vorstands im Internationalen Controller Verein eV.<br />
E-Mail: walter@ask-schmidt.<strong>de</strong><br />
48<br />
Geschäftsmo<strong>de</strong>lle beantworten im Wesentlichen<br />
zwei Fragen.
und Abrechnung kann auf diesen Strukturen<br />
und ihrer Fortschreibung aufbauen.<br />
Zum an<strong>de</strong>ren geht es um die<br />
Ertragspotenziale:<br />
Welches Umsatz- und Margen-Potenzial können<br />
wir auf dieser Basis mobilisieren und reicht<br />
das aus für die Finanzierung unserer Roadmap<br />
2020?<br />
Aus <strong>de</strong>m Ergebnis leitete die BSC-Gruppe eine<br />
Orientierung für <strong>de</strong>n Rentabilitätsanspruch ab,<br />
<strong>de</strong>n das Unternehmen stellen muss. Denn es<br />
gehörte zu <strong>de</strong>n Vorgaben <strong>de</strong>r Gesellschafter,<br />
Wachstum und Entwicklung <strong>de</strong>s Unternehmens<br />
aus eigener Kraft zu finanzieren. Als Quelle für<br />
die „Zukunftsausgaben“ stehen daher ausschließlich<br />
die erwirtschafteten Überschüsse<br />
zur Verfügung.<br />
· In dieser Run<strong>de</strong> wur<strong>de</strong> noch ein neuntes<br />
Programm erarbeitet und in die aus <strong>de</strong>n<br />
Überschüssen zu finanzieren<strong>de</strong>n Zukunftsausgaben<br />
einbezogen: Ersatz und planmäßig<br />
vorbeugen<strong>de</strong> Instandhaltung <strong>de</strong>r bestehen<strong>de</strong>n<br />
technologischen Basis.<br />
Abb. 2: Geschäftsmo<strong>de</strong>llbezogene Strukturen <strong>de</strong>r Geldströme 11 CM November / Dezember 2012<br />
Hierfür erarbeitete die BSC-Gruppe Einschätzungen<br />
<strong>de</strong>r Einzahlungs-Potenziale. Dabei<br />
wur<strong>de</strong>n zunächst die bestehen<strong>de</strong>n Kun<strong>de</strong>n<br />
daraufhin untersucht, welche Wachstumsraten<br />
in <strong>de</strong>n kommen<strong>de</strong>n Jahren bei ihnen zu<br />
erwarten sind und wie sich <strong>de</strong>r Anteil unseres<br />
Unternehmens an <strong>de</strong>r Bedarfs<strong>de</strong>ckung <strong>de</strong>r<br />
Kun<strong>de</strong>n entwickeln wird. Die Debitorenstruktur<br />
konnte dazu mit <strong>de</strong>m bestehen<strong>de</strong>n<br />
Kun<strong>de</strong>n-Informations-System verknüpft<br />
und entsprechend gruppiert wer<strong>de</strong>n. In diese<br />
Verknüpfung wur<strong>de</strong>n auch alle verfügbaren<br />
Informationen zu Interessenten bzw. Interessentengruppen<br />
einbezogen und nach Passfähigkeit<br />
zum Geschäftsmo<strong>de</strong>ll (Kun<strong>de</strong>ntyp)<br />
segmentiert.<br />
Einen geson<strong>de</strong>rten Problemkreis bil<strong>de</strong>t die Personalpolitik<br />
<strong>de</strong>s Unternehmens. Das ergab<br />
sich aus <strong>de</strong>r Positionierung <strong>de</strong>s Unternehmens<br />
als qualitativ führen<strong>de</strong>r Nischenanbieter und<br />
attraktiver Arbeitgeber mit beson<strong>de</strong>rer Anziehungskraft<br />
für die besten Talente <strong>de</strong>r Branche.<br />
Hiervon wird die Kern-Kompetenz <strong>de</strong>s Unternehmens<br />
maßgeblich mitbestimmt.<br />
Die Entwicklung von Lohn & Gehalt stellt in<br />
diesem Kontext nicht die wesentliche Größe<br />
dar. Denn in <strong>de</strong>n letzten 20 Jahren haben die<br />
indirekten Einkommen an Be<strong>de</strong>utung gewonnen:<br />
Weiterbildung, individuelle Aufgaben- und<br />
Arbeitsplatz-Gestaltung, Gesundheits- und<br />
Alters-Vorsorge, Kin<strong>de</strong>rbetreuung o<strong>de</strong>r Freizeitangebote<br />
etc..<br />
In <strong>de</strong>n „flankieren<strong>de</strong>n Maßnahmen“ widmen sich<br />
mehrere Projekte <strong>de</strong>r Aufgabe, über indirekte<br />
Einkommen Bindung und Kooperationsbereitschaft<br />
<strong>de</strong>r Mitarbeiter zu erhöhen. Gleiches kann<br />
natürlich auch für die Lieferanten = Geschäftspartner<br />
durchgeführt wer<strong>de</strong>n. Insgesamt entstan<strong>de</strong>n<br />
mit <strong>de</strong>r Zeit Geschäftsmo<strong>de</strong>ll-bezogene<br />
Strukturen <strong>de</strong>r Geldströme (siehe Abbildung 2).<br />
Natürlich gehört noch ein allen Controllern bekannter<br />
Schritt dazu: Das „Kneten“ – <strong>de</strong>nn die<br />
verschie<strong>de</strong>nen Strukturelemente beeinflussen<br />
sich wechselseitig. Im Grun<strong>de</strong> hat sich so etwas<br />
wie ein „strategisches Zielkosten-Management“<br />
entwickelt (siehe Abbildung 3).<br />
Für das strategische Zielkosten-Management<br />
erwies es sich als hilfreich, zwischen <strong>de</strong>n produkt-<br />
und strukturabhängigen Auszahlungen<br />
als primärem Glie<strong>de</strong>rungs-Prinzip einerseits<br />
sowie <strong>de</strong>n prozess- und projektabhängigen<br />
Auszahlungen als sekundären Strukturen an<strong>de</strong>rerseits<br />
zu unterschei<strong>de</strong>n. Denn durch <strong>de</strong>n<br />
Druck gestiegener Volatilität vieler Märkte ist<br />
die Suche nach Möglichkeiten zur „Flexibilisierung“<br />
strukturabhängiger Kosten (durch<br />
ihre Umwandlung in produktabhängige Kosten)<br />
zu einem wettbewerbs-kritischen Faktor gewor<strong>de</strong>n.<br />
Auf die Personalpolitik <strong>de</strong>s Unternehmens<br />
wur<strong>de</strong> bereits hingewiesen. Auch hier besteht<br />
ein weites Feld für vorausschauen<strong>de</strong> Flexibilisierungen,<br />
z. B. durch Vereinbarungen zu<br />
Arbeitszeitkonten und Schichtsystemen o<strong>de</strong>r<br />
zu Kooperationsabkommen mit Arbeitsagenturen.<br />
Durch die dargestellte Strukturierung <strong>de</strong>r Geldströme<br />
ist das „Kneten“ inzwischen eingebun-<br />
49
Controlling – Die DIN SPEC 1086 –<br />
Abb. 3: Strategisches Zielkosten-Management 12<br />
<strong>de</strong>n in die strategische Orientierung <strong>de</strong>s Unternehmens:<br />
· Das beginnt mit <strong>de</strong>r klaren Trennung <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n<br />
Auszahlungsgruppen. Die Geldströme<br />
<strong>de</strong>r „rechten“ Seite dienen <strong>de</strong>r operativen<br />
Nutzung verfügbarer Erfolgspotenziale, um<br />
Geld zu verdienen. Die Geldströme <strong>de</strong>r „linken“<br />
Seite dienen <strong>de</strong>r strategischen Entwicklung<br />
bzw. <strong>de</strong>m Erwerb von Potenzialen, um<br />
auch in <strong>de</strong>r Zukunft über genügend <strong>de</strong>n Zielen<br />
<strong>de</strong>s Unternehmens adäquate Potenziale<br />
verfügen zu können.<br />
· Dadurch kann im Vergleich zur klassischen<br />
Glie<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r G&V <strong>de</strong>r Zusammenhang<br />
zwischen <strong>de</strong>m finanziellen Erfolg <strong>de</strong>s Unternehmens<br />
und <strong>de</strong>n Investitionen in seine innovative<br />
Kraft besser nachvollzogen und gesteuert<br />
wer<strong>de</strong>n. 13<br />
In <strong>de</strong>r Folge hat die geschaffene Strukturierung<br />
im Unternehmen viel Transparenz bewirkt, so<br />
dass alle Bereiche bei <strong>de</strong>r Plausibilisierung <strong>de</strong>r<br />
Strategie mit eigenständigen Beiträgen und<br />
Szenarien im Rahmen <strong>de</strong>r BSC-Gruppe und <strong>de</strong>r<br />
mittelfristigen Planung mitwirken können.<br />
II. Geschäftsprozesse durch<br />
Wirkungsstufen strukturieren<br />
Um <strong>de</strong>n Weg von <strong>de</strong>r Geschäftsi<strong>de</strong>e bis zu ihrer<br />
Umsetzung im Unternehmen transparenter als<br />
bisher mit <strong>de</strong>n Geschäftsprozessen zu verknüpfen,<br />
wur<strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>ne Wirkungsstufen<br />
analysiert (siehe Abbildung 4).<br />
Diese Aufgabe hat sich als ein noch wenig genutztes,<br />
aber zukünftig immer wichtigeres Feld<br />
erwiesen. Die dabei möglichen Ansätze können<br />
im Rahmen dieses Beitrags nur beispielhaft<br />
aufgezeigt wer<strong>de</strong>n:<br />
1. Ressourcen-Einsatz und in <strong>de</strong>r Rechnungslegung<br />
erfasste Auszahlungen sind<br />
nicht notwendigerweise <strong>de</strong>ckungsgleich.<br />
Das betrifft z. B. nicht erfasste Überstun<strong>de</strong>n<br />
von Mitarbeitern, die unbezahlte Inanspruchnahme<br />
natürlicher Ressourcen o<strong>de</strong>r die Nutzung<br />
gesellschaftlicher Leistungen (Infrastruktur,<br />
Bildungswesen, Kultur, Sicherheit),<br />
50<br />
Abb. 4: Wirkungsstufen von Prozessen 14
CM November / Dezember 2012<br />
Abb. 5: Total Cost of Ownership (TCO)<br />
<strong>de</strong>ren Umfang das Volumen an Steuern und<br />
Abgaben <strong>de</strong>s Unternehmens übersteigt. Diese<br />
„unsichtbaren“ Ressourcenverbräuche<br />
können im Rahmen eines „Nachhaltigkeits-<br />
Projekts“ ermittelt, immer besser gemessen<br />
und damit intern gesteuert wer<strong>de</strong>n.<br />
2. Der interne Output (Ausstoß) taucht in <strong>de</strong>n<br />
Controlling-Berichten <strong>de</strong>s Unternehmens<br />
bislang nur an <strong>de</strong>n Stellen auf, bei <strong>de</strong>nen er<br />
über Verrechnungspreise bzw. eine innerbetriebliche<br />
Leistungsverrechnung bewertet<br />
wird. Mithilfe <strong>de</strong>r Etablierung von Shared<br />
Service Centern lässt sich mehr Transparenz<br />
und Steuerungs-Fähigkeit erreichen. Dabei<br />
geht es nicht vor<strong>de</strong>rgründig um Kostensenkungs-Potenziale<br />
in Verbindung mit einer<br />
Auslagerung in Län<strong>de</strong>r mit niedrigeren Personalkosten.<br />
Diese Effekte wer<strong>de</strong>n meist<br />
überschätzt und erweisen sich oft nicht als<br />
nachhaltig. Die Haupteffekte wer<strong>de</strong>n durch<br />
eine klare Strukturierung <strong>de</strong>r einbezogenen<br />
Geschäftsprozesse erreicht. 15 Die entstehen<strong>de</strong><br />
Transparenz kann erhebliche qualitative<br />
und quantitative Verbesserungspotenziale<br />
offenlegen.<br />
3. Mit <strong>de</strong>m Absatz (externer Output) wer<strong>de</strong>n<br />
<strong>de</strong>rzeit in unserem Beispielunternehmen Informationen<br />
über die Wirkung <strong>de</strong>r Produkte<br />
und Leistungen beim Nutzer nicht systematisch<br />
erfasst und an alle Bereiche im Unternehmen<br />
kommuniziert. In <strong>de</strong>r Folge fallen<br />
wesentliche Qualitätsmerkmale bei <strong>de</strong>n<br />
Preisverhandlungen „unter <strong>de</strong>n Tisch“ und<br />
wer<strong>de</strong>n vom Kun<strong>de</strong>n nicht bezahlt.<br />
4. Um Kenntnisse über das Verhalten (direkter<br />
Outcome) <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>n im Umgang<br />
mit <strong>de</strong>n bezogenen Produkten besser sowohl<br />
in die Entwicklung als auch die strategische<br />
Preisbildung einzubeziehen, kann<br />
die Metho<strong>de</strong> <strong>de</strong>r „Total Cost of Ownership“<br />
(TCO) genutzt wer<strong>de</strong>n. 16 Der Grundgedanke<br />
besteht darin, nicht nur die Anschaffungskosten<br />
/ <strong>de</strong>n Preis einer Investition<br />
o<strong>de</strong>r einer Beschaffung ganz allgemein<br />
zu betrachten, son<strong>de</strong>rn alle Aufwendungen,<br />
die über die gesamte Anwendungszeit mit<br />
<strong>de</strong>r Nutzung <strong>de</strong>r betreffen<strong>de</strong>n Produkte und<br />
Leistungen verbun<strong>de</strong>n sind. Die Metho<strong>de</strong> ist<br />
sowohl für die Beschaffung als auch <strong>de</strong>n<br />
Vertrieb von Vorteil, weil damit die Angebote<br />
verschie<strong>de</strong>ner Wettbewerber fundierter miteinan<strong>de</strong>r<br />
verglichen und potenzielle Synergien<br />
einer Kooperation von Verkäufer und<br />
Käufer sichtbar und erschließbar wer<strong>de</strong>n<br />
können. Das setzt voraus, dass die nicht im<br />
Kaufpreis berücksichtigten Wirkungen erfasst,<br />
in ihrem Aufwand bewertet und <strong>de</strong>n<br />
jeweiligen Buchungsobjekten durch geeignete<br />
Kontierungsregeln zugeordnet wer<strong>de</strong>n<br />
(siehe Abbildung 5). Die TCO-Metho<strong>de</strong> liefert<br />
einen fundierten Ansatz für die strategische<br />
Gestaltung sowohl <strong>de</strong>r Lieferbeziehungen<br />
17 als auch <strong>de</strong>r eigenen Preisbildung.<br />
Das innovative Potenzial <strong>de</strong>r TCO-<br />
Metho<strong>de</strong> kann kaum überschätzt wer<strong>de</strong>n. 18<br />
Unser Beispiel-Unternehmen hat <strong>de</strong>shalb<br />
damit begonnen, die Möglichkeiten für eine<br />
engere Zusammenarbeit mit seinen wichtigsten<br />
Kun<strong>de</strong>n und Lieferanten in diese<br />
Richtung zu erweitern.<br />
5. In <strong>de</strong>n letzten 10 Jahren ist die Reputation<br />
(indirekter Outcome) zunehmend in <strong>de</strong>n<br />
Fokus <strong>de</strong>r Unternehmensführung gerückt.<br />
Das resultiert aus <strong>de</strong>n Erlebnissen <strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen<br />
Krisen seit <strong>de</strong>r Jahrtausendwen<strong>de</strong>.<br />
Reputation wi<strong>de</strong>rspiegelt die Einstellung<br />
<strong>de</strong>r relevanten Interessengruppen (Stakehol<strong>de</strong>r)<br />
zum Unternehmen. Im Kern geht es<br />
um Vertrauen: Wie stabil sind die Kooperationsbereitschaft<br />
<strong>de</strong>r beteiligten Partner und<br />
die wechselseitigen Zahlungsbeziehungen<br />
(Preisakzeptanz)? 19 Kommunikatoren und<br />
Controller prüfen <strong>de</strong>rzeit im ICV-Fachkreis<br />
für Kommunikations-Controlling, ob sich ein<br />
einfach und täglich ermittelbares Maß für<br />
wirtschaftlich relevante Reputation 20 in <strong>de</strong>r<br />
Unternehmensführung nutzen lässt:<br />
· Die Stabilität <strong>de</strong>r Kooperationsbereitschaft<br />
kann an <strong>de</strong>r Dauer <strong>de</strong>r Beziehungen auf<br />
<strong>de</strong>n Märkten <strong>de</strong>s Unternehmens (Absatz,<br />
Beschaffung, Kapital, Arbeit, Bildung) gemessen<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
· Die Stabilität <strong>de</strong>r wechselseitigen Zahlungsbeziehungen<br />
lässt sich am Volumen<br />
<strong>de</strong>r Einzahlungen bzw. Auszahlungen<br />
messen.<br />
· Die Stabilität <strong>de</strong>r Zufrie<strong>de</strong>nheit <strong>de</strong>r Debitoren<br />
und Kreditoren kann hilfsweise mit<br />
<strong>de</strong>m Einhalten <strong>de</strong>r Zahlungsziele verfolgt<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Im Grun<strong>de</strong> ist diese auf drei Aspekte orientieren<strong>de</strong><br />
Messgröße nichts an<strong>de</strong>res als die weit<br />
verbreitete Aufteilung in A-, B- und C-Lieferanten,<br />
Kun<strong>de</strong>n etc. Sie fokussiert Reputation<br />
auf ihre wirtschaftliche Relevanz. In <strong>de</strong>r Debitoren-<br />
und Kreditoren-Buchhaltung ist je<strong>de</strong><br />
51
Controlling – Die DIN SPEC 1086 –<br />
52<br />
einzelne Beziehung erfasst, so dass alle Informationen<br />
leicht ermittelt wer<strong>de</strong>n können.<br />
6. In <strong>de</strong>r Wert-Realisierung (Outflow) fließen die<br />
Aktivitäten aller Wirkungsstufen zusammen.<br />
Um <strong>de</strong>m Kontext <strong>de</strong>r Wirkungsstufen auch<br />
einen buchungstechnischen Rahmen zu geben,<br />
wer<strong>de</strong>n sukzessive alle relevanten internen<br />
Kooperationsbeziehungen <strong>de</strong>s Unternehmens<br />
entwe<strong>de</strong>r als Shared Services im<br />
Rahmen eigenständiger Rechnungskreise<br />
o<strong>de</strong>r mithilfe bewerteter Service Level Agreements<br />
organisiert. Dabei spielen geeignete<br />
Leistungsverrechnungen o<strong>de</strong>r Verrechnungspreise<br />
eine maßgebliche Rolle. 21<br />
III. Geeignete Buchungsobjekte<br />
für die Rechnungslegung<br />
Controller können die Erarbeitung und Umsetzung<br />
<strong>de</strong>r Strategie ihres Unternehmens u. a.<br />
auch dadurch begleiten, dass sie für transparente<br />
betriebswirtschaftliche Strukturen sorgen.<br />
Das bezieht sich zu einem wesentlichen<br />
Teil auf Buchungsobjekte und Kontierungsregeln,<br />
mit <strong>de</strong>nen man abgrenzen kann, wofür<br />
das Unternehmen bei <strong>de</strong>r Umsetzung <strong>de</strong>r Strategie<br />
wie viel Geld ausgibt bzw. erhält. Mit diesen<br />
Strukturen wird weitgehend über die Güte<br />
entschie<strong>de</strong>n; und sie dienen dazu, später die<br />
Wirksamkeit strategischer Entscheidungen zu<br />
analysieren und darzustellen.<br />
Ohne geeignete Buchungsstrukturen lassen sich<br />
im Nachhinein we<strong>de</strong>r Aufwendungen noch Ergebnisse<br />
ein<strong>de</strong>utig zuordnen. Sie erfassen zwar<br />
nur die mit Rechnungen dokumentierten Geschäftsvorfälle.<br />
Dennoch verfügen Unternehmen<br />
normalerweise über keine an<strong>de</strong>re auch nur annähernd<br />
vergleichbar <strong>de</strong>taillierte Informationsbasis,<br />
die <strong>de</strong>rart systematisch geordnet ist. Diese<br />
Basis kann mithilfe <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnen Informations-<br />
Technologien ohne weiteres mit zusätzlichen,<br />
aus an<strong>de</strong>ren Quellen gewonnenen Informationen<br />
verknüpft und angereichert wer<strong>de</strong>n. Das zu leisten<br />
ist eine kreative Herausfor<strong>de</strong>rung.<br />
Einige Beispiele aus <strong>de</strong>m von uns geschil<strong>de</strong>rten<br />
Maschinenbau-Unternehmen sollen das illustrieren:<br />
· Für je<strong>de</strong>s <strong>de</strong>r neun Programme wur<strong>de</strong> eine<br />
„Kostenträger- bzw. Kostenstellengruppe“<br />
(Masternummer) eingerichtet als Basis für<br />
die Planung und Steuerung aller Arbeiten in<br />
<strong>de</strong>n jeweiligen Programmen und ihren Projekten.<br />
Damit verbun<strong>de</strong>n ist die Dokumentation<br />
<strong>de</strong>r erzielten Leistungen und Aufwendungen.<br />
Durch die Masternummern verfügen<br />
alle Programm-bezogenen Informationen<br />
über eine jeweils gemeinsame „Adresse“.<br />
Das erlaubt <strong>de</strong>m Unternehmen kontinuierliche<br />
Auswertungen über die gesamte Programmdauer.<br />
Es ermöglicht ihm auch eine<br />
(interne und/o<strong>de</strong>r externe) Aktivierung <strong>de</strong>r<br />
Entwicklungskosten 22 und <strong>de</strong>ren spätere<br />
Überführung in Abschreibungen für konkrete<br />
Produkte.<br />
· Die Debitorenstruktur wur<strong>de</strong> mit <strong>de</strong>m bestehen<strong>de</strong>n<br />
Kun<strong>de</strong>n-Informations-System verknüpft.<br />
In diese Verknüpfung wur<strong>de</strong>n auch<br />
alle verfügbaren Informationen zu Interessenten<br />
bzw. Interessentengruppen einbezogen<br />
und nach Passfähigkeit zum Geschäftsmo<strong>de</strong>ll<br />
(Kun<strong>de</strong>ntyp) segmentiert. Auf dieser<br />
Basis können Szenarien zur Entwicklung <strong>de</strong>r<br />
Kun<strong>de</strong>nanzahl (Neuzugänge abzüglich Fluktuation)<br />
und <strong>de</strong>s durchschnittlichen Auftragsvolumens<br />
je Kun<strong>de</strong>ngruppe erarbeitet<br />
und fortgeschrieben wer<strong>de</strong>n.<br />
· Die Strukturierung in produkt- und strukturabhängige<br />
Zielkosten wur<strong>de</strong> in unserem<br />
Beispiel zwar in Excel-Tabellen <strong>de</strong>s Controller-Services,<br />
aber nicht konsequent in <strong>de</strong>n<br />
Buchungsstrukturen umgesetzt. Dadurch<br />
waren parallele und mitunter voneinan<strong>de</strong>r<br />
abweichen<strong>de</strong> Informationsstränge entstan<strong>de</strong>n.<br />
In <strong>de</strong>r Folge wer<strong>de</strong>n die Möglichkeiten<br />
eines „begleiten<strong>de</strong>n Controllings“ (von <strong>de</strong>r<br />
Zielfindung bis zum Reporting und Lernen)<br />
eingeschränkt. Insofern bestand auch in dieser<br />
„selbstverständlichen Frage“ konkreter<br />
Handlungsbedarf.<br />
· Die zur Diskussion gestellte Erfassung <strong>de</strong>r<br />
wirtschaftlich relevanten Reputation ist unmittelbar<br />
mit <strong>de</strong>n Debitoren und Kreditoren<br />
bzw. Personalkonten verknüpft. Auf dieser<br />
Basis lassen sich viele Analysen erstellen,<br />
z. B.:<br />
- Wie ist die spezielle Reputation bei <strong>de</strong>n<br />
Zielkun<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>n talentierten Mitarbeitern<br />
o<strong>de</strong>r strategisch be<strong>de</strong>utsamen<br />
Lieferanten, die wir halten wollen?<br />
- Welche strategische Abhängigkeit besteht<br />
in Beziehungen mit beson<strong>de</strong>rs hoher Reputation?<br />
Sind die Abhängigkeiten symmetrisch<br />
o<strong>de</strong>r asymmetrisch?<br />
- Wie entwickelt sich das Reputations-<br />
Potenzial?<br />
- In welcher Relation stehen die Verän<strong>de</strong>rungen<br />
bei Reputation und Zahlungs-Überschuss<br />
(Cash Flow) in kurz-, mittel- und<br />
langfristiger Sicht?<br />
- Wie wirken sich welche Maßnahmen auf<br />
die wirtschaftlich relevante Reputation bei<br />
welchen Stakehol<strong>de</strong>rn aus?<br />
Bei klarer Zuordnung <strong>de</strong>r Kostenträger und<br />
Kostenstellen zu <strong>de</strong>n Debitoren und Kreditoren<br />
(z. B. mithilfe einer stufenweisen Deckungsbeitrags-Rechnung)<br />
lassen sich diese<br />
Fragen für wichtige Stakehol<strong>de</strong>r eines Unternehmens<br />
individuell beantworten.<br />
Fazit<br />
Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, Controlling<br />
innovativ zu gestalten. Viele <strong>de</strong>r angeführten<br />
Beispiele mögen vielleicht simpel<br />
erscheinen und wer<strong>de</strong>n sicher in einer Vielzahl<br />
von Unternehmen in <strong>de</strong>r einen o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren<br />
Weise längst praktiziert. Ihre systematische<br />
Kombination zur proaktiven Unterstützung<br />
innovativen Strebens und Han<strong>de</strong>lns hat das<br />
Potenzial, <strong>de</strong>m Controlling selber eine innovative<br />
Ausrichtung zu geben. Das Entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />
in unserem Beispiel aber ist <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rieren<strong>de</strong><br />
Einfluss, <strong>de</strong>n die Controller inzwischen bei <strong>de</strong>r<br />
Umgestaltung <strong>de</strong>r internen und externen Beziehungen<br />
gewonnen haben. Proaktive und langfristig<br />
ausgerichtete Transparenz über die<br />
verfügbaren Potenziale <strong>de</strong>r Geschäftsprozesse,<br />
die angestrebten Ziele und die dafür zu<br />
entwickeln<strong>de</strong>n Potenziale sowie das Aufzeigen<br />
von Handlungserfor<strong>de</strong>rnissen bil<strong>de</strong>n gemeinsam<br />
mit <strong>de</strong>n Beiträgen zur strategisch orientierten<br />
Entwicklungs-Roadmap <strong>de</strong>n Rahmen<br />
für eigenständige innovative Aktivitäten. Innovation<br />
im Unternehmen? Controller können<br />
einen wichtigen Beitrag leisten.<br />
Fußnoten<br />
1<br />
DIN SPEC 1086 „Qualitätsstandards im Controlling“<br />
(2009), download: www.beuth.<strong>de</strong>,<br />
S. 4, S. 5, S. 6
CM November / Dezember 2012<br />
2<br />
vgl. ebenda, S. 5<br />
3<br />
vgl. ebenda<br />
4<br />
vgl. ebenda, S. 7<br />
5<br />
„Dieses System muss in <strong>de</strong>r Lage sein, sämtliche<br />
Wertarten (Plan, Ist, Soll, Abweichung und<br />
Erwartung) abzubil<strong>de</strong>n und miteinan<strong>de</strong>r zu vergleichen.<br />
Es muss für je<strong>de</strong> anstehen<strong>de</strong> Entscheidung<br />
diejenigen Mengen, Leistungen und<br />
Werte zeigen, die sich durch die Entscheidung<br />
verän<strong>de</strong>rn. Es muss stufengerecht unterschei<strong>de</strong>n,<br />
welche Größen von <strong>de</strong>r jeweiligen Führungsperson<br />
direkt beeinflusst und damit verantwortet<br />
wer<strong>de</strong>n können“; ebenda, S. 8<br />
6<br />
vgl. ebenda, S. 6<br />
7<br />
„Controller leisten einen Beitrag zur Ausrichtung<br />
auf innovative Geschäftsprozesse“, ebenda<br />
8<br />
vgl. Friedag, H.R. / Schmidt, W. (2012): Controlling<br />
in volatilen Zeiten, in: Controller Magazin,<br />
Heft 2/2012<br />
9<br />
In <strong>de</strong>r Literatur wird die Fundierung <strong>de</strong>r Einzigartigkeit<br />
mitunter in zwei geson<strong>de</strong>rte Faktoren<br />
zerlegt: das „Nutzenversprechen gegenüber<br />
<strong>de</strong>n Kun<strong>de</strong>n“ auf <strong>de</strong>r einen und die „Architektur<br />
<strong>de</strong>r Wertschöpfung“ auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite (vgl.<br />
Stähler, P. (2001): Geschäftsmo<strong>de</strong>lle in <strong>de</strong>r<br />
digitalen Ökonomie, Josef Eul Verlag, S. 41ff);<br />
in <strong>de</strong>r Praxis hängt die Einzigartigkeit nach unseren<br />
Erfahrungen aber vor allem davon ab, wie<br />
bei<strong>de</strong> Faktoren möglichst frühzeitig miteinan<strong>de</strong>r<br />
verzahnt wer<strong>de</strong>n. Deshalb sollten sie als ein<br />
Ganzes gesehen wer<strong>de</strong>n.<br />
10<br />
Die BSC-Gruppe (in manchen Unternehmen<br />
auch Zukunfts- o<strong>de</strong>r Strategie-Team genannt)<br />
besteht aus einem Kernteam, das sich quartalsweise<br />
zu Previews trifft, und einer Vielzahl<br />
von kleinen Arbeitsgruppen, die <strong>de</strong>m Kernteam<br />
zuarbeiten.<br />
11<br />
Diese Strukturierung greift Gedanken auf, die<br />
von Eugen Schmalenbach entwickelt wur<strong>de</strong>n;<br />
vgl. Schmalenbach, E. (1948): Dynamische<br />
Bilanz, Leipzig, S. 20.<br />
12<br />
Die Strukturebenen <strong>de</strong>r Zielkosten gelten<br />
auch analog für die Verwendung (Auszahlung)<br />
<strong>de</strong>s Betriebsgewinns.<br />
13<br />
Gemäß <strong>de</strong>r klassischen Orientierung von<br />
Peter Drucker: die Dinge richtig tun (bei <strong>de</strong>r<br />
Nutzung von Erfolgspotenzialen) und die<br />
richtigen Dinge tun (bei <strong>de</strong>r Entwicklung von<br />
Erfolgspotenzialen)<br />
14<br />
Das hier dargestellt Bild wur<strong>de</strong> in Analogie<br />
zum Wirkungsstufen-Mo<strong>de</strong>ll <strong>de</strong>r Kommunikation<br />
entwickelt, das <strong>de</strong>r Fachkreis „Kommunikations-Controlling“<br />
im Internationalen Controllerverein<br />
gemeinsam mit <strong>de</strong>m Arbeitskreis<br />
„Wertschöpfung durch Kommunikation“ <strong>de</strong>r<br />
Deutschen Public Relations Gesellschaft erarbeitet<br />
und 2009 veröffentlicht hat; vgl. Stobbe,<br />
R. et. al. (2010): Grundmo<strong>de</strong>ll für Kommunikations-Controlling,<br />
Statement <strong>de</strong>s ICV, Gauting,<br />
S. 34 ff<br />
15<br />
vgl. Dressler, S. (2007): Shared Services,<br />
Business Process Outsourcing und Offshoring:<br />
Die mo<strong>de</strong>rne Ausgestaltung <strong>de</strong>s Back Office-<br />
Wege zu Kostensenkung und mehr Effizienz im<br />
Unternehmen, Gabler<br />
16<br />
Die TCO-Metho<strong>de</strong> ist in einigen Branchen<br />
(z. B. IT, Automobilbau, Maschinenbau) bereits<br />
fester Bestandteil <strong>de</strong>r Unternehmensführung;<br />
dazu sei z. B. auf die Vorschriften VDI 2884,<br />
VDMA 34160 o<strong>de</strong>r ISO 60300-3-3 verwiesen.<br />
17<br />
vgl. Schumacher, S.C. et. al. (2008): Die 3<br />
Faktoren <strong>de</strong>s Einkaufs, Wiley, S. 177 ff<br />
18<br />
vgl. Simon, H. (2004): Think, Strategische<br />
Unternehmensführung statt Kurzfrist-Denke,<br />
Campus, S. 167ff<br />
19<br />
Bei je<strong>de</strong>m Kauf stehen sich individuelle Käufer<br />
und Verkäufer gegenüber, die wechselseitig<br />
einen Preis akzeptieren müssen, damit <strong>de</strong>r Prozess<br />
durch die Zahlung zum Abschluss kommt.<br />
20<br />
Dieses Maß ist ein Diskussions-Vorschlag <strong>de</strong>r<br />
Autoren. Er ist das Ergebnis vielfältiger Diskussionen<br />
in <strong>de</strong>n Fachkreisen „IFRS & Controlling“,<br />
„Kommunikations-Controlling“ und „Controlling<br />
& Qualität“ im Internationalen Controller Verein<br />
(ICV)<br />
21<br />
vgl. Kleinhietpaß, G. (2011): Verrechnungspreise<br />
im Konzern: Steuerrechtliche Gewinnverteilung<br />
und interne Steuerungsfunktion, in:<br />
Controlling Berater, Heft 13, <strong>Haufe</strong>, S. 107ff<br />
22<br />
Seit <strong>de</strong>m Bilanz-Mo<strong>de</strong>rnisierungs-Gesetz<br />
(BilMoG) gibt es im HGB-Abschluss unter bestimmten<br />
Voraussetzungen ein Aktivierungs-<br />
Wahlrecht; vgl. HGB §§ 248 (2), 255 (2a); die<br />
IFRS regeln diese Frage in IAS 38. Für das Controlling<br />
ist primär die interne Abgrenzungsmöglichkeit<br />
wichtig. Ob dann das Aktivierungs-<br />
Wahlrecht in <strong>de</strong>n externen Abschlüssen genutzt<br />
wird, ist für die Praxis eher sekundär. „Der Controller<br />
sorgt intern für eine zweckgerechte Bewertung<br />
und Berichterstattung. Sofern Regeln<br />
für die externe Rechnungslegung <strong>de</strong>m entgegenstehen,<br />
steuert er die Daten für externe<br />
Berichterstattungen in geson<strong>de</strong>rten Auswertungen<br />
bei und sorgt für nachvollziehbare Überleitungsrechnungen“;<br />
vgl. DIN SPEC 1086,<br />
a.a.O., S. 9<br />
Zukunft im Kopf.<br />
Topaktuelle Weiterbildungsangebote<br />
für Controller<br />
• Praxisorientierte Seminare<br />
und Trainings<br />
• Qualifizierung zum/r<br />
Leiter/in Controlling<br />
• Lehrgang Gepüfte/r<br />
Controller/in<br />
• Schriftlicher Lehrgang<br />
Controlling<br />
Informationen unter:<br />
www.haufe-aka<strong>de</strong>mie.<strong>de</strong>/<br />
www.haufe-aka<strong>de</strong>mie.<strong>de</strong><br />
controlling
Die Erfolgsformel für <strong>de</strong>n Einkauf: Einsparpotenziale systematisch aufspüren<br />
Die Erfolgsformel für <strong>de</strong>n Einkauf:<br />
Einsparpotenziale systematisch aufspüren<br />
von Bernhard Höveler<br />
54<br />
Beim Versuch, die Einkaufskosten zu minimieren,<br />
gilt wie beim Fußballspielen: Mit <strong>de</strong>r „Brechstange“<br />
allein kommt man eher selten zum Ziel.<br />
Entsprechend wichtig ist es, die verschie<strong>de</strong>nen<br />
Einsparhebel zu kennen und diese<br />
gezielt zu kombinieren – unter an<strong>de</strong>rem abhängig<br />
von <strong>de</strong>r jeweiligen (Einkaufs-)Marktsituation<br />
und Marktmacht <strong>de</strong>s Unternehmens.<br />
Der Einkauf ist an zahlreiche Determinanten<br />
gebun<strong>de</strong>n, die sich stetig än<strong>de</strong>rn. Deshalb ist<br />
das I<strong>de</strong>ntifizieren von Sparpotenzialen keine<br />
Einmalaktion: Es ist ein fortwähren<strong>de</strong>r Prozess.<br />
Doch wo sollen wir hierbei anfangen und<br />
wo aufhören? Das fragen sich Unternehmensführer<br />
und Einkaufsmanager immer wie<strong>de</strong>r –<br />
unter an<strong>de</strong>rem, weil ihnen zuweilen ein Instrument<br />
zum systematischen I<strong>de</strong>ntifizieren von<br />
Einsparpotenzialen fehlt. Ein solches Instrument<br />
ist die Erfolgsformel für <strong>de</strong>n Einkauf. Sie<br />
zeigt die zwei verschie<strong>de</strong>nen strategischen<br />
Stoßrichtungen zum Erzielen von Einsparungen<br />
im Einkauf auf.<br />
Eine Strategie für <strong>de</strong>n Einkauf<br />
Der Einkauf beschafft Material und Dienstleistungen.<br />
Dabei gilt: Die Kosten sind das Produkt<br />
aus Preis und Menge beziehungsweise<br />
Prozesskosten und Menge. Für das Optimieren<br />
<strong>de</strong>r Materialkosten kann also entwe<strong>de</strong>r an<br />
<strong>de</strong>r Preis- und Prozesskosten- o<strong>de</strong>r an <strong>de</strong>r<br />
Mengenschraube o<strong>de</strong>r an allen drei Schrauben<br />
„gedreht“ wer<strong>de</strong>n. Deshalb unterschei<strong>de</strong>t die<br />
Erfolgsformel für <strong>de</strong>n Einkauf Preis- und Prozesskostenhebel<br />
von Mengenhebeln und ermöglicht<br />
damit eine ganzheitliche Betrachtung<br />
<strong>de</strong>r Kosten (siehe Abbildung 1).<br />
Die Preis- und<br />
Prozesskostenhebel nutzen<br />
Die Hebel zum Senken <strong>de</strong>r Preise und Prozesskosten<br />
haben unterschiedliche Ausrichtungen:<br />
Die einen versuchen mit einer aggressiven<br />
Kostenoptimierung, die „leicht“ zu erzielen<strong>de</strong>n<br />
Einsparungen zu realisieren. Die „anspruchsvolleren”<br />
Hebel hingegen zielen auf eine<br />
„smarte Kostenoptimierung“ ab und versuchen,<br />
die „nicht auf <strong>de</strong>n ersten Blick“ ersichtlichen<br />
Potenziale zu erschließen.<br />
Hebel 1: Volumenkonzentration<br />
Hat ein Unternehmen sehr viele Lieferanten,<br />
dann ist dies oft ein Hinweis auf einen Mangel<br />
an strategischer Ausrichtung <strong>de</strong>s Einkaufs.<br />
Eine Analyse <strong>de</strong>r Beschaffungsgruppen und<br />
<strong>de</strong>s Einkaufsmarkts erlauben in diesem Fall<br />
die notwendige Korrektur. Sie ist umso wichtiger,<br />
je mehr Sparten und Standorte ein Unternehmen<br />
hat. Denn diese tendieren dazu,<br />
selbstständig und unabhängig voneinan<strong>de</strong>r<br />
einzukaufen. Hier hilft nur eine übergreifen<strong>de</strong><br />
Bün<strong>de</strong>lung <strong>de</strong>r Einkaufsvolumina von Beschaffungsgruppen,<br />
Geschäftsbereichen und<br />
Standorten. Durch eine Volumenbün<strong>de</strong>lung<br />
und Reduktion <strong>de</strong>r Lieferantenzahl erhöht sich<br />
auch die Verhandlungsmacht <strong>de</strong>s Unternehmens.<br />
Über die geeignete Zahl von Lieferanten
CM November / Dezember 2012<br />
Abb. 1: Die Erfolgsformel für <strong>de</strong>n Einkauf<br />
ist von Unternehmen zu Unternehmen individuell<br />
zu entschei<strong>de</strong>n.<br />
Hebel 2: Erweiterung <strong>de</strong>s Lieferantenkreises<br />
Der bestehen<strong>de</strong> Lieferantenkreis kann durch<br />
inländische und ausländische Lieferanten verstärkt<br />
in <strong>de</strong>n Wettbewerb gestellt wer<strong>de</strong>n. Viele<br />
Unternehmen zögern, das Angebot ausländischer<br />
Märkte durch Global Sourcing für ihren<br />
Einkauf einzukalkulieren. Damit bleiben wertvolle<br />
Einsparpotenziale ungenutzt. Bei einer<br />
Analyse <strong>de</strong>r ausländischen Märkte kann man<br />
meist schnell Lieferanten i<strong>de</strong>ntifizieren, die signifikante<br />
Kostenvorteile gegenüber <strong>de</strong>n heimischen<br />
Lieferanten bieten. Bezüglich Produktqualität<br />
und Versorgungssicherheit ist zwar<br />
oft Vorsicht geboten, aber ein konsequenter<br />
Lieferantenaufbau minimiert das Risiko. Ist das<br />
Auslandsgeschäft etabliert, können durch das<br />
Nutzen von Währungsschwankungen weitere<br />
Einsparungen erzielt wer<strong>de</strong>n.<br />
Hebel 3: Spezifikationsoptimierung<br />
Sie zielt darauf ab, durch ein „leichtes“ Verän<strong>de</strong>rn<br />
<strong>de</strong>s Produkts o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Dienstleistung<br />
günstigere Einkaufspreise zu erzielen. Dabei<br />
darf sich die Qualität <strong>de</strong>s Produkts o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />
Dienstleistung jedoch nur im vorgegebenen<br />
Maß än<strong>de</strong>rn. Die Substitution kostenintensiver<br />
Produkt- o<strong>de</strong>r Dienstleistungsbestandteile<br />
durch geeignete günstige Alternativen birgt<br />
weiteres Sparpotenzial. Auch eine stärkere<br />
Standardisierung (beziehungsweise „Entfeinerung”)<br />
<strong>de</strong>r Produkte ist vielversprechend.<br />
Durch z. B. eine Reduktion <strong>de</strong>r Variantenvielfalt<br />
entstehen größere Einkaufsvolumina, was<br />
auch die Produktionskosten lieferantenseitig<br />
senkt.<br />
Hebel 4: Optimierung <strong>de</strong>r Supply Chain<br />
Eine kritische Betrachtung <strong>de</strong>r gesamten<br />
Lieferkette (Supply Chain) offenbart oft interessante<br />
Einsparpotenziale. So lassen sich mit<br />
IT-Lösungen häufig die Prozesskosten senken<br />
wie z. B. durch <strong>de</strong>n Einsatz von elektronischen<br />
Katalogen zur Optimierung von Bestellprozessen.<br />
Auch beim physischen Materialfluss und<br />
in <strong>de</strong>r Logistik gibt es viele Ansatzpunkte für<br />
Einsparungen. So kann z. B. durch die Optimierung<br />
von Bestän<strong>de</strong>n das sogenannte<br />
Working Capital gesenkt wer<strong>de</strong>n. Ein weiterer<br />
Ansatz ist das Restrukturieren <strong>de</strong>r Beziehung<br />
zum Lieferanten.<br />
Der Einkauf sollte sich fragen, ob die Beziehung<br />
zum Lieferanten überhaupt sinnvoll ist.<br />
Eine Reflexion <strong>de</strong>r Preise <strong>de</strong>r Vorlieferanten<br />
und das Erwägen eines Direkteinkaufs bei<br />
ihnen sind oft aufschlussreich. Zuweilen<br />
macht es sogar Sinn, bestimmte Produkte<br />
selbst herzustellen. Um dies zu ermitteln, gilt<br />
es einen <strong>de</strong>taillierten Kostenvergleich zwischen<br />
Eigenleistung und Fremdbezug durchzuführen.<br />
Abb. 2: Übersicht Mengenhebel<br />
55
Die Erfolgsformel für <strong>de</strong>n Einkauf: Einsparpotenziale systematisch aufspüren<br />
Abb. 3: Gängige Systematik zur Kategorisierung von Beschaffungsgruppen<br />
Übergeordneter Hebel: internes/<br />
externes Benchmarking<br />
Um die vier Preis-/Prozesskostenhebel hinsichtlich<br />
ihrer Wirksamkeit einschätzen zu können,<br />
müssen die Einsparpotenziale quantifiziert<br />
wer<strong>de</strong>n. Wenn unternehmensintern bereits Vergleichskonditionen<br />
zum Beispiel für Spezifikationsoptimierungen<br />
vorliegen, dann kann hierüber<br />
ein firmeninternes Benchmarking erfolgen.<br />
Oft liegen entsprechen<strong>de</strong> Daten jedoch nicht<br />
vor. Dann empfiehlt es sich in <strong>de</strong>r Regel, ein externes<br />
Benchmarking durchzuführen. Es können<br />
zum Beispiel für alternative Spezifikationsvorschläge<br />
Angebote von Lieferanten eingeholt<br />
wer<strong>de</strong>n, um abzuschätzen, ob sich eine Spezifikationsoptimierung<br />
lohnt.<br />
Autor<br />
Die Mengenhebel ansetzen<br />
Die Mengenhebel lassen sich seltener als die<br />
Preis- und Prozesskostenhebel zum Einsatz<br />
bringen. Das macht ihre Prüfung aber nicht weniger<br />
wichtig. Denn einmal zum Einsatz gebracht,<br />
lassen sich mit ihnen signifikante<br />
Einsparungen erzielen. Die radikale Ausgangsfrage<br />
<strong>de</strong>r Prüfung ist, ob Beschaffungsgruppen<br />
überhaupt und wenn ja in welchen Mengen benötigt<br />
wer<strong>de</strong>n. Die Mengenhebel sind ein<strong>de</strong>utig<br />
und ihre Wirkungsweise ist in Abbildung 2<br />
zusammengefasst.<br />
Kritische Einordnung <strong>de</strong>r<br />
Hebelsystematik<br />
Der „reinen Lehre“ folgend, empfehlen sich bestimmte<br />
Sparhebel für bestimmte Unternehmenssituationen.<br />
Eine gängige Systematik zur<br />
Kategorisierung von Beschaffungsgruppen ist<br />
die 2x2 Matrix (siehe Abbildung 3). In ihr bil<strong>de</strong>t<br />
eine Achse die strategische Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Beschaffungsgruppe<br />
für das Unternehmen und<br />
die an<strong>de</strong>re die Komplexität <strong>de</strong>s Einkaufsmarktes<br />
ab. Aufgrund <strong>de</strong>r dargestellten Systematik<br />
wird häufig empfohlen, bei einer geringen<br />
Komplexität <strong>de</strong>s Einkaufsmarkts die<br />
Hebel zur aggressiven Kostenoptimierung<br />
(also „Volumenkonzentration“ und „Erweiterung<br />
<strong>de</strong>s Lieferantenkreises“) einzusetzen.<br />
Die „smarten“ Hebel wie „Spezifikationsoptimierung“<br />
und „Optimierung <strong>de</strong>r Supply Chain“<br />
hingegen sollen, wenn überhaupt, erst später<br />
angewen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n.<br />
Wer solchen Hinweisen folgt, verschenkt unter<br />
Umstän<strong>de</strong>n enorme Einsparpotenziale. Das<br />
sei am Beispiel eines Versicherungsunternehmens<br />
und seines Printbedarfs illustriert:<br />
Allein in Deutschland kamen für das Erstellen<br />
<strong>de</strong>r Printprodukte <strong>de</strong>r Versicherung<br />
Tausen<strong>de</strong> von Druckereien als Lieferanten in<br />
Frage. Zu<strong>de</strong>m boten zahlreiche Druckereien<br />
aus <strong>de</strong>m Ausland ihre Dienste an. Für die Versicherung<br />
hatte die Beschaffungsgruppe<br />
„Print“ eine hohe strategische Be<strong>de</strong>utung,<br />
weil das Geschäft weitgehend über gedruckte<br />
Versicherungsanträge, Broschüren und Flyer<br />
abgewickelt wird.<br />
56<br />
Dr. Bernhard Höveler<br />
ist geschäftsführen<strong>de</strong>r Gesellschafter <strong>de</strong>r auf Einkaufsoptimierung<br />
spezialisierten Beratungsgesellschaft HÖVELER HOLZ-<br />
MANN CONSULTING GmbH, Düsseldorf.<br />
E-Mail: bernhard.hoeveler@hoeveler-holzmann.com<br />
Aufgrund <strong>de</strong>r enorm hohen Zahl an Druckereien<br />
ist im Printbereich <strong>de</strong>r Wettbewerb hoch<br />
und die Einkaufsmarktkomplexität daher<br />
gering. Also lag es aufgrund <strong>de</strong>r oben dargelegten<br />
Systematik nahe, die Beschaffungsgruppe<br />
Print ausschließlich über das Ausnutzen<br />
<strong>de</strong>r Einkaufsmacht (Volumenkonzentra-
CM November / Dezember 2012<br />
tion und Erweiterung <strong>de</strong>s Lieferantenkreises)<br />
zu optimieren. Im konkreten Projekt zeigte<br />
sich aber, dass sich mit <strong>de</strong>n smarten Hebeln<br />
· Spezifikationsoptimierung (zum Beispiel<br />
Harmonisierung <strong>de</strong>r Papiersorten und<br />
-formate) sowie<br />
· Optimierung <strong>de</strong>r Supply Chain (zum Beispiel<br />
Vorverhan<strong>de</strong>ln <strong>de</strong>r Papierpreise, Optimierung<br />
<strong>de</strong>r Print-Logistik und getrennter<br />
Einkauf von Druckvorstufe und Druck)<br />
wesentlich höhere Einsparungen erzielen lassen.<br />
Bei einem schematischen Vorgehen gemäß<br />
<strong>de</strong>r gängigen Systematik wären sie nicht<br />
o<strong>de</strong>r erst in einem weiteren Schritt zum Einsatz<br />
gekommen.<br />
Erfolgsfaktoren beim I<strong>de</strong>ntifizieren<br />
von Einsparpotenzialen<br />
Das Wissen um die Systematik <strong>de</strong>r Erfolgsformel<br />
für <strong>de</strong>n Einkauf alleine garantiert noch nicht<br />
<strong>de</strong>n Erfolg. Es gibt weitere Erfolgsfaktoren.<br />
Prozess<strong>de</strong>nken<br />
Die Erfolgsformel für <strong>de</strong>n Einkauf unterstützt<br />
Unternehmen bei <strong>de</strong>r Auswahl ihrer Einkaufsstrategien<br />
für sämtliche Beschaffungsgruppen.<br />
Ohne Vor- und Nacharbeiten ist die Strategie<br />
aber nicht anwendbar. Erst nach einer Klärung<br />
<strong>de</strong>s Bedarfs und einer Analyse <strong>de</strong>s Einkaufsmarktes<br />
kann <strong>de</strong>r Einkauf mit dieser Formel<br />
Einsparhebel prüfen und auswählen. Die Lieferantenanalyse<br />
und -auswahl schließt sich an.<br />
Der Prozess en<strong>de</strong>t mit <strong>de</strong>r vertraglichen Fixierung<br />
und Implementierung.<br />
Cross-funktionale Teams<br />
Beim Heben <strong>de</strong>r Einsparpotenziale sollte <strong>de</strong>r<br />
Einkauf Hand in Hand mit <strong>de</strong>m Fachbereich und<br />
gegebenenfalls <strong>de</strong>m Controlling (Messung <strong>de</strong>r<br />
Einsparungen) arbeiten, um eine ganzheitliche<br />
Betrachtung zu erreichen.<br />
Systematische Vorgehensweise<br />
Um die Hebel erfolgreich zu prüfen, benötigt<br />
<strong>de</strong>r Einkauf eine Vielzahl von Informationen.<br />
Baumdiagramme strukturieren Arbeitsfragen<br />
und -thesen in logischen Ketten und systematisieren<br />
potenzielle Informationsquellen.<br />
Reporting/Erfolgsmessung<br />
Ohne ein Reporting und eine Erfolgsmessung<br />
ist ein Quantifizieren <strong>de</strong>r Einsparungen nicht<br />
möglich. Reporting und Erfolgsmessung schaffen<br />
Verbindlichkeit und einen gesun<strong>de</strong>n Handlungsdruck<br />
bei <strong>de</strong>n involvierten Mitarbeitern.<br />
Mo<strong>de</strong>rator<br />
Ein Mo<strong>de</strong>rator, <strong>de</strong>r die Erfolgsformel kennt,<br />
kann als „Wa<strong>de</strong>nbeißer“ agieren und das I<strong>de</strong>ntifizieren<br />
<strong>de</strong>r Einsparpotenziale antreiben. Als<br />
neutrale Instanz sorgt <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>rator für die<br />
Prüfung aller relevanten Hebel. Damit ist ein<br />
entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r Beitrag zum Quantifizieren und<br />
Realisieren <strong>de</strong>r Einsparpotenziale geleistet.<br />
Fazit<br />
Die besten Fußballer eines Lan<strong>de</strong>s spielen für<br />
<strong>de</strong>ssen Nationalmannschaft. Trotz<strong>de</strong>m begeben<br />
auch sie sich vor wichtigen Spielen und<br />
Turnieren in Trainingslager. Denn auch sehr<br />
gute Spieler können sich stetig verbessern und<br />
müssen je nach Gegner auf unterschiedliche<br />
Spieltaktiken eingestimmt wer<strong>de</strong>n. Dasselbe<br />
gilt für <strong>de</strong>n Einkauf. Auch er muss sich stets optimieren,<br />
damit er auf aktuelle und antizipierte<br />
Marktbedingungen, Produkt- o<strong>de</strong>r Preisentwicklungen<br />
adäquat reagieren kann. Die Erfolgsformel<br />
für <strong>de</strong>n Einkauf weist <strong>de</strong>n Beteiligten<br />
die Richtung und sorgt als Lotse dafür, dass<br />
kein Hebel außer Acht gelassen wird. Gera<strong>de</strong><br />
Einkäufer, die überzeugt sind, alle Potenziale<br />
ausgeschöpft zu haben, sollten kritisch prüfen,<br />
ob nicht doch noch Einsparungen zu erzielen<br />
sind. Denn das Thema, die Kosten-Nutzen-<br />
Relation zu verbessern, ist ein Dauerbrenner in<br />
Unternehmen.<br />
Ein kleiner Einblick in die Baustellentätigkeiten rund um <strong>de</strong>n Verlag für ControllingWissen<br />
in Wörthsee-Etterschlag, wo das Controller Magazin entsteht<br />
Im linken Bild sieht man die Heizungsrohrverlegung zwischen Verlagshaus und Controller Aka<strong>de</strong>mie, und rechts <strong>de</strong>n Bau von Parkplätzen<br />
direkt vor <strong>de</strong>m Verlagsgebäu<strong>de</strong>. Wir, das Verlagsteam freuen uns schon sehr, wenn die Damen und Herren <strong>de</strong>r Controller Aka<strong>de</strong>mie Anfang<br />
2013 zu uns umziehen :-) !<br />
57
Steuerung interner Dienstleister<br />
Steuerung interner Dienstleister<br />
von Kai Hoffmann und Jürgen Reinhard<br />
58<br />
Die Bün<strong>de</strong>lung von unterstützen<strong>de</strong>n Servicefunktionen<br />
in zentralen Einheiten (mit<br />
regionaler o<strong>de</strong>r globaler Verantwortung) ist in<br />
<strong>de</strong>n meisten Konzernen heutzutage gang und<br />
gäbe. Diese als Shared Service Center organisierten<br />
Einheiten sind oftmals sogar rechtlich<br />
eigenständige Gesellschaften, die speziell mit<br />
<strong>de</strong>m Ziel gegrün<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>n, eine optimale Servicebereitstellung<br />
für interne Kun<strong>de</strong>n sicherzustellen.<br />
Obgleich dieses Konzept inzwischen sehr weit<br />
verbreitet ist, kann man immer wie<strong>de</strong>r beobachten<br />
– insbeson<strong>de</strong>re einige Jahre nach <strong>de</strong>r<br />
Etablierung dieser Einheiten, wenn sich die<br />
Wogen <strong>de</strong>r Umorganisation geglättet haben, –<br />
dass die Steuerung dieser Dienstleister<br />
kein triviales Problem ist und oftmals durch<br />
suboptimale Lösungen zu erheblichen Reibungsverlusten<br />
führt. Dieser Artikel stellt die<br />
grundsätzlichen Steuerungsprobleme kurz<br />
vor und behan<strong>de</strong>lt dann einen Lösungsansatz,<br />
entwickelt in einem Projekt <strong>de</strong>r Verfasser.<br />
Steuerungsprobleme<br />
Im Folgen<strong>de</strong>n sprechen wir von internen Konzerndienstleistern<br />
und meinen damit interne<br />
Dienstleistungserbringer wie z. B. die Buchhaltungs-<br />
und Beschaffungsabteilung. Die Problemstellung<br />
ließe sich verallgemeinern auf<br />
innerbetriebliche Leistungserstellung an sich<br />
(also insbeson<strong>de</strong>re auch Produktion von Fertigund<br />
Halbfertigerzeugnissen) und die Steuerung<br />
<strong>de</strong>r Leistungsersteller – wir verzichten bewusst<br />
auf diese weitere Auslegung <strong>de</strong>r Thematik,<br />
<strong>de</strong>nn eine Betrachtung auch von innerbetrieblichen<br />
Produktionsstätten wür<strong>de</strong> hier zu weit<br />
führen und <strong>de</strong>n Rahmen sprengen.<br />
Grundsätzlich sind bei <strong>de</strong>r Steuerung interner<br />
Servicedienstleister die folgen<strong>de</strong>n Probleme<br />
zu beobachten:<br />
· Da <strong>de</strong>r Servicedienstleister selber <strong>de</strong>n Auftrag<br />
hat, möglichst kostengünstig zu produzieren<br />
und Effizienzgewinne an die internen<br />
Kun<strong>de</strong>n in Form sinken<strong>de</strong>r Preise weiterzugeben,<br />
können we<strong>de</strong>r EBIT (Ergebnis vor<br />
Steuern und Zinsen) noch Umsatz als wirkliche<br />
Messgrössen fungieren.<br />
· Die Leistungen selber sind sehr oft zwar<br />
marktnah, aber aufgrund historischer Gegebenheiten<br />
und Strukturen nicht vollkommen<br />
vergleichbar, so dass eine Steuerung auf Basis<br />
Marktvergleich schwer fällt. Vor allem die<br />
Kostenposition interner Dienstleister ist oft<br />
nicht vergleichbar mit spezialisierten Dritten,<br />
die „schlankere“ Strukturen und weniger<br />
„Altlasten“ wie hohe Pensionsverpflichtungen<br />
o<strong>de</strong>r höhere Lohnniveaus aus an<strong>de</strong>ren<br />
Tarifverträgen haben.<br />
· Die Kostenbasis ist oft stark fluktuierend,<br />
da externe Dienstleister herangezogen wer<strong>de</strong>n,<br />
um variable Kapazitätsanpassungen<br />
zu machen.<br />
· Produktivitätsgewinne sind sehr schwierig zu<br />
messen.<br />
Praxisbeispiel zur Lösung<br />
Das folgen<strong>de</strong> Beispiel beruht auf einem Projekteinsatz<br />
<strong>de</strong>r Autoren in einem weltweit operieren<strong>de</strong>n<br />
Konzern <strong>de</strong>r Dienstleistungsbranche.<br />
Die Implementierung liegt einige Jahre zurück,<br />
so dass die Ergebnisse bereits einer kritischen<br />
Prüfung standhalten und auf Nachhaltigkeit<br />
geprüft wer<strong>de</strong>n konnten.<br />
Ausgangssituation<br />
Der ursprüngliche Arbeitsumfang war beschränkt<br />
auf alle Servicedienstleister <strong>de</strong>s<br />
Konzerns in Deutschland. Der Projektauftrag<br />
lautete, ein neues Steuerungskonzept für<br />
diese Konzerndienstleister zu entwickeln –<br />
das Projekt wur<strong>de</strong> auf Konzernebene vom<br />
CFO gesponsert und hatte damit sowohl <strong>de</strong>n<br />
notwendigen Rückhalt als auch die notwendigen<br />
Freiheiten, um neue Wege zu gehen<br />
und komplett neue I<strong>de</strong>en in <strong>de</strong>r Firma einzuführen.<br />
Unter <strong>de</strong>n Konzerndienstleistern gab es sowohl<br />
rechtlich selbständige als auch rechtlich<br />
unselbständige Dienstleister, die als Abteilung<br />
innerhalb <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Konzernmuttergesellschaft<br />
organisiert waren. Die erbrachten<br />
Servicedienstleistungen reichten von<br />
Buchhaltung, Personalwesen (Personaladministration,<br />
Lohnbuchhaltung) über Fuhrparkmanagement<br />
bis zu IT-Leistungen –<br />
mit an<strong>de</strong>ren Worten also das komplette Spektrum<br />
notwendiger Unterstützungsleistungen.<br />
Gestartet wur<strong>de</strong> das Projekt mit einer Pilotierung<br />
im Bereich Buchhaltung (Shared Service<br />
Center Accounting), bevor eine Anwendung<br />
auf die übrigen Bereiche erfolgte.
CM November / Dezember 2012<br />
Abb. 1: Projektansatz<br />
Projektauftrag<br />
Der Projektansatz war in ein Vier-Phasen-Mo<strong>de</strong>ll<br />
geglie<strong>de</strong>rt, wie in Abbildung 1 dargestellt.<br />
Phase 1: Benchmarking<br />
In einem ersten Schritt wur<strong>de</strong> ein Benchmarking<br />
bei <strong>de</strong>n Konzerndienstleistern an<strong>de</strong>rer<br />
Grosskonzerne durchgeführt. Dieses Benchmarking<br />
sollte vor allem dazu dienen, eine<br />
Standortbestimmung zu erzielen; hierbei<br />
stand im Zentrum, die Dienstleister in ihrer<br />
Kosten-/Effizienzposition darzustellen und<br />
I<strong>de</strong>en zu sammeln, wie ein pragmatisches<br />
Steuerungskonzept ausgestaltet wer<strong>de</strong>n kann.<br />
Wie üblich beim Benchmarking gab es Probleme,<br />
direkt vergleichbare Firmen zu fin<strong>de</strong>n.<br />
Im Bereich <strong>de</strong>r konzerninternen Dienstleistungserbringung<br />
war es aber nicht zwingend<br />
erfor<strong>de</strong>rlich, in <strong>de</strong>rselben o<strong>de</strong>r vergleichbaren<br />
Branche zu benchmarken – die klassischen internen<br />
Dienstleistungen wie Finanzen o<strong>de</strong>r Personalwesen<br />
fin<strong>de</strong>t man ja in je<strong>de</strong>m größeren<br />
Unternehmen: Daher konnten über persönliche<br />
Kontakte relativ schnell Benchmarkingpartner<br />
gefun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n.<br />
Um <strong>de</strong>n Aufwand für <strong>de</strong>n Partner gering zu halten,<br />
wur<strong>de</strong> mit einem sehr vereinfachten<br />
Benchmarkingansatz gearbeitet, bei <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r<br />
Partner einen Fragebogen in einer Datenbank<br />
beantworten konnte – es wur<strong>de</strong> nur ein initialer<br />
Workshop angesetzt, um das Vorgehen zu besprechen,<br />
aber keine systematischen Interviews<br />
durchgeführt. Daneben stan<strong>de</strong>n die<br />
Benchmarkingpartner noch bei <strong>de</strong>r Validierung<br />
<strong>de</strong>r Daten für Rückfragen zur Verfügung – im<br />
Großen und Ganzen war ihr Aufwand aber sehr<br />
begrenzt, was auch so sein musste, da die Teilnahme<br />
am Benchmarking aus Sicht <strong>de</strong>r Partner<br />
eine reine Goodwill Aktion war. Die Abbildung 2<br />
zeigt das Vorgehen und <strong>de</strong>n Zeitaufwand beim<br />
Benchmarking.<br />
Phase 2: Bestimmung Steuerungskonzept<br />
Die Phase <strong>de</strong>r Bestimmung <strong>de</strong>s Zielsteuerungskonzepts<br />
wur<strong>de</strong> bewusst nach <strong>de</strong>m<br />
Benchmarking gesetzt. Grundsätzlich sollte die<br />
Bestimmung eines Steuerungskonzepts eine<br />
strategische Entscheidung sein, die unabhängig<br />
von <strong>de</strong>r Istsituation ist – dies birgt aber<br />
die Gefahr, dass eine sehr realitätsferne Strategie<br />
entwickelt wird, die enorme Anfor<strong>de</strong>rungen<br />
an die Organisation stellt, da die Ziellatte einfach<br />
zu hoch liegt. Um dies zu vermei<strong>de</strong>n und<br />
höhere Akzeptanz in <strong>de</strong>r Organisation für das<br />
Sollkonzept zu erhalten, wur<strong>de</strong> daher bewusst<br />
auf das En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Benchmarkingphase gewartet,<br />
um ein Steuerungskonzept zu entwickeln,<br />
welches die im Benchmarking ent<strong>de</strong>ckten<br />
Problembereiche konkret adressiert, aber<br />
gleichzeitig realistisch im Rahmen <strong>de</strong>s Implementierbaren<br />
bleibt.<br />
Konzeptionell wur<strong>de</strong>n vier verschie<strong>de</strong>ne<br />
Steuerungskonzepte angeschaut (siehe Abbildung<br />
3). Der Istzustand <strong>de</strong>r Organisation lag<br />
in einer Mischung aus Budget Center und<br />
Kos tenstellensteuerung – keines <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n<br />
Konzepte war in seiner Reinform implementiert.<br />
Grundsätzlich stand die Organisation aber<br />
näher an <strong>de</strong>r Budget Center-Steuerung als an<br />
<strong>de</strong>r Kostenstellensteuerung. Das Controlling<br />
Abb. 2: Ablauf <strong>de</strong>s Benchmarking<br />
59
Steuerung interner Dienstleister<br />
60<br />
Abb. 3: Steuerungskonzepte<br />
konzentrierte sich hauptsächlich auf Einhaltung<br />
<strong>de</strong>s gesetzten Kosten<strong>de</strong>ckels, und die Führungskräfte<br />
wur<strong>de</strong>n ebenfalls lediglich daran<br />
gemessen, ob das jährliche Budget eingehalten<br />
wur<strong>de</strong>. Erste Anzeichen einer Kostenstellensteuerung<br />
zeigten sich lediglich darin, dass<br />
Budgetabweichungen teilweise vor <strong>de</strong>m Hintergrund<br />
von geän<strong>de</strong>rten Leistungsoutputs rationalisiert<br />
wur<strong>de</strong>n.<br />
Auf dieser Basis wur<strong>de</strong> als Ziel <strong>de</strong>finiert, in <strong>de</strong>n<br />
nächsten drei Jahren eine vollumfängliche<br />
Kostenstellensteuerung für die Dienstleister<br />
einzuführen. Eine allfällige Profit Center- o<strong>de</strong>r<br />
Investment Center-Steuerung wur<strong>de</strong> zu<br />
diesem Zeitpunkt nicht in Betracht gezogen.<br />
Ausschlaggebend dafür waren zwei Grün<strong>de</strong>:<br />
Zum einen konnte nicht von einer Umsetzung<br />
im planbaren Zeitraum (d. h. binnen 1-3 Jahren)<br />
ausgegangen wer<strong>de</strong>n und zum an<strong>de</strong>ren<br />
war nicht bei allen Dienstleistern eine Gewinnverantwortung<br />
gewünscht.<br />
Bezüglich <strong>de</strong>s letzten Punkts zeigt sich, dass<br />
eine Controllingkonzeption für Konzerndienstleister<br />
natürlich auch immer auf die Gesamtsteuerungslogik<br />
<strong>de</strong>s Konzerns abgestimmt sein<br />
muss. Es müssen Mechanismen vorhan<strong>de</strong>n<br />
sein, die eine entsprechen<strong>de</strong> Implementierung<br />
<strong>de</strong>r Steuerungslogik unterstützen – konkret bei<br />
einer Profit Center-Verantwortung fehlten zum<br />
Beispiel etablierte Prozesse im Konzern, um<br />
entsprechen<strong>de</strong> Preisverhandlungen zu führen<br />
und dies in Planungsprozessen zu verankern.<br />
Auch waren viele Bereiche <strong>de</strong>r operativen Divisionen<br />
noch als reine Budgetcenter etabliert, so<br />
dass eine Steuerung <strong>de</strong>r Konzerndienstleis ter<br />
als Profit Center we<strong>de</strong>r gesamthaft konsis tent<br />
und damit zielführend war, noch auf viel Akzeptanz<br />
gestoßen wäre.<br />
Vielmehr kann in diesem Sinne die Entscheidung,<br />
eine Kostenstellensteuerung zu implementieren,<br />
als Beginn einer Verän<strong>de</strong>rungsreise<br />
interpretiert wer<strong>de</strong>n, die zu einem Paradigmenwechsel<br />
im gesamten Konzern führen sollte.<br />
Festlegung Zielkosten<br />
Autoren<br />
Jürgen Reinhard<br />
ist Direktor bei Deloitte Schweiz und leitet das Finance Transformation<br />
Team innerhalb <strong>de</strong>r SAP-Beratung. Bei großen Transformationsprojekten<br />
berät er seine Kun<strong>de</strong>n zu <strong>de</strong>n Än<strong>de</strong>rungen<br />
und Auswirkungen im Finanz- und Controllingbereich. Er hat zu<strong>de</strong>m<br />
langjährige Erfahrung bei <strong>de</strong>r Implementierung von steueroptimierten<br />
Supply Chain-Geschäftsmo<strong>de</strong>llen.<br />
E-Mail: jreinhard@<strong>de</strong>loitte.ch<br />
Auf Basis <strong>de</strong>r Benchmarkingergebnisse wur<strong>de</strong>n<br />
Zielkosten für die jeweiligen Dienstleister <strong>de</strong>finiert.<br />
Diese Zielkosten stellten auf Sicht drei<br />
Jahre das Soll dar, bei unverän<strong>de</strong>rten Rahmenbedingungen.<br />
Allerdings erfor<strong>de</strong>rt die Umsetzung<br />
einer Kostenstellensteuerung nicht nur<br />
die bloße Setzung eines Kosten<strong>de</strong>ckels (das<br />
wäre klassische Budgetsteuerung!), son<strong>de</strong>rn<br />
auch eine Betrachtung <strong>de</strong>r Leistungserbringung<br />
<strong>de</strong>s jeweiligen Dienstleisters. Der konzeptionelle<br />
Hauptunterschied zwischen einer Kostenstellen-<br />
und einer Budgetcentersteuerung<br />
wur<strong>de</strong> dabei von uns darin gesehen, dass bei<br />
Kos tenstellenverantwortung eine Rechtfertigung<br />
<strong>de</strong>r entstan<strong>de</strong>nen Kosten relativ<br />
zur Leistungserbringung stattfin<strong>de</strong>t, während<br />
eine Budgetcentersteuerung ledig absolut<br />
<strong>de</strong>n Kostenanfall kontrolliert. Diese Definition<br />
ist nicht zwingend die in <strong>de</strong>r Praxis übliche –<br />
dort wird meist von Kostenstellencontrolling<br />
gesprochen, wenn es um reines, absolutes<br />
Controlling <strong>de</strong>r Istkosten geht, unabhängig<br />
von erbrachten Services/Leistungen.<br />
Als Voraussetzung für die Definition von Zielstückkosten<br />
wur<strong>de</strong> mit je<strong>de</strong>m Dienstleister<br />
ein Leistungskatalog entwickelt – entschei<strong>de</strong>nd<br />
war dabei, je Leistung einen leicht messbaren<br />
Kostentreiber zu ermitteln. Außer<strong>de</strong>m<br />
war die Anfor<strong>de</strong>rung, sich auf wenige (je nach<br />
Größe <strong>de</strong>r Dienstleister zwischen 3 und 20)<br />
Leistungen zu beschränken, um einfache<br />
Handhabbarkeit zu gewährleisten. Abbildung 4<br />
skizziert das Vorgehen.<br />
Daher wur<strong>de</strong>n teilweise sehr gut messbare<br />
und taugliche Kostentreiber ermittelt (z. B. Anzahl<br />
Personalabrechnungen pro Monat), teilweise<br />
war es aber auch sehr schwierig, messbare,<br />
sinnvolle und verständliche Kostentreiber<br />
zu fin<strong>de</strong>n (z. B. Anzahl Verhandlungen mit <strong>de</strong>m<br />
Kai Hoffmann<br />
ist Berater bei Deloitte, Schweiz und seit mehr als 10 Jahren im<br />
Beratungsgeschäft tätig. Der Fokus liegt dabei auf <strong>de</strong>r Implementierung<br />
von SAP-gestützten Geschäftsprozessoptimierungen<br />
und Business Transformation-Projekten.<br />
E-Mail: kahoffmann@<strong>de</strong>loitte.ch
CM November / Dezember 2012<br />
Abb. 4: Definition von Zielstückkosten<br />
Sozialpartner – dies ist eine sehr schlecht<br />
zum Aufwand korrelierte Größe, allerdings<br />
konnte kein an<strong>de</strong>rer Mengentreiber gefun<strong>de</strong>n<br />
wer<strong>de</strong>n).<br />
Letztere Tatsache hat <strong>de</strong>r Gesamtimplementierung<br />
aber keinen Abbruch getan – es waren<br />
eher Detailschwierigkeiten, wie sie in je<strong>de</strong>m<br />
Projekt vorkommen, und die Erkenntnis, dass<br />
es kaum jemals <strong>de</strong>n „one size fits all“-Ansatz<br />
gibt. Als Lehre aus <strong>de</strong>n Schwierigkeiten könnte<br />
man bei vergleichbaren Projekten in Erwägung<br />
ziehen, bestimmte Bereiche aufgrund fehlen<strong>de</strong>r<br />
Eignung (z. B. gesetzlich zwingend zu<br />
erbringen<strong>de</strong> Leistungen, die nicht unbedingt<br />
steuerbar sind) auszuklammern.<br />
Die <strong>de</strong>finierten Leistungen wur<strong>de</strong>n in einem<br />
nächsten Schritt ins Verhältnis zu <strong>de</strong>r gebenchmarkten<br />
Kostenbasis und <strong>de</strong>r ge<strong>de</strong>ckelten Zielkostenbasis<br />
gesetzt. Zusammen mit <strong>de</strong>n Istmengenvolumen<br />
aus <strong>de</strong>m Jahr <strong>de</strong>s Benchmarking<br />
und <strong>de</strong>n erwarteten Mengenvolumina<br />
konnten so Leistungsstückkosten und Leistungszielstückkosten<br />
errechnet wer<strong>de</strong>n. Die<br />
Extrapolation <strong>de</strong>r Mengenvolumina wur<strong>de</strong> dabei<br />
extrem einfach gehalten und orientierte sich<br />
genauso wie die Zielkostenvereinbarung an <strong>de</strong>n<br />
Mittelfristplanungsprämissen.<br />
Neben <strong>de</strong>r Schätzung <strong>de</strong>r Mengenvolumina<br />
war in diesem Schritt die Herausfor<strong>de</strong>rung, die<br />
Gesamtkosten sinnvoll <strong>de</strong>n Leistungen zuzuordnen<br />
– dies natürlich ohne die Hilfsmittel einer<br />
systemunterstützten Produktkostenrechnung.<br />
Daher war dies letztlich eine sehr grobe<br />
Kos tenverteilung auf Excelbasis, die sich<br />
primär an <strong>de</strong>r Struktur <strong>de</strong>r Budgetcenter mit<br />
einem zusätzlichen Gemeinkostenzuschlag<br />
orien tierte.<br />
Beispielsweise wur<strong>de</strong> die Leistung „Personalabrechnung“<br />
einfach so kalkuliert, dass<br />
die Gesamtkosten <strong>de</strong>r Abteilung samt einem<br />
prozentualen Aufschlag durch die Zahl durchgeführter<br />
Abrechnungen dividiert wur<strong>de</strong>n. Innerbetriebliche<br />
Leistungsbeziehungen wur<strong>de</strong>n<br />
dabei komplett ausgeblen<strong>de</strong>t (z. B. die Tatsache,<br />
dass die Personalabrechnung Leistungen<br />
<strong>de</strong>r Finanzbuchhaltung in Anspruch nimmt).<br />
Dies ist natürlich ein sehr einfacher und fehlerbehafteter,<br />
dafür aber pragmatischer Ansatz.<br />
Gerechtfertigt wer<strong>de</strong>n konnte er damit, dass<br />
ein Hauptziel <strong>de</strong>s Projekts die Herbeiführung<br />
eines Paradigmenwechsels im Controlling<br />
und im Denken <strong>de</strong>r Mitarbeiter war. Dies<br />
kann man mit hemdsärmelig berechneten<br />
Kostengrößen genauso gut erreichen wie mit<br />
aka<strong>de</strong>misch korrekt berechneten Werten – mit<br />
<strong>de</strong>m Unterschied, dass Letzteres prohibitiv<br />
teuer ist.<br />
Abbildung 5 skizziert die Ergebnisse aus dieser<br />
Projektphase – auf Gesamtkostenbasis konnte<br />
eine Effizienzlücke gezeigt wer<strong>de</strong>n, genauso<br />
wie auf einzelner Leistungsebene. Wie im vorangegangen<br />
Kapitel gezeigt wur<strong>de</strong>, war Letzteres<br />
ein entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>s konzeptionelles Element,<br />
<strong>de</strong>nn die Steuerung als Kostenstelle be<strong>de</strong>utete<br />
für uns, nicht nur die Inputseite (Kosten),<br />
son<strong>de</strong>rn auch die Outputseite, die Leistungen<br />
zu verantworten.<br />
Es bleibt hier anzumerken, dass es natürlich<br />
wünschenswert gewesen wäre, direkt die Leistungen<br />
<strong>de</strong>r Dienstleister zu benchmarken und<br />
nicht nur eine Gesamtkostenbasis. Dies war<br />
aber dadurch unmöglich, dass man teilweise<br />
sehr branchenspezifische, nicht marktgängige<br />
Dienstleistungen zu bewerten hatte (und keinen<br />
Benchmarkingpartner aus <strong>de</strong>r Branche hatte),<br />
und zum an<strong>de</strong>ren konnte man nur eine genügen<strong>de</strong><br />
Anzahl Benchmarkingpartner gewinnen,<br />
in<strong>de</strong>m ein schnelles und unkompliziertes Verfahren<br />
zugesichert wur<strong>de</strong>. Dies wäre nicht <strong>de</strong>r<br />
Fall gewesen, hätte man auf Leistungsebene<br />
benchmarken wollen.<br />
Phase 4: Umsetzungscontrolling<br />
In <strong>de</strong>r Phase <strong>de</strong>s Umsetzungscontrollings galt<br />
es, die Schließung <strong>de</strong>r oben bestimmten Effizienzlücke<br />
zu überwachen. Die im Rahmen<br />
<strong>de</strong>r vorangegangenen Projektphasen etablierten<br />
Kalkulationsmo<strong>de</strong>lle auf Basis <strong>de</strong>r <strong>de</strong>fi-<br />
61
Steuerung interner Dienstleister<br />
strumentarien dafür wur<strong>de</strong>n zumin<strong>de</strong>st erfolgreich<br />
implementiert.<br />
Fazit<br />
62<br />
Abb. 5: Effizienzrechnung<br />
nierten Leistungen (also die Zuordnung von<br />
Kos ten auf Leistungen, die im Rahmen <strong>de</strong>s<br />
Benchmarkings und <strong>de</strong>r Zielkostenbestimmung<br />
durchgeführt wor<strong>de</strong>n waren) wur<strong>de</strong>n in dieser<br />
Phase institutionalisiert und automatisiert, so<br />
dass Ist-Zielkosten bestimmt wer<strong>de</strong>n konnten.<br />
Dies erfolgte im ersten Jahr als reine „Excel-<br />
Übung“ außerhalb von ERP-Systemen.<br />
Hauptgrund dafür war die aktuelle Situation<br />
<strong>de</strong>s Konzerns, <strong>de</strong>r gera<strong>de</strong> ein größeres ERP-<br />
Projekt durchgeführt hatte und erst einmal<br />
Stabilität in diesem Bereich erzeugen wollte.<br />
Rückblickend hat sich diese „offline“-Pilotierung<br />
aber bewährt, da die Controller in allen<br />
Bereichen so Vertrauen in das neue Tool und<br />
die neuen Zahlen gewinnen konnten; und aufgrund<br />
<strong>de</strong>r sich durch das Projekt ziehen<strong>de</strong>n<br />
Prämisse „keep it simple“ war das Excel-<br />
Nebenreporting auch nicht allzu kompliziert.<br />
Anzumerken bleibt aber, dass nach einem<br />
Jahr das Nebenreporting durch eine Implementierung<br />
im SAP abgelöst wur<strong>de</strong> – die<br />
Zielkos tenrechnung hatte sich gewissermaßen<br />
als Controllingtool etabliert.<br />
Wichtiger noch als die technische Realisierung<br />
war im Rahmen <strong>de</strong>s Umsetzungscontrollings<br />
natürlich die Definition, Umsetzung, Steuerung<br />
und Nachverfolgung konkreter Maßnahmen<br />
zur Deckung <strong>de</strong>r Effizienzlücken. Die Tatsache,<br />
dass man Effizienzlücken auf einzelnen „Marktleistungen“<br />
<strong>de</strong>finiert hatte, half <strong>de</strong>n Einheiten<br />
dabei enorm. Zum einen wur<strong>de</strong>n so überschaubare<br />
Bereiche geschaffen, zum an<strong>de</strong>ren wur<strong>de</strong>n<br />
viele Sparpotenziale im Sinne <strong>de</strong>s Target<br />
Costings ermittelt: In intensiven Kun<strong>de</strong>ngesprächen<br />
stellte sich heraus, wofür <strong>de</strong>r interne Konzerndienstleister<br />
geschätzt wur<strong>de</strong> und welche<br />
Leistungen <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong> zwar nutzte, aber nicht<br />
wirklich brauchte, beziehungsweise nicht bereit<br />
war dafür zu zahlen. Ein klassisches Beispiel<br />
auf diesem Sektor waren im Bereich <strong>de</strong>r Instandhaltung<br />
Reinigungsarbeiten an Betriebsmitteln,<br />
die bis dahin viel zu häufig durchgeführt<br />
wor<strong>de</strong>n waren.<br />
Das Konzept ließ sich auch in <strong>de</strong>n jährlichen<br />
Planungsprozess übertragen. Das heißt, dass<br />
neben <strong>de</strong>r üblichen Kostenplanung auch eine<br />
Leistungsmengenplanung (Ausbringungsmenge)<br />
erfolgte, die es ermöglichte, Planstückkosten<br />
zu berechnen. Somit konnte im Controlling<br />
eine Plan-Ist-Soll-Stückkostenbetrachtung<br />
durchgeführt wer<strong>de</strong>n. Zur Kalkulation <strong>de</strong>r Planstückkosten<br />
kamen natürlich dieselben Mo<strong>de</strong>lle<br />
zum Einsatz wie im Ist, was eine höhere Planungsgenauigkeit<br />
erfor<strong>de</strong>rte, <strong>de</strong>nn bis dahin<br />
war die Planung nicht kostenstellengenau<br />
durchgeführt wor<strong>de</strong>n. Eine exakte Planung<br />
wur<strong>de</strong> nun aber notwendig, um die Kostenzuweisung<br />
auf Leistungsarten und die entsprechen<strong>de</strong><br />
Berechnung <strong>de</strong>r Planstückkosten zu<br />
unterstützen.<br />
Ergebnisse<br />
Gesamt gesehen wur<strong>de</strong> das unmittelbare<br />
Hauptziel <strong>de</strong>r Initiative, nämlich höhere Effizienz<br />
in <strong>de</strong>r innerbetrieblichen Leistungserbringung<br />
zu erreichen, erfolgreich umgesetzt.<br />
Viel wichtiger ist allerdings, dass <strong>de</strong>m mittelfristigen<br />
Ziel, ein Um<strong>de</strong>nken in <strong>de</strong>r Unternehmung<br />
zu erreichen, min<strong>de</strong>stens <strong>de</strong>r Bo<strong>de</strong>n bereitet<br />
wur<strong>de</strong>. Ein spürbares Abkehren von <strong>de</strong>r<br />
„Supermarktmentalität“ beim Konsumieren<br />
interner Services hin zu mehr Kostenbewusstsein,<br />
sowohl auf Abnehmer- als<br />
auch Anbieterseite, wur<strong>de</strong> mit Sicherheit erreicht.<br />
Ob dies dauerhaft so gelebt wer<strong>de</strong>n<br />
wird, bleibt abzuwarten. Die Prozesse und In-<br />
Da im Rahmen <strong>de</strong>r Fokussierung auf Kernkompetenzen<br />
immer mehr Konzerne ihre internen<br />
Servicedienstleister auf die Probe stellen, in<strong>de</strong>m<br />
sie sie ausglie<strong>de</strong>rn und so versuchen,<br />
Transparenz in die Leistungserstellung zu bekommen,<br />
gewinnt die Frage, wie man diese<br />
Dienstleister optimal steuern sollte, an Be<strong>de</strong>utung.<br />
Oftmals wird die Ausglie<strong>de</strong>rung – insbeson<strong>de</strong>re<br />
die rechtliche – als hinreichen<strong>de</strong>s Mittel<br />
gesehen, um eine Effizienzsteigerung zu bewerkstelligen,<br />
in<strong>de</strong>m man darauf hofft, dass<br />
die „Kräfte <strong>de</strong>s Marktes“ greifen bzw. die<br />
Separierung <strong>de</strong>r Einheiten allein für die notwendige<br />
Transparenz sorgt.<br />
Diese Sicht greift in <strong>de</strong>r Regel zu kurz, da es<br />
sich bei internen Dienstleistern im Allgemeinen<br />
nicht um Einheiten han<strong>de</strong>lt, die unmittelbar<br />
marktfähig sind – und es oftmals auch gar<br />
nicht sollen. Vielmehr geht es darum, die<br />
spezifischen Rahmenbedingungen konzerninterner<br />
Dienstleiter sinnvoll in eine<br />
umfassen<strong>de</strong> Controllingkonzeption zu integrieren.<br />
Hier ist aus unserer Sicht entschei<strong>de</strong>nd,<br />
ein hybri<strong>de</strong>s Anreizsystem einzurichten,<br />
welches we<strong>de</strong>r rein auf Erlösmaximierung noch<br />
auf reine Kostenreduktion abzielt.<br />
Das Praxisbeispiel zeigt, dass eine Zielkostensteuerung<br />
ein solches Anreizsystem<br />
sein kann, <strong>de</strong>nn we<strong>de</strong>r wird vom Dienstleister<br />
ein reines „cost cutting“ gefor<strong>de</strong>rt (die Kosten<br />
können im Prinzip je<strong>de</strong> Höhe erreichen, sofern<br />
interne Abnehmer für die Leistungen gefun<strong>de</strong>n<br />
wer<strong>de</strong>n) noch wird er an einer Erlösmaximierung<br />
gemessen, die ja aus interner Abnehmersicht<br />
kontraproduktiv wäre.
CM November / Dezember 2012<br />
Happiness Is But A State Of Mind –<br />
Glückliche Unternehmen<br />
von Frank-J. und Kerin Witt – Teil 2 –<br />
Glückliche Mitarbeiter<br />
Aus <strong>de</strong>n Unternehmenskultureffekten folgt die<br />
Frage nach eher individueller Glückstreibung<br />
für einzelne Mitarbeiter(gruppen). Im Sinne<br />
eines sog. Ankerpunktes gibt eine individuelle<br />
Glückssituation (z. B. Phase <strong>de</strong>r Familiengründung)<br />
<strong>de</strong>n <strong>de</strong>rzeitigen, also <strong>de</strong>n lebensphasen-spezifischen<br />
Glückshöchstwert auf<br />
einer 10er Ratingskala dar. Dieser Peak-Wert<br />
und die zugehörige Glückssituation mögen<br />
sich war im Lebensverlauf über die Lebensphasen<br />
hin än<strong>de</strong>rn, so etwa durch <strong>de</strong>n Pauschaleffekt<br />
<strong>de</strong>s Alterns mit an<strong>de</strong>ren Werten<br />
und Empfindungen. Bezogen auf einen einzelnen,<br />
aktuell fokussierten Lebensabschnitt jedoch<br />
kann dieser Personen-Höchstwert in<br />
Bezug zum unternehmensbedingten Glück<br />
gesetzt wer<strong>de</strong>n. Vor diesem Metho<strong>de</strong>nhintergrund<br />
ist man in <strong>de</strong>r Lage, <strong>de</strong>n unternehmensbedingten<br />
Glückstreibern Ratingwerte<br />
zuzuordnen. Typische Glückstreiber und<br />
Glücksbedingungen sind in Abbildung 5<br />
dargestellt (Ratingwerte). In Abbildung 5 können<br />
nicht alle Items gleichermaßen auf die<br />
drei fokussierten Mitarbeitergruppen zutreffen<br />
(z. B. stark eingeschränkte Selfcontrollingmöglichkeiten<br />
auf <strong>de</strong>r Workerebene); in diesen<br />
Fällen wur<strong>de</strong>n möglichst ähnliche Items<br />
unterstellt. Es zeigt sich, dass<br />
· nicht nur direkt gestaltbare Treiber, son<strong>de</strong>rn<br />
auch biographische Effekte (etwa Zugehörigkeitsdauer<br />
zum Unternehmen eher als<br />
Rahmenbedingung) und lediglich indirektlangfris<br />
tig beeinflussbare Effekte (etwa<br />
Freundschafts- und Kooperationszirkel; vgl.<br />
auch Rank 2008) eine jeweils tragen<strong>de</strong><br />
Rolle spielen<br />
· die einzelnen Treiber sich gravierend bei verschie<strong>de</strong>nen<br />
Mitarbeitergruppen unterschei<strong>de</strong>n.<br />
Die alte schwarz/weiß-malen<strong>de</strong> Differenzierung<br />
zwischen <strong>de</strong>r Worker- vs. <strong>de</strong>r<br />
Managerebene, die inzwischen eher als<br />
überholt gelten dürfte, tritt hier noch einmal<br />
<strong>de</strong>utlich zutage!<br />
· es „peaks of luck and maybe happiness“<br />
gibt, die als kurzfristige Glücksmomente<br />
durchaus mit privaten Glücksmomenten mithalten<br />
können, so beispielsweise Karriereaufstieg,<br />
explizit einer kleinen Personengruppe<br />
zugeordneter Projekterfolg, neue attraktive<br />
Mitarbeiter. Letztlich sind all diese unternehmerischen<br />
Glücksaspekte in engem<br />
Bezug zur privaten Situation (Status- und<br />
Einkommensän<strong>de</strong>rung durch Karrierefortschritt,<br />
Partner- o<strong>de</strong>r Flirtchance) zu sehen,<br />
aber immerhin stellen sich <strong>de</strong>nnoch eine<br />
originär aus <strong>de</strong>m Unternehmen kommen<strong>de</strong><br />
Glückssituation dar bzw. generieren diese<br />
Situation.<br />
63
Happiness Is But A State Of Mind<br />
Abb. 5: Glückstreiber und Glücksbedingungen in <strong>de</strong>r Unternehmenskultur<br />
64<br />
Neben <strong>de</strong>n aus Abbildung 5 ersichtlichen Items<br />
gibt es – z. T. zu Abbildung 5 redundante –<br />
Kernfragen zur unternehmerischen Glückssituation.<br />
Dies zeigt Abbildung 6 (anhand einer<br />
Ratingskala mit 10 Positiv- und 10 Negativwerten).<br />
Controllingkulturtypen sind (Witt 1994):<br />
Typ 1: Stagnieren<strong>de</strong> Kostenrechnungskultur<br />
ohne Weiterentwicklung<br />
Typ 2: Strategisch-entwicklungsorientiertes<br />
Controlling<br />
Typ 3: Personengebun<strong>de</strong>nes Controlling<br />
Typ 4: Extern- und consultinginduziertes<br />
Controlling<br />
Typ 5: Wert- und wertkettenbasiertes<br />
Controlling.<br />
Abbildung 7 (Witt 1994, 5) veranschaulicht, mit<br />
welchem Schwergewicht (= Größe <strong>de</strong>r<br />
schraffierten Fläche) diese einzelnen Controllingkulturtypen<br />
in <strong>de</strong>n vier klassischen Deal/<br />
Kennedy-Kulturen vertreten sind. So ist beispielsweise<br />
Controllingkulturtyp 1 dominant in<br />
<strong>de</strong>r Tough-Guy-Kultur vertreten, in <strong>de</strong>r Bet-<br />
Your-Company-Kultur in<strong>de</strong>s nur recht spärlich.<br />
In Abbildung 8 sind auf <strong>de</strong>n Koordinatenachsen<br />
jeweils Ratingwerte aufgetragen, wie Manager<br />
(Ordinate) vs. Controller (Abszisse) in <strong>de</strong>n einzelnen<br />
Controllingkulturtypen ihre Glückssituation<br />
einschätzen. Die Bubble- bzw. die Blasengröße<br />
gibt einen Hinweis auf <strong>de</strong>n Be<strong>de</strong>utungsanteil<br />
<strong>de</strong>s jeweiligen Controllingkulturtyps in <strong>de</strong>r Praxis.<br />
Wirft man nun in Abbildung 8 einen speziellen<br />
Blick auf <strong>de</strong>n Zusammenhang zwischen<br />
Controllingkultur und Glückssituation, so<br />
wird <strong>de</strong>utlich, dass sich Manager und Controller,<br />
die sich – ja zwangsläufig – in ein und <strong>de</strong>rselben<br />
Controllingkultur befin<strong>de</strong>n, diese jeweilige<br />
Kultur gleichermaßen glückstreibend vs.<br />
glückshemmend empfin<strong>de</strong>n. Es gibt also keine<br />
gravieren<strong>de</strong>n Divergenzen zwischen Controllern<br />
und Managern, da sich die einzelnen Kulturtypen<br />
in etwa an <strong>de</strong>r Winkelhalbieren<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s<br />
Portfolios positionieren. Positionen auf <strong>de</strong>r<br />
45°-Achse selbst repräsentieren ja vollkommenen<br />
Gleichschritt zwischen Abzissen- und<br />
Ordinatenmeinung. Zu<strong>de</strong>m zeigt sich, dass Typ<br />
2, also die Controllingkultur mit hohem strategischen<br />
Anteil, die relativ beste Glücksposition<br />
bietet, während Typ 1 die relativ „unglücklichste“<br />
Situation darstellt.<br />
Die jeweilige Unternehmenskultur puffert von<br />
außen kommen<strong>de</strong> und nach außen treten<strong>de</strong>n<br />
Risiken und Krisen unterschiedlich ab. Ohne<br />
hier auf die einzelnen Kulturtypen differenziert<br />
einzugehen, veranschaulicht Abbildung 9 (Nix/<br />
Schnöring/Siegert 2009), in welchem Umfang<br />
einzelne Krisenarten das Image bzw. die Unter-
CM November / Dezember 2012<br />
nehmensreputation erschüttern (die ursprüngliche<br />
4er Ratingskala umgerechnet auf<br />
eine 10er Skala); hohe Ratingwerte signalisieren<br />
hier also große Reputationseinbrüche bzw.<br />
-krisen aus Sicht <strong>de</strong>r Öffentlichkeit. Im Vergleich<br />
dazu sind Glückskrisen noch höher mit<br />
ihrem potenziellen Negativ-Leverage einzuschätzen.<br />
Wie nämlich Abbildung 10 ver<strong>de</strong>utlicht,<br />
sind diese Glückskrisenelemente sowohl<br />
aus Mitarbeiter- als auch aus externer Stakehol<strong>de</strong>rsicht<br />
und ebenfalls aus <strong>de</strong>r Perspektive<br />
<strong>de</strong>r allgemeinen Öffentlichkeit mit einem i. d. R.<br />
noch höheren Negativ-Leverage (= höhere<br />
Ratingwerte) ausgestattet. M.a.W.: Diese Risikoelemente<br />
für Glückskrisen in Abbildung 10<br />
zeigen an, in welchem Ausmaß Mitarbeiter vs.<br />
an<strong>de</strong>re Stakehol<strong>de</strong>rs vs. die breite Öffentlichkeit<br />
die Harmonie und insofern auch die Glücksaustrahlung<br />
negativ beeinflusst sehen.<br />
Fazit und Controller´s Glück<br />
Controller´s allgemeine Glückstreiber wer<strong>de</strong>n<br />
als Fazit in einen Be<strong>de</strong>utungs- bzw. Gewichtungsvergleich<br />
zum Manager gesetzt (Ratingwerte<br />
in Abbildung 11, in <strong>de</strong>r Tabelle aus<br />
Darstellungsgrün<strong>de</strong>n auf eine Nachkommastelle<br />
gerun<strong>de</strong>t). Ohne auf Alters-, Branchenund<br />
Unternehmensgrößenunterschie<strong>de</strong> hier<br />
eingehen zu können, zeigen sich anhand <strong>de</strong>r<br />
ausgewählt dargestellten Items insgesamt viele<br />
Entsprechungen und Gemeinsamkeiten.<br />
Dabei wird durch die Personengruppendifferenzierung<br />
in<br />
1. Controller im kleineren Mittelstand<br />
2. Controller im größeren Mittelstand<br />
3. Konzern<strong>controller</strong><br />
4. Topmanager<br />
5. Middle-Management<br />
6. Lower-Management<br />
7. Familienunternehmer/Eigentümer<br />
8. Externer Consultant<br />
zusätzliche Transparenz in die Analyse<br />
gebracht.<br />
Abb. 6: Glückskernfragen (Auswahl)<br />
Abbildung 11 zeigt, dass <strong>de</strong>r unternehmerische<br />
Glücksbeitrag im Vergleich zu allgemeinen<br />
Glücksbeiträgen meist nur relativ gering<br />
ist, speziell aber Topmanager und Unternehmer/Eigentümer<br />
hier wohl glücksempfänglicher<br />
als manche an<strong>de</strong>re Personengruppen<br />
sind. Kurzfristig kann allerdings Unzufrie<strong>de</strong>nheit<br />
– etwa durch Arbeitsbelastung und Monkeys<br />
(vgl. etwa Witt/Witt 2012e) – glücksreduzierend<br />
wirken.<br />
Abbildung 12 veranschaulicht abschließend, ob<br />
und in welchem Umfang Glück vs. Zufrie<strong>de</strong>nheit<br />
vs. Motivation zusammenhängen, und<br />
zwar wie<strong>de</strong>rum in Bezug auf die bereits aus Abbildung<br />
9 bekannte Differenzierung in acht Personengruppen,<br />
wobei namentlich beim Topmanagement<br />
und bei Familienunternehmern die<br />
Frem<strong>de</strong>inschätzung <strong>de</strong>r Motivation unterblieb<br />
und vielmehr durch <strong>de</strong>n Ratingwert ersetzt<br />
wur<strong>de</strong>, <strong>de</strong>n auch die Selbsteinschätzung <strong>de</strong>r<br />
Motivation trägt. Controller aus größeren Mittelstandsunternehmen<br />
führen das Glücksranking<br />
<strong>de</strong>r Controllergil<strong>de</strong> an. Zu<strong>de</strong>m sind sie fast<br />
ähnlich glücklich wie Topmanager. Dies liegt vor<br />
allem daran, dass die individuellen Freiräume<br />
relativ groß sind.<br />
Ferner ist in Abbildung 10 aber auch ohne<br />
Einsatz weiterer formaler statistischer Metho<strong>de</strong>n<br />
(etwa Korrelationskoeffizient) nur mit<br />
bloßem Augenschein schon erkennbar, dass<br />
Zufrie<strong>de</strong>nheit und Glücksempfin<strong>de</strong>n nicht<br />
unbedingt eng zusammenhängen. Überdies<br />
korrelieren auch die Motivationseinschätzungen<br />
nicht beson<strong>de</strong>rs eng mit Glück und<br />
Zufrie<strong>de</strong>nheit.<br />
Als Quintessenz wer<strong>de</strong>n wir uns nicht zu Glücksempfehlungen<br />
treiben lassen. Gleichwohl fielen<br />
uns einige Ten<strong>de</strong>nzen auf, die wir noch einmal<br />
separat als zusammenfassen<strong>de</strong>s Statement<br />
formulierten und durch Controller und Manager<br />
raten ließen. Diese daraus resultieren<strong>de</strong>n Ergebnisse<br />
veranschaulicht zusammenfassend<br />
Abbildung 13. Daraus abgeleitet vielleicht dann<br />
doch eine wenn auch sehr vergröberte Meta-<br />
65
Happiness Is But A State Of Mind<br />
Abb. 9: Krisenelemente für die Unternehmensreputation<br />
Abschließend nun noch eine Grundsatzperspektive in Abbildung 14:<br />
Manager sind insgesamt wohl glücklicher als Controller, was das<br />
„Gesamtglück“ anbelangt! An<strong>de</strong>rs als in Abbildung 12 dargestellt, die<br />
eher die Unternehmenssituation fokussiert, zeigt Abbildung 14 die<br />
Eigeneinschätzung <strong>de</strong>s Gesamtglücks bzw. <strong>de</strong>r Gesamtlebenssituation<br />
Abb. 7: Deal/Kennedy-Kulturtypen und Be<strong>de</strong>utungsgewicht <strong>de</strong>r dort jeweils<br />
vertretenen fünf Controllingkulturtypen<br />
Empfehlung: „Go home and lead a quiet life“, die <strong>de</strong>m Vollblut-Controller<br />
vielleicht gar nicht so gefällt – <strong>de</strong>nn wer analysiert, kommuniziert und<br />
überzeugt, ist gar nicht so „quiet“. Dennoch: Der typische Controller<br />
scheint für sein Glück weniger materielle Dinge zu benötigen als ein<br />
Manager; er ist relativ beschei<strong>de</strong>ner und lebt relativ weniger mondän, ist<br />
also in Bezug auf sein Unternehmens- und Lebensglück doch schon ein<br />
bißchen „quiet“.<br />
66<br />
Abb. 8: Zusammenhang zwischen Controllingkulturtypen und Glücksempfin<strong>de</strong>n<br />
Abb. 10: Risikoelemente für Glückskrisen (Perspektive <strong>de</strong>r Mitarbeiter,<br />
weitere Stakehol<strong>de</strong>r, Allgemein-Öffentlichkeit)
CM November / Dezember 2012<br />
einschl. <strong>de</strong>s „Privatglücks“, das – häufiger<br />
eher als das aus <strong>de</strong>r Unternehmenssituation<br />
kommen<strong>de</strong>n Glücksempfin<strong>de</strong>n – auch schwere<br />
Schicksalsschläge umfasst (Tod <strong>de</strong>s Partners<br />
u. Ä.). Redundant zu Abbildung 12 ist in<br />
Abbildung 14 noch einmal das „Durchschnittsglück<br />
aus Unternehmen“ aufgetragen:<br />
Bei allen Vorbehalten, mathematisch die Differenz<br />
zwischen Gesamtglück und Unternehmensglück<br />
zu berechnen und sinnvoll zu interpretieren,<br />
gibt es in Abbildung 14 <strong>de</strong>nnoch<br />
<strong>de</strong>utliche Hinweise darauf, dass z. B.<br />
· Topmanager primär ihr Glücksempfin<strong>de</strong>n aus<br />
<strong>de</strong>r Unternehmenssphäre ziehen, während<br />
ihre Privatsituation eher „unglücklich“ dagegen<br />
wirkt<br />
· Controller in kleineren Mittelstandsunternehmen<br />
vergleichsweise eher „Privatglück“<br />
<strong>de</strong>nn unternehmensgetriebenes Glück haben<br />
bzw. empfin<strong>de</strong>n.<br />
Innerhalb <strong>de</strong>r Controllergil<strong>de</strong> gibt es eine<br />
Vielzahl von strukturellen Unterschie<strong>de</strong>n bzgl.<br />
<strong>de</strong>s jeweils empfun<strong>de</strong>nen Gesamtglücks im<br />
Abb. 11a: Allgemeine Glückstreiber<br />
Kontrast zur durch das Berufsleben induzierten<br />
Glückskomponente. Einige dieser<br />
strukturellen Aspekte wer<strong>de</strong>n in Abbildung 15<br />
veranschaulicht. Könnte man solche Controllingsituationen<br />
beliebig mischen, so ergäbe<br />
sich rein theoretisch für <strong>de</strong>n „gesamtglücklichsten“<br />
Controller: Ohne aka<strong>de</strong>mischen<br />
Background, recht lange im Controllinggeschäft<br />
und damit auch schon relativ lebensalt,<br />
Standort Schweiz am Rand <strong>de</strong>r (wenigen) größeren<br />
Ballungsgebiete, evtl. im öffentlichen<br />
Unternehmen tätig.<br />
Abb. 11b: Glückstreiber in verschie<strong>de</strong>nen Controller- vs Managerpositionen<br />
67
Happiness Is But A State Of Mind<br />
Literatur<br />
68<br />
Abb. 12: Glücksempfin<strong>de</strong>n, Zufrie<strong>de</strong>nheit und Motivation in Unternehmen<br />
Abb. 13: Glück-Statements<br />
Barney, J.: Strategic Factor Markets: Expectations,<br />
Luck, and Business Strategy.<br />
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1987 (<strong>de</strong>utsche Übersetzung <strong>de</strong>s<br />
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Hornung, B.: Glücksforschung und Glückswissenschaft<br />
Band I:Wie man wirklich<br />
glücklicher wird. 5. Aufl., München 2008<br />
Nix, P./Schnöring, S./Siegert, G.: Den guten<br />
Ruf professionell managen. Harvard Manager<br />
2009, H. 1, 8-11<br />
Rank, O. N.: Strategieentwicklung als politischer<br />
Prozess. Die Betriebswirtschaft<br />
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Wiesba<strong>de</strong>n 2002<br />
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Tebartz van Elst, L.: Alles so schön bunt hier<br />
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34/2007,30,www.zeit.<strong>de</strong>/2007/34 /M-<br />
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2-16<br />
Witt, F.-J.: Controllingmythen. Controller<br />
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Witt, K./Witt, F.-J.: Was wirkt wirklich in<br />
Controller´s Toolset?. Controller Magazin<br />
2007, 462-466<br />
Witt, K./Witt, F.-J.: Zufrie<strong>de</strong>nheit und<br />
Motivation. Controller Magazin 2009, H. 1,<br />
8-19<br />
Witt, K./Witt, F.-J.: Every New Messenger<br />
Brings Evil Report – Reportingqualität. Dem<br />
Controller Magazin eingereicht 2011 und<br />
zur Veröffentlichung zugesagt<br />
Witt, K./Witt, F.-J.: The Inclination To Look<br />
Back On Any Mistake – Controllingaffinität.<br />
Dem Controller Magazin eingereicht 2012a<br />
und zur Veröffentlichung zugesagt.
CM November / Dezember 2012<br />
Witt, K. / Witt, F.-J.: To Push Fake Morals –<br />
Controller’s Moral Hazard. Dem Controller Magazin<br />
eingereicht 2012f und zur Veröffentlichung<br />
zugesagt<br />
Witt, K. / Witt, F.-J.: Useless And Pointless<br />
Knowledge – Controller’s Know-How. Dem<br />
Controller Magazin eingereicht 2012g und zur<br />
Veröffentlichung zugesagt<br />
Wulf, E.: Biographische Gespräche zu Glückserfahrungen.<br />
Hamburg 2005<br />
Abb. 14: Gesamtglück bei Managern vs. Controllern<br />
Witt, K./Witt, F.-J.: Everything Up To That<br />
Point Had Been Left Unresolved – Controllingservice<br />
als Manager’s Problemlösung?. Dem<br />
Controller Magazin eingereicht 2012b und zur<br />
Veröffentlichung zugesagt.<br />
Witt, K./Witt, F.-J.: Long Distance Operator –<br />
Virtuelles, ferngesteuertes Controlling. Dem<br />
Controller Magazin eingereicht 2012c und zur<br />
Veröffentlichung zugesagt.<br />
Witt, K. / Witt, F.-J.: Without I<strong>de</strong>als Or Violence<br />
– Controller’s Genom. Dem Controller<br />
Magazin eingereicht 2012d und zur Veröffentlichung<br />
zugesagt<br />
Witt, K./Witt, F.-J.: Where The Current Is<br />
Strong And The Monkey Dances – Controllingmonkeys.<br />
Dem Controller Magazin eingereicht<br />
2012e und zur Veröffentlichung<br />
zugesagt<br />
Abb. 15: Divergieren<strong>de</strong>s Glücksempfin<strong>de</strong>n innerhalb <strong>de</strong>r Controllergil<strong>de</strong><br />
69
Deutschland – Ruanda<br />
Deutschland – Ruanda<br />
Wirtschaftswachstum und Folgen – Ansätze Ressourcen-zentrierter<br />
Ökonomie<br />
von Günter Polhe<strong>de</strong><br />
70<br />
Ökonomische Faktoren wie menschliche<br />
Arbeitskraft, Energie, Rohstoffe, Infrastruktur,<br />
Bildung, Zeit, finanzielle Mittel und <strong>de</strong>ren Wichtigkeit<br />
wer<strong>de</strong>n hier vor <strong>de</strong>m Hintergrund <strong>de</strong>r<br />
vergangenen Entwicklung in Deutschland und<br />
<strong>de</strong>r möglichen Entwicklung in Ruanda betrachtet.<br />
Erstens wird <strong>de</strong>r ökonomische Prozess<br />
in Deutschland bis zum jetzigen Zeitpunkt<br />
beleuchtet, einschließlich <strong>de</strong>s Übergangs<br />
vom Wachstum auf Realmärkten zum starken<br />
Einfluss durch Finanzmärkte. Zweitens<br />
wird eine Diskussion für eine mögliche Entwicklung<br />
in Ruanda angeregt, die im Vergleich<br />
zu Deutschland ruandische Gegebenheiten<br />
und Chancen aufgreift.<br />
Der Progress in ökonomisch früh entwick elten<br />
Län<strong>de</strong>rn wie Deutschland ist durch Produktivitätserhöhung,<br />
intensive Nutzung ökonomischer<br />
Faktoren und Arbeitszeitverdichtung gekennzeichnet.<br />
Dabei treten negative Folgen auf. Um<br />
solchen Folgen in Län<strong>de</strong>rn wie Ruanda entgegenwirken<br />
zu können, wird in diesem Beitrag<br />
über eine vom Vorhan<strong>de</strong>nsein regenerativer<br />
Energie getaktete Fertigung und über die Einsparung<br />
von Ressourcen durch eine Reparaturindustrie<br />
ansatzweise nachgedacht.<br />
Starkes realwirtschaftliches<br />
Wachstum<br />
In Deutschland etablierte sich nach <strong>de</strong>m zweiten<br />
Weltkrieg eine soziale Marktwirtschaft mit<br />
starkem realwirtschaftlichem Wachstum. Bedingung<br />
für eine solche Entwicklung ist, dass<br />
<strong>de</strong>r ökonomische Kreislauf funktioniert. Dafür<br />
sind ökonomische Faktoren wie menschliche<br />
Arbeitskraft, Energie, Rohstoffe, Infrastruktur,<br />
Bildung, Zeit und finanzielle<br />
Mittel erfor<strong>de</strong>rlich. Menschliche Arbeitskräfte<br />
waren vorhan<strong>de</strong>n. Sie hatten Konsumbedürfnisse,<br />
die in Folge <strong>de</strong>s Mangels im Krieg beson<strong>de</strong>rs<br />
groß waren. Die Arbeit zur Erzeugung von<br />
Konsum- und Investitionsgütern und die Befriedigung<br />
<strong>de</strong>r Konsumbedürfnisse ließen als Nebenwirkung<br />
die schlimmen Erfahrungen <strong>de</strong>s<br />
Krieges leichter vergessen. Die Befriedigung <strong>de</strong>r<br />
Konsumbedürfnisse brachte es mit sich, dass<br />
Arbeitnehmer Arbeit hatten, Geld verdienten,<br />
konsumierten und Geld ausgaben. Unternehmen<br />
konnten Geld verdienen und investieren.<br />
Der ökonomische Kreislauf war geschlossen –<br />
für Konsum- und Investitionsgüter. Als Energieträger<br />
war Kohle im Lan<strong>de</strong> vorhan<strong>de</strong>n. Rohstoffe<br />
konnten importiert wer<strong>de</strong>n, sofern sie<br />
nicht vorrätig waren. Infrastruktur und Bildung<br />
waren in genügen<strong>de</strong>m, aber ausbaunotwendigem<br />
Umfang vorhan<strong>de</strong>n. Zeit ist zwangsläufig<br />
„vorrätig”, sie kann ökonomisch unterschiedlich<br />
intensiv genutzt wer<strong>de</strong>n, wie später aufgezeigt<br />
wird. Finanzielle Mittel wur<strong>de</strong>n für <strong>de</strong>n Start <strong>de</strong>s<br />
ökonomischen Kreislaufs zur Verfügung gestellt.<br />
Die zunehmend nachgefragten Konsumund<br />
Investitionsgüter konnten im Laufe <strong>de</strong>r Zeit<br />
mit Unterstützung von Arbeitskräften aus <strong>de</strong>m<br />
Ausland und durch Automatisierung hergestellt<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Bei <strong>de</strong>r Automatisierung wird die Zeit unter<br />
Einsatz von Energie, Rohstoffen, Maschinerie,<br />
Informationstechnologie und Erfindungsreichtum<br />
ökonomisch intensiver genutzt. Dieser Vorgang<br />
bringt Rationalisierung mit sich. Es<br />
herrschte realwirtschaftliches Wachstum.<br />
Kosten für Arbeitskräfte, Energie, Rohstoffe, Investitionsgüter,<br />
Ausbau <strong>de</strong>r Infrastruktur und<br />
Bildung konnten aus <strong>de</strong>n Wachstumserfolgen<br />
beglichen wer<strong>de</strong>n. Menschen mit größeren<br />
Einkommen und Vermögen konnten für private<br />
Investitionen sparen o<strong>de</strong>r ihr Geld für Investitionen<br />
in Unternehmen anlegen.
CM November / Dezember 2012<br />
Darüber hinaus entnahm <strong>de</strong>r Staat finanzielle<br />
Mittel aus <strong>de</strong>m ökonomischen Kreislauf, um sie<br />
an diejenigen umzuverteilen, die nicht aus eigener<br />
Kraft produktiv am wirtschaftlichen Geschehen<br />
mitwirken konnten. Die so umverteilten<br />
Mittel flossen zum großen Teil direkt wie<strong>de</strong>r<br />
als Ausgaben für Konsum in <strong>de</strong>n ökonomischen<br />
Kreislauf und dienten <strong>de</strong>m realwirtschaftlichen<br />
Wachstum. Der soziale Teil <strong>de</strong>r Marktwirtschaft<br />
för<strong>de</strong>rte also das realwirtschaftliche<br />
Wachstum. Alle Teile <strong>de</strong>s ökonomischen Kreislaufs<br />
– Produzenten, Konsumenten, Benachteiligte,<br />
Finanzwirtschaft und Investoren – konnten<br />
an <strong>de</strong>n Wachstumserfolgen teilhaben.<br />
Die offensichtlichen ökonomischen Bedürfnisse<br />
<strong>de</strong>r einzelnen Menschen formen also<br />
eine Gesellschaft zu einer Interessensgemeinschaft.<br />
Deren gemeinsamer Nenner<br />
ist das Teilhaben an Wachstumserfolgen.<br />
Es entsteht ökonomische und gesellschaftliche<br />
Stabilität und <strong>de</strong>ren <strong>de</strong>mokratische<br />
Einbettung. Das gilt offensichtlich bei ausreichen<strong>de</strong>m<br />
realwirtschaftlichem Wachstum,<br />
welches dadurch gekennzeichnet ist, dass alle<br />
Menschen <strong>de</strong>r Gesellschaft an <strong>de</strong>n Wachstumserfolgen<br />
teilhaben können, auch wenn aufgrund<br />
prozentualer Verteilung Löhne, Gehälter,<br />
Einkommen und Vermögen mit unterschiedlichen<br />
Beträgen wachsen. Es zeigt sich eine<br />
erste Polarisierung, die aber offensichtlich<br />
solange akzeptiert wird, solange die ungleich<br />
verteilten finanziellen Mittel schnell wie<strong>de</strong>r in<br />
<strong>de</strong>n realwirtschaftlichen Kreislauf einfließen<br />
und alle Menschen an <strong>de</strong>n fortdauern<strong>de</strong>n<br />
Wachstumserfolgen teilhaben können. Diese<br />
erste Polarisierung hat darüber hinaus eine<br />
stabilisieren<strong>de</strong> Wirkung auf die Gesellschaft,<br />
weil die durch diesen Mechanismus bevorteilten<br />
Menschen ein Interesse an <strong>de</strong>r Erhaltung<br />
<strong>de</strong>r sozialen Marktwirtschaft haben.<br />
Mangelhaftes realwirtschaftliches<br />
Wachstum und Konsequenzen<br />
Das realwirtschaftliche Wachstum wird u. a.<br />
durch Automatisierung und Rationalisierung ermöglicht.<br />
Die Produktivität nimmt zu. Immer<br />
weniger Arbeitskräfte können die gewünschten<br />
Konsum- und erfor<strong>de</strong>rlichen Investitionsgüter<br />
herstellen. Zunächst wer<strong>de</strong>n die frei wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />
Arbeitskräfte für die Realisierung <strong>de</strong>s realwirtschaftlichen<br />
Wachstums benötigt. In einem<br />
späteren Stadium wer<strong>de</strong>n sie teilweise arbeitslos.<br />
Weiterhin kann durch Exporte das realwirtschaftliche<br />
Wachstum vergrößert wer<strong>de</strong>n.<br />
Mit <strong>de</strong>r Zeit nimmt die durch Automatisierung<br />
bedingte Produktivitätssteigerung schneller<br />
zu, als es für die Realisierung <strong>de</strong>r Nachfrage<br />
erfor<strong>de</strong>rlich ist. So fallen arbeitslos wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />
Menschen und durch Export überschul<strong>de</strong>te<br />
Län<strong>de</strong>r als Nachfrager teilweise aus. Rohstoffe<br />
und Energie wer<strong>de</strong>n wachstumsbedingt knapper<br />
und damit teurer und min<strong>de</strong>rn die Wachstumserfolge.<br />
Kosten für <strong>de</strong>n Umweltschutz<br />
min<strong>de</strong>rn die Wachstumserfolge ebenfalls.<br />
Ausbau <strong>de</strong>r Infrastruktur, Bildung und soziale<br />
Leistungen können als Gemeinschaftsaufgabe<br />
nicht mehr so leicht aus <strong>de</strong>n Wachstumserfolgen<br />
bezahlt wer<strong>de</strong>n, wie das bei stärkerer Progression<br />
möglich war. Ersparnisse wer<strong>de</strong>n<br />
<strong>de</strong>m realwirtschaftlichen Kreislauf entzogen.<br />
Es zeigt sich eine Schwäche <strong>de</strong>s Wachstums<br />
mit einher gehen<strong>de</strong>r Abnahme <strong>de</strong>r<br />
Wachstumserfolge.<br />
Menschen, die sich an das Teilhaben an<br />
Wachstumserfolgen gewöhnt haben, sind daran<br />
interessiert, trotz Wachstumsschwäche folgen<strong>de</strong><br />
Begriffskette aufrecht zu erhalten:<br />
Realwirtschaftliches Wachstum, Teilhabe<br />
<strong>de</strong>r Gesellschaftsmitglie<strong>de</strong>r an <strong>de</strong>n Wachstumserfolgen,<br />
gesellschaftliche Stabilität<br />
und <strong>de</strong>ren <strong>de</strong>mokratische Einbettung. Um<br />
solchen Erwartungen entgegen zu kommen,<br />
versprechen Politiker gern, permanentes realwirtschaftliches<br />
Wachstum zu ermöglichen.<br />
Nun ist es aber offensichtlich, dass in einer immer<br />
globaler wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Wirtschaft für manche<br />
ökonomisch früh entwickelten Staaten<br />
abnehmen<strong>de</strong>s Wachstum die logische Folge<br />
ist, bedingt z. B. durch Produktivitätszunahme,<br />
Arbeitslosigkeit, Überschuldung von Staaten,<br />
Verteuerung von Energie und Rohstoffen<br />
sowie Konkurrenz durch Län<strong>de</strong>r mit geringeren<br />
Löhnen. Um auf staatlicher Ebene trotz<strong>de</strong>m<br />
weiterhin Wachstum zu ermöglichen, haben<br />
Politiker in ökonomisch früh entwickelten<br />
Staaten im Namen <strong>de</strong>r Gesellschaft durch<br />
Staatsverschuldung <strong>de</strong>n ökonomischen<br />
Kreislauf zu stimulieren versucht, je nach Ausrichtung<br />
<strong>de</strong>r agieren<strong>de</strong>n politischen Parteien<br />
auf <strong>de</strong>r Nachfrageseite o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Angebotsseite.<br />
Menschen mit größeren Einkommen, Ersparnissen<br />
und Vermögen liehen <strong>de</strong>m Staat zur<br />
Finanzierung <strong>de</strong>r Staatsverschuldung Geld.<br />
Diese Menschen zogen ihre Wachstumserfolge<br />
nicht mehr nur aus <strong>de</strong>r Finanzierung und<br />
Ermöglichung sich selbst tragen<strong>de</strong>n realwirtschaftlichen<br />
Wachstums, son<strong>de</strong>rn auch aus<br />
<strong>de</strong>r Erzeugung temporärer Wachstumserfolge<br />
auf <strong>de</strong>m Fundament zunehmen<strong>de</strong>r<br />
Staatsverschuldung.<br />
Wegen <strong>de</strong>r nur vorübergehend wirken<strong>de</strong>n<br />
Wachstumsför<strong>de</strong>rung durch Staatverschuldung<br />
nimmt das Wachstum logischerweise<br />
ab, wenn die Staatsverschuldung nicht weiter<br />
erhöht wer<strong>de</strong>n soll. Da aber die Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />
Gesellschaft die Teilhabe an Wachstumserfolgen<br />
wie gewohnt realisieren wollen, kann das<br />
bei einem Teil <strong>de</strong>r Gesellschaft nur auf Kosten<br />
eines an<strong>de</strong>ren Teils <strong>de</strong>r Gesellschaft geschehen.<br />
Es kommt zu gesellschaftlicher Polarisierung<br />
und damit möglicherweise zu einer<br />
Erosion <strong>de</strong>r in die Demokratie eingebetteten<br />
Stabilität.<br />
Umso weniger finanzielle Mittel bei realwirtschaftlicher<br />
Wachstumsschwäche für Investitionen<br />
und Re-Investitionen benötigt wer<strong>de</strong>n,<br />
umso größer ist die Versuchung, auf reinen Finanzmärkten<br />
mit Geld neues zusätzliches Geld<br />
verdienen zu wollen. Es wird auf unterschiedlich<br />
vage vermutete Wachstumserfolge gesetzt. Der<br />
Einsatzort <strong>de</strong>s Gel<strong>de</strong>s wird mit zunehmen<strong>de</strong>r<br />
Frequenz verän<strong>de</strong>rt, so entsteht immer wie<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>r Eindruck von Knappheit finanzieller Mittel;<br />
dies för<strong>de</strong>rt <strong>de</strong>n Reiz für Finanzinvestitionen<br />
und damit <strong>de</strong>ren Kurswert. Dabei erhöhen sich<br />
die finanzökonomische Geschwindigkeit und<br />
die Anfälligkeit <strong>de</strong>s ökonomischen Systems<br />
für Selbstzerstörung.<br />
Ruanda: Ressourcen-zentrierte<br />
Ökonomie – Vergangenheit und<br />
Zukunft<br />
In Ruanda gab es <strong>de</strong>n Völkermord. Er hinterließ<br />
viele zerstörte Familien. Dieses Land benötigt<br />
Gerechtigkeit durch realisierte Bestrafung von<br />
Taten aus <strong>de</strong>r Vergangenheit und Ziele für die<br />
Zukunft. Das sind das Auffangen <strong>de</strong>r seelischen<br />
Verletzungen und die materielle Verbesserung<br />
durch eigene Arbeit. Deshalb erscheint<br />
71
Deutschland – Ruanda<br />
es wichtig, dass ein realwirtschaftlicher<br />
Kreislauf in Gang kommt, <strong>de</strong>r aus eigener<br />
Kraft wachsen kann. Zu diesem Kreislauf gehören<br />
ökonomische Faktoren, wie für Deutschland<br />
in an<strong>de</strong>rer Reihenfolge hier bereits erwähnt:<br />
Energie, Rohstoffe, Infrastruktur, Bildung,<br />
menschliche Arbeitskraft, Zeit und finanzielle<br />
Mittel.<br />
Ansätze Ressourcen-zentrierter<br />
Ökonomie<br />
Eine soziale Marktwirtschaft regelt sich bei<br />
ausreichen<strong>de</strong>m realwirtschaftlichem Wachstum<br />
offensichtlich weitgehend selbst. Alle Mitglie<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>r Gesellschaft können an <strong>de</strong>n Wachstumserfolgen<br />
teilhaben. Wie anhand <strong>de</strong>r Entwicklung<br />
in Deutschland aufgezeigt wur<strong>de</strong>,<br />
gibt es aber Begrenzungen, wie durch:<br />
Automatisierung bzw. Rationalisierung<br />
Verschuldung durch Ungleichgewicht bei<br />
Import und Export<br />
zunehmen<strong>de</strong> Kosten für knapper wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />
Rohstoffe<br />
zunehmen<strong>de</strong> Kosten für Energie<br />
Kosten durch Belastungen <strong>de</strong>r Umwelt<br />
Ausgaben für Infrastruktur<br />
Ausgaben für Bildung<br />
Ausgaben für soziale Leistungen<br />
Ersparnisse, welche <strong>de</strong>m realwirtschaftlichen<br />
Kreislauf entzogen wer<strong>de</strong>n<br />
Wegen <strong>de</strong>r bekannten Konsequenzen wird im<br />
Folgen<strong>de</strong>n nicht mehr die Verdichtung <strong>de</strong>r Ressource<br />
„Zeit“ im Rahmen <strong>de</strong>r Automatisierung<br />
und Rationalisierung als Antrieb für die Ökonomie<br />
betrachtet. Vielmehr wer<strong>de</strong>n zwei Beispiele<br />
für Ressourcen-zentrierte Ökonomie aufgezeigt.<br />
Erstens ist das die Ressource „Energie“,<br />
die in Form <strong>de</strong>r Sonnenenergie sehr umfangreich<br />
zur Verfügung steht. Sie verlangt ein spezielles<br />
Zeitmanagement. Zweitens ist das die<br />
„Einsparung von Rohstoff-Ressourcen durch<br />
Reparatur gebrauchter Maschinerie“. Sie erfor<strong>de</strong>rt<br />
Standardisierung und spezielle berufliche<br />
Fertigkeiten.<br />
Energieversorgung bestimmt die<br />
Arbeits- und Fertigungszeiten<br />
Ein afrikanisches Sprichwort besagt „Die Europäer<br />
haben die Uhr, wir haben die Zeit.“<br />
Das Klima kann als erste Erklärung für diese<br />
Aussage gelten. Die Vorratswirtschaft war für<br />
die Ernährung nicht unbedingt notwendig und<br />
damit auch keine daran gebun<strong>de</strong>ne Organisierung<br />
mit zugehörigem Zeitmanagement. Die<br />
Zeit spielte bei <strong>de</strong>r Entwicklung eines Lan<strong>de</strong>s<br />
wie Ruanda offensichtlich keine so prägen<strong>de</strong><br />
Rolle wie in Deutschland, für die Vorratswirtschaft<br />
und später für die Rationalisierung als<br />
Basis <strong>de</strong>r Bevorratung mit Geld zur Zukunftssicherung.<br />
Im Laufe <strong>de</strong>r Entwicklung von Mobilität und Informationstechnologie<br />
und <strong>de</strong>ren weltweit wirken<strong>de</strong>r<br />
Verknüpfung zwischen <strong>de</strong>n Nationen<br />
sind in Län<strong>de</strong>rn wie Ruanda auch die materiellen<br />
Wünsche nach Gesundheit und Konsum gestiegen.<br />
Nach <strong>de</strong>n bekannten Begrenzungen<br />
<strong>de</strong>r zeitgeprägten Ökonomien früh entwickelter<br />
Staaten wie Deutschland gilt es Ausschau nach<br />
an<strong>de</strong>ren zentralen Steuerungselementen zu<br />
halten, z. B. für eine Ökonomie wie in Ruanda.<br />
Da bietet sich die Sonnenenergie als regenerative,<br />
unerschöpfliche Energiequelle an, die im<br />
Vergleich zu Deutschland sehr viel produktiver<br />
ist und nicht <strong>de</strong>n erschöpfungsbedingten<br />
Preissteigerungen unterliegt.<br />
Eine primär durch die Zeit gesteuerte Ökonomie<br />
verlangt traditionellerweise das Vorhan<strong>de</strong>nsein<br />
von Energie an allen Orten, wo sie benötigt<br />
wird. In erster Annäherung heißt das für die<br />
Solarenergie, dass sie zum Zwecke <strong>de</strong>r allgegenwärtigen<br />
Verwendbarkeit zwischengespeichert<br />
wer<strong>de</strong>n muss. Die damit verbun<strong>de</strong>nen<br />
Probleme <strong>de</strong>r Speicherung z. B. in Batterien<br />
sind bekannt. Da drängt sich die Alternative<br />
auf, die Sonnenenergie dann zu nutzen, wenn<br />
sie vorhan<strong>de</strong>n ist.<br />
Das be<strong>de</strong>utet, die aus Sonnenenergie gewonnene<br />
elektrische Energie nicht zu speichern,<br />
son<strong>de</strong>rn die mit <strong>de</strong>ren Hilfe vorgefertigten<br />
Halbfertigprodukte zwischen zu<br />
lagern. Das ist sicher nicht für alle Produktionsschritte<br />
möglich. Es ist aber eine spannen<strong>de</strong><br />
Analyseaufgabe, wo eine solch neue<br />
Form <strong>de</strong>r betrieblichen Organisation zur Einsparung<br />
von Energiekosten umgesetzt wer<strong>de</strong>n<br />
kann. Dafür kann <strong>de</strong>zentral am Ort <strong>de</strong>r Verwendung<br />
erzeugte Energie eingesetzt wer<strong>de</strong>n. Es<br />
han<strong>de</strong>lt sich dann sinnvollerweise um Gleichstrom,<br />
für <strong>de</strong>n gleichstromgetriebene Maschinerien<br />
eingesetzt wer<strong>de</strong>n könnten. Damit wird<br />
Aufwand für elektrische Wechselrichter und<br />
Energietransport eingespart. Die Herstellung<br />
von gleichstromgetriebener Maschinerie könnte<br />
ein Zukunftsmarkt für Län<strong>de</strong>r sein, die sich <strong>de</strong>rart<br />
auf die Zukunft ausrichten.<br />
Weiterhin könnte es ein spannen<strong>de</strong>r Gedanke<br />
sein, in Ruanda gebrauchte Fotovoltaik einzusetzen,<br />
wenn die damit erzeugte subventionsgestützte<br />
elektrische Energie in Deutschland an<br />
ihre Grenzen <strong>de</strong>r Rentabilität stößt. Die durch<br />
das Vorhan<strong>de</strong>nsein sonnengestützter elektrischer<br />
Energie getaktete Produktion wür<strong>de</strong> auch<br />
<strong>de</strong>n Verdienst <strong>de</strong>r Beschäftigten beeinflussen.<br />
Das be<strong>de</strong>utet eine neue Ausrichtung <strong>de</strong>r Löhne<br />
und Gehälter im Vergleich zu z. B. <strong>de</strong>utschen<br />
Gestaltungsvorstellungen, die auf Grund <strong>de</strong>r<br />
bekannten Polarisierungen an ihre Grenzen<br />
stößt und <strong>de</strong>shalb alternative Gestaltungen in<br />
Län<strong>de</strong>rn wie Ruanda herausfor<strong>de</strong>rt.<br />
72<br />
Autor<br />
Dipl.-Ing., Dipl.-Ök. Günter Polhe<strong>de</strong><br />
arbeitete Anfang 2012 für 3 Monate für die NGO „Grünhelme<br />
e.V.” und ehrenamtlich als Dozent für Elektrotechnik am „Nelson<br />
Man<strong>de</strong>la Educational Center” in Ruanda. Seine vielseitigen<br />
Erfahrungen sammelte er unter an<strong>de</strong>rem als Bauleiter in Afghanistan,<br />
als Elektriker, Projektierer, Fertigungsleiter, Controller<br />
(er ist Mitglied im Internationalen Controller Verein ICV) und<br />
Vorstandsassistent.<br />
E-Mail: gpolhe<strong>de</strong>@yahoo.<strong>de</strong><br />
Reparatur gebrauchter Maschinerie<br />
spart Rohstoffe<br />
Neue Maschinerie erfor<strong>de</strong>rt <strong>de</strong>n Einsatz von<br />
Rohstoffen und bringt hohe Investitionskosten<br />
mit sich. Deshalb bietet sich <strong>de</strong>r Gedanke an,<br />
dass Län<strong>de</strong>r wie Ruanda einen Teil <strong>de</strong>r erfor<strong>de</strong>rlichen<br />
Maschinerie als Gebrauchtware<br />
kaufen und dann im eigenen Land instand
CM November / Dezember 2012<br />
setzen. Das erfor<strong>de</strong>rt <strong>de</strong>n Aufbau von Reparaturbetrieben,<br />
die gebrauchte Geräte z. B. aus<br />
Europa einführen, diese nach <strong>de</strong>r Metho<strong>de</strong> „aus<br />
zwei mach‘ eins“ wie<strong>de</strong>r verwertbar machen<br />
und als gute Qualität mit europäischem Standard<br />
<strong>de</strong>m Land zur Verfügung stellen. Dazu bietet<br />
sich eine Standardisierung von Maschinen<br />
an, wo das möglich ist.<br />
Der Import und die Finanzierung könnte ein Betätigungsfeld<br />
europäischer Firmen sein, die die<br />
Zwischenfinanzierung übernehmen, <strong>de</strong>n Reparaturbetrieb<br />
in <strong>de</strong>r Anfangsphase organisieren,<br />
daran verdienen und das Geld wie<strong>de</strong>r investieren.<br />
Für die Reparatur sind einheimische Fachkräfte<br />
erfor<strong>de</strong>rlich. Für <strong>de</strong>ren berufliche Ausbildung<br />
erscheint <strong>de</strong>r Praxisbezug sehr wichtig.<br />
Es sollte neben <strong>de</strong>n Fertigkeiten <strong>de</strong>r Herstellung<br />
und Installation die Fertigkeit zur Reparatur<br />
trainiert wer<strong>de</strong>n. Sie verlangt komplexe Sachkenntnis.<br />
Mit <strong>de</strong>ren Hilfe kann neben <strong>de</strong>r Reparatur<br />
von Gebrauchtmaschinerie Substanzverlust<br />
durch Unbrauchbarkeit von nur partiell<br />
<strong>de</strong>fekten Maschinen verhin<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n. Um<br />
Reparaturen zu minimieren, ist zusätzlich das<br />
Training <strong>de</strong>r Wartung von Maschinerie und<br />
Anlagen wichtig.<br />
Ökonomische Faktoren<br />
Infrastruktur und Bildung sind als Voraussetzung<br />
für die industrielle Entwicklung <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s<br />
zu schwach ausgebil<strong>de</strong>t. Diese zu entwickeln<br />
ist u. a. eine Gemeinschaftsaufgabe<br />
an<strong>de</strong>rer Staaten und Organisationen, auch<br />
Nichtregierungsorganisationen (NGOs), weil die<br />
Entwicklung <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s Ruanda aus eigener<br />
Kraft einen zu langen Vorlauf für eine industrielle<br />
Entwicklung bedingt.<br />
Arbeitskräfte sind genügend vorhan<strong>de</strong>n, die<br />
einen realwirtschaftlichen Kreislauf in Gang<br />
bringen können. Neben <strong>de</strong>r beruflichen Ausbildung<br />
ist es sinnvoll, eine fundierte Schulbildung<br />
zu betreiben. Die Steigerung von Löhnen und<br />
Gehältern sollte nicht ausschließlich prozentual<br />
erfolgen, weil die prozentuale Erhöhung zu<br />
einer fortlaufen<strong>de</strong>n finanziellen Polarisierung<br />
führt. Dabei können Menschen mit hohen Löhnen,<br />
Gehältern, Einkommen und Vermögen und<br />
zugehörigen hohen – weil prozentualen – Steigerungsbeträgen<br />
im Laufe <strong>de</strong>r ökonomischen<br />
Entwicklung schon früh Geld sparen, welches<br />
<strong>de</strong>m realwirtschaftlichen Wachstum entzogen<br />
wird.<br />
Zeit und Automatisierung stehen in einem engen<br />
Zusammenhang. Automatisierung be<strong>de</strong>utet,<br />
dass die ablaufen<strong>de</strong> Zeit durch <strong>de</strong>n Einsatz<br />
von Energie, Rohstoffen, Maschinerie, Informationstechnologie<br />
und Erfindungsreichtum zunehmend<br />
intensiv genutzt wird und menschliche<br />
Arbeitskräfte ersetzt wer<strong>de</strong>n. Für das<br />
Funktionieren ökonomischer Kreisläufe ist es<br />
aber wichtig, dass Menschen Arbeit haben,<br />
in<strong>de</strong>m sie Produkte herstellen, dass sie Geld<br />
verdienen, konsumieren und Geld ausgegeben.<br />
Dann können Unternehmen Geld verdienen und<br />
investieren. Der ökonomische Kreislauf ist geschlossen<br />
– für Konsum- und Investitionsgüter.<br />
Deshalb sollte beim Start einer industriell geprägten<br />
Ökonomie <strong>de</strong>r Automatisierungsgrad<br />
so niedrig wie möglich gehalten wer<strong>de</strong>n, um<br />
potenzielle Arbeitsplätze nicht wegzurationalisieren,<br />
bevor sie existieren. Das be<strong>de</strong>utet, dass<br />
die Löhne und Gehälter relativ niedrig sein<br />
müssen, so dass es von daher keinen Rationalisierungsdruck<br />
gibt. An<strong>de</strong>rerseits wird durch<br />
Automatisierung und maschinelle Routinisierung<br />
die Produktqualität verbessert. Es gilt<br />
einen Weg zwischen Vor- und Nachteilen bei<br />
<strong>de</strong>r Entwicklung einer industriell geprägten<br />
Gesellschaft zu fin<strong>de</strong>n.<br />
Importüberschuss sollte es nach Möglichkeit<br />
nicht geben, weil zu <strong>de</strong>ssen Finanzierung Geld<br />
aufgewen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n muss, welches für die<br />
Entwicklung eines ökonomischen Kreislaufs<br />
fehlt. An<strong>de</strong>rerseits muss eventuell Maschinerie<br />
importiert wer<strong>de</strong>n, um industrielle Fertigung<br />
zu ermöglichen. Wenn <strong>de</strong>r Import solcher<br />
Maschinen erfor<strong>de</strong>rlich ist, muss die Verzinsung<br />
<strong>de</strong>r Anschaffungskosten – z. B. durch<br />
Import – mit in die Rentabilitätsrechnung einfließen.<br />
Um die Kosten für die Anschaffung von<br />
Maschinerie niedrig zu halten, ist <strong>de</strong>r Import<br />
und Einsatz gebrauchter Maschinerie eine<br />
be<strong>de</strong>nkenswerte Alternative, wie bereits ausgeführt<br />
wur<strong>de</strong>.<br />
Deutschland – Ruanda<br />
Wachstumserfolge führen in Län<strong>de</strong>rn wie<br />
Deutschland bei mangelhaftem realwirtschaftlichem<br />
Wachstum offensichtlich zu Polarisierungen<br />
und möglicherweise zu Destabilisierung.<br />
Deshalb bietet es sich dort an,<br />
Wachstumserfolge abzuschöpfen. Sie sollten<br />
nur in unteren Einkommensbereichen zur Verfügung<br />
bleiben, weil sie dort schnell wie<strong>de</strong>r in<br />
<strong>de</strong>n ökonomischen Kreislauf einfließen. Der<br />
Staat sollte die Hälfte <strong>de</strong>r abgeschöpften<br />
Wachstumserfolge zum Abbau <strong>de</strong>r Staatsverschuldung<br />
verwen<strong>de</strong>n müssen. Er dürfte parallel<br />
dazu seine Ausgaben nur soviel steigern,<br />
wie er an Zinsen für abgebaute Staatsverschuldung<br />
einspart.<br />
Die an<strong>de</strong>re Hälfte <strong>de</strong>r abgeschöpften Wachstumserfolge<br />
sollte er für Staaten wie Ruanda in<br />
eine große Anzahl kleinerer Projekte <strong>de</strong>r Wirtschaftsför<strong>de</strong>rung<br />
investieren. Diese Projekte<br />
könnten von Projektleitern aus Deutschland gemanagt<br />
wer<strong>de</strong>n, die in Deutschland freie Kapazitäten<br />
haben. Diese wür<strong>de</strong>n nur <strong>de</strong>n Ausgleich<br />
für ihre sozialen Kosten in Deutschland und <strong>de</strong>n<br />
Kosten im Ausland erhalten. Damit könnte es<br />
einen Wettbewerb um die Realisierung solcher<br />
Projekte geben zwischen Län<strong>de</strong>rn wie Ruanda<br />
und an<strong>de</strong>ren ähnlichen Län<strong>de</strong>rn. Das wäre ein<br />
Anreiz für die Praktizierung angewandter guter<br />
Demokratie, angetrieben durch die Verteilung<br />
von Wachstumserfolgen bei geän<strong>de</strong>rter Priorität<br />
ökonomischer Faktoren wie Zeit, Energie<br />
und Ressourcen. Längerfristig könnte ein Land<br />
wie Ruanda damit ein Vorbild für Län<strong>de</strong>r wie<br />
Deutschland wer<strong>de</strong>n, wo Wachstumserfolge –<br />
angetrieben durch <strong>de</strong>n ökonomischen Faktor<br />
Zeit und <strong>de</strong>ssen Verdichtung – offensichtlich<br />
einer Selbstbegrenzung mit eingebauter<br />
Sprengkraft unterliegen.<br />
Anmerkungen und Literatur<br />
In diesem Beitrag sind manche inhaltlichen<br />
Hintergrün<strong>de</strong> nur kurz angerissen. Detailliertere<br />
Darstellungen befin<strong>de</strong>n sich u. a. in folgen<strong>de</strong>n<br />
Beiträgen <strong>de</strong>s Autors:<br />
New Economy und die IT<br />
Geschwindigkeit komplexer ökonomisch-technischer<br />
Abläufe; in: Controller Magazin, 5/2002,<br />
S. 501-507<br />
Ökonomisierung von Beziehungen<br />
Informationelle Transparenz – Haftung <strong>de</strong>r Banken<br />
trennen – finanzielle Umsteuerung – Entpolarisierung;<br />
in: Zeitpresse 1/2012, S. 18-29<br />
73
Kun<strong>de</strong>n-Controlling für Ingenieurbüros<br />
Kun<strong>de</strong>n-Controlling für Ingenieurbüros<br />
von Jörn Lueg-Althoff, Michael Georgi und Andreas Hoffjan<br />
74<br />
Ingenieurbüros stellen in Deutschland einen<br />
wesentlichen Wirtschaftszweig dar. Ein vielfältiges<br />
Portfolio an Dienstleistungen erfor<strong>de</strong>rt<br />
hierbei einerseits ein spezifisches Fachwissen<br />
und an<strong>de</strong>rerseits ein betriebswirtschaftliches<br />
Know-how, um in einem kompetitiven Markt<br />
bestehen zu können.<br />
Ein Vergleich <strong>de</strong>r von Ingenieurbüros erbrachten<br />
Dienstleistungen ist aufgrund einer meist<br />
individuellen Bearbeitung <strong>de</strong>r Aufträge schwer<br />
möglich. Dies setzt ein hohes Maß an Vertrauen<br />
zwischen <strong>de</strong>m Kun<strong>de</strong>n und <strong>de</strong>m<br />
ausführen<strong>de</strong>n Ingenieurbüro voraus. Die<br />
Neuakquise von Aufträgen und die Entstehung<br />
von langfristigen Kun<strong>de</strong>nbeziehungen erfolgt<br />
vorwiegend durch Empfehlungen bestehen<strong>de</strong>r<br />
Kun<strong>de</strong>n. Aus diesem Grund wer<strong>de</strong>n effiziente<br />
Kun<strong>de</strong>nbeziehungen neben <strong>de</strong>r fachlichen Expertise<br />
von <strong>de</strong>n Ingenieurbüros als „Schlüssel<br />
zum Erfolg“ 1 angesehen.<br />
Die Fokussierung auf Kun<strong>de</strong>nbeziehungen<br />
als zentrales Element 2 benötigt jedoch ein entsprechend<br />
gestaltetes unternehmerisches<br />
Steuerungssystem. Vor allem die Ausgestaltung<br />
<strong>de</strong>r Unternehmensrechnung ist hiervon<br />
beeinflusst. Einen Bezugsrahmen für die systematische<br />
Steuerung von Kun<strong>de</strong>nbeziehungen<br />
liefert das „Kun<strong>de</strong>n-Controlling“. Ziel ist hierbei,<br />
diejenigen Kun<strong>de</strong>n zu i<strong>de</strong>ntifizieren, die einen<br />
beson<strong>de</strong>rs großen Beitrag zur Unternehmenszielerreichung<br />
leisten o<strong>de</strong>r ein Ausbaupotenzial<br />
aufweisen.<br />
Bisher geprüfte Literatur zu diesem Thema ist<br />
für Ingenieurbüros wenig aufschlussreich, da<br />
keine an ihre Situation angepassten Lösungen<br />
präsentiert wer<strong>de</strong>n. Dem möchte dieser Beitrag<br />
Abhilfe leisten. Hierfür wird zunächst auf<br />
die Beson<strong>de</strong>rheiten <strong>de</strong>r Ingenieurbüros in<br />
Deutschland eingegangen. Darauf aufbauend<br />
wer<strong>de</strong>n die Ergebnisse einer empirischen Untersuchung<br />
zum Kun<strong>de</strong>n-Controlling in diesen<br />
Institutionen vorgestellt. Danach wer<strong>de</strong>n aus<br />
<strong>de</strong>n gewonnenen Informationen Handlungsempfehlungen<br />
zur effizienteren Gestaltung <strong>de</strong>r<br />
Kun<strong>de</strong>nbeziehungen von Ingenieurbüros abgeleitet<br />
und ein abschließen<strong>de</strong>s Fazit gezogen.<br />
Situation <strong>de</strong>r Ingenieurbüros<br />
in Deutschland<br />
Die 93.000 Ingenieurbüros in Deutschland<br />
beschäftigen mehr als 420.000 Menschen<br />
und generieren ca. 42 Mrd. € Umsatz pro<br />
Jahr. Die überwiegen<strong>de</strong> Mehrheit dieser Unternehmen<br />
zählt mit unter 50 Mitarbeitern und unter<br />
10 Mio. € Umsatz zu <strong>de</strong>n Kleinst- o<strong>de</strong>r Kleinunternehmen.<br />
Der durchschnittliche Umsatz<br />
pro Büro betrug im Jahr 2008 459.787 €, wobei<br />
die 258 größten Unternehmen im Durchschnitt<br />
jeweils mehr als 40 Mio. € umsetzten. 3<br />
Die wirtschaftliche Lage von Ingenieurbüros ist<br />
eng an die Konjunktur in <strong>de</strong>r Baubranche gekoppelt.<br />
Der durchschnittliche Gewinn vor<br />
Steuern je Büro weist eine große Streuung auf,<br />
entwickelte sich jedoch insgesamt negativ. Er<br />
betrug 2009 mit 54.430 € nur knapp die Hälfte<br />
<strong>de</strong>s Werts von 2004. Die Umsatzrenditen <strong>de</strong>r<br />
befragten Büros sind im gleichen Betrachtungszeitraum<br />
ten<strong>de</strong>nziell gesunken (von<br />
10,0 % im Jahr 2004 auf 3,4 % im Jahr<br />
2009). 4 Im Rahmen <strong>de</strong>s AHO-Bürokostenvergleichs<br />
von 2009 stellte sich heraus, dass bei<br />
<strong>de</strong>n befragten Ingenieurbüros etwa 45 % <strong>de</strong>r<br />
Honorare von privaten und etwa 49 % von<br />
öffentlichen Auftraggebern stammten. Nur ca.<br />
6 % <strong>de</strong>r Honorare wur<strong>de</strong>n aus Auslandsprojekten<br />
erzielt. Die Zusammensetzung <strong>de</strong>s Kun<strong>de</strong>nstamms<br />
variiert in Abhängigkeit von <strong>de</strong>r<br />
Größe und <strong>de</strong>m Geschäftsfeld <strong>de</strong>r Büros. 4<br />
Ingenieurbüros bieten Dienstleistungen wie<br />
Planung, Projektmanagement, Beratung<br />
o<strong>de</strong>r Prüfung im gesamten technischen Bereich<br />
an. Die angebotenen Dienstleistungen<br />
sind i. d. R. auftragsspezifisch und müssen individuell<br />
angefertigt wer<strong>de</strong>n. Dies macht eine Beurteilung<br />
<strong>de</strong>r Leistungen schwierig. Zuverlässigkeit<br />
ist eine entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Eigenschaft für<br />
<strong>de</strong>n Erfolg von Ingenieurbüros. Da das Produkt<br />
„Planung“ durch schöpferisch-geistige Prozesse<br />
entsteht, ist es kaum möglich, eine<br />
gleichbleiben<strong>de</strong> Qualität <strong>de</strong>r Ergebnisse zu<br />
garantieren. Aufgrund dieser Gesichtspunkte<br />
ist ein Vertrauensverhältnis <strong>de</strong>s Kun<strong>de</strong>n zum<br />
Auftraggeber essenziell. 5<br />
Controlling, internes Projektmanagement<br />
und Büroorganisation haben bislang in vielen<br />
Ingenieurbüros eine untergeordnete<br />
Be<strong>de</strong>utung. Dies liegt daran, dass die Bearbeitung<br />
technischer Fragestellungen Hauptaugenmerk<br />
<strong>de</strong>r Ingenieure ist und sie kaufmännische<br />
Themenkomplexe auch aufgrund mangeln<strong>de</strong>r<br />
Ausbildung als eher nachrangig betrachten 6<br />
(vgl. Abbildung 1). Auch spielt die Honorarermittlung<br />
nach Honorarordnung für Architekten<br />
und Ingenieure (HOAI) eine Rolle. Hierdurch soll<br />
<strong>de</strong>n Unternehmen ein Auskommen garantiert<br />
wer<strong>de</strong>n, was die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s Controlling geringer<br />
erscheinen lässt. In größeren Büros, die<br />
oftmals als Kapitalgesellschaft geführt wer<strong>de</strong>n,<br />
besteht die Pflicht, eine Finanzbuchführung<br />
vorzunehmen. Dort ist meistens eine eigene<br />
Finanzbuchhaltung und nicht selten auch eine<br />
Controlling-Abteilung anzutreffen. 7<br />
Die Kosten von Ingenieurbüros beinhalten<br />
größtenteils Personalkosten. Der Anteil<br />
dieser beträgt durchschnittlich 63,7 % <strong>de</strong>r<br />
Gesamtkosten. Als völlig ausreichend für ein<br />
Planungsbüro wird die Vollkostenrechnung<br />
beschrieben. An<strong>de</strong>re Kostenrechnungssys-
teme wie Plankostenrechnungen, Grenzkostenrechnungen<br />
o<strong>de</strong>r Prozesskostenrechnungen<br />
sind für durchschnittliche Planungsbüros<br />
meist zu aufwändig. 8 Kalkulationen<br />
fin<strong>de</strong>n weitestgehend auf Stun<strong>de</strong>nbasis statt.<br />
Hierfür notwendig ist eine effektive Zeiterfassung.<br />
Diese wird oft händisch vorgenommen<br />
und ist somit manipulations- und fehleranfällig.<br />
Softwarelösungen sind hier die bessere<br />
Alternative.<br />
Kun<strong>de</strong>nbeziehungen<br />
in Ingenieurbüros<br />
Um Informationen über <strong>de</strong>n Stand <strong>de</strong>s Kun<strong>de</strong>n-<br />
Controlling in <strong>de</strong>utschen Ingenieurbüros zu<br />
generieren, wur<strong>de</strong> eine empirische Studie<br />
durchgeführt. Im Rahmen <strong>de</strong>r Studie wur<strong>de</strong>n<br />
Interviews in elf Ingenieurbüros unterschiedlicher<br />
Größe mit <strong>de</strong>m Tätigkeitsschwerpunkt<br />
<strong>de</strong>s Bauwesens absolviert. Interviewpartner<br />
waren Geschäftsführer o<strong>de</strong>r leiten<strong>de</strong> Mitarbeiter<br />
<strong>de</strong>r kaufmännischen Abteilungen. Die Auswahl<br />
<strong>de</strong>r Stichprobe erfolgte vor allem aufgrund<br />
von regionalen Gesichtspunkten. Es wur<strong>de</strong>n<br />
Büros angeschrieben, <strong>de</strong>ren Sitz o<strong>de</strong>r Zweigstelle<br />
sich im Umkreis von Dortmund befin<strong>de</strong>t.<br />
Da eine geringe Ausprägung <strong>de</strong>s innerbetrieblichen<br />
Rechnungswesens sowie eine geringe<br />
Anzahl an Geschäftsbeziehungen in Kleinst-<br />
Unternehmen erwartet wur<strong>de</strong>n, berücksichtigte<br />
man nur Büros mit mehr als zehn Mitarbeitern<br />
in <strong>de</strong>r Untersuchung.<br />
Die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>nbeziehungen<br />
Die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>nbeziehungen<br />
wird durchweg als hoch eingeschätzt. Die<br />
Fachrichtung <strong>de</strong>r Ingenieurbüros <strong>de</strong>terminiert<br />
hierbei die Zusammensetzung <strong>de</strong>s Kun<strong>de</strong>nstamms<br />
sowie oftmals auch die Dauer <strong>de</strong>r Geschäftsbeziehung.<br />
Es wird versucht, sich<br />
durchweg als Dienstleister zu präsentieren,<br />
offen zu sein und nachhaltige Leistungen zu erbringen.<br />
Beson<strong>de</strong>rs vor <strong>de</strong>m Hintergrund eines<br />
schwanken<strong>de</strong>n, leicht abnehmen<strong>de</strong>n Marktes<br />
ist die Pflege von Kun<strong>de</strong>nbeziehungen essenziell.<br />
Eine partnerschaftliche Zusammenarbeit<br />
wird hierbei präferiert. So entstehen oft positive<br />
Nebeneffekte wie die Akquise durch<br />
Empfehlungen o<strong>de</strong>r Cross- und Up-Selling-<br />
Abb. 1: Aufgabenfel<strong>de</strong>r für beraten<strong>de</strong> Ingenieure 6 CM November / Dezember 2012<br />
Effekte. Als wichtigster Faktor bei <strong>de</strong>r Gestaltung<br />
<strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>nbeziehungen wird die persönliche<br />
Beziehung zu <strong>de</strong>m Kun<strong>de</strong>n bzw. <strong>de</strong>ssen<br />
Vertretern gesehen. Kritisch anzumerken ist<br />
hierbei, dass durch eine zu große Nähe zu einzelnen<br />
Kun<strong>de</strong>n auch eine Abhängigkeit entstehen<br />
kann. Viele Gesprächspartner betonen,<br />
dass neben <strong>de</strong>r Beziehung zu <strong>de</strong>n Kun<strong>de</strong>n das<br />
Verhältnis zu an<strong>de</strong>ren Planungspartnern – vor<br />
allem zu Architekten o<strong>de</strong>r Son<strong>de</strong>ringenieuren –<br />
eine entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Be<strong>de</strong>utung für die Konkurrenzfähigkeit<br />
hat, da nur mit Hilfe von Ingenieurgemeinschaften<br />
Großprojekte abgearbeitet<br />
wer<strong>de</strong>n können.<br />
Umgang mit Neukun<strong>de</strong>n<br />
Die Akquisition von Neukun<strong>de</strong>n wird von <strong>de</strong>n<br />
befragten Personen als schwierig bezeichnet,<br />
da viele Unternehmen auf langfristige, gewachsene<br />
Beziehungen zu ihren Partnern setzen und<br />
so „eingefahrene Strukturen“ entstan<strong>de</strong>n seien.<br />
Die Akquise von Neukun<strong>de</strong>n geschieht in Ingenieurbüros<br />
vorrangig durch Empfehlungen. Eine<br />
weitere Quelle für Aufträge sind die Ausschreibungen<br />
<strong>de</strong>r öffentlichen Hand. Viele <strong>de</strong>r befragten<br />
Ingenieure kritisieren allerdings, dass<br />
hier fast ausschließlich <strong>de</strong>r Preis als Kriterium<br />
für die Auftragsvergabe ausschlaggebend, <strong>de</strong>r<br />
Vergabeprozess oftmals wenig transparent und<br />
die Bewerbung komplex sei.<br />
Bei größeren Unternehmen mit mehr als 50<br />
Mitarbeitern ist die Kaltakquise ein gängiges<br />
Mittel <strong>de</strong>r Neukun<strong>de</strong>ngewinnung. Hierbei wird<br />
das eigene Unternehmen vor potenziellen Kun<strong>de</strong>n<br />
präsentiert, ohne dass konkrete Aufträge<br />
zu vergeben sind. Auf diese Art möchte man<br />
erster Ansprechpartner bei aufkommen<strong>de</strong>m<br />
Bedarf wer<strong>de</strong>n.<br />
Die wichtigsten Kriterien, nach <strong>de</strong>nen die Auswahl<br />
potenzieller neuer Kun<strong>de</strong>n erfolgt, sind<br />
einerseits das Umsatzpotenzial und an<strong>de</strong>rerseits<br />
die Frage, inwiefern ein Kun<strong>de</strong> in die<br />
Marktstrategie <strong>de</strong>s Unternehmens passt. Viele<br />
Unternehmen haben Spezialbereiche, in <strong>de</strong>nen<br />
sie sich Know-how aufgebaut haben und mit<br />
wenig Konkurrenz rechnen müssen. Die wirtschaftliche<br />
Situation sorgt allerdings dafür,<br />
dass einige Unternehmen nicht in <strong>de</strong>r komfor-<br />
75
Kun<strong>de</strong>n-Controlling für Ingenieurbüros<br />
76<br />
tablen Lage sind, sich Aufträge aussuchen zu<br />
können.<br />
Die Kosten <strong>de</strong>r Neukun<strong>de</strong>nakquise wer<strong>de</strong>n von<br />
<strong>de</strong>n meisten Büros nicht systematisch erhoben.<br />
Umgang mit Bestandskun<strong>de</strong>n<br />
Eine Kun<strong>de</strong>ndatenbank dient als Grundlage für<br />
das Controlling <strong>de</strong>r bestehen<strong>de</strong>n Kun<strong>de</strong>nbeziehungen.<br />
Der Umfang <strong>de</strong>r gesammelten Daten<br />
umfasst in <strong>de</strong>r Praxis jedoch oft nicht mehr als<br />
die Kontakt- und Adressdaten <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>n. In<br />
einigen Fällen sind zusätzlich Bonitätsauskünfte<br />
vorhan<strong>de</strong>n. Private Informationen, die zur<br />
Kun<strong>de</strong>npflege genutzt wer<strong>de</strong>n könnten, fin<strong>de</strong>n<br />
sich in <strong>de</strong>n Datenbanken nicht, ebenso wenig<br />
wie Potenzialdaten. Es konnte festgestellt wer<strong>de</strong>n,<br />
dass die Qualität <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>ndatenbanken<br />
mit <strong>de</strong>r Größe <strong>de</strong>r Unternehmen zunimmt.<br />
Die Kun<strong>de</strong>nbewertung fin<strong>de</strong>t anhand<br />
von quantitativen o<strong>de</strong>r qualitativen<br />
Kriterien statt.<br />
Quantitative Kriterien: Die Auswertung kun<strong>de</strong>nbezogener<br />
Umsätze wird in rund <strong>de</strong>r Hälfte<br />
Autoren<br />
Dipl.-Kfm. Michael Georgi<br />
ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand am Lehrstuhl<br />
für Unternehmensrechnung und Controlling <strong>de</strong>r Technischen<br />
Universität Dortmund. Neben seiner Dissertation im Bereich <strong>de</strong>s<br />
öffentlichen Preisrechts beschäftigt er sich im Rahmen <strong>de</strong>s<br />
BMBF Projekts „Intercycle” mit <strong>de</strong>r Interaktionseffizienz im Kun<strong>de</strong>nlebenszyklus.<br />
E-Mail: michael.georgi@tu-dortmund.<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>r befragten Unternehmen durchgeführt.<br />
Dies geschieht entwe<strong>de</strong>r über die Projektmanagementsoftware<br />
o<strong>de</strong>r durch fallweise<br />
Auswertungsrechnungen. Oft sind die durchgeführten<br />
Vorgänge wenig systematisch und<br />
beruhen zumeist auf Intuition. Viele Büros bestätigen,<br />
dass das Umsatzvolumen eine wichtige<br />
Bewertungsgröße sei. Allerdings wird die<br />
Vergangenheitsbezogenheit <strong>de</strong>s Umsatzes<br />
kritisiert. Vor allem das Umsatzpotenzial ist für<br />
die Bewertung eines Kun<strong>de</strong>n wichtig. Wenn<br />
nur <strong>de</strong>r aktuelle Umsatz betrachtet wird,<br />
kommt man zu falschen Einschätzungen, weil<br />
lang fristige und großvolumige Geschäftsbeziehungen<br />
nicht selten durch kleine Aufträge<br />
eingeleitet wer<strong>de</strong>n.<br />
Die Erhebung von Kun<strong>de</strong>n<strong>de</strong>ckungsbeiträgen<br />
wird in keinem <strong>de</strong>r befragten Büros durchgeführt.<br />
Grün<strong>de</strong> sind das Fehlen einer kun<strong>de</strong>norientierten<br />
Kostenrechnung wie bspw. <strong>de</strong>r Prozesskostenrechnung,<br />
und die Auffassung, dass<br />
Kun<strong>de</strong>nerfolgsrechnungen wenig praktikabel<br />
für Ingenieurbüros seien. In <strong>de</strong>n Büros, die über<br />
ein projektbezogenes Controlling verfügen, besteht<br />
die Möglichkeit, die Ergebnisbeiträge <strong>de</strong>r<br />
Kun<strong>de</strong>n über die Nachkalkulationen zu errechnen.<br />
Warnsignale wie bspw. unvollständige Unterlagen<br />
o<strong>de</strong>r hohe Nachfor<strong>de</strong>rungen existieren<br />
Dipl.-Wirt.-Ing. Jörn Lueg-Althoff<br />
ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand am Institut für<br />
Umformtechnik und Leichtbau <strong>de</strong>r Technischen Universität<br />
Dortmund. Im Rahmen seiner Tätigkeiten fungiert er für die dortige<br />
Institutsleitung als persönlicher Assistent.<br />
E-Mail: joern.lueg-althoff@iul.tu-dortmund.<strong>de</strong><br />
Prof. Dr. Andreas Hoffjan<br />
ist Inhaber <strong>de</strong>s Lehrstuhls für Unternehmensrechnung und Controlling<br />
an <strong>de</strong>r Technischen Universität Dortmund. Zu seinen<br />
Forschungsgebieten zählen das Internationale Controlling, das<br />
strategische Kostenmanagement, das Rechnungswesen entgeltorientierter<br />
Unternehmen und das Controlling in Non-Profit-<br />
Organisationen.<br />
E-Mail: andreas.hoffjan@tu-dortmund.<strong>de</strong><br />
in unsystematischer Form. Bei einer kun<strong>de</strong>nbezogenen<br />
Häufung dieser Negativfaktoren kann<br />
auch das gesamte Geschäftsverhältnis zum<br />
Kun<strong>de</strong>n in Frage gestellt wer<strong>de</strong>n.<br />
Die Profitabilität einer Leistung ist ein wichtiges<br />
Merkmal für die Auswahl von Aufträgen. Gera<strong>de</strong><br />
bei kleinen Unternehmen wird auf Basis von<br />
Erfahrungen entschie<strong>de</strong>n. Die größeren Unternehmen<br />
haben ihre Geschäftsfel<strong>de</strong>r kostentechnisch<br />
erfasst, was zur Bevorzugung einzelner<br />
Bereiche führen kann. Oftmals sind es<br />
Nischen-Tätigkeiten, die für ein Unternehmen<br />
aufgrund <strong>de</strong>s geringeren Marktdrucks profitabler<br />
sind als Standard-Leistungen.<br />
Qualitative Kriterien: Die systematische Erhebung<br />
qualitativer Kriterien zur Bewertung von<br />
Kun<strong>de</strong>n fin<strong>de</strong>t in <strong>de</strong>n untersuchten Ingenieurbüros<br />
nicht statt. Einige Unternehmen sind in<br />
einer wirtschaftlich angespannten Situation,<br />
sodass keine selektive Auswahl <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>n<br />
vorgenommen wird. Es gibt jedoch „weiche“<br />
Faktoren, die wertvolle Informationen liefern<br />
können. Die Kun<strong>de</strong>nzufrie<strong>de</strong>nheit ist bspw. weitestgehend<br />
in <strong>de</strong>r Unternehmensphilosophie<br />
verankert. Als bester Indikator wer<strong>de</strong>n hierfür<br />
Folgeaufträge angesehen. 9<br />
Das Alter einer Kun<strong>de</strong>nbeziehung, das Zahlungsverhalten,<br />
die Möglichkeit weiterer Zusammenarbeit,<br />
die geographische Lage, <strong>de</strong>r<br />
Informationswert, <strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong> durch <strong>de</strong>ssen<br />
(potenzielle) Aufträge mit sich bringt, und <strong>de</strong>r<br />
Wert <strong>de</strong>s Kun<strong>de</strong>n als Referenz wer<strong>de</strong>n allgemein<br />
als wichtig eingeschätzt. Die Komplexität<br />
<strong>de</strong>r Aufträge ist darüber hinaus ein Kriterium.<br />
Technisch anspruchsvollere Aufträge bergen<br />
größere Herausfor<strong>de</strong>rungen in sich und bieten<br />
somit Möglichkeiten, sich zu profilieren. So<br />
können Spezialfel<strong>de</strong>r erschlossen wer<strong>de</strong>n.<br />
Beendigung von Kun<strong>de</strong>nbeziehungen<br />
Die wichtigsten Grün<strong>de</strong> für ein Abbrechen <strong>de</strong>r<br />
Geschäftsbeziehungen sind eine schlechte<br />
Zahlungsmoral o<strong>de</strong>r Streitigkeiten im Umgang<br />
mit Vertragsinhalten. Beendigungen von Kun<strong>de</strong>nbeziehungen<br />
wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>m Kun<strong>de</strong>n häufig<br />
nicht explizit mitgeteilt. Wenn die bestehen<strong>de</strong>n<br />
Aufträge abgearbeitet sind, übernimmt man<br />
keine neuen Projekte dieses Kun<strong>de</strong>n mehr. Oft-
CM November / Dezember 2012<br />
mals wird dies über die preisliche Gestaltung<br />
<strong>de</strong>r Angebote gesteuert.<br />
Die Analyse <strong>de</strong>r Ursachen für die Abwan<strong>de</strong>rung<br />
von Kun<strong>de</strong>n fin<strong>de</strong>t nicht in systematischer<br />
Form statt, da schwer zu erkennen ist, ob ein<br />
Kun<strong>de</strong> wirklich abgewan<strong>de</strong>rt ist o<strong>de</strong>r lediglich<br />
„schläft“.<br />
Die Rolle <strong>de</strong>s Rechnungswesens bei <strong>de</strong>r<br />
Bewertung von Kun<strong>de</strong>nbeziehungen<br />
Planung von Erlösen und Kosten: Die Erlösplanung<br />
fin<strong>de</strong>t in <strong>de</strong>n meisten Büros nur in<br />
sehr eingeschränktem Ausmaß statt. In <strong>de</strong>n<br />
kleineren Büros wird meist analysiert, welche<br />
Umsätze in <strong>de</strong>r vergangenen Perio<strong>de</strong> generiert<br />
wur<strong>de</strong>n, um diese dann unter <strong>de</strong>r Prämisse einer<br />
gleichbleiben<strong>de</strong>n Mitarbeiterzahl fortzuschreiben.<br />
Als Hauptproblem <strong>de</strong>r Umsetzung<br />
einer effizienten Planung wird die Unsicherheit<br />
bezüglich <strong>de</strong>r zukünftigen Auftragslage gesehen.<br />
Viele Büros haben nur einen kurzfristigen<br />
Auftragsbestand. Planungssicherheit sowie<br />
kun<strong>de</strong>nbezogene Datenerhebungen sind lediglich<br />
bei <strong>de</strong>njenigen Büros in höherem Maße<br />
gegeben, die schwerpunktmäßig Großprojekte<br />
abwickeln. Das For<strong>de</strong>rungsmanagement führen<br />
fast alle Büros selbst durch. Auch weil die<br />
Zahlungsmoral teilweise sehr schlecht ist, ist<br />
an dieser Stelle viel Aufwand zu betreiben.<br />
Projektkalkulation: Die Kalkulation <strong>de</strong>r einzelnen<br />
Projekte erfolgt auf Basis von Stun<strong>de</strong>nsätzen;<br />
<strong>de</strong>ren Höhe wird in <strong>de</strong>r Mehrzahl <strong>de</strong>r Büros<br />
einmalig ermittelt und ist entwe<strong>de</strong>r mitarbeitero<strong>de</strong>r<br />
mitarbeitergruppenspezifisch. Diese Stun<strong>de</strong>nsätze<br />
bestehen aus einem individuellen Satz<br />
zzgl. eines Gemeinkostenfaktors. Die Werte<br />
wer<strong>de</strong>n i. d. R. aus Zeitmangel nicht regelmäßig<br />
überprüft, obwohl die Notwendigkeit hierzu von<br />
<strong>de</strong>n meisten Büroinhabern erkannt wird. Die<br />
Stun<strong>de</strong>nverfolgung ist in rund <strong>de</strong>r Hälfte <strong>de</strong>r<br />
Büros in die Projektmanagementsoftware integriert.<br />
Die Stun<strong>de</strong>nsätze wer<strong>de</strong>n in allen Büros<br />
auf Vollkostenbasis ermittelt. Eine kun<strong>de</strong>no<strong>de</strong>r<br />
projektbezogene Glie<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Sachkosten<br />
wird im Allgemeinen nicht eingesetzt. Bei<br />
einigen Büros wäre die kun<strong>de</strong>nspezifische Kostenartenglie<strong>de</strong>rung<br />
o<strong>de</strong>r eine Ausrichtung <strong>de</strong>r<br />
internen Prozesse an <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>nbearbeitung<br />
zwar möglich, wird aber als nicht notwendig<br />
angesehen. Nachkalkulationen <strong>de</strong>r Projekte<br />
wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>mgegenüber in allen Ingenieurbüros<br />
durchgeführt. In einigen Unternehmen fin<strong>de</strong>n<br />
die Nachkalkulationen jedoch nur bedarfsweise<br />
statt, da die Kapazitäten für eine routinemäßige<br />
Durchführung fehlen.<br />
Ansätze für effiziente<br />
Kun<strong>de</strong>n beziehungen<br />
Gestaltung <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>nbeziehungen<br />
Langfristige Kun<strong>de</strong>nbeziehungen sind von hoher<br />
Be<strong>de</strong>utung für die befragten Ingenieurbüros.<br />
Eine vertrauensvolle persönliche Beziehung<br />
zu ihren Partnern wird gepflegt, da sich<br />
daraus vielfältige Vorteile ergeben. Insbeson<strong>de</strong>re<br />
die Auftragserlangung bei Neukun<strong>de</strong>n über<br />
Empfehlungen ist hierbei zu nennen. Ansonsten<br />
wird die Neukun<strong>de</strong>nakquise aufgrund eines<br />
überschaubaren Marktes mit etablierten Strukturen<br />
als schwierig und aufwändig beschrieben.<br />
Außer<strong>de</strong>m wird das Marktumfeld in einigen<br />
Fachbereichen als diffizil und schwankend<br />
empfun<strong>de</strong>n, sodass die Pflege <strong>de</strong>r bestehen<strong>de</strong>n<br />
Kun<strong>de</strong>nbeziehungen eine hohe Priorität besitzt.<br />
Gera<strong>de</strong> in dieser Situation wird die Orientierung<br />
am Kun<strong>de</strong>n zunehmend wichtiger. 10<br />
In <strong>de</strong>n Büros mit einer höheren Anzahl an Mitarbeitern<br />
erfolgt <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>nkontakt nicht primär<br />
auf <strong>de</strong>r Geschäftsführerebene, son<strong>de</strong>rn<br />
über die Mitarbeiter. Um hierbei optimale<br />
Ergebnisse zu erzielen, ist die Etablierung von<br />
Anreizsystemen, basierend auf Daten <strong>de</strong>s<br />
Kun<strong>de</strong>n-Controlling, <strong>de</strong>nkbar. Die Akquise von<br />
Aufträgen durch die Mitarbeiter kann somit belohnt<br />
wer<strong>de</strong>n. Eine systematische Erfassung<br />
von Vermittlungen – bspw. in <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>ndatenbank<br />
– ist zu befürworten, um die Effektivität<br />
<strong>de</strong>s Aufwands, <strong>de</strong>r in die Pflege <strong>de</strong>r Beziehungen<br />
inves tiert wird, bewerten zu können.<br />
Die Mehrheit <strong>de</strong>r Ingenieurbüros ist nur in<br />
geringem Ausmaß in die langfristigen<br />
Planungen seiner Partner und Kun<strong>de</strong>n einbezogen.<br />
Deshalb wird die kun<strong>de</strong>nbezogene<br />
Umsatzplanung größtenteils als unmöglich<br />
beschrieben. Eine stärkere Integration in die<br />
Planungsprozesse und Entwicklungsrichtungen<br />
<strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong> die Planungssicherheit für<br />
die Ingenieurbüros erhöhen. Dies wäre vor allem<br />
bei institutionellen Kun<strong>de</strong>n wie Industrieunternehmen<br />
<strong>de</strong>nkbar.<br />
Kriterien einer effizienten<br />
Kun<strong>de</strong>n beziehung<br />
Viele Ingenieurbüros sind wirtschaftlich nicht<br />
in <strong>de</strong>r komfortablen Position, ihre Kun<strong>de</strong>n auswählen<br />
zu können. Um verlustbringen<strong>de</strong> Kun<strong>de</strong>n<br />
zu i<strong>de</strong>ntifizieren, sollten trotz<strong>de</strong>m einige<br />
Effizienzkriterien für Kun<strong>de</strong>nbeziehungen beachtet<br />
wer<strong>de</strong>n. Bei <strong>de</strong>n quantitativen Kriterien<br />
sind zuerst <strong>de</strong>r Umsatz und das Umsatzpotenzial<br />
zu nennen. Großkun<strong>de</strong>n sorgen für<br />
eine gewisse Planungssicherheit für das<br />
Büro, allerdings birgt die enge Bindung an einige<br />
wenige Kun<strong>de</strong>n die Gefahr von Abhängigkeiten.<br />
Obwohl das Umsatzvolumen pro<br />
Kun<strong>de</strong> eine wichtige Kenngröße für die Ingenieurbüros<br />
ist, werten dies nur wenige Unternehmen<br />
aus. Das Umsatzpotenzial einer Kun<strong>de</strong>nbeziehung<br />
ist als zukunftsorientierte Größe<br />
wichtiger einzuschätzen als <strong>de</strong>r Umsatz. 11<br />
Allerdings ist eine Prognose aufgrund <strong>de</strong>r<br />
schwanken<strong>de</strong>n wirtschaftlichen Lage, <strong>de</strong>s<br />
technischen Fortschritts o<strong>de</strong>r von gesetzlichen<br />
Verän<strong>de</strong>rungen schwierig. Foren zur Diskussion<br />
hierüber könnten die Berufsverbän<strong>de</strong><br />
bieten. Dafür müsste sich allerdings die in <strong>de</strong>r<br />
Branche verbreitete Mentalität einer gegenseitigen<br />
Abschottung än<strong>de</strong>rn.<br />
Empfehlenswert wäre es in je<strong>de</strong>m Fall, die in<br />
<strong>de</strong>n Unternehmen eingesetzten Kun<strong>de</strong>ndatenbanken<br />
zu erweitern und für alle Angestellten<br />
verfügbar zu machen. Durch die Pflege <strong>de</strong>r Datenbanken<br />
ließen sich die Intuition und das<br />
Bauchgefühl messbar und nachvollziehbar machen.<br />
Informationen über das Zahlungsverhalten<br />
und die Bonität <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>n sollten in<br />
<strong>de</strong>r Datenbank hinterlegt wer<strong>de</strong>n, da ausbleiben<strong>de</strong><br />
Zahlungen gera<strong>de</strong> für viele kleine Unternehmen<br />
existenzgefähr<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Auswirkungen<br />
haben können. Außer<strong>de</strong>m ist eine sorgfältige<br />
Pflege <strong>de</strong>r Referenzlisten als wichtiges (Marketing-)<br />
Instrument einzustufen. Auch Informationen<br />
über das Empfehlungsverhalten eines<br />
Kun<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r Planungspartners sollten in die<br />
Datenbank integriert wer<strong>de</strong>n. Die Speicherung<br />
wichtiger Termine wie bspw. notwendige Prüfungen<br />
o<strong>de</strong>r Wartungsarbeiten beim Kun<strong>de</strong>n<br />
bieten Ansatzpunkte für die Wie<strong>de</strong>rauffri-<br />
77
Kun<strong>de</strong>n-Controlling für Ingenieurbüros<br />
78<br />
schung von Kontakten. Eine Erfassung kun<strong>de</strong>nspezifischer<br />
Daten ist sinnvoll. Allerdings<br />
muss hierbei geprüft wer<strong>de</strong>n, ob das gelten<strong>de</strong><br />
Datenschutzrecht dies zulässt. 12<br />
Relevante Metho<strong>de</strong>n<br />
<strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>nbewertung<br />
Eine regelmäßige, strukturierte Bewertung <strong>de</strong>r<br />
Kun<strong>de</strong>n wird nur in einer geringen Zahl <strong>de</strong>r<br />
untersuchten Ingenieurbüros durchgeführt. Im<br />
Folgen<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n einige Metho<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Kun<strong>de</strong>n-Controlling<br />
genannt, die wegen ihrer einfachen<br />
Umsetzung für <strong>de</strong>n Einsatz in Ingenieurbüros<br />
geeignet sind:<br />
Eine ABC-Analyse <strong>de</strong>s Kun<strong>de</strong>nstamms kann<br />
anhand <strong>de</strong>s Umsatzes pro Kun<strong>de</strong> durchgeführt<br />
wer<strong>de</strong>n. Eine Einteilung <strong>de</strong>r gesamten Kun<strong>de</strong>n<br />
nach Umsatz in A-, B- o<strong>de</strong>r C-Kun<strong>de</strong>n visualisiert<br />
die Kun<strong>de</strong>nstruktur und <strong>de</strong>ckt eventuelle<br />
Großkun<strong>de</strong>nabhängigkeiten o<strong>de</strong>r eine übermäßig<br />
hohe Zahl an kleinen Kun<strong>de</strong>n auf. Daraus<br />
können Handlungsempfehlungen bspw. bezüglich<br />
<strong>de</strong>r Intensität <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>nbetreuung abgeleitet<br />
wer<strong>de</strong>n. In <strong>de</strong>r Praxis gibt es allerdings oftmals<br />
eine Ungleichverteilung von Umsatz und<br />
Gewinn, sodass die umsatzstärksten Kun<strong>de</strong>nbeziehungen<br />
nicht zwangsläufig die profitabelsten<br />
sind. Eine Betrachtung von Deckungsbeiträgen<br />
wür<strong>de</strong> hier Abhilfe schaffen. Die Berechnung ist<br />
allerdings aufwändig in <strong>de</strong>r Umsetzung.<br />
Einfache Kun<strong>de</strong>n-Scoring-Metho<strong>de</strong>n eignen<br />
sich ebenfalls für <strong>de</strong>n Einsatz in Ingenieurbüros.<br />
13 Unternehmensintern müssen hierfür geeignete<br />
Kriterien und <strong>de</strong>ren Gewichtungen <strong>de</strong>finiert<br />
wer<strong>de</strong>n. Diese einzelnen Daten lassen sich<br />
zu Scores kumulieren, die als Basis einer Rangliste<br />
<strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>n genutzt wer<strong>de</strong>n können. Denkbar<br />
ist hier auch die Integration qualitativer<br />
Kriterien wie bspw. das Zahlungsverhalten, das<br />
Empfehlungsverhalten o<strong>de</strong>r die Möglichkeiten<br />
weiterer Zusammenarbeit.<br />
Je mehr Kun<strong>de</strong>n ein Unternehmen bedient, <strong>de</strong>sto<br />
sinnvoller lassen sich Kun<strong>de</strong>n-Portfolios<br />
als Instrument <strong>de</strong>s Kun<strong>de</strong>n-Controlling in Ingenieurbüros<br />
einsetzen. Die Einordnung aller<br />
Bestandskun<strong>de</strong>n in ein Portfolio kann dazu<br />
beitragen, „Starkun<strong>de</strong>n“ zu i<strong>de</strong>ntifizieren. Die<br />
Bindung dieser Kun<strong>de</strong>n an das Unternehmen<br />
sollte Priorität genießen. Außer<strong>de</strong>m wer<strong>de</strong>n<br />
problematische Kun<strong>de</strong>nbeziehungen erkennbar,<br />
bei <strong>de</strong>nen über eine Beendigung <strong>de</strong>r<br />
Zusammenarbeit nachgedacht wer<strong>de</strong>n sollte.<br />
Die Durchführung von Kun<strong>de</strong>nerfolgsrechnungen<br />
wird sich in <strong>de</strong>n meisten Ingenieurbüros<br />
als schwierig darstellen. Als wichtige<br />
Voraussetzung für die Erhebung von Kun<strong>de</strong>n<strong>de</strong>ckungsbeiträgen<br />
wird in <strong>de</strong>r Literatur die<br />
Einführung einer prozessorientierten Kostenrechnung<br />
angesehen. Diese wird in <strong>de</strong>r Praxis<br />
jedoch nur von <strong>de</strong>n großen, eine entsprechen<strong>de</strong><br />
Kostenstellenrechnung besitzen<strong>de</strong>n<br />
Ingenieurdienstleistern umzusetzen sein.<br />
Sinnvoll wäre es in je<strong>de</strong>m Fall, die Erträge <strong>de</strong>r<br />
Einzelprojekte <strong>de</strong>n betreffen<strong>de</strong>n Kun<strong>de</strong>n zuzuordnen.<br />
Dies kann als Ausgangspunkt für<br />
weitere Analysen dienen.<br />
Fazit<br />
Der Fokussierung von Ingenieurbüros auf ihre<br />
Kun<strong>de</strong>nbeziehungen kommt – wie dies zur Zeit<br />
auch in an<strong>de</strong>ren Branchen <strong>de</strong>r Fall ist – eine<br />
wachsen<strong>de</strong> Be<strong>de</strong>utung zu. Anhand <strong>de</strong>r Durchführung<br />
einer empirischen Studie konnte festgestellt<br />
wer<strong>de</strong>n, dass die Schwächen <strong>de</strong>r Ingenieurbüros<br />
grundsätzlich mit <strong>de</strong>nen an<strong>de</strong>rer<br />
kleiner und mittelständischer Unternehmen<br />
übereinstimmen. Gera<strong>de</strong> <strong>de</strong>n kleinen, oft inhabergeführten<br />
Ingenieurbüros fehlt es an<br />
betriebswirtschaftlichem Know-how, um<br />
eine Evaluierung <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>nbeziehungen<br />
durchführen zu können. Die in diesem Artikel<br />
aufgezeigten Probleme und Handlungsempfehlungen<br />
sollen Unternehmen sensibilisieren,<br />
sich aktiv mit <strong>de</strong>r systematischen<br />
Strukturierung ihrer Controlling-Systeme<br />
auseinan<strong>de</strong>rzusetzen, um Warnsignale früh zu<br />
erkennen und um einen nachhaltigen Erfolg zu<br />
gewährleisten.<br />
Literaturverzeichnis<br />
1<br />
Goldammer, Dietmar (2006): Der Wan<strong>de</strong>l im<br />
Planungsbüro. Nichts bleibt wie es war. Berlin:<br />
Schiele und Schön.<br />
2<br />
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65 Abbildungen und 28 Tabellen. Berlin: Springer.<br />
3<br />
Statistisches Bun<strong>de</strong>samt (2011): Dienstleistungen.<br />
Strukturerhebung im Dienstleistungsbereich.<br />
Architektur- und Ingenieurbüros 2008.<br />
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mit Aussagen zur Auskömmlichkeit ausgewählter<br />
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eines Ingenieurbüros. In: Dietmar<br />
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Köln: Müller, S. 9-19.<br />
6<br />
Goldammer, Dietmar (2004): Steuerungssysteme<br />
für Planungsbüros. Betriebswirtschaftlichen<br />
Erfolg steigern. 1. Aufl. Berlin: Vogel-<br />
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7<br />
Vogt, Hans-Dieter (1997): Rechtsformen für<br />
Ingenieurbüros. In: Dietmar Goldammer (Hg.):<br />
Das Ingenieurbüro: ein Unternehmer-Handbuch.<br />
Köln: Müller, S. 55-91.<br />
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9<br />
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10<br />
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In: Dominik Georgi und Karsten Hadwich<br />
(Hg.): Management von Kun<strong>de</strong>nbeziehungen.<br />
Wiesba<strong>de</strong>n: Gabler, S. 106-128.<br />
11<br />
Köhler, Richard (2007): Kun<strong>de</strong>nbeziehungen<br />
als Gegenstand <strong>de</strong>s Controlling. In: Matthias H.<br />
J. Gouthier et al. (Hg.): Service Excellence als<br />
Impulsgeber. Strategien – Management – Innovationen<br />
– Branchen. Wiesba<strong>de</strong>n: Betriebswirtschaftlicher<br />
Verlag Dr. Th. Gabler GWV Fachverlage<br />
GmbH, S. 504-525.<br />
12<br />
Link, Jörg/Gary, Alexan<strong>de</strong>r (2008): Grundlagen<br />
und rechtliche Aspekte von Kun<strong>de</strong>ndatenbanken.<br />
In: Torsten Schwarz (Hg.): Leitfa<strong>de</strong>n<br />
Dialog-Marketing. Das kompakte Wissen <strong>de</strong>r<br />
Branche. Waghäusel: Marketing-Börse. Online<br />
verfügbar unter http://www.marketing-boerse.<br />
<strong>de</strong>/Fachartikel/<strong>de</strong>tails/Grundlagen-und-rechtliche-Aspekte-von-Kun<strong>de</strong>ndatenbanken,<br />
zuletzt<br />
geprüft am 27.05.2012.<br />
13<br />
Mengen, Andreas (2011): Mit Kun<strong>de</strong>nwert-<br />
Controlling zu mehr Erfolg in Marketing und<br />
Vertrieb. In: Controlling 23 (1), S. 55-63.
CM November / Dezember 2012<br />
Bewertung <strong>de</strong>s Intellektuellen Kapitals (IK)<br />
in KMU und Kreditinstituten<br />
Ergebnisse zweier empirischer Studien zu Kenntnis und<br />
Nutzung von Metho<strong>de</strong>n<br />
von Gunnar Heinzow und Ute Vanini<br />
Die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Ressource Wissen hat<br />
in <strong>de</strong>n letzten Jahren im Vergleich zu <strong>de</strong>n<br />
klas-sischen Produktionsfaktoren stark zugenommen.<br />
Aufgrund <strong>de</strong>r weiter zunehmen<strong>de</strong>n<br />
Marktdynamik, <strong>de</strong>s Anstiegs <strong>de</strong>s globalen Innovations-<br />
und Kostenwettbewerbs und <strong>de</strong>r<br />
Produktkomplexität sowie <strong>de</strong>r dynamischen<br />
Weiterentwicklung <strong>de</strong>r Informations- und<br />
Kommunikationstechnologien dürfte die Be<strong>de</strong>utung<br />
<strong>de</strong>r Ressource Wissen zukünftig<br />
weiter ansteigen.<br />
Insbeson<strong>de</strong>re für kleine und mittlere Unternehmen<br />
(KMU) ist Wissen als Wettbewerbsfaktor<br />
von großer Be<strong>de</strong>utung, da sie meistens keine<br />
Kostenvorteile durch Skaleneffekte o<strong>de</strong>r<br />
Produktionsverlagerungen ins Ausland erzielen<br />
können. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, spezialisieren<br />
sich viele KMU daher auf beson<strong>de</strong>rs<br />
technologieintensive Marktnischen und die<br />
Entwicklung von spezifischen Kun<strong>de</strong>nlösungen.<br />
Neben einem umfangreichen technologischen<br />
Know-how benötigen sie dafür auch<br />
<strong>de</strong>zidiertes Wissen über die Anfor<strong>de</strong>rungen<br />
ihrer – zunehmend auch internationalen –<br />
Kun<strong>de</strong>n. Häufig müssen die Kun<strong>de</strong>nlösungen<br />
gemeinsam mit an<strong>de</strong>ren Unternehmen, z. B.<br />
Lieferanten, entwickelt wer<strong>de</strong>n.<br />
Für das systematische Wissensmanagement<br />
treten in KMU häufig folgen<strong>de</strong> Schwierigkeiten<br />
auf: Einerseits haben KMU aufgrund ihres<br />
geringen Bekanntheitsgrads Probleme bei <strong>de</strong>r<br />
Rekrutierung hoch qualifizierter Mitarbeiter<br />
und verfügen oft nicht über die formalen Strukturen<br />
sowie die personellen, zeitlichen und<br />
finanziellen Ressourcen für ein Wissensmanagement.<br />
An<strong>de</strong>rerseits bleibt das Wissen in<br />
KMU teilweise ungenutzt. Die Unternehmen<br />
verfügen zwar über Archive, Ablagen, elektronische<br />
Datenbanken o<strong>de</strong>r sonstige Mittel bzw.<br />
Tools zum Umgang mit Wissen, oftmals ist jedoch<br />
zu beobachten, dass diese Aktivitäten<br />
ohne eine gezielte Planung, Steuerung und<br />
Kontrolle ablaufen. 1<br />
Die immateriellen Ressourcen eines Unternehmens<br />
wer<strong>de</strong>n bisher nur unzureichend im<br />
Rechnungswesen und insbeson<strong>de</strong>re im Jahresabschluss<br />
abgebil<strong>de</strong>t. Da <strong>de</strong>r Jahresabschluss<br />
die Grundlage für die Kreditwürdigkeitsprüfung<br />
im Rahmen eines Ratings bil<strong>de</strong>t, fürchtet<br />
<strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sverband <strong>de</strong>r mittelständischen Wirtschaft<br />
eine Kreditklemme für KMUs und for<strong>de</strong>rt<br />
in seinem Positionspapier vom 25.06.2010<br />
mehr Verständnis für das Geschäftsmo<strong>de</strong>ll<br />
potenzieller Kreditnehmer und eine stärkere<br />
Berücksichtigung immaterieller Faktoren bei <strong>de</strong>r<br />
Kreditentscheidung. Es stellt sich somit die<br />
Frage, inwieweit immaterielle Ressourcen in<br />
Unternehmen bisher systematisch bewertet und<br />
gesteuert und von Banken in ihrer Kreditwürdigkeitsprüfung<br />
berücksichtigt wer<strong>de</strong>n.<br />
79
Bewertung <strong>de</strong>s Intellektuellen Kapitals<br />
eine verwirren<strong>de</strong> Begriffsvielfalt. Im Folgen<strong>de</strong>n<br />
wird <strong>de</strong>r Begriff <strong>de</strong>s Intellektuellen Kapitals (IK)<br />
verwen<strong>de</strong>t. Dieser ist umfassen<strong>de</strong>r als <strong>de</strong>r Begriff<br />
<strong>de</strong>s immateriellen Vermögenswertes nach<br />
HGB o<strong>de</strong>r IAS 38, <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>m Kriterium <strong>de</strong>r<br />
ein<strong>de</strong>utigen I<strong>de</strong>ntifizierbarkeit ausgeht und daher<br />
z. B. das Humankapital gar nicht berücksichtigt.<br />
Hier wird das IK als alle nicht-materiellen<br />
und nicht-finanziellen Ressourcen verstan<strong>de</strong>n,<br />
z. B. die Fähigkeiten von Mitarbeitern, Patente,<br />
die Qualität von Kooperationen etc., die<br />
einen wesentlichen Beitrag zur Wertschöpfung<br />
<strong>de</strong>s Unternehmens leisten. 2 Das IK lässt sich in<br />
die Komponenten Human-, Beziehungs- und<br />
Strukturkapital unterteilen (vgl. Abbildung 1).<br />
Abb. 1: Bestandteile <strong>de</strong>s IK<br />
Metho<strong>de</strong>n zur Bewertung<br />
<strong>de</strong>s Intellektuellen Kapitals<br />
Begriff <strong>de</strong>s IK<br />
In <strong>de</strong>r Wissenschaft gibt es kein einheitliches<br />
Verständnis von immateriellen Ressourcen.<br />
Zu<strong>de</strong>m existiert mit <strong>de</strong>n Bezeichnungen<br />
Wissen, immaterielles Vermögen bzw.<br />
Kapital, Intellektuelles Kapital und Intangibles<br />
Das Humankapital beschreibt alle Eigenschaften<br />
und Fähigkeiten <strong>de</strong>r Mitarbeiter einer Organisation,<br />
wie z. B. ihr Fach- und Metho<strong>de</strong>nwissen,<br />
ihre Erfahrung, ihr Wissen über Produkte,<br />
Märkte etc. und ihre Motivation. Das Strukturkapital<br />
stellt <strong>de</strong>n Wert <strong>de</strong>r internen Strukturen<br />
und Prozesse einer Organisation dar, die die<br />
Leistungserstellung unterstützen, z. B. Innovationen<br />
(Patente, Lizenzen, neue Produkte, Marken),<br />
die Unternehmenskultur, Prozesse (Kommunikationswege<br />
und Abläufe) und <strong>de</strong>r Standort<br />
(Lagevorteil, Verkehrsanbindung, gesetzliche<br />
sowie steuerliche Rahmenbedingungen<br />
etc.). Das Beziehungskapital umfasst <strong>de</strong>n<br />
Wert <strong>de</strong>s externen Netzwerks einer Organisation,<br />
z. B. zu Kun<strong>de</strong>n, Lieferanten, Kooperationspartnern,<br />
Verbän<strong>de</strong>n, Hochschulen, Forschungseinrichtungen<br />
und zur Hausbank. 3<br />
Das IK hat folgen<strong>de</strong> bewertungsrelevante<br />
Eigenschaften: 4<br />
· Das IK hat eine sehr spezifische Kostenstruktur,<br />
d. h. sein Aufbau verursacht hohe Fixkos-<br />
80<br />
Abb. 2: Metho<strong>de</strong>n zur Bewertung <strong>de</strong>s IK
CM November / Dezember 2012<br />
Abb. 3: Einfluss <strong>de</strong>s IK auf <strong>de</strong>n Unternehmenserfolg <strong>de</strong>r befragten KMU<br />
ten, während die folgen<strong>de</strong> Nutzung kaum<br />
Kosten nach sich zieht (z. B. beim Humankapital<br />
<strong>de</strong>r Mitarbeiter).<br />
· Das IK wird i. d. R. bei Nutzung nicht verbraucht<br />
und kann sogar vielfach gleichzeitig<br />
und mehrfach im Unternehmen verwen<strong>de</strong>t<br />
wer<strong>de</strong>n (Nicht-Rivalität <strong>de</strong>r Nutzung), z. B. bei<br />
Marken, und generiert dann steigen<strong>de</strong> Skalenerträge<br />
(Netzwerkeffekte).<br />
· Allerdings befin<strong>de</strong>n sich häufig bestimmte<br />
Teile <strong>de</strong>s IK wie z. B. das Humankapital o<strong>de</strong>r<br />
die Kun<strong>de</strong>nbeziehungen nicht uneingeschränkt<br />
in Besitz <strong>de</strong>s Unternehmens (ein -<br />
geschränkte Handlungs- und Verfügungsrechte).<br />
· Eine Investition in das IK resultiert häufig erst<br />
mit großer Zeitverzögerung in einer Steigerung<br />
<strong>de</strong>s Unternehmenserfolgs bzw. <strong>de</strong>s Unternehmenswertes.<br />
Zu<strong>de</strong>m lassen sich künftige<br />
finanzielle Rückflüsse <strong>de</strong>s IK nur schwer<br />
prognostizieren. Die lange Amortisationsdauer<br />
erfor<strong>de</strong>rt einerseits <strong>de</strong>n Einsatz von Investitionsrechenverfahren<br />
zur Beurteilung<br />
<strong>de</strong>r Vorteilhaftigkeit von Investitionen in das<br />
IK. An<strong>de</strong>rseits wird <strong>de</strong>ren Verwendung durch<br />
die unzureichen<strong>de</strong> Vorhersehbarkeit <strong>de</strong>r<br />
finanziellen Rückflüsse erschwert.<br />
· Da kaum Märkte für das IK existieren, gibt es<br />
auch kaum Marktpreise für Bewertung.<br />
Überblick über verschie<strong>de</strong>ne<br />
Bewertungsmetho<strong>de</strong>n<br />
Es gibt zahlreiche Metho<strong>de</strong>n zur Bewertung <strong>de</strong>s<br />
IK, die sich in vier Gruppen ordnen lassen (vgl.<br />
Abbildung 2). Deduktiv-summarische Ansätze<br />
versuchen, auf <strong>de</strong>r Grundlage von Marktpreisen<br />
Wertansätze für einzelne immaterielle<br />
Vermögenswerte zu ermitteln und anschließend<br />
zu einem Gesamtwert <strong>de</strong>s IK zu aggregieren.<br />
Eines <strong>de</strong>r bekanntesten Verfahren ist die<br />
Markt-Buchwert-Differenz, die <strong>de</strong>n Wert <strong>de</strong>s<br />
immateriellen Vermögens als Differenz zwischen<br />
<strong>de</strong>m (an <strong>de</strong>r Börse beobachtbaren)<br />
Marktwert und <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Bilanz entnehmbaren<br />
Buchwert eines Unternehmens misst, da immaterielle<br />
Vermögenswerte überwiegend nicht in<br />
<strong>de</strong>r Bilanz erfasst sind. Induktiv-analytische<br />
Verfahren bewerten die einzelnen Bestandteile<br />
<strong>de</strong>s IK anhand von Indikatoren und Kennzahlen.<br />
5 Eines <strong>de</strong>r bekanntesten induktivanalytischen<br />
Verfahren ist <strong>de</strong>r Skandia-Navigator,<br />
<strong>de</strong>r von Edvinsson zur Steuerung <strong>de</strong>s IK <strong>de</strong>s<br />
schwedischen Versicherungsunternehmens<br />
Skandia entwickelt wur<strong>de</strong>. 6<br />
Zu <strong>de</strong>n neueren Bewertungsansätzen zählen<br />
Wissensbilanzkonzepte. Im anglo-amerikanischen<br />
Raum wer<strong>de</strong>n die Begriffe <strong>de</strong>s Intellectual<br />
Capital Statement o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Intellectual<br />
Capital Report verwen<strong>de</strong>t. Diese Begriffe sind<br />
insofern präziser, da es sich bei Wissensbilanzen<br />
nicht um eine Bilanz im Sinne <strong>de</strong>s externen<br />
Rechnungswesens mit monetär bewerteten<br />
Aktiv- und Passivpositionen han<strong>de</strong>lt. Wissensbilanzkonzepte<br />
verwen<strong>de</strong>n die Ziele, Strategien<br />
und Visionen eines Unternehmens als Ausgangspunkt<br />
für die Bewertung seines IK. Die<br />
Erstellung einer Wissensbilanz ist in Phasen<br />
strukturiert. Dabei wird vielfach das gesamte<br />
Unternehmen betrachtet. Zur Bewertung <strong>de</strong>s IK<br />
wer<strong>de</strong>n wie bei <strong>de</strong>n induktiv-analytischen Metho<strong>de</strong>n<br />
Kennzahlen gebil<strong>de</strong>t. Ebenso wer<strong>de</strong>n<br />
die Wechselbeziehungen zwischen <strong>de</strong>n jeweiligen<br />
Faktoren <strong>de</strong>s IK <strong>de</strong>finiert. Im Gegensatz zu<br />
<strong>de</strong>n induktiv-analytischen Metho<strong>de</strong>n sind Wissensbilanzkonzepte<br />
jedoch in einen umfassen<strong>de</strong>ren<br />
Steuerungsansatz integriert. Prominentes<br />
Beispiel ist hier die Wissensbilanz –<br />
Ma<strong>de</strong> in Germany, die vom Fraunhofer Institut<br />
und <strong>de</strong>m Arbeitskreis Wissensbilanzierung<br />
primär für KMU entwickelt und in ca. 50 Unternehmen<br />
getestet wur<strong>de</strong>. Für die Wissensbilanz<br />
– Ma<strong>de</strong> in Germany gibt es einen Leitfa<strong>de</strong>n<br />
und eine Toolbox. 7<br />
Rechnungswesenbasierte Konzepte wer<strong>de</strong>n<br />
vor allem im externen Rechnungswesen zur<br />
81
Bewertung <strong>de</strong>s Intellektuellen Kapitals<br />
Abb. 4: Anfor<strong>de</strong>rungen an eine Metho<strong>de</strong> zur Bewertung <strong>de</strong>s IK aus Sicht <strong>de</strong>r befragten KMU<br />
82<br />
Autoren<br />
Prof. Dr. Ute Vanini<br />
vertritt seit 2003 die Fachgebiete ABWL und Controlling an <strong>de</strong>r<br />
FH Kiel. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Risikomanagementund<br />
-controllingsysteme, Performance Measurement Systeme,<br />
Auswirkungen einer IFRS-Rechnungslegung auf das Controlling<br />
sowie dysfunktionale Verhaltensweisen durch Controlling-Instrumente.<br />
Sie ist Jury-Vorsitzen<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Controller-Nachwuchspreises<br />
<strong>de</strong>s ICV und Sprecherin <strong>de</strong>s bun<strong>de</strong>sweiten Arbeitskreises<br />
Controlling-Professuren an (Fach-) Hochschulen.<br />
Bewertung bilanzierungsfähiger immaterieller<br />
Vermögenswerte, wie z. B. Patente, Lizenzen,<br />
Entwicklungsergebnisse und Geschäfts- o<strong>de</strong>r<br />
Firmenwert, verwen<strong>de</strong>t. Die konkreten Bilanzierungs-<br />
und Bewertungsvorschriften fin<strong>de</strong>n sich<br />
im HGB sowie in IAS 38. 8 Generell wird zwischen<br />
drei Bewertungsansätzen unterschie<strong>de</strong>n.<br />
Beim Cost Approach wer<strong>de</strong>n die immateriellen<br />
Vermögenswerte zu ihren Produktions- bzw.<br />
Wie<strong>de</strong>rbeschaffungskosten (in Ausnahmefällen<br />
auch zu ihren Anschaffungs- und Herstellungskosten)<br />
bewertet. Der Market Approach versucht,<br />
aus <strong>de</strong>n Marktpreisen von vergleichbaren<br />
immateriellen Vermögenswerten Bewertungsansätze,<br />
z. B. durch Multiplikatoren,<br />
abzuleiten, während <strong>de</strong>r Income Approach<br />
<strong>de</strong>n Barwert <strong>de</strong>r durch einen immateriellen<br />
Vermögenswert generierten zukünftigen Einzahlungsüberschüsse<br />
als Bewertungsansatz<br />
verwen<strong>de</strong>t. 9<br />
Nutzung <strong>de</strong>r Bewertungsmetho<strong>de</strong>n<br />
Zur Ermittlung <strong>de</strong>s Bekanntheitsgrads und <strong>de</strong>r<br />
Nutzung <strong>de</strong>s IK wur<strong>de</strong> im 1. Quartal 2011 eine<br />
Gunnar Heinzow<br />
machte 2009 seinen Abschluß als Bachelor of Engineering in<br />
Schiffbau und maritimer Technik. Anschließend nahm er das nichtkonsekutive<br />
Masterstudium <strong>de</strong>r BW an <strong>de</strong>r FH Kiel auf. 2012<br />
schloss er sein Studium mit einem Doppelabschluß an <strong>de</strong>r FH Kiel<br />
in BW und an <strong>de</strong>r University of Western Sydney in International<br />
Business ab. In seiner Masterthesis untersuchte er die Anwendung<br />
<strong>de</strong>r Bewertungsmetho<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s IK in KMU in Schleswig-Holstein.<br />
Online-Befragung von 455 schleswig-holsteinischen<br />
KMUs durchgeführt. Die Befragung<br />
stieß auf großes Interesse: 89 Unternehmen<br />
nahmen an <strong>de</strong>r Befragung teil. Die Rücklaufquote<br />
von knapp 20 % unterstreicht das Interesse<br />
und die Relevanz <strong>de</strong>s Themas. Der<br />
Fragebogen bestand aus 24 Fragen und wur<strong>de</strong><br />
in vier Unternehmen einem Pretest unterzogen.<br />
Zum Einstieg wur<strong>de</strong>n die Unternehmen nach<br />
<strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Bestandteile <strong>de</strong>s IK für ihren<br />
Erfolg befragt.<br />
Abbildung 3 unterstreicht die herausragen<strong>de</strong><br />
Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s IK für <strong>de</strong>n <strong>de</strong>rzeitigen Geschäftserfolg<br />
und die zukünftige Unternehmensentwicklung,<br />
die sich aber nach Ansicht <strong>de</strong>r<br />
befragten KMU nicht im selben Umfang in <strong>de</strong>r<br />
Kreditbeschaffung bei Banken nie<strong>de</strong>rschlägt.<br />
Die Ergebnisse entsprechen weitestgehend <strong>de</strong>r<br />
Untersuchung von Alwert et al. (2010, S. 10),<br />
die ebenfalls die herausragen<strong>de</strong>n Be<strong>de</strong>utung<br />
<strong>de</strong>s Humankapitals für eine wissensbasierte<br />
Unternehmensführung von KMU feststellen.<br />
Anschließend wur<strong>de</strong> nach <strong>de</strong>r Bewertung <strong>de</strong>s<br />
IK und <strong>de</strong>n dabei verwen<strong>de</strong>ten Metho<strong>de</strong>n gefragt.<br />
Aus Sicht <strong>de</strong>r KMU sollte eine Bewertungsmetho<strong>de</strong><br />
vor allem die Stärken und<br />
Schwächen in Bezug auf das IK darstellen, kostengünstig<br />
umsetzbar sein, <strong>de</strong>m Management
CM November / Dezember 2012<br />
Softwarelösung (47 %), ein fehlen<strong>de</strong>s Angebot<br />
an Schulungen (34 %) sowie ein zu großer Aufwand<br />
(28 %) genannt.<br />
Berücksichtigung <strong>de</strong>s IK<br />
durch Kreditinstitute<br />
Abb. 5: Evaluation <strong>de</strong>r Bewertungsmetho<strong>de</strong>n<br />
Abb. 6: Kenntnis und Nutzung <strong>de</strong>r Bewertungsmetho<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n befragten KMU<br />
Entscheidungshilfen für die Steuerung <strong>de</strong>s IK<br />
liefern, wenig Zeit in Anspruch nehmen, das IK<br />
i<strong>de</strong>ntifizieren und <strong>de</strong>ssen Beitrag zum Geschäftserfolg<br />
darstellen (vgl. Abbildung 4).<br />
Diese Kriterien wer<strong>de</strong>n vor allem von induktivanalytischen<br />
Ansätzen und Wissensbilanzkonzepten<br />
erfüllt, so dass erwartet wer<strong>de</strong>n kann,<br />
dass vor allem diese Verfahren in <strong>de</strong>r Unternehmenspraxis<br />
zur Bewertung <strong>de</strong>s IK eingesetzt<br />
wer<strong>de</strong>n (vgl. Abbildung 5).<br />
wur<strong>de</strong>, dass diese Metho<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n KMU eher<br />
bekannt sind.<br />
Als Grün<strong>de</strong> für die Nichtnutzung wur<strong>de</strong>n die<br />
fehlen<strong>de</strong> Notwendigkeit (51 %), die fehlen<strong>de</strong><br />
Berücksichtigung <strong>de</strong>s IK bei Banken (51 %),<br />
fehlen<strong>de</strong>s Know-how (47 %), eine fehlen<strong>de</strong><br />
Im Anschluss wur<strong>de</strong> untersucht, inwieweit das<br />
IK von kleinen und mittleren Unternehmen von<br />
Banken in ihrer Kreditwürdigkeitsprüfung bzw.<br />
ihrem Rating berücksichtigt wird. Dafür wur<strong>de</strong>n<br />
zunächst die KMUs befragt. Zur Verifizierung<br />
dieser Aussagen wur<strong>de</strong>n außer<strong>de</strong>m im<br />
Mai 2011 zehn Interviews mit Vertretern von<br />
Kreditinstituten, Beteiligungsgesellschaften<br />
und Verbän<strong>de</strong>n in Schleswig-Holstein geführt.<br />
Das Interview umfasste 14 Fragen und dauerte<br />
ca. 30 bis 45 Minuten. Da viele Kreditinstitute<br />
ihre Rating-Verfahren bun<strong>de</strong>sweit<br />
einsetzen, sind die Ergebnisse durchaus repräsentativ.<br />
Die Erhebungsmetho<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Interviews<br />
wur<strong>de</strong> aufgrund <strong>de</strong>r geringeren Erhebungsmenge<br />
und <strong>de</strong>r Erklärungsbedürftigkeit<br />
<strong>de</strong>s Themas gewählt. Zu<strong>de</strong>m konnten qualitative<br />
Aspekte und ergänzen<strong>de</strong> Statements so<br />
besser berücksichtigt wer<strong>de</strong>n. Die Interviews<br />
wur<strong>de</strong>n stets durch zwei Personen durchgeführt,<br />
wobei ein Interviewer die Fragen stellte<br />
und zusätzliche Erläuterungen vornahm und<br />
<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re für die Protokollierung <strong>de</strong>r Antworten<br />
zuständig war.<br />
Wahrnehmung <strong>de</strong>r Berücksichtigung<br />
<strong>de</strong>s IK durch potenzielle Kreditnehmer<br />
Die KMU haben überwiegend <strong>de</strong>n Eindruck,<br />
dass ihre Banken ihr IK bei <strong>de</strong>r Kreditent-<br />
Abbildung 6 zeigt, dass mit Ausnahme einzelner<br />
Kennzahlen weitere Metho<strong>de</strong>n zur Bewertung<br />
<strong>de</strong>s IK in <strong>de</strong>n befragten Unternehmen<br />
weitgehend unbekannt sind und daher<br />
auch nicht genutzt wer<strong>de</strong>n. Bei <strong>de</strong>r Befragung<br />
verzichtete man bewusst auf die Begriffe <strong>de</strong>r<br />
o. g. Systematik <strong>de</strong>r Bewertungsmetho<strong>de</strong>n<br />
und bot <strong>de</strong>n Unternehmen konkrete Instrumente<br />
zur Beurteilung an, da angenommen<br />
Abb. 7: Berücksichtigung <strong>de</strong>s IK im Rahmen von Kreditvergabeprozessen<br />
83
Bewertung <strong>de</strong>s Intellektuellen Kapitals<br />
84<br />
Abb. 8: Tatsächliche Berücksichtigung <strong>de</strong>s IK bei <strong>de</strong>r Kreditvergabe<br />
scheidung nicht berücksichtigen bzw. können<br />
hierzu keine Angabe machen. Kennzahlen<br />
o<strong>de</strong>r eine systematische Darstellung <strong>de</strong>s IK<br />
wer<strong>de</strong>n aus Sicht <strong>de</strong>r Unternehmen von <strong>de</strong>n<br />
Banken nicht verlangt (vgl. Abbildung 7).<br />
Tatsächliche Berücksichtigung <strong>de</strong>s IK<br />
durch Kreditinstitute<br />
Zunächst wur<strong>de</strong>n die Interviewpartner gefragt,<br />
inwieweit ihnen die einzelnen Metho<strong>de</strong>n zur Bewertung<br />
<strong>de</strong>s IK aus Abbildung 6 bekannt sind.<br />
Alle Interviewpartner gaben an, einzelne Kennzahlen,<br />
wie z. B. die FuE-Intensität, zu kennen.<br />
Monetäre Bewertungsansätze, wie z. B. die<br />
Markt-Buchwert-Relation, waren 50 %, Kennzahlensysteme<br />
wie <strong>de</strong>r Skandia-Navigator 20 %<br />
und die Wissensbilanz – Ma<strong>de</strong> in Germany<br />
30 % <strong>de</strong>r befragten Banker bekannt.<br />
Abb. 9: Einbeziehung einzelner Bestandteile <strong>de</strong>s IK bei <strong>de</strong>r Kreditwürdigkeitsprüfung<br />
Entgegen <strong>de</strong>r Wahrnehmung <strong>de</strong>r KMUs gab<br />
es ein hohes Problembewusstsein für das<br />
Thema IK in allen befragten Kreditinstituten.<br />
Alle Banken berücksichtigen das IK in<br />
ihrer Kreditentscheidung, wobei die in <strong>de</strong>r Literatur<br />
genannten Bewertungsverfahren<br />
keine Rolle<br />
spielen (vgl. Abbildung 8).<br />
Das IK wird von allen Kreditinstituten<br />
in das Rating sowie<br />
die qualitative Risikobewertung<br />
einbezogen,<br />
wobei das Ausmaß variiert,<br />
wie Abbildung 9 zeigt.<br />
Der Abbildung 9 lässt sich auch entnehmen,<br />
dass insbeson<strong>de</strong>re das Humankapital und das<br />
technologische Kapital eines Unternehmens<br />
sowie einzelne Teile <strong>de</strong>s Beziehungskapitals,<br />
z. B. die Beziehungen zu Hochschulen,<br />
Forschungseinrichtungen und sonstigen Kooperationspartnern,<br />
nur unzureichend in die<br />
Kreditentscheidung einbezogen wer<strong>de</strong>n.<br />
Angesichts <strong>de</strong>s <strong>de</strong>mografischen Wan<strong>de</strong>ls und<br />
<strong>de</strong>s daraus resultieren<strong>de</strong>n Fachkräftemangels<br />
erscheint vor allem die fehlen<strong>de</strong> Berücksichtigung<br />
<strong>de</strong>s Humankapitals problematisch. Allerdings<br />
ergibt sich bei <strong>de</strong>n fehlen<strong>de</strong>n Bestandteilen<br />
<strong>de</strong>s IK auch das Problem eines Informationszugangs<br />
für die Banken.<br />
Abbildung 10 gibt für vier ausgewählte Kreditinstitute<br />
einen Überblick, inwieweit einzelne<br />
Komponenten <strong>de</strong>s IK in <strong>de</strong>ren Rating-Systeme<br />
integriert sind. Insgesamt bestätigten<br />
die Interviewpartner, dass es bei kleineren<br />
Kreditengagements schwierig ist, das IK<br />
wirtschaftlich in <strong>de</strong>r Kreditentscheidung zu<br />
berücksichtigen. Ein weiteres Problem ist die<br />
unterschiedliche Verwendung von Begrifflichkeiten<br />
in Banken und kreditsuchen<strong>de</strong>n<br />
Unternehmen. So konnten die Interviewpartner<br />
in <strong>de</strong>n Kreditinstituten insbeson<strong>de</strong>re mit <strong>de</strong>m<br />
Begriff <strong>de</strong>s IK nichts anfangen. Darüber hinaus<br />
gibt es vielfach Schwierigkeiten bei <strong>de</strong>r Bewertung<br />
<strong>de</strong>s technologischen Kapitals, vor allem<br />
bei hoch innovativen Unternehmen, da in <strong>de</strong>n<br />
Banken vielfach die entsprechen<strong>de</strong> technische<br />
Expertise fehlt.<br />
Der zusätzliche Einsatz weiterer Bewertungsmetho<strong>de</strong>n<br />
wie etwa <strong>de</strong>r Wissensbilanz – Ma<strong>de</strong><br />
in Germany in <strong>de</strong>r Kreditwürdigkeitsprüfung ist<br />
aus Sicht <strong>de</strong>r befragten Banken wenig sinnvoll.<br />
Statt<strong>de</strong>ssen sollte das IK stärker im Rating sowie<br />
im Business Plan potenzieller Kreditnehmer<br />
abgebil<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n.<br />
Implikationen<br />
Folgen<strong>de</strong> Schlussfolgerungen lassen sich<br />
aus <strong>de</strong>n Ergebnissen <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Studien<br />
ziehen:<br />
Das IK ist in <strong>de</strong>n befragten Unternehmen<br />
zwar vorhan<strong>de</strong>n und von hoher Be<strong>de</strong>utung<br />
für <strong>de</strong>n Geschäftserfolg, es wird jedoch von<br />
<strong>de</strong>n Unternehmen kaum systematisch<br />
i<strong>de</strong>ntifiziert o<strong>de</strong>r gesteuert. Die Banken<br />
berücksichtigen in einem internen Rating<br />
das IK <strong>de</strong>r Unternehmen, beziehen jedoch<br />
we<strong>de</strong>r die Unternehmen in diesen Prozess<br />
ein noch bewerten sie das IK umfassend<br />
nach <strong>de</strong>n Bestandteilen Human-, Strukturund<br />
Beziehungskapital. Eine Zusammenführung<br />
von Banken und Unternehmen ist<br />
daher wünschenswert, um die Möglichkeiten<br />
<strong>de</strong>r Kreditvergabe auf Basis <strong>de</strong>s IK<br />
zu diskutieren.<br />
Es ist <strong>de</strong>m Anschein nach eine umfassen<strong>de</strong><br />
Aufklärungsarbeit in Unternehmen<br />
und Banken zum Begriff und <strong>de</strong>n Bewertungsmetho<strong>de</strong>n<br />
<strong>de</strong>s IK notwendig. Das<br />
Konzept <strong>de</strong>s IK ist abstrakt und stark erklärungsbedürftig.<br />
Vielen Unternehmen ist<br />
zwar grundsätzlich die Relevanz ihrer immateriellen<br />
Ressourcen bewusst, sie verfügen<br />
jedoch nicht über effiziente Bewertungsansätze<br />
und können daher <strong>de</strong>n Wert ihrer immateriellen<br />
Ressourcen nur unzureichend<br />
an potenzielle Investoren kommunizieren.<br />
Kreditinstitute sollten potenziellen Kreditnehmern<br />
die Abbildung ihrer immateriellen<br />
Werte im Rating und im gesamten Kredit-
CM November / Dezember 2012<br />
Abb. 10: Integration einzelner Komponenten <strong>de</strong>s IK in die Rating-Systeme<br />
vergabeprozess besser kommunizieren, damit<br />
die Unternehmen ihre Unterlagen entsprechend<br />
vorbereiten können. Insgesamt<br />
erscheint eine höhere Transparenz <strong>de</strong>r<br />
Ratinganfor<strong>de</strong>rungen notwendig. Ggf.<br />
können auch Checklisten die Aufbereitung<br />
von Informationen zum IK unterstützen.<br />
Zu<strong>de</strong>m sollten die Kreditinstitute bzw. ihre<br />
Verbän<strong>de</strong> ihr Rating sowie ihre qualitative<br />
Risikoeinschätzung um Aspekte <strong>de</strong>s Humankapitals,<br />
<strong>de</strong>s Technologie- und <strong>de</strong>s<br />
Beziehungskapitals erweitern.<br />
KMU sollten sich zukünftig stärker mit Metho<strong>de</strong>n<br />
zur Bewertung und Steuerung ihres<br />
IK auseinan<strong>de</strong>rsetzen. Im Kreditvergabeprozess<br />
erscheint auch eine professionellere<br />
Aufbereitung und schnellere Bereitstellung<br />
von Information zum IK notwendig.<br />
Literatur<br />
Alwert, K./Bornemann, M./Meyer, C./Will,<br />
M./Wuscher, S. (2010). Studie „Wissensstandort<br />
Deutschland” – Deutsche Unternehmen auf<br />
<strong>de</strong>m Weg in die wissensbasierte Gesellschaft –<br />
Zwischenergebnisse 2009, Berlin.<br />
Alwert, K./Bornemann, M./Will, M./AK Wissensbilanz<br />
(2008). Wissensbilanz – Ma<strong>de</strong> in<br />
Germany. Leitfa<strong>de</strong>n 2.0 zur Erstellung einer<br />
Wissensbilanz. Dokumentation Nr. 574. Bun<strong>de</strong>sministerium<br />
für Wirtschaft und Technologie.<br />
Berlin.<br />
Becker, D. (2005). Intangible Assets in <strong>de</strong>r<br />
Unternehmenssteuerung – Wie Sie weiche Vermögenswerte<br />
quantifizieren und aktiv managen,<br />
Wiesba<strong>de</strong>n.<br />
Creutzmann, A. (2005). Der Wert von immateriellen<br />
Vermögensgegenstän<strong>de</strong>n zur Steuerung<br />
von Unternehmen. In: Controlling & Management<br />
zfcm, 49. Jg., Son<strong>de</strong>rheft Nr. 3,<br />
S. 29-38.<br />
Daum, J.H. (2005). Intangible Asset Management:<br />
Wettbewerbskraft stärken und <strong>de</strong>n Unternehmenswert<br />
nachhaltig steigern – Ansätze<br />
für das Controlling. In: Controlling & Management<br />
zfcm, 49. Jg., Son<strong>de</strong>rheft Nr. 3, S. 4-18.<br />
Edvinsson, L./Brünig, G. (2000). Aktivposten<br />
Wissenskapital – Unsichtbare Werte bilanzierbar<br />
machen, Wiesba<strong>de</strong>n.<br />
Möller, K./Gamerschlag, R. (2009). Immaterielle<br />
Werte in <strong>de</strong>r Unternehmenssteuerung – betriebswirtschaftliche<br />
Perspektiven und Herausfor<strong>de</strong>rungen.<br />
In: Möller, K./Piwinger, M./Zerfaß,<br />
A. (Hrsg.). Immaterielle Vermögenswerte – Bewertung,<br />
Berichterstattung und Kommunikation,<br />
Stuttgart, S. 3-22.<br />
Schruff, L./Haaker, A. (2009). Immaterielle<br />
Werte in <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen und internationalen<br />
Rechnungslegung. In: Möller, K./Piwinger, M./<br />
Zerfaß, A. (Hrsg.). Immaterielle Vermögenswerte<br />
– Bewertung, Berichterstattung und<br />
Kommunikation, Stuttgart, S. 49-72.<br />
Vanini, U./Hauschildt, J. (2012). Wissensmanagement<br />
in KMU – Erfahrungen und Implikationen<br />
aus <strong>de</strong>m Praxistest eines Wissensmanagement-Audits<br />
in schleswigholsteinischen<br />
Unternehmen. In: Wissensmanagement, erscheint<br />
<strong>de</strong>mnächst.<br />
Fußnoten<br />
1<br />
Vgl. Vanini/Hauschildt, 2012.<br />
2<br />
Vgl. Edvinsson/Brünig, 2000, S. 35 ff.; Alwert/Bornemann/Will/AK<br />
Wissensbilanz,<br />
2008, S. 59.<br />
3<br />
Vgl. Alwert/Bornemann/Will/AK Wissensbilanz,<br />
2008, S. 18 ff.<br />
4<br />
Vgl. Daum, 2005, S. 18 f.; Möller/Gamerschlag,<br />
2009, S. 7 f.<br />
5<br />
Vgl. auch im Folgen<strong>de</strong>n Becker, 2005, S. 36 ff.<br />
6<br />
Vgl. Edvinsson/Brünig, 2000, S. 35 ff.<br />
7<br />
Vgl. Alwert/Bornemann/Will/AK Wissensbilanz,<br />
2008, S. 10 ff.<br />
8<br />
Für eine Übersicht über die Behandlung immaterieller<br />
Werte in <strong>de</strong>r Rechnungslegung vgl.<br />
Schruff/Haaker, 2009, S. 49 ff.<br />
9<br />
Vgl. Becker, 2005, S. 22 ff.; Creutzmann,<br />
2005, S. 33 ff.<br />
85
Cash Flow als Kerngröße in <strong>de</strong>r Unternehmenssteuerung<br />
Cash Flow als Kerngröße in<br />
<strong>de</strong>r Unternehmenssteuerung<br />
von Tobias Haerle, Simone Hellener und Stephan Kaum<br />
86<br />
Immobilien-, Finanz- und Eurokrise haben die<br />
Bereitstellung und Beschaffung von Finanzmitteln<br />
und die Innenfinanzierungsfähigkeit (Cash<br />
Flow-Generierung) aus <strong>de</strong>m operativen Geschäft<br />
in <strong>de</strong>n Fokus <strong>de</strong>r Entscheidungsträger<br />
gerückt. Aktuelle Projekte und Gespräche mit<br />
verschie<strong>de</strong>nen CFOs bestätigen, dass die Berücksichtigung<br />
von Cash Flow-Kennzahlen und<br />
die Auswirkungen <strong>de</strong>r zu treffen<strong>de</strong>n Entscheidungen<br />
auf die Liquidität mehr und mehr in <strong>de</strong>n<br />
Mittelpunkt rücken. Die Integration von Cash<br />
Flow Kennzahlen in die Gesamtunternehmenssteuerung<br />
gewinnt daher eine immer<br />
größere Be<strong>de</strong>utung.<br />
Unternehmen sehen sich in Zeiten von hohen<br />
Kapitalkosten und steigen<strong>de</strong>m Wettbewerbsdruck<br />
im operativen Geschäft mehr <strong>de</strong>nn je<br />
damit konfrontiert, <strong>de</strong>n Spagat zwischen<br />
niedrigen Kapitalbeschaffungskosten und<br />
zukünftiger Wertgenerierung zu schaffen.<br />
Nur mit einer in die Gesamtunternehmenssteuerung<br />
integrierten Cash Flow-Steuerung kann<br />
sichergestellt wer<strong>de</strong>n, dass eine optimierte<br />
Kapitalallokation erfolgt und benötigte Mittel<br />
für Investitionen und Innovationen nachhaltig<br />
bereitgestellt wer<strong>de</strong>n können.<br />
Darüber hinaus ermöglicht das Vorhan<strong>de</strong>nsein<br />
einer zuverlässigen und fortgeschrittenen<br />
Liquiditätsplanung und Liquiditätssteuerung<br />
eine genaue Einhaltung <strong>de</strong>r prognostizierten<br />
Cash Flow-Kennzahlen, die in <strong>de</strong>r<br />
heutigen Zeit von Investoren und Analysten<br />
erwartet wird.<br />
Im Folgen<strong>de</strong>n wird erläutert, wie eine mögliche<br />
Ausgestaltung <strong>de</strong>r Steuerungsgröße „Cash<br />
Flow“ aussehen kann und welchen Einfluss sie<br />
auf die Unternehmensplanung hat. Es wer<strong>de</strong>n<br />
die Möglichkeiten und <strong>de</strong>r Nutzen einer Steuerung<br />
nach Cash Flow-Kennzahlen dargestellt,<br />
und eine effiziente Umsetzung anhand eines<br />
Projektbeispiels <strong>de</strong>monstriert.<br />
Notwendigkeit von Cash Flow-<br />
Kennzahlen in <strong>de</strong>r Unternehmenssteuerung<br />
Entschei<strong>de</strong>t sich ein Unternehmen für eine<br />
(pro-)aktive Cash Flow-Steuerung, sind die<br />
Kernziele in <strong>de</strong>r Regel:<br />
1. Die Sicherstellung, dass das operative Geschäft<br />
nicht aufgrund von Liquiditätsproblemen<br />
beeinflusst o<strong>de</strong>r gar unterbrochen wird.<br />
2. Steigerung <strong>de</strong>r Kreditwürdigkeit-Rankings.<br />
3. Einhaltung <strong>de</strong>r Fremdkapitalrichtlinien.<br />
4. Erfüllung von Investorenzielen.<br />
Ein wichtiger Schritt, um diese vier Ziele zu erreichen,<br />
ist die Integration von Cash Flow-<br />
Kennzahlen in die Unternehmenssteuerung.<br />
Cash Flow-Kennzahlen, wie z. B. operativer<br />
Cash Flow o<strong>de</strong>r Free Cash Flow sowie weiterführen<strong>de</strong><br />
relative Cash Flow-Größen (z. B.<br />
Nettoinvestitions<strong>de</strong>ckung, Entschuldungsgrad)<br />
dienen nicht nur als Referenz- und Kontrollpunkte<br />
im Steuerungsprozess, son<strong>de</strong>rn bil<strong>de</strong>n<br />
vielmehr die Grundlage für eine realistische<br />
Cash Flow-Planung.<br />
Der operative Cash Flow, d. h. <strong>de</strong>r Mittelzufluss<br />
aus <strong>de</strong>r laufen<strong>de</strong>n Geschäftstätigkeit, zeigt auf<br />
welche eigenen Mittel für Investitionen und<br />
Schul<strong>de</strong>ntilgung genutzt wer<strong>de</strong>n können. Eine<br />
weitere Kennzahl ist <strong>de</strong>r Free Cash Flow, dieser<br />
setzt sich aus <strong>de</strong>m operativen Cash Flow und<br />
<strong>de</strong>m Cash Flow aus <strong>de</strong>r Investitionstätigkeit zusammen.<br />
Diese Kennzahl ist insbeson<strong>de</strong>re für<br />
Analysten interessant, da sie aufzeigt, welche<br />
Mittel für Divi<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r auch für die Rückzahlung<br />
von Krediten zur Verfügung stehen.<br />
Ausgestaltung einer integrierten<br />
Cash Flow-Planung<br />
Die Cash Flow-Kennzahlen sollten am operativen<br />
Geschäft ausgerichtet sein. Sie müssen<br />
für je<strong>de</strong>n klar verständlich formuliert sein und in<br />
regelmäßigen Intervallen überprüft wer<strong>de</strong>n.<br />
Eine vali<strong>de</strong> Cash Flow-Prognose ist verbun<strong>de</strong>n<br />
mit <strong>de</strong>n operativen Systemen und <strong>de</strong>m<br />
Budgetierungsprozess. Darüber hinaus sollte<br />
die Cash-Prognose treiberbasiert sein, um<br />
finanzielle Auswirkungen von Geschäftsentscheidungen<br />
und <strong>de</strong>r Umwelt zu bewerten. Um<br />
reale Echtzeitdaten zu erhalten, sollte eine<br />
Automatisierung <strong>de</strong>r Cash Flow-Prognose und<br />
<strong>de</strong>ren Integration in <strong>de</strong>n regulären Planungsprozess<br />
erfolgen.<br />
Die Ausgestaltungsmöglichkeiten einer Cash<br />
Flow-Planung richtet sich im Grun<strong>de</strong> nach <strong>de</strong>n<br />
Planungsstufen bzw. Planungshorizonten eines<br />
Unternehmens. Die Planungsstufen können,<br />
auch wenn es keine einheitliche Nomenklatur<br />
gibt, in Strategisch, Taktisch und Operativ unterteilt<br />
wer<strong>de</strong>n. Abbildung 1 zeigt das Zusammenspiel<br />
von Liquiditäts- und Gesamtunternehmenssteuerung.<br />
Die operative Cash Flow-Planung hat in <strong>de</strong>r<br />
Regel einen Planungshorizont von 30 bis 90<br />
Tagen und beschäftigt sich mit <strong>de</strong>r I<strong>de</strong>ntifikation<br />
von Finanzierungsanfor<strong>de</strong>rungen und mög-
CM November / Dezember 2012<br />
Abb. 1: Integration <strong>de</strong>r Liquiditätssteuerung in die Gesamtunternehmenssteuerung (Accenture)<br />
lichen Liquiditätsengpässen, um die Finanzierung<br />
<strong>de</strong>s täglichen Geschäfts sicherzustellen.<br />
Die taktische Cash Flow-Planung bewegt<br />
sich in einem Zeithorizont von ca. drei Monaten<br />
bis zu einem Jahr, mit monats- o<strong>de</strong>r quartalsbasierter<br />
Planung. Mittelfristig stehen die<br />
Auswirkungen auf das Working Capital und die<br />
I<strong>de</strong>ntifikation von finanziellen Risiken im Vor<strong>de</strong>rgrund.<br />
Ziel ist, die Leistung <strong>de</strong>s Unternehmens<br />
zu messen und eine Basis für die Investor<br />
Relations und Analystenkommunikation zu<br />
schaffen.<br />
Die strategische Cash Flow-Planung bewegt<br />
sich in einem Zeithorizont zwischen einem<br />
und fünf Jahren und beschäftigt sich mit <strong>de</strong>r<br />
I<strong>de</strong>ntifizierung <strong>de</strong>s langfristigen Finanzierungsbedarfs,<br />
möglichen Konflikten zwischen <strong>de</strong>r<br />
langfristigen Investitionsstrategie und <strong>de</strong>n Finanzierungsmöglichkeiten<br />
sowie <strong>de</strong>r Planung<br />
<strong>de</strong>r langfristigen Kapitalstruktur. Hierbei wer<strong>de</strong>n<br />
die strategischen Unternehmensziele mit<br />
<strong>de</strong>n geplanten finanziellen Ressourcen abgeglichen<br />
und auf Realisierbarkeit geprüft. Die Planungsstufen<br />
und ausgewählte Kernelemente<br />
sind in Abbildung 2 dargestellt.<br />
Je strategischer die Planung ist, <strong>de</strong>sto schwieriger<br />
ist es, vali<strong>de</strong> Cash Flow-Prognosen zu erstellen.<br />
Häufig wird die langfristige Cash Flow-<br />
Planung durch einen mangeln<strong>de</strong>n Abgleich <strong>de</strong>r<br />
Cash Flow-Planzahlen im Unternehmen, einer<br />
fehlen<strong>de</strong>n Verantwortlichkeits<strong>de</strong>finition und<br />
eines unregelmäßigen Cash Flow Reportings<br />
zusätzlich erschwert.<br />
Abb. 2: Beispielhafte Darstellung möglicher Planungs- und Steuerungsrelevanten Positionen<br />
in Abhängigkeit <strong>de</strong>s Planungshorizont (Accenture)<br />
Neben <strong>de</strong>r Planungsstufe spielt bei <strong>de</strong>r Umsetzung<br />
<strong>de</strong>r Grad <strong>de</strong>r Integration <strong>de</strong>r Planung eine<br />
wichtige Rolle. Um vali<strong>de</strong> und rechtzeitige Cash<br />
Flow-Planungsergebnisse zu erhalten, die<br />
reaktionsschnell angepasst wer<strong>de</strong>n können,<br />
ist eine voll integrierte Planung erstrebenswert.<br />
Bei einer vollständig integrierten Planung<br />
wird die Cash Flow-Planung aus einer integriert<br />
87
Cash Flow als Kerngröße in <strong>de</strong>r Unternehmenssteuerung<br />
88<br />
konzipierten Bilanz und GuV abgeleitet. Han<strong>de</strong>lt<br />
es sich um eine teilweise integrierte Planung,<br />
wer<strong>de</strong>n einige Planungsbestandteile zwischen<br />
Bilanz und GuV abgestimmt, wie z. B. Working<br />
Capital, um eine konsistente teilumfängliche<br />
Basis für die Cash Flow-Planung zu bil<strong>de</strong>n.<br />
Möglichkeiten <strong>de</strong>r Cash-Steuerung<br />
Neben <strong>de</strong>m regelmäßigen Monitoring und<br />
einer effizienten Cash Flow-Planung ist vor<br />
allem ein effektives Working Capital Management<br />
einer <strong>de</strong>r wichtigsten Hebel für die<br />
kurz- und mittelfristige Steuerung <strong>de</strong>r Cash<br />
Flows. Im kurzfristigen Vermögen können liqui<strong>de</strong><br />
Potenziale zum Beispiel durch die Verringerung<br />
<strong>de</strong>r Vorratsbestän<strong>de</strong> gehoben und<br />
Finanzierungskos ten gesenkt wer<strong>de</strong>n. An<strong>de</strong>rerseits<br />
können z. B. durch das frühzeitige Einbeziehen<br />
von kurzfris tigen For<strong>de</strong>rungen sowie<br />
die späte Zahlung von kurzfristigen Verbindlichkeiten<br />
die Finanzierungskosten gesenkt<br />
wer<strong>de</strong>n. Weitere Verbesserungspotenziale in<br />
<strong>de</strong>r kurzfristigen Cash Flow-Steuerung können<br />
z. B. die Reduzierung von Lagerbestän<strong>de</strong>n, die<br />
Verkürzung von Zahlungszielen, das Ausnutzen<br />
von Skonto sowie eine Verbesserung <strong>de</strong>s<br />
Mahnwesens sein.<br />
Autoren<br />
Simone Hellener<br />
ist Senior Manager bei Accenture Management Consulting und<br />
verantwortet <strong>de</strong>n Themenbereich Enterprise Performance Management<br />
Strategie für Deutschland, Schweiz und Österreich<br />
sowie in <strong>de</strong>r Region EALA.<br />
E-Mail: simone.hellener@accenture.com<br />
Langfristig ist <strong>de</strong>r Cash Flow im Wesentlichen<br />
durch die Investitionsvorhaben <strong>de</strong>s<br />
Unternehmens beeinflussbar. Durch die gezielte<br />
Steuerung <strong>de</strong>r Investitionszeitpunkte und<br />
eine frühzeitige Einbeziehung <strong>de</strong>r Finanzabteilung<br />
zur optimalen Ermittlung <strong>de</strong>r Mittelherkunft<br />
können die Finanzierungskosten zum<br />
einen bestmöglich ausgestaltet wer<strong>de</strong>n und<br />
fließen zum an<strong>de</strong>ren aber auch frühzeitig in die<br />
Entscheidungsprozesse mit ein.<br />
Nutzen <strong>de</strong>r Steuerungsgröße<br />
Cash Flow<br />
Ein wirkungsvolles Cash Flow Management<br />
birgt für je<strong>de</strong>s Unternehmen ein großes Potenzial.<br />
Neben <strong>de</strong>m Erreichen <strong>de</strong>r bereits zu Beginn<br />
dargestellten Unternehmensziele können<br />
weitere positive Effekte erreicht wer<strong>de</strong>n. Ein typischer<br />
Vorteil einer effektiven Cash-Planung<br />
ist unter an<strong>de</strong>rem die erhöhte Transparenz<br />
über die Liquidität <strong>de</strong>s Unternehmens. Die<br />
Transparenz <strong>de</strong>r Cash-Treiber und <strong>de</strong>ren Auswirkungen<br />
auf das operative Geschäft stärken<br />
eine Cash-orientierte Unternehmenskultur und<br />
stellen das rechtzeitige, pro-aktive Eingreifen<br />
bei drohen<strong>de</strong>n Liquiditätsengpässen sicher.<br />
So ermöglicht z. B. die Information über die<br />
Tobias Haerle<br />
ist Senior Manager bei Accenture Management Consulting und<br />
verantwortet <strong>de</strong>n Themenbereich Enterprise Performance Management<br />
Metrics & Reporting für Deutschland, Schweiz und<br />
Österreich.<br />
E-Mail: tobias.haerle@accenture.com<br />
Dr. Stephan Kaum<br />
ist Partner bei Accenture Management Consulting und leitet <strong>de</strong>n<br />
Bereich Enterprise Performance Management für Deutschland,<br />
Österreich und die Schweiz.<br />
E-Mail: stephan.kaum@accenture.com<br />
durchschnittliche Außenstandsdauer <strong>de</strong>r<br />
kurzfris tigen For<strong>de</strong>rungen sehr einfach eine<br />
gezielte Verbesserung <strong>de</strong>s Mahnwesens und<br />
damit <strong>de</strong>r Geldzuflüsse.<br />
Ähnlich ermöglicht die genaue Kenntnis <strong>de</strong>r<br />
Lag erumschlagshäufigkeit eine genaue<br />
Steuerung <strong>de</strong>s Vorratsvermögens. Ein optimiertes<br />
Working Capital Management ermöglicht<br />
nicht nur positive Auswirkungen auf die<br />
Liquiditäts situation im Unternehmen, son<strong>de</strong>rn<br />
resultiert letztendlich auch in gesteigerter Profitabilität.<br />
Liquiditätsmanagement führt zu einer<br />
effizienteren Kapitalbeschaffung und somit<br />
zu einer höheren Rendite. Des Weiteren können<br />
durch eine langfristige Cash-Planung Investitions-<br />
und Finanzierungsstrategien optimiert<br />
wer<strong>de</strong>n. Darüber hinaus wird die Zufrie<strong>de</strong>nheit<br />
von Investoren und weiteren Anspruchsgruppen<br />
durch akkurate Cash Flow-Prognosen<br />
gesteigert.<br />
Integriert man das Cash Flow Management<br />
in ein automatisiertes Reporting, können neben<br />
Effizienzsteigerungen eine bessere Datenqualität,<br />
erhöhte Transparenz und verbesserte<br />
Analysemöglichkeiten erreicht wer<strong>de</strong>n.<br />
Die durch ein Liquiditätsmanagement resultieren<strong>de</strong><br />
erhöhte Transparenz ermöglicht ein<br />
rechtzeitiges Gegensteuern beim Auftreten von<br />
potenziellen Risiken. Unternehmen können<br />
durch eine regelmäßige, akkurate Cash-<br />
Planung somit nicht nur ihre Glaubwürdigkeit<br />
gegenüber internen und externen Interessensgruppen<br />
steigern, son<strong>de</strong>rn auch signifikante<br />
finanzielle Vorteile erwirtschaften. Die verbesserte<br />
Liquiditätsposition wirkt sich positiv<br />
auf das En<strong>de</strong>rgebnis und somit <strong>de</strong>n Aktienpreis<br />
aus.<br />
Voraussetzungen für die<br />
Umsetzung einer Cash-Steuerung<br />
Verankerte Liquiditätsziele in <strong>de</strong>r Strategie<br />
und Vision <strong>de</strong>s Unternehmens sind Voraussetzungen,<br />
dass die Planungs- und Reportinggröße<br />
dauerhaft in <strong>de</strong>n Unternehmenssteuerungsprozess<br />
eingebun<strong>de</strong>n wird, d. h. es müssen<br />
messbare Ziele und KPIs <strong>de</strong>finiert wer<strong>de</strong>n.<br />
Um eine stringente Planung zu gewährleisten,<br />
sollten die strategischen Liquiditätsziele in Teilziele<br />
für die einzelnen Unternehmensebenen
CM November / Dezember 2012<br />
heruntergebrochen wer<strong>de</strong>n (z. B. relative Steigerung<br />
<strong>de</strong>s Free Cash Flows).<br />
Um Liquiditätsziele erreichen zu können, muss<br />
zunächst eine realistische Planungsgrundlage<br />
geschaffen wer<strong>de</strong>n. Der wichtigste Bestandteil<br />
für die Liquiditätsplanung ist die Umsatzplanung,<br />
da sie Auskunft über die zu erwarten<strong>de</strong>n<br />
Einzahlungen gibt. Nach<strong>de</strong>m das Absatzziel<br />
<strong>de</strong>finiert wur<strong>de</strong>, ist auch eine Ermittlung <strong>de</strong>r<br />
Kos ten für die Produktion, <strong>de</strong>n Transport<br />
und die Vermarktung möglich. Im Rahmen <strong>de</strong>r<br />
Liquiditätsplanung wer<strong>de</strong>n die zu erwarten<strong>de</strong>n<br />
Ein- und Auszahlungen auf Tage, Wochen<br />
und Monate verteilt.<br />
Bei einem kurzen Prognosehorizont ist eine<br />
sehr <strong>de</strong>taillierte Planung möglich, da die Summe<br />
<strong>de</strong>r zu bezahlen<strong>de</strong>n Rechnungen und die zu<br />
erwarten<strong>de</strong>n Zahlungseingänge (z. B. offene<br />
Postenliste) <strong>de</strong>r Buchhaltung bereits bekannt<br />
sind. Je weiter die Planung in die Zukunft geht,<br />
<strong>de</strong>sto ungenauer wird sie, da auf weniger konkrete<br />
Informationen, wie etwa Bestellobligos<br />
o<strong>de</strong>r noch nicht fakturierte Lieferaufträge, zurückgegriffen<br />
wer<strong>de</strong>n muss. Um potenzielle<br />
Liquiditätsengpässe und -überschüsse auch<br />
mittel- und langfristig frühzeitig erkennen zu<br />
können, empfiehlt sich eine rollieren<strong>de</strong> Cash<br />
Flow-Planung.<br />
Um verlässliche Zahlen für die Liquiditätsplanung<br />
zu erhalten, ist die Einführung einer Cash<br />
Flow-Organisation ratsam. Aus je<strong>de</strong>r Cash<br />
Flow-relevanten Abteilung, z. B. Vertrieb, Einkauf<br />
und Produktion, sollte ein Mitarbeiter für<br />
die Planung und Ermittlung <strong>de</strong>r Liquiditätskennzahlen<br />
zuständig sein. Je nach finanzieller Lage<br />
<strong>de</strong>s Unternehmens sollten diese Kennzahlen<br />
und Prognosen min<strong>de</strong>stens einmal pro Monat<br />
an das Controlling berichtet und dort konsolidiert<br />
sowie interpretiert wer<strong>de</strong>n. Abbildung 3<br />
stellt das Zusammenspiel von Controlling-,<br />
Finanz- und Rechnungswesenabteilung in<br />
Sachen Cash Flow-Planung dar.<br />
Abb. 3: Cash Flow Organisation (Accenture)<br />
Nach Berechnung <strong>de</strong>r Ist-Kennzahlen und <strong>de</strong>r<br />
Erstellung einer vali<strong>de</strong>n Liquiditätsplanung<br />
kann mit <strong>de</strong>r Cash Flow-Steuerung begonnen<br />
wer<strong>de</strong>n. Kurzfristig ist <strong>de</strong>r Cash Flow<br />
hauptsächlich durch das Verschieben von Einund<br />
Auszahlungen steuerbar. Je nach Finanzlage<br />
<strong>de</strong>s Unternehmens muss entschie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n,<br />
ob eine fällige Rechnung umgehend unter<br />
Abzug von Skonto, kurz vor En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Zahlungszieles<br />
o<strong>de</strong>r nach <strong>de</strong>r zweiten Mahnung bezahlt<br />
wer<strong>de</strong>n soll. Bei solchen Entscheidungen<br />
sollten jedoch eventuelle Auswirkungen auf<br />
Guthabenzinsen, Skonti und Lieferantenbeziehungen<br />
berücksichtigt wer<strong>de</strong>n.<br />
Herausfor<strong>de</strong>rungen<br />
bei einer Einführung<br />
In Abhängigkeit <strong>de</strong>r Planungsstufen und Planungshorizonte<br />
gilt es bei <strong>de</strong>r Einführung einer<br />
Cash Flow-Steuerung verschie<strong>de</strong>nste Herausfor<strong>de</strong>rungen<br />
zu meistern. So sollten in <strong>de</strong>r langfristigen<br />
Cash Flow-Planung zukünftige strategische<br />
und operative Investitionen <strong>de</strong>tailliert<br />
geplant und insbeson<strong>de</strong>re die möglichen Auswirkungen<br />
dieser Investitionen auf <strong>de</strong>n Cash<br />
Flow ermittelt wer<strong>de</strong>n. In vielen Unternehmen<br />
wer<strong>de</strong>n die langfristigen Investitionen sehr<br />
genau geplant, dabei aber nicht die Fragen<br />
einer konkreten Finanzierung in <strong>de</strong>r Planung<br />
berücksichtigt.<br />
Wer<strong>de</strong>n z. B. langfristige Investitionen durch<br />
Fremdmittel finanziert, so resultieren zukünftig<br />
daraus auch Zinszahlungen und Tilgungen. Innerhalb<br />
<strong>de</strong>s mittelfristigen Planungs- und Steuerungshorizonts<br />
ist es beson<strong>de</strong>rs wichtig, die<br />
exakten Zahlungspläne <strong>de</strong>r bereits begonnen<br />
Investitionsvorhaben, <strong>de</strong>r mittelfristigen Einkaufskontrakte<br />
sowie aller regelmäßig wie<strong>de</strong>rkehren<strong>de</strong>n<br />
Zahlungen zu kennen. Bei <strong>de</strong>r Einführung<br />
einer kurzfristigen, operativen Cash<br />
Flow-Steuerung stellt sich häufig die Frage, wie<br />
<strong>de</strong>tailliert das Bestellobligo vorhan<strong>de</strong>n ist und<br />
wie Informationen zu offenen Posten – sowohl<br />
Zahlungseingänge wie auch Zahlungsausgänge<br />
– verlässlich ermittelt wer<strong>de</strong>n können.<br />
Darüber hinaus wird bei Projekten immer wie<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>utlich, dass in vielen Firmen die Liquiditätsziele<br />
<strong>de</strong>r Unternehmensführung nicht richtig<br />
verstan<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n. Selbst wenn KPIs für das<br />
Gesamtunternehmen <strong>de</strong>finiert wur<strong>de</strong>n, wissen<br />
viele Abteilungen nicht, ob sie die <strong>de</strong>finierten<br />
Ziele erreichen. Es empfiehlt sich daher eine<br />
Einbindung von Cash Flow-Zahlen in Balanced<br />
Scorecards, Dashboards und die Bonusberechnung<br />
von Führungskräften. In<br />
vielen Unternehmen ist sowohl die Treasury- als<br />
auch die Controlling-Abteilung für die Cash<br />
Flow-Planung zuständig. Es sollte eine enge<br />
Abstimmung <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Abteilungen erfolgen<br />
und eine Cash Flow-Organisation eingerichtet<br />
wer<strong>de</strong>n, um die Transparenz über die Herkunft<br />
und Verwendung <strong>de</strong>r liqui<strong>de</strong>n Mittel zu erhöhen<br />
und Cash-Treiber zu <strong>de</strong>finieren (vgl. Abbildung 1).<br />
Viele Unternehmen nutzen für ihre Cash Flow-<br />
Planung ausschließlich o<strong>de</strong>r überwiegend Excel,<br />
wodurch die Liquiditätsplanung fehleranfällig,<br />
zeitintensiv und nur begrenzt transparent<br />
ist. Bereits eine Teilautomatisierung <strong>de</strong>s<br />
Cash Flow Reportings kann die Cash Flow-<br />
Planung erheblich verbessern. Das langfristige<br />
Ziel <strong>de</strong>s Unternehmens sollte jedoch eine<br />
Automatisierung <strong>de</strong>r Cash Flow-Berechnung<br />
sein, dadurch wird die Planungsqualität gesteigert<br />
und die Liquiditätssteuerung ermöglicht.<br />
In vielen Unternehmen wer<strong>de</strong>n Cash Flow-<br />
Kennzahlen noch nicht monatlich berichtet<br />
und geeignete Computersysteme nur begrenzt<br />
verwen<strong>de</strong>t, was zu einer vereinfachten und<br />
häufig ungenauen Liquiditätsplanung führt. Um<br />
89
Cash Flow als Kerngröße in <strong>de</strong>r Unternehmenssteuerung<br />
90<br />
Abb. 4: Beispiel Liquiditätskalen<strong>de</strong>r und Planungstool (Accenture)<br />
<strong>de</strong>n Zeitpunkt von Zahlungseingängen zu berechnen,<br />
wird die Absatzplanung <strong>de</strong>s Vertriebs<br />
beispielsweise mit <strong>de</strong>m durchschnittlichen<br />
Zahlungsziel multipliziert. Kosten für Steuern,<br />
Urlaubsgel<strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r Investitionen wer<strong>de</strong>n nicht<br />
als Zahlungsausgänge erfasst und die Volatilität<br />
von Rohstoffpreisen ist nur selten berücksichtigt.<br />
Eine weitere Herausfor<strong>de</strong>rung ist die Unterscheidung<br />
von Aufwendungen und Zahlungsausgängen.<br />
Eine Reduktion <strong>de</strong>r Vorräte führt zu<br />
einem positiven Cash Flow, ist aber in <strong>de</strong>r GuV<br />
eine Aufwendung, welche <strong>de</strong>n Gewinn min<strong>de</strong>rt.<br />
Projektbeispiel aus <strong>de</strong>r Praxis<br />
Das Unternehmen hat, um in Zukunft kompetitiv<br />
zu bleiben, in <strong>de</strong>n letzten Jahren hohe Investitionen<br />
durchgeführt. Um die Liquidität für die<br />
in <strong>de</strong>n nächsten Jahren auf das Unternehmen<br />
zukommen<strong>de</strong>n Auszahlungen zu gewährleisten,<br />
wur<strong>de</strong> Accenture als Projektpartner gebeten,<br />
die Zahlungsflüsse zu analysieren, etwaige<br />
Einsparpotenziale zu i<strong>de</strong>ntifizieren und eine<br />
Cash Flow-Planung für das laufen<strong>de</strong> Jahr<br />
zu erstellen.<br />
Ziel <strong>de</strong>s Projektes war es, ein besseres Cash<br />
Flow Management umzusetzen, in<strong>de</strong>m eine<br />
akkurate Cash Flow-Planung implementiert<br />
wur<strong>de</strong>. Auf Basis dieser kurzfristigen Cash<br />
Flow-Planung sollte es <strong>de</strong>m Unternehmen<br />
möglich sein, <strong>de</strong>n kurzfristigen Liquiditätsbedarf<br />
exakt zu steuern. Das be<strong>de</strong>utet, zusätzlich<br />
notwendige finanzielle Mittel frühzeitig zu beschaffen<br />
o<strong>de</strong>r einen eventuellen finanziellen<br />
Überschuss gewinnbringend anzulegen<br />
Ausgangssituation:<br />
· Das Unternehmen verfügte nur über eine<br />
kurzfristige Liquiditätsplanung und keine<br />
Mittelfristplanung.<br />
· Die sehr kurzfristige Liquiditätsplanung enthielt<br />
nicht alle wesentlichen Zahlungsströme<br />
und war dadurch sehr stark vereinfacht und<br />
nicht akkurat.<br />
· Es existierten keine formalen, standardisierten<br />
Informationsflüsse über die zukünftigen<br />
Zahlungsströme.<br />
· Es waren keine Verantwortlichkeiten zu <strong>de</strong>n<br />
wesentlichen Zahlungsflüssen <strong>de</strong>finiert.<br />
· Es erfolgte keine Abstimmung zwischen <strong>de</strong>r<br />
Finanzabteilung und <strong>de</strong>m Controlling über<br />
Cash Flow-relevante Sachverhalte.<br />
Um das Unternehmen bei <strong>de</strong>r konzernweiten<br />
Einführung einer Cash Flow-Planung und <strong>de</strong>r<br />
darauf basieren<strong>de</strong>n Liquiditätssteuerung zu<br />
unterstützen, wur<strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong> Maßnahmen<br />
durchgeführt:<br />
· Im Rahmen von Interviews wur<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n einzelnen<br />
Gesellschaften <strong>de</strong>s Konzerns alle relevanten<br />
Ein- und Auszahlungen i<strong>de</strong>ntifiziert.<br />
· Es wur<strong>de</strong>n Liquiditätskalen<strong>de</strong>r mit allen Informationen<br />
über die gefor<strong>de</strong>rten Zahlungsflüsse<br />
sowie <strong>de</strong>n notwendigen Termin <strong>de</strong>r<br />
Informationsweitergabe erstellt. Hierbei<br />
wur<strong>de</strong>n sehr kurzfristig geprägte Liquiditätskalen<strong>de</strong>r<br />
(wöchentliche und monatliche Informationsflüsse)<br />
für die operative Cash Flow<br />
Steuerung entwickelt. Daneben entstand ein<br />
mittel- und langfristiger Liquiditätskalen<strong>de</strong>r<br />
mit <strong>de</strong>n notwendigen Informationen für die<br />
taktische bzw. strategische Cash Flow-Steuerung.<br />
· Innerhalb dieses Liquiditätskalen<strong>de</strong>rs wur<strong>de</strong>n<br />
klare Verantwortlichkeiten für alle zu<br />
bereitstellen<strong>de</strong>n Informationen <strong>de</strong>finiert.<br />
· Es wur<strong>de</strong> ein Planungstool erstellt und implementiert,<br />
das <strong>de</strong>r Gesellschaft eine genaue<br />
Erfassung aller Zahlungsströme sowie eine<br />
Analyse zwischen <strong>de</strong>n ursprünglich geplanten<br />
und <strong>de</strong>n tatsächlichen Zahlungsströmen<br />
ermöglicht. Dieses Planungstool enthält<br />
sowohl sehr <strong>de</strong>taillierte kurzfristige Informationen<br />
(z. B. wöchentlich fällige Positionen,<br />
monatliche Personalaufwendungen) für die<br />
operative Planung, aber auch mittel- und<br />
langfristige Informationen (z. B. Steuervorauszahlungen,<br />
Weihnachtsgeld, Zahlungspläne,<br />
Investitionen, Tilgungspläne) für die taktische<br />
und strategische Cash Flow-Planung.<br />
· Der Planungsprozess wur<strong>de</strong> um eine <strong>de</strong>taillierte<br />
Cash Flow-Planung erweitert.<br />
· Es wur<strong>de</strong>n genaue Richtlinien für die beteiligten<br />
Abteilungen (z. B. Finanzabteilung,<br />
Controlling, Rechnungswesen) und <strong>de</strong>ren<br />
Zusammenspiel eingeführt.<br />
Projektergebnis<br />
Durch die gezielte Planung <strong>de</strong>r Zahlungsflüsse<br />
und <strong>de</strong>r damit verbun<strong>de</strong>nen Liquiditätssteuerung<br />
konnte das Unternehmen Einsparungen in<br />
<strong>de</strong>n Kapitalkosten von jährlich 10-15 % erwirtschaften.<br />
Die genaue Planung ermöglicht nicht<br />
nur eine rechtzeitige Reaktion auf Liquiditätsengpässe,<br />
son<strong>de</strong>rn unterstützt das Unternehmen<br />
auch bei Finanzierungsentscheidungen.<br />
Literatur<br />
Accountancymagazine (2007): Cash forecasting,<br />
why it matters, (20.06.2012)<br />
Biegert, Wolfgang, Gönner, Maximilian<br />
(2007): Die Bilanzanalyse in <strong>de</strong>r Firmenkun<strong>de</strong>nberatung,<br />
Wiesba<strong>de</strong>n (2007).<br />
Ertl, Manfred (2004): Aktives Cashflow-Management,<br />
Liquiditätssicherung durch wertorientierte<br />
Unternehmensführung und effiziente<br />
Innenfinanzierung, München (2004).<br />
Gundavelli, Veena (kein Jahr): The Ins and<br />
Outs of Cash Flow Business Intelligence for<br />
Working Capital Management, unter In_&_<br />
Out_of_Cash_Flow.pdf (20.06.2012)<br />
<strong>Haufe</strong> (2012): Lösungsansätze zur Cashflow-<br />
Steuerung im Mittelstand, unter: www.haufe.<br />
<strong>de</strong>_<strong>controller</strong>wissen_<strong>controller</strong>magazin_magazine.pdf<br />
(20.06.2012)<br />
Prümer, Michael (2005): Cash Flow Management.<br />
Wie Unternehmen langfristig Liquidität<br />
und Rentabilität sichern, Wiesba<strong>de</strong>n (2005).<br />
Rei<strong>de</strong>r, Rob, Heyler, Peter B. (2003): Managing<br />
Cash Flow – An Operational Focus, Hoboken<br />
(2003).
CM November / Dezember 2012<br />
Die „7 Sün<strong>de</strong>n” <strong>de</strong>r Budgetierung<br />
von Günter Lubos<br />
Die meisten Unternehmen führen im September<br />
o<strong>de</strong>r Oktober ihre Jahresplanung durch.<br />
Die Be<strong>de</strong>utung von Budgetplanungen wird dabei<br />
sehr unterschiedlich gesehen. In vielen<br />
Fällen ist eine Jahresplanung eine unabdingbare<br />
Notwendigkeit, um überhaupt von <strong>de</strong>r<br />
Bank Kredite zu bekommen. In an<strong>de</strong>ren Fällen<br />
dient sie tatsächlich zur Schaffung einer Zielgröße,<br />
an <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Erfolg <strong>de</strong>s Unternehmens,<br />
<strong>de</strong>s Vertriebs o<strong>de</strong>r von Kostenstellenverantwortlichen<br />
gemessen wird. In einer Vielzahl<br />
von Fällen stellt man zum Jahresen<strong>de</strong> fest,<br />
dass die Planung mal wie<strong>de</strong>r – wie so oft –<br />
nicht gestimmt hat. Und je<strong>de</strong>r Unternehmer<br />
stellt sich und seinem Controller die Frage,<br />
warum das so ist. Dafür gibt es eine Vielzahl<br />
von Grün<strong>de</strong>n und eine ganze Reihe typischer<br />
Fehler, die das Budget zum „bürokratischen<br />
Papiertiger“ machen:<br />
1. Budgets wer<strong>de</strong>n ohne ausreichen<strong>de</strong> Ernsthaftigkeit<br />
erstellt und von <strong>de</strong>n Betroffenen und<br />
Beteiligten eher als bürokratisches Übel <strong>de</strong>nn<br />
als verbindliche Zielformulierung verstan<strong>de</strong>n.<br />
Dies beginnt manchmal bereits an <strong>de</strong>r Unternehmensspitze,<br />
die eine Planung nur veranlasst,<br />
„weil die Bank es braucht.“<br />
2. Der die Budgeterstellung koordinieren<strong>de</strong><br />
Controller ist zu wenig tief in <strong>de</strong>r inhaltlichen<br />
Materie und somit auf die Aussagen<br />
von Vertriebs- und Kostenverantwortlichen angewiesen.<br />
Er kann die Plausibilität von Begründungen<br />
nur schwer nachvollziehen und ihnen<br />
noch weniger wi<strong>de</strong>rsprechen. Er verkommt in<br />
diesem Fall zum reinen Zahlensammler und<br />
„EXCEL-Bediener“ ohne eigenen Input.<br />
3. Die Budgetverantwortlichen sind nicht<br />
o<strong>de</strong>r zu wenig in die Planungserstellung eingebun<strong>de</strong>n<br />
und betrachten die Planung daher<br />
nicht als „ihr Baby“. Wenn unterjährige Budgetgespräche<br />
ohne ausreichen<strong>de</strong> Intensität geführt<br />
wer<strong>de</strong>n, so fehlt auch das Bewusstsein<br />
dafür, sich intensiv mit <strong>de</strong>n Zielen <strong>de</strong>s nächsten<br />
Jahres auseinan<strong>de</strong>rsetzen zu müssen.<br />
4. Budgetverantwortliche neigen dazu<br />
„vorzubauen“ und Reserven in die Planung<br />
einzubauen. Die so geschaffene Luft wird<br />
dann im Rahmen <strong>de</strong>r anstehen<strong>de</strong>n Planungsüberarbeitung<br />
rausgelassen o<strong>de</strong>r dient als<br />
Reserve im laufen<strong>de</strong>n Geschäftsjahr, um gegebenenfalls<br />
für negative Abweichungen eine<br />
Kompensation zu haben.<br />
5. Mangeln<strong>de</strong> Bereitschaft, sich mit <strong>de</strong>r Zukunft<br />
auseinan<strong>de</strong>rzusetzen und über mögliche<br />
Verän<strong>de</strong>rungen und <strong>de</strong>ren Wirkung nachzu<strong>de</strong>nken<br />
führt zu simplen Fortschreibungen<br />
<strong>de</strong>r Vergangenheit. Das beste und in <strong>de</strong>r Realität<br />
lei<strong>de</strong>r häufig vorkommen<strong>de</strong> Beispiel ist die<br />
lineare Fortschreibung <strong>de</strong>s Umsatzes. „5 %<br />
mehr sind auf je<strong>de</strong>n Fall drin!“. Auch die Weiterführung<br />
<strong>de</strong>r Kosten <strong>de</strong>s Vorjahres ohne sich<br />
zu fragen, ob auch in Zukunft alles so sein<br />
muss, wie es in <strong>de</strong>r Vergangenheit vielleicht<br />
sinnvoll war, ist eine typische Planungssün<strong>de</strong>.<br />
6. Budgets sind oft reine Zahlenfriedhöfe.<br />
Maßnahmen und Wege zum Ziel wer<strong>de</strong>n zu<br />
wenig o<strong>de</strong>r gar nicht dokumentiert. Der Zusammenhang<br />
zwischen Maßnahme und <strong>de</strong>ren<br />
Wirkung auf Absatz, Umsatz o<strong>de</strong>r Kosten wird<br />
nicht hergestellt o<strong>de</strong>r zumin<strong>de</strong>st nicht dokumentiert.<br />
Autor<br />
7. Die Budgetabweichungen wer<strong>de</strong>n zu wenig<br />
nach inhaltlichen Grün<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r einer unzureichen<strong>de</strong>n<br />
Planungsmethodik hinterfragt. Unzulänglichkeiten<br />
bei <strong>de</strong>r Planungssystematik wer<strong>de</strong>n<br />
einfach für die nächste Budgetrun<strong>de</strong> übernommen,<br />
„weil man immer schon so geplant<br />
hat“ o<strong>de</strong>r weil die Zeit für Verän<strong>de</strong>rungen angeblich<br />
kurz vor <strong>de</strong>r Budgetphase zu knapp ist.<br />
Doch wie lassen sich diese gravieren<strong>de</strong>n Fehler<br />
vermei<strong>de</strong>n? Klar ist: Budgetierung muss<br />
Chefsache sein, um <strong>de</strong>ren Be<strong>de</strong>utung im Unternehmen<br />
und für das Unternehmen auch hierarchisch<br />
zu dokumentieren. Dabei müssen<br />
sich die Verantwortlichen <strong>de</strong>taillierte Gedanken<br />
zur Zukunft o<strong>de</strong>r wenigstens über das nächste<br />
Jahr machen. Das Controlling sollte sich inhaltlich<br />
unbedingt mit <strong>de</strong>n Maßnahmen und<br />
Aktivitäten befassen, die zu Umsatz- und<br />
Kostengrößen in <strong>de</strong>r Budgetplanung führen, um<br />
diese kritisch hinterfragen zu können und nicht<br />
nur Zahlen zusammentragen. Und auch die Planungsmethodik<br />
sollte regelmäßig und spätestens<br />
vor <strong>de</strong>r Budgetphase auf <strong>de</strong>n Prüfstand<br />
gestellt und kritisch hinterfragt wer<strong>de</strong>n: Kann<br />
sie die Verän<strong>de</strong>rungen im Unternehmensumfeld<br />
auch tatsächlich abbil<strong>de</strong>n, wie ist sie gegebenenfalls<br />
anzupassen?<br />
Wer<strong>de</strong>n diese Punkte beachtet, so wird aus<br />
<strong>de</strong>m Budget kein Papiertiger <strong>de</strong>s Controlling,<br />
son<strong>de</strong>rn ein effektives Steuerungsinstrument<br />
<strong>de</strong>r Unternehmensleitung.<br />
Dr. Günter Lubos<br />
ist Mitglied <strong>de</strong>r Geschäftsleitung bei <strong>de</strong>r Unternehmensberatung<br />
Dr. Wieselhuber & Partner, einer branchenübergreifen<strong>de</strong>n Top-<br />
Management-Beratung. Sein Tätigkeitsschwerpunkt liegt in <strong>de</strong>r<br />
Optimierung von betriebswirtschaftlichen Instrumenten und <strong>de</strong>r<br />
finanziellen Restrukturierung von Unternehmen.<br />
E-Mail: lubos@wieselhuber.<strong>de</strong><br />
91
Dietmar Paschers Controllerrätsel<br />
Dietmar Paschers<br />
Controllerrätsel<br />
Dipl.-Ing. Dietmar Pascher<br />
d.pascher@<strong>controller</strong>aka<strong>de</strong>mie.<strong>de</strong><br />
92<br />
Die Lösung fin<strong>de</strong>n Sie auf www.<strong>controller</strong>magazin.<strong>de</strong> – CM live.
Alfred Biels Literaturforum<br />
CM November / Dezember 2012<br />
Literarische Schlaglichter<br />
Wir sollten uns daran erinnern, worum es beim Sharehol<strong>de</strong>r-Value-Konzept<br />
wirklich geht: Ja, es geht um steigen<strong>de</strong>n Cashflow, aber es geht auch<br />
um Langfristigkeit und Risikoabschätzung. Wären diese Prinzipien universell<br />
praktiziert wor<strong>de</strong>n, dann hätten wir jetzt keine Finanzkrise (Zitat Rappaport<br />
aus Interview mit Manager Magazin im Februar 2009, Anm. d.V.). – Aus:<br />
Weissman / Augsten / Artmann: Das Unternehmenscockpit, S. 53.<br />
Controlling kann nie verhaltensneutral sein. – Aus: Reimer: Top Management-Beratung<br />
durch Controller, S. 150.<br />
Online-Service mit neuem Zugriff<br />
Der Än<strong>de</strong>rungs- und Ergänzungsdienst zum Literaturforum erscheint<br />
unter News zur Controllerpraxis o<strong>de</strong>r zu Rechnungslegung,<br />
also unter www.haufe.<strong>de</strong>/controlling/ o<strong>de</strong>r<br />
www.haufe.<strong>de</strong>/controlling/rechnungslegung/<br />
Das Zitat dieser Ausgabe:<br />
„Ein Geschäft, bei <strong>de</strong>m man nichts außer Geld verdient, ist kein<br />
Geschäft” (Henry Ford).<br />
Sehr geehrte Damen und Herren,<br />
liebe Kolleginnen und liebe Kollegen!<br />
ich freue mich sehr, Sie zur letzten Ausgabe <strong>de</strong>s Literaturforums<br />
im Jahre 2012 herzlich begrüßen zu dürfen.<br />
Fragen, die dieser Ausgabe zugrun<strong>de</strong> liegen:<br />
Welche neuen Zitate sind aus <strong>de</strong>r aktuellen Fachliteratur<br />
zu berichten?<br />
Wie wer<strong>de</strong>n wir in Zukunft leben?<br />
Was gibt es Neues zu Controlling und Rechnungswesen?<br />
Messung und Steuerung von Human Capital: Welchen<br />
Diskussions- und Umsetzungsstand gibt es?<br />
Was wird zum Internet, insbeson<strong>de</strong>re Social Media, vermittelt<br />
und <strong>de</strong>battiert?<br />
Gibt es zukünftig nur noch E-Books?<br />
Allgemeine Hinweise: Die Inhalte dieser Seiten wur<strong>de</strong>n mit großer<br />
Sorgfalt erstellt. Die bibliografischen Daten, insbeson<strong>de</strong>re die Preisangaben,<br />
entsprechen <strong>de</strong>m Kenntnisstand <strong>de</strong>s Rezensenten zum<br />
Zeitpunkt <strong>de</strong>r Manuskripterstellung und beziehen sich auf <strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen<br />
Buchmarkt. Der Rezensent übernimmt keinerlei Gewähr für<br />
die Aktualität, Korrektheit, Vollständigkeit o<strong>de</strong>r Qualität <strong>de</strong>r bereitgestellten<br />
Informationen und Hinweise. Auf die – <strong>de</strong>r weiterführen<strong>de</strong>n<br />
Information dienen<strong>de</strong>n – verlinkten Seiten hat <strong>de</strong>r Rezensent keinen<br />
Einfluss. Für <strong>de</strong>n Inhalt <strong>de</strong>r verlinkten Seiten sind ausschließlich <strong>de</strong>ren<br />
Betreiber verantwortlich. Es wird aus Grün<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Lesbarkeit die<br />
geschlechtsneutrale bzw. männliche Form verwandt. Selbstverständlich<br />
sind stets sowohl Leserinnen als auch Leser gemeint. Der<br />
Rezensent orientiert sich als Ehrenmitglied <strong>de</strong>s Deutschen Fachjournalisten<br />
Verban<strong>de</strong>s (DFJV) an <strong>de</strong>ssen Ethik-Ko<strong>de</strong>x für Mitglie<strong>de</strong>r.<br />
Um effektiv zu kommunizieren müssen wir verstehen, dass wir alle die<br />
Welt unterschiedlich wahrnehmen. Und dieses Wissen sollten wir als<br />
Orientierungshilfe bei <strong>de</strong>r Kommunikation mit an<strong>de</strong>ren nutzen. – Aus:<br />
Werner, Angélique: Communication2Win, S. 19.<br />
Wenngleich man sich von <strong>de</strong>r doppelten Unterstellung <strong>de</strong>s <strong>de</strong>zentralen<br />
Controllings verspricht, dass das Bereichscontrolling sowohl vom Unternehmenscontrolling<br />
als auch von <strong>de</strong>r Bereichsleitung akzeptiert wird, ist<br />
im ungünstigsten Falle auch genau das Gegenteil <strong>de</strong>nkbar. In je<strong>de</strong>m Falle<br />
aber birgt eine Doppelunterstellung stets die Gefahr permanenter Konflikte<br />
in sich. – Aus: Rollberg: Operativ-taktisches Controlling, S. 246.<br />
Zur Überwachung (…) ist entgegen <strong>de</strong>r gesetzlichen Auffassung zwingend<br />
ein direkter Kontakt <strong>de</strong>s Aufsichtsrats zu <strong>de</strong>n entsprechen<strong>de</strong>n Leitungspersonen<br />
notwendig, d.h. auch zum Controlling. – Aus: Freidank/<br />
Velte: Corporate Governance, Abschlussprüfung und Compliance, S. 178.<br />
In diesem Zusammenhang steigen die Anfor<strong>de</strong>rungen an das Controlling,<br />
das die zur adäquaten Abbildung und Plausibilisierung <strong>de</strong>r immateriellen<br />
Werte erfor<strong>de</strong>rlichen Informationen liefern muss. – Aus: Fischer / Möller<br />
/ Schultze: Controlling, S. 598.<br />
Im Einzelnen dient <strong>de</strong>r Anhang <strong>de</strong>r Erfüllung <strong>de</strong>r Interpretationsfunktion,<br />
Korrekturfunktion, Entlastungsfunktion, Ergänzungsfunktion. Aus: Bieg /<br />
Kußmaul / Waschbusch: Externes Rechnungswesen in Übungen, S. 130.<br />
Der Wohlstand <strong>de</strong>r Zukunft muss Ökonomie und Ökologie versöhnen. –<br />
Aus: Wenzel / Dziemba / : Wie wir morgen leben wer<strong>de</strong>n, S. 84.<br />
Dabei geht es auch um die Frage, welche Verbindung sich zwischen <strong>de</strong>m Human<br />
Capital Reporting und einer möglichen Wertsteigerung <strong>de</strong>s Unternehmens<br />
herstellen lässt. – Aus: Scholz / Sattelberger: Human Capital Reporting, S. 177.<br />
Die Messung und Steuerung von Human Capital ist ein Zukunftsthema.<br />
Egal ob <strong>de</strong>r Zugang über die Verknappung <strong>de</strong>r Talente, über die verän<strong>de</strong>rten<br />
Arbeitsstrukturen im Unternehmen o<strong>de</strong>r über die Nachhaltigkeit<br />
<strong>de</strong>r Unternehmenstätigkeit gewählt wird – das Human Capital ist ein<br />
be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>r Faktor für <strong>de</strong>n Unternehmenserfolg. – Aus: Frie<strong>de</strong>richs / Armutat:<br />
Human Capital Auditierung, S. 245.<br />
Abschließend bleibt festzuhalten, dass bei <strong>de</strong>utschen Unternehmen HR-<br />
Controlling bislang eine stark unterentwickelte Disziplin ist. Mehrere<br />
Literaturforum<br />
93
Alfred Biels Literaturforum<br />
Literaturforum<br />
Trends sprechen jedoch dafür, dass HR-Controlling in <strong>de</strong>n nächsten Jahren<br />
das Feld <strong>de</strong>r Personalarbeit sein wird, das stark ausgebaut wer<strong>de</strong>n<br />
muss und wird, weil nur so <strong>de</strong>r Nachweis <strong>de</strong>s Wertbeitrags <strong>de</strong>r Personalarbeit<br />
geleistet wer<strong>de</strong>n kann. – Aus: Klein: Controlling-Instrumente für<br />
mo<strong>de</strong>rnes Resource Management, S. 41.<br />
Es gibt aber auch das Risiko eines Kontrollverlustes, wenn die Meinungen<br />
im Internet an<strong>de</strong>rs als gewünscht ausfallen. – Aus: Hilker: Erfolgreiche<br />
Social-Media-Strategien für die Zukunft, S. 20.<br />
Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. – Aus: Schwartmann / Keber:<br />
Internetauftritt, S. 5.<br />
Als Berater zahlreicher Internetunternehmen appelliere ich an die betroffenen<br />
Plattformen, die Rechte <strong>de</strong>r Nutzer zu achten und entsprechen<strong>de</strong><br />
Funktionalitäten – was in <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Regel auch möglich ist – rechtskonform<br />
aufzusetzen, um die eigenen Möglichkeiten nicht wie Facebook zu überreizen.<br />
– Aus: Ulbricht: Social Media und Recht, S. 127.<br />
Der Arbeitgeber kann bestimmen, ob und inwieweit er private Nutzung<br />
<strong>de</strong>s Internets in seinem Betrieb zulässt. Dies sollte er dann aber auch<br />
explizit regeln. – Aus: Wien: Internetrecht, S. 179.<br />
Das Social Web ist nichts für schnelle Erfolge: Es ist falsch, wenn Sie mit<br />
Ihrem Unternehmen auf Facebook sein wollen, weil es alle tun o<strong>de</strong>r weil<br />
es <strong>de</strong>r Wettbewerb tut! Das führt in <strong>de</strong>r Regel zu strategielosem, punktuellem<br />
Aktionismus ohne Nachhaltigkeit. – Aus: Wolber: Die 11 Irrtümer<br />
über Social Media, S. 51.<br />
Inhalt und Struktur<br />
Einführung – Freibeuter <strong>de</strong>r Informationsgesellschaft – Novizen <strong>de</strong>r<br />
Erwachsenenwelt – Eigener Lebensentwurf als Teil <strong>de</strong>s Mitmachprojekts<br />
Zukunft – Gesun<strong>de</strong>r Genuss – Bio-Prekariat – Welt <strong>de</strong>r Sinnmärkte –<br />
Fortschritts-Avantgar<strong>de</strong> – Sehnsucht nach Work-Wife-Balance – Hausfrau<br />
und Mutter ein Leben lang? – Viele Baustellen in <strong>de</strong>r Lebensmitte –<br />
Öko-Nüchternheit – Großfamilie 2.0 – Frauen 55 plus – Gegen En<strong>de</strong><br />
noch einmal durchstarten – Wachsen<strong>de</strong> Lebenslust <strong>de</strong>r Kosumprofis –<br />
Glossar <strong>de</strong>r Zukunft<br />
Einordnung und Einschätzung<br />
Dieses Thema ist von doppeltem Interesse (daher auch Aufnahme dieses<br />
Titels in das Literaturforum): Zum einen ist es aus persönlicher Perspektive<br />
spannend, wie sich die Lebensgewohnheiten voraussichtlich verän<strong>de</strong>rn<br />
und entwickeln wer<strong>de</strong>n. Zum an<strong>de</strong>ren geben die Lebensstile, die in<br />
<strong>de</strong>r vorliegen<strong>de</strong>n Studie i<strong>de</strong>ntifiziert wer<strong>de</strong>n, auch Hinweise darauf, wie<br />
sich die Märkte von morgen, wie sich Wirtschaft und das gesellschaftliches<br />
Leben und insbeson<strong>de</strong>re das Konsumverhalten in <strong>de</strong>n nächsten<br />
Jahren <strong>de</strong>m Anschein nach weiterentwickeln wer<strong>de</strong>n. In <strong>de</strong>r vorliegen<strong>de</strong>n<br />
Lebensstilstudie geht es darum, Menschen in ihren Verän<strong>de</strong>rungssituationen<br />
zu beschreiben. Die Autoren legen dar, mit welchen Trendbrüchen<br />
und -umschwüngen gemäß ihrer Analyse zu rechnen ist. Es lässt sich nur<br />
schwer sagen, wie zuverlässig und tragfähig diese Prognosen sind. Die<br />
Hinweise auf die zugrun<strong>de</strong>liegen<strong>de</strong> Methodik lassen eine sorgfältige Analyse<br />
und eine gewissenhafte Berichterstattung vermuten. Die methodischen<br />
Grundlagen, die Fachterminologie, das Neuartige usw. erfor<strong>de</strong>rn<br />
ein behutsames und aufmerksames Lesen.<br />
Online-Leseprobe: www.m-vg.<strong>de</strong>/mediafiles/article/pdf<strong>de</strong>mo/978-<br />
3- 86880-134-7.pdf<br />
94<br />
Besprechungen<br />
In <strong>de</strong>r Diskussion: Wie wir<br />
morgen leben wer<strong>de</strong>n<br />
Wenzel, Eike / Dziemba, Oliver / Langwieser, Corinna<br />
Wie wir morgen leben wer<strong>de</strong>n<br />
München: Münchner Verlagsgruppe 2012 – 176 Seiten, € 34,99<br />
Autoren und Titel<br />
Dr. Eike Wenzel ist <strong>de</strong>n Angaben nach<br />
Grün<strong>de</strong>r und Leiter <strong>de</strong>s Instituts für<br />
Trend- und Zukunftsforschung. Oliver<br />
Dziemba ist Lebensstilforscher und<br />
Konsumexperte und arbeitet als Trendanalyst.<br />
Corinna Langwieser ist selbstständige<br />
Trend- und Zukunftsforscherin,<br />
Autorin und Referentin. Im Mittelpunkt<br />
dieses MI-Wirtschaftsbuchs stehen 15<br />
Lebensstiltrends, die nach Ansicht <strong>de</strong>r<br />
Autoren unsere Zukunft prägen wer<strong>de</strong>n.<br />
Neues zum Controlling<br />
Fischer, Thomas M. / Möller, Klaus / Schultze, Wolfgang<br />
Controlling<br />
Stuttgart; Schäffer Poeschel Verlag 2012 – 639 Seiten, € 29,95<br />
Autoren und Titel<br />
Das Autorenteam: Prof. Dr. Thomas M.<br />
Fischer, Lehrstuhl für BWL, insbeson<strong>de</strong>re<br />
Rechnungswesen und Controlling, Friedrich-Alexan<strong>de</strong>r-Universität<br />
Erlangen-<br />
Nürnberg; Prof. Dr. Klaus Möller, Lehrstuhl<br />
für Controlling/Performance Management,<br />
Universität St. Gallen; Prof. Dr.<br />
Wolfgang Schultze, Lehrstuhl für Wirtschaftsprüfung<br />
und Controlling, Universität<br />
Augsburg. Dieses Lehrbuch führt<br />
in das Controlling ein und behan<strong>de</strong>lt insbeson<strong>de</strong>re<br />
Grundlagen, Instrumente und Entwicklungsperspektiven.<br />
Inhalt und Struktur<br />
Einführung – Integriertes Planungs-, Kontroll- und Informationssystem –<br />
Controlling von strategischen Entscheidungen – Kostenorientierte Ent-
CM November / Dezember 2012<br />
scheidungen – Kostenmanagement – Anreizsysteme – Integrierte Kennzahlensysteme<br />
– Budgetierung – Verrechnungspreise – Corporate Governance,<br />
Compliance, Risikocontrolling – Nachhaltigkeitsorientiertes Controlling<br />
– Immaterielle Werte und Reputation – Steuerung von E-Business<br />
Einordnung und Einschätzung<br />
Die drei Controlling-Professoren legen eine fundierte Einführung in das<br />
anwendungsorientierte Controlling vor. Controlling wird hier verstan<strong>de</strong>n<br />
als zielorientierte Steuerung durch Information, Planung, Kontrolle und<br />
Koordination. Von an<strong>de</strong>ren Controlling-Werken unterschei<strong>de</strong>t sich das<br />
zweifarbige Buch durch eine z. T. etwas an<strong>de</strong>re Thematisierung und<br />
Strukturierung. Eine durchgehen<strong>de</strong> Fallstudie, viele Praxisbeispiele, 184<br />
farbige Abbildungen und 110 farbige Tabellen (Zahlen laut Verlag), Randbemerkungen,<br />
Hervorhebungen, Kontrollfragen usw. betonen sowohl in<br />
inhaltlicher als auch in formaler Hinsicht <strong>de</strong>n mo<strong>de</strong>rnen und innovativen<br />
Charakter dieses Lehrbuches. Es empfiehlt sich als Studienliteratur und<br />
als Nachschlagewerk und Begleitbuch für die betriebswirtschaftliche<br />
Aus- und Weiterbildung von Fach- und Führungskräften. Insgesamt eine<br />
Bereicherung <strong>de</strong>s einschlägigen Lehrbuch-Angebots.<br />
Online-Leseprobe: www.schaeffer-poeschel.<strong>de</strong>/download/leseproben/978-3-7910-2896-5.pdf<br />
Reimer, Marko<br />
Top Management-Beratung durch Controller<br />
Hamburg: Verlag Dr. Kovac´2012 – 203 Seiten, € 78,–<br />
Autor und Titel<br />
Die vorliegen<strong>de</strong> Arbeit ist <strong>de</strong>m Vernehmen<br />
nach im Rahmen <strong>de</strong>r Tätigkeit <strong>de</strong>s Autors<br />
als wissenschaftlicher Mitarbeiter entstan<strong>de</strong>n<br />
und wur<strong>de</strong> als Dissertation an <strong>de</strong>r<br />
TU Berlin angenommen. Die Veröffentlichung<br />
verfolgt das Ziel, die Interaktion,<br />
die Wechselbeziehung zwischen Top-<br />
Manager und Controller beim Treffen<br />
strategischer Entscheidungen aus verhaltenswissenschaftlicher<br />
Perspektive zu<br />
untersuchen.<br />
Inhalt und Struktur<br />
Einleitung – Konzeptionelle Grundlagen – Mo<strong>de</strong>llentwicklung – Schlussbetrachtung<br />
Einordnung und Einschätzung<br />
Durch die neue Rolle <strong>de</strong>s Controllers als Berater o<strong>de</strong>r Sparringspartner<br />
<strong>de</strong>r Manager steht <strong>de</strong>r Controller auch vor neuen Herausfor<strong>de</strong>rungen.<br />
Wobei viele verhaltensorientierter Natur sind, wie <strong>de</strong>r Autor zu Beginn<br />
ausführt. Verhaltensorientierte Aspekte fließen erst in neuerer Zeit verstärkt<br />
in die Controllingforschung und in Controlling-Publikationen ein.<br />
Das Buch behan<strong>de</strong>lt Themen von beson<strong>de</strong>rer praktischer Relevanz und<br />
leistet einen Beitrag zur Aufarbeitung von Erkenntnis<strong>de</strong>fiziten. Insbeson<strong>de</strong>re<br />
leiten diese Fragen die Untersuchung: 1. Wie verhalten sich Top-<br />
Manager in Entscheidungssituationen? 2. Welche Faktoren wirken auf<br />
<strong>de</strong>n Einfluss, <strong>de</strong>n Controller auf die Entscheidung <strong>de</strong>s Top-Managements<br />
haben? Der Hauptteil skizziert ein genaueres theoretisches Ver-<br />
ständnis <strong>de</strong>r Interaktion zwischen Manager und Controller als Basis <strong>de</strong>r<br />
Ableitung eines Mo<strong>de</strong>lls. Die Arbeit mün<strong>de</strong>t ein in ein Forschungsmo<strong>de</strong>ll.<br />
Danach sind Input-Größen u. a. die Expertise <strong>de</strong>s Controllers, das<br />
Selbstvertrauen <strong>de</strong>s Controllers, die Ähnlichkeit zwischen Manager und<br />
Controller sowie die emotionale Verfassung <strong>de</strong>s Managers. Insgesamt<br />
nehmen – entsprechend <strong>de</strong>m Charakter einer wissenschaftlichen Arbeit<br />
– die Problemdiskussion und <strong>de</strong>r theoretische Bezugsrahmen breiten<br />
Raum ein. Der Zugriff zum unmittelbar praxisrelevanten Wissen, das<br />
durchaus vermittelt wird, ist etwas aufwendig. Die Arbeit dürfte die Erfahrungen<br />
und Vermutungen vieler Praktiker bestätigen. „Vereinfacht<br />
formuliert“, so <strong>de</strong>r Autor, „ließe sich sagen, dass Controller nicht nur<br />
gute Analytiker, son<strong>de</strong>rn insbeson<strong>de</strong>re gute Kommunikatoren sein müssen“.<br />
Es ist wünschenswert, dass die durch diese Veröffentlichung<br />
angestoßene Forschung und Diskussion zu möglichen Einflussgrößen<br />
<strong>de</strong>r Controllereffektivität bei <strong>de</strong>r Wahrnehmung ihrer Beratungsfunktion<br />
weitergeführt und vertieft wird.<br />
Eine Online Leseprobe war zum Zeitpunkt <strong>de</strong>s Manuskriptes nicht verfügbar.<br />
Roller, Robert<br />
Controlling mit Microsoft Excel 2010<br />
O´Reily Verlag 2012 – 301 Seiten, € 24,90 – auch als E-Book<br />
erhältlich<br />
Autor und Titel<br />
Dipl. Kaufm. Robert Roller ist Grün<strong>de</strong>r und<br />
Geschäftsführer einer Kommunal- und<br />
Unternehmensberatung mit Sitz in Berlin<br />
(www.robert-roller.<strong>de</strong>). Der Band verspricht<br />
im Untertitel „<strong>de</strong>n schnellen<br />
Einstieg in Grundlagen und Praxis“. Den<br />
Angaben zufolge repräsentiert dieses<br />
Buch in weiten Teilen Seminarinhalte und<br />
Beispiele aus <strong>de</strong>r Berufs- und Studientätigkeit<br />
<strong>de</strong>s Verfassers.<br />
Inhalt und Struktur<br />
Daten importieren und analysieren – Beispiele aus <strong>de</strong>m Rechnungswesen<br />
– Unternehmenskennziffern – Wirtschaftlichkeitsrechnung – Datenabfragen<br />
und Microsoft Access – Automatisieren von Aufgaben in Excel<br />
Einordnung und Einschätzung<br />
Excel ist eines <strong>de</strong>r wichtigsten Werkzeuge für Controller. Zum professionellen<br />
Umgang sind profun<strong>de</strong> funktionale Kenntnisse ebenso erfor<strong>de</strong>rlich<br />
wie ein Verständnis <strong>de</strong>r Analysekraft und <strong>de</strong>s Potenzials von Excel.<br />
Der Autor legt ein Arbeits- und Übungsbuch vor, das konkrete Aufgabenstellungen<br />
aus Rechnungswesen und Controlling behan<strong>de</strong>lt. Es<br />
setzt auf profun<strong>de</strong>n Grundkenntnissen auf und verfolgt das Ziel, Schritt<br />
für Schritt Kenntnisse im Umgang mit Excel zu erweitern und die Möglichkeiten<br />
<strong>de</strong>s praktischen Einsatzes auszu<strong>de</strong>hnen. Der Online-Zugriff<br />
auf zahlreiche Support-/Service- und Begleitdateien ist in die Abhandlungen<br />
integriert. Der Praxistest hinsichtlich Zugang und Nutzung <strong>de</strong>s<br />
Online Services verlief erfolgreich. Neben kurz gefassten Erläuterungen<br />
und umfangreichen Übungen ergänzen gezielte Tipps die Darlegungen.<br />
95
Alfred Biels Literaturforum<br />
Literaturforum<br />
96<br />
Eine Vielzahl von Abbildungen veranschaulicht die Arbeits- und Vorgehensweise.<br />
Die Lesefreundlichkeit ist etwas mittelmäßig, nicht alle<br />
Abbildungen sind schnell und einfach zu lesen. Das Layout ist im Quervergleich<br />
eher durchschnittlich. Insgesamt ein geeignetes und interessantes<br />
Angebot, die anwendungsspezifischen Excel-Kenntnisse zu<br />
erweitern und zu vertiefen.<br />
Online-Leseprobe: www.microsoft-press.<strong>de</strong>/productinfo.asp?replace<br />
=false&cnt=productinfo&mo<strong>de</strong>=2&type=2&id=ms-5823&in<strong>de</strong>x=2&<br />
nr=0&preload=false&page=1&view=fit&Toolbar=1&pagemo<strong>de</strong>=none<br />
Rollberg, Roland<br />
Operativ-taktisches Controlling<br />
München: Ol<strong>de</strong>nbourg Verlag 2012 – 269 Seiten, € 29,80<br />
Autor und Titel<br />
Univ.-Prof. Dr. habil. Roland Rollberg lehrt<br />
<strong>de</strong>m Vernehmen nach Produktionswirtschaft<br />
und Controlling an <strong>de</strong>r Universität<br />
Greifswald. Das Buch richtet sich insbeson<strong>de</strong>re<br />
an Studieren<strong>de</strong>. Das vorliegen<strong>de</strong><br />
Buch grün<strong>de</strong>t <strong>de</strong>n Angaben zufolge auf <strong>de</strong>r<br />
Forschungstätigkeit, <strong>de</strong>r Habilitationsschrift<br />
sowie <strong>de</strong>n Vorlesungen <strong>de</strong>s Verfassers.<br />
Inhalt und Struktur<br />
Zum Wesen <strong>de</strong>s Controllings – Unternehmensrechnung – Unternehmensplanung<br />
– Controlling und Organisation<br />
Einordnung und Einschätzung<br />
Gegenstand <strong>de</strong>r vorliegen<strong>de</strong>n Veröffentlichung ist nach Worten <strong>de</strong>s Verfassers<br />
„die integrative Betrachtung <strong>de</strong>r Real- und <strong>de</strong>r Finanzgütersphäre<br />
eines Unternehmens mit <strong>de</strong>m Ziel einer koordinierten (…) Planung unter<br />
Zuhilfenahme quantitativer Entscheidungsmo<strong>de</strong>lle und Informationen <strong>de</strong>s<br />
betrieblichen Rechnungswesens“. Das Buch ist theoretisch fundiert und<br />
geprägt – einerseits durch eine verstärkte Anwendung mathematischer<br />
Metho<strong>de</strong>n und an<strong>de</strong>rerseits durch eine praktische Anwendungsorientierung<br />
im Grundsätzlichen. Gemäß Schreibweise und Literaturquellen sind<br />
einzelne Passagen möglicherweise älteren Datums. Fachliche Substanz<br />
kennzeichnet das Buch, beispielsweise bei <strong>de</strong>r Behandlung von Koordinationsaufgaben.<br />
Das Kapitel „Controlling und Unternehmensorganisation“<br />
könnte auch ein einem Praktikerbuch stehen.<br />
Online-Leseprobe: www.ol<strong>de</strong>nbourg-verlag.<strong>de</strong>/wissenschaftsverlag/<br />
operativ-taktisches-controlling/9783486712773<br />
Weissman, Arnold / Augsten, Tobias / Artmann, Alexan<strong>de</strong>r<br />
Das Unternehmenscockpit<br />
Wiesba<strong>de</strong>n: Springer Gabler 2012 – 148 Seiten, € 39,95<br />
Autoren und Titel<br />
Prof. Dr. Arnold Weissman ist <strong>de</strong>m Vernehmen nach Professor für Unternehmensführung<br />
an <strong>de</strong>r Hochschule Regensburg und geschäftsführen<strong>de</strong>r<br />
Gesellschafter von Weissman & Cie. Tobias<br />
Augsten, Gesellschafter von Weissman<br />
& Cie. und Dr. Alexan<strong>de</strong>r Artmann verstehen<br />
sich als Experten im Bereich „Unternehmenssteuerung“<br />
und verweisen auf<br />
Erfahrungen aus beraterischer Praxis für<br />
Familienunternehmen. Das Buch mit <strong>de</strong>m<br />
Untertitel „Erfolgreiche Navigationsinstrumente<br />
zur Unternehmenssteuerung“ ist ein<br />
Grundlagenwerk, das sich vor allem an <strong>de</strong>n<br />
Bedürfnissen mittelständischer Unternehmen<br />
ausrichtet.<br />
Inhalt und Struktur<br />
Einführung – Am Anfang steht die Strategie – Strategie bringt Unternehmenserfolg<br />
– Das Unternehmenscockpit – Cockpit, Steuerstand <strong>de</strong>s<br />
Unternehmers – Krisenprävention mit <strong>de</strong>m Cockpit<br />
Einordnung und Einschätzung<br />
Das vorliegen<strong>de</strong> Buch soll, wie es im Vorwort heißt, einen Beitrag dazu<br />
leisten, dass „Unternehmenskapitäne“ in <strong>de</strong>n unsicher wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Gewässern<br />
besser navigieren können. Nach <strong>de</strong>n Informationen <strong>de</strong>r Herausgeber<br />
sind in dieses Buch vielfältige Erfahrung eingeflossen, die bei vielen<br />
Projekten zur Verbesserung <strong>de</strong>r Steuerungsqualität gewonnen wur<strong>de</strong>n.<br />
Das Unternehmenscockpit, wie es die Autoren vermitteln, dient<br />
dazu, im Sinne einer Landkarte, Strategie in wirkungsvolle Handlungen<br />
umzusetzen und direkt in die Organisation zu tragen. Die Autoren vermitteln<br />
Grundsätzliches auf anschauliche, klare und leicht fassliche Weise<br />
mit hohem Anwendungsbezug. Dabei stellen sie – auch für <strong>de</strong>n Fortgeschrittenen<br />
– viele grundsätzliche Erkenntnisse, Empfehlungen und Warnungen<br />
in die Aufmerksamkeit. Manche theoretische Feinheiten bleiben<br />
diskussionsbedürftig, beispielsweise <strong>de</strong>r Zusammenhang von Balanced<br />
Scorecard und Unternehmenscockpit. Diese Neuerscheinung ist lesefreundlich<br />
aufgebaut und erfüllt nach Inhalt und Zielsetzung sowie Aufmachung<br />
und Sprachstil die Erwartungen an ein Praktikerbuch für die<br />
Zielgruppe Klein- und Mittelbetrieb. Ein Stichwortverzeichnis fehlt.<br />
Eine Online-Leseprobe wur<strong>de</strong> lei<strong>de</strong>r zum Zeitpunkt <strong>de</strong>s Manuskripts nicht<br />
angeboten.<br />
Neues zur Rechnungslegung<br />
Freidank, Carl-Christian / Velte, Patrick (Hrsg.)<br />
Corporate Governance, Abschlussprüfung<br />
und Compliance<br />
Berlin: Erich Schmidt Verlag – 443 Seiten, € 69,95 – auch als E-Book<br />
Autoren und Titel<br />
Das 16 Einzelbeiträge von 18 Autoren umfassen<strong>de</strong> Buch beschäftigt sich<br />
mit aktuellen nationalen und internationalen Fragestellungen, die sich auf<br />
zentrale Fachgebiete <strong>de</strong>r Rechnungslegung, <strong>de</strong>s Controllings, <strong>de</strong>r Compliance,<br />
<strong>de</strong>r Tätigkeit <strong>de</strong>s Aufsichtsrats sowie <strong>de</strong>r Abschlussprüfung und Due<br />
Diligence beziehen. Den Angaben nach enthält das Werk einen Großteil <strong>de</strong>r
CM November / Dezember 2012<br />
aktualisierten Vortragsthemen <strong>de</strong>r 9.<br />
Hamburger Auditing Conference 2011.<br />
Der Herausgeber, StB Univ.-Prof. Dr. habil.<br />
Carl-Christian Freidank, ist Direktor<br />
<strong>de</strong>s Instituts für Wirtschaftsprüfung und<br />
Steuerwesen an <strong>de</strong>r Universität Hamburg,<br />
Dr. Patrick Velte ist dort wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter.<br />
Inhalt und Struktur<br />
Einführung – Auswirkungen <strong>de</strong>r europäischen<br />
Harmonisierung – BilMoG<br />
und Bilanzpolitik – Maßgeblichkeitsprinzip<br />
– Corporate Governance Reporting – Regulierung und Controlling<br />
– Überwachungssystem – Compliance Abteilung – Frauenrepräsentanz –<br />
Aufsichtsrats Scorecard – Informationsversorgung Aufsichtsrat – Aufsichtsratshaftung<br />
– Abschlussprüfer und Aufsichtsrat – Sonstige Rückstellungen<br />
– Datenzugriff mit IDEA – Tax Due Diligence<br />
Einordnung und Einschätzung<br />
In diesem Band reflektieren renommierte Vertreter aus <strong>de</strong>r Prüfungs-und<br />
Beratungspraxis, <strong>de</strong>r Unternehmenspraxis sowie <strong>de</strong>r betriebs- und<br />
rechtswissenschaftlichen Forschung neue Entwicklungen im genannten<br />
Themenbereich und präsentieren Anregungen und Lösungsansätze. Die<br />
Autoren <strong>de</strong>s vorliegen<strong>de</strong>n Sammelban<strong>de</strong>s gehen grundsätzlichen Fragen<br />
nach, erörtern Absichten und Ten<strong>de</strong>nzen <strong>de</strong>s nationalen und internationalen<br />
Gesetzgebers und hinterfragen Eignung und Angemessenheit bestehen<strong>de</strong>r<br />
und möglicher zukünftiger Regelungen. Der Beitrag „Regulierungstheoretischer<br />
Ansatz <strong>de</strong>s Controllings: Notwendigkeit einer Weiterentwicklung<br />
von Unternehmensführung und -überwachung“ dürfte für<br />
Controller von beson<strong>de</strong>rem Interesse sein. Die Diskussionen spezifischer<br />
Normen und die Ableitung bestimmter Thesen durch <strong>de</strong>n Herausgeber<br />
erscheinen recht diskussionswert.<br />
Bieg, Hartmut / Kußmaul, Heinz / Waschbusch, Gerd<br />
Externes Rechnungswesen in Übungen<br />
München: Ol<strong>de</strong>nbourg Verlag 2012 – 350 Seiten, € 34,80<br />
Das Buch ermöglicht eine üben<strong>de</strong> Einarbeitung<br />
in <strong>de</strong>n komplexen Stoff <strong>de</strong>s Externen<br />
Rechnungswesens und eine<br />
Überprüfung <strong>de</strong>s vorhan<strong>de</strong>nen Kenntnisstan<strong>de</strong>s.<br />
Den Angaben zufolge orientiert<br />
sich die Grundkonzeption <strong>de</strong>s<br />
Buches an <strong>de</strong>r Lehrmethodik <strong>de</strong>r WHL<br />
Wissenschaftliche Hochschule Lahr als<br />
universitäre Fernhochschule. Inhaltlich<br />
folgt dieses Übungsbuch <strong>de</strong>m Lehrbuch<br />
„Externes Rechnungswesen“, das in 6.<br />
Auflage ebenfalls im Ol<strong>de</strong>nbourg Verlag erschienen ist. Das Buch bietet<br />
eine Vielzahl von Aufgaben unterschiedlichen Schwierigkeitsgrads mit<br />
ausführlichen Lösungen auf aktuellem Stand. Inhaltlich wer<strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong><br />
Themenschwerpunkte behan<strong>de</strong>lt: Grundlagen <strong>de</strong>r Bilanzlehre,<br />
han<strong>de</strong>lsrechtlicher Jahresabschluss, Jahresabschlusspolitik, Jahres-<br />
abschlussanalyse, Konzern und Konzernabschluss sowie Rechnungslegung<br />
nach IFRS.<br />
Alexa, Valentina<br />
Controlling – an international business<br />
perspective<br />
Mirton Publishing Home – 224 Seiten, € 25,–<br />
Dieses Buch ist im <strong>de</strong>utschen Buchhan<strong>de</strong>l nicht zu erhalten. Es kann aber<br />
nach <strong>de</strong>n vorliegen<strong>de</strong>n Informationen bezogen wer<strong>de</strong>n über: www.valentinaalexa.ro<br />
und http://www.valentinaalexa.ro/en/controlling.html.<br />
Aus <strong>de</strong>m Kreis <strong>de</strong>s Internationalen Controller Vereins (ICV) hat Frau Dr.<br />
Valentina Alexa ein Controllingbuch in englischer Sprache vorgelegt. Dieses<br />
Buch eignet sich aufgrund <strong>de</strong>r theoretischen und empirischen Bezüge<br />
für Studieren<strong>de</strong> und wegen <strong>de</strong>r vielfältigen internationalen Ausrichtung<br />
für Mitarbeiter im Controlling internationaler Unternehmen, vor allem<br />
auch im Konzerncontrolling. Daten zur Autorin nach eigenen Angaben:<br />
Associate Professor PhD, Management Department, Economics and<br />
Business Faculty, West University of Timisoara, Romania. Das Buch behan<strong>de</strong>lt<br />
das Controlling aus einer internationalen Sicht und stellt nach <strong>de</strong>n<br />
Worten <strong>de</strong>r Verfasserin das Ergebnis langjähriger intensiver Weiterbildung<br />
und Recherche dar. Kapitel 1 geht <strong>de</strong>r Frage nach, warum Controlling<br />
notwendig ist. Kapitel 2 behan<strong>de</strong>lt internationale Controlling Promotoren<br />
(IGC und ICV). Das Kapitel 3 beleuchtet Controllingaspekte im internationalen<br />
Umfeld, hier wer<strong>de</strong>n Beispiele aus verschie<strong>de</strong>nen Län<strong>de</strong>rn<br />
präsentiert. Kapitel 4 widmet sich <strong>de</strong>r Doktorarbeit <strong>de</strong>r Autorin zu Controlling.<br />
Sie wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Angaben nach 2004 in Rumänien abgeschlossen<br />
und zählt, wie es heißt, zu einer <strong>de</strong>r ersten im Controllingbereich in Rumänien.<br />
Das 5. Kapitel bringt einen Beitrag zum Controlling in Tochterunternehmen<br />
internationaler Unternehmen. Das letzte Kapitel bietet ein Plädoyer<br />
für Controlling. Die oben genannte Internetseiten vermitteln weitere<br />
Informationen zum Buch.<br />
Human Capital<br />
Scholz, Christian / Sattelberger, Thomas<br />
Human Capital Reporting<br />
München: Vahlen Verlag 2012 – 208 Seiten, € 65,–<br />
Autoren und Titel<br />
Prof. Dr. Christian Scholz, ein be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>r<br />
Fachwissenschaftler, ist Inhaber <strong>de</strong>s Lehrstuhls<br />
für Organisation, Personal- und Informationsmanagement<br />
an <strong>de</strong>r Universität<br />
<strong>de</strong>s Saarlan<strong>de</strong>s. Thomas Sattelberger war<br />
Personal-Vorstand bei <strong>de</strong>r Deutschen Telekom<br />
AG. Reformeifer und auch ein gewisses<br />
Maß an Quer<strong>de</strong>nkertum zeichnen<br />
Sattelberger aus. Diese Neuerscheinung<br />
<strong>de</strong>r Reihe „HRM Competence“ präsentiert<br />
97
Alfred Biels Literaturforum<br />
Literaturforum<br />
98<br />
“HCR 10” (HCR steht für Human Capital Reporting und 10 für das Jahr<br />
<strong>de</strong>r Entstehung). Aus Sicht <strong>de</strong>r Autoren ein „Standard“ für transparente<br />
Personalberichterstattung.<br />
Inhalt und Struktur<br />
HCR und Relevanz: Herausfor<strong>de</strong>rung und Chance – HCR und Logik: Systematik<br />
statt Beliebigkeit – HCR und Standard HCR 10: Stimmigkeit statt<br />
Chaos – HCR und Umsetzung: Wer, wie wo? – Transparenz schafft mehr<br />
Wert – Anhang.<br />
Einordnung und Einschätzung<br />
Über diesem Buch steht die zentrale Frage: Wie könnte ein Standard für ein<br />
HR-Reporting aussehen? Bei <strong>de</strong>r Verfolgung dieser Aufgabenstellung erweisen<br />
sich die Autoren nicht nur als recht kenntnisreich und kompetent,<br />
son<strong>de</strong>rn auch als sehr innovationsfreudig. Mit diesem Buch legen sie einen<br />
Entwurf vor, <strong>de</strong>r als mo<strong>de</strong>llhaft angesehen wer<strong>de</strong>n kann, <strong>de</strong>r sich als Richtschnur,<br />
als allgemeiner Maßstab für die Unternehmenspraxis entwickeln<br />
könnte. Den eigenen Bekundungen nach wollen die Verfasser ein entsprechen<strong>de</strong>s<br />
Bewusstsein für die Etablierung eines Standards schaffen, ein<br />
professionelles HCR mit aussagefähigen und quantifizierbaren Informationen<br />
für und mit Unternehmen zu etablieren. Der vorgestellte Standard<br />
HCR10 beschreibt, wie sich personalwirtschaftlich relevante Tatbestän<strong>de</strong><br />
in <strong>de</strong>r Berichterstattung <strong>de</strong>r Unternehmen nie<strong>de</strong>rschlagen können. Durch<br />
eine <strong>de</strong>rartige Standardisierung kann eine Vereinfachung <strong>de</strong>r Prozesse <strong>de</strong>r<br />
Berichterstattung erfolgen, Aussagen können vereinheitlich und näher bestimmt,<br />
lesbarer, verstehbarer sowie vergleichbarer wer<strong>de</strong>n. Der Anhang<br />
enthält u. a. <strong>de</strong>n Mitarbeiterteil eines mustergültigen fiktiven Geschäftsberichts<br />
sowie eine DAX-30-Bewertung nach <strong>de</strong>m HRC10. Das Buch ist nicht<br />
nur wegen <strong>de</strong>s Entwurfs eines möglichen Standards, <strong>de</strong>r Ausformulierung<br />
einer Vision bemerkens- und diskussionswert, son<strong>de</strong>rn auch wegen <strong>de</strong>r<br />
vielen grundsätzlichen und allgemeingültigen Aussagen und Hinweisen<br />
zum Reporting und zur Berichtsqualität in <strong>de</strong>n Unternehmen. Insofern ist<br />
das Buch für Controller aus doppeltem Grund informativ und anregend.<br />
Online-Leseprobe: www.vahlen.<strong>de</strong>/productview.aspx?product=9026717<br />
Klein, Andreas (Hrsg.)<br />
Controlling-Instrumente für mo<strong>de</strong>rnes<br />
Resource Management<br />
Freiburg: <strong>Haufe</strong> Lexware 2012 – 271 Seiten, € 69,–<br />
Autoren und Titel<br />
Insgesamt 16 Autoren aus Beratung, Wissenschaft<br />
und Praxis veröffentlichen in<br />
diesem Buch 14 Beiträge. Der Sammelband<br />
befasst sich insbeson<strong>de</strong>re mit diesen<br />
zentralen Fragen: Welchen Herausfor<strong>de</strong>rungen<br />
muss sich die Personalfunktion<br />
stellen? Was sind die Erfolgstreiber<br />
eines mo<strong>de</strong>rnen HR-Managements? Mit<br />
welchen Kennzahlen können diese Erfolgstreiber<br />
gemessen wer<strong>de</strong>n?<br />
Inhalt und Struktur<br />
Standpunkt (Experten-Interview) – Grundlagen und Konzepte– Umsetzung<br />
und Praxis – Organisation und IT – Literaturanalyse.<br />
Einordnung und Einschätzung<br />
Der Sammelband bietet einen strukturierten Überblick über wesentliche<br />
Themen <strong>de</strong>s mo<strong>de</strong>rnen Personalmanagements. Er setzt bei <strong>de</strong>r Feststellung<br />
an, dass es, so <strong>de</strong>r Herausgeber im Vorwort, „nur eine wirklich erfolgskritische<br />
Ressource gibt, und das sind gute und motivierte Mitarbeiter“.<br />
Deutlich wird, dass eine Erörterung von Personalthemen unter einem<br />
beson<strong>de</strong>ren Controllingfokus notwendig ist, weil das Human Resource<br />
Management für <strong>de</strong>n Unternehmenserfolg immer be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>r wird. Ein<br />
Experten-Interview führt zu Beginn in die Thematik ein, klärt Begriffliches<br />
und Grundsätzliches, arbeitet zentrale Problemstellungen heraus. Eine<br />
kompakte Abhandlung durch einen o<strong>de</strong>r in einigen wenigen Fällen auch<br />
durch mehrere Beiträge erfahren diese Aufgaben, Metho<strong>de</strong>n und Instrumente:<br />
Controlling im Personalbereich, Einsatz von Kennzahlen, <strong>de</strong>mografischer<br />
Wan<strong>de</strong>l, Personalplanung, flexible Arbeitszeitmo<strong>de</strong>lle, Wissensbilanz,<br />
Weiterbildungsmaßnahmen, IT-Unterstützung und Talentmanagement.<br />
Zwei Aspekte prägen diese Neuerscheinung: Einerseits das<br />
Zusammenspiel von Controlling und Personaler, Personaler und Controller<br />
als Business Partner. An<strong>de</strong>rerseits die Zielsetzung, über die betriebswirtschaftliche<br />
Professionalisierung <strong>de</strong>s Personalmanagements einen<br />
Beitrag zum Unternehmenserfolg zu leisten. Die Anfor<strong>de</strong>rungen an eine<br />
lesefreundliche Veröffentlichung wer<strong>de</strong>n voll erfüllt. Für Buchkäufer stehen<br />
exklusiv und kostenlos ergänzen<strong>de</strong> Online-Arbeishilfen zur Verfügung.<br />
Die Überprüfung konnte zum Zeitpunkt <strong>de</strong>r Manuskripterstellung<br />
nicht vollumfänglich vorgenommen wer<strong>de</strong>n (vermutlich wegen laufen<strong>de</strong>r<br />
Umstellungen am Internetauftritt <strong>de</strong>s Verlages).<br />
Online-Leseprobe: http://shop.haufe.<strong>de</strong>/product?ma=E04468<br />
Armutat, Sascha / Frie<strong>de</strong>richs, Peter (Hrsg.)<br />
Human Capital Auditierung – Aufgabe für<br />
das Personalmanagement<br />
Bielefeld: W. Bertelsmann Verlag 2012 – 266 Seiten, € 29,–<br />
Autoren und Titel<br />
Dieser Sammelband wird herausgegeben<br />
von Peter Frie<strong>de</strong>richs, Human Capital Club<br />
e. V., und Dr. Sascha Armutat, Deutsche<br />
Gesellschaft für Personalführung e. V., unter<br />
Mitwirkung zahlreicher Fachexperten<br />
aus Wissenschaft, Praxis und Beratung.<br />
Dieses Buch informiert über wesentliche<br />
Themen und Trends im Human Capital<br />
Management und gibt Einblicke in die Aufgaben<br />
eines Human Capital Auditors.<br />
Inhalt und Struktur<br />
Human Capital Management: Eine Aufgabe für Personalmanager –<br />
Metho<strong>de</strong>n und Verfahren zur Bewertung von Human Capital – Referenzrahmen<br />
zur Interpretation von HC-Werten und HCM-Maßnahmen –<br />
Einsatzfel<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Human-Capital-Bewertung – Ethikorientierte Führung<br />
im HC-Management<br />
Einordnung und Einschätzung<br />
Die Messung und Steuerung von Human Capital ist ein Zukunftsthema<br />
– dies ist die zentrale These dieser Neuerscheinung. Dazu vermitteln die
CM November / Dezember 2012<br />
Autoren Grundlagen, Verfahren und Anwendungen. Der Band greift ein<br />
Thema auf, das angesichts <strong>de</strong>r wachsen<strong>de</strong>n Be<strong>de</strong>utung zunehmen<strong>de</strong><br />
Aufmerksamkeit erfährt. Er steht in <strong>de</strong>r Schnittstelle zwischen Personalmanagement<br />
und Controlling und weist <strong>de</strong>m Personalcontrolling eine<br />
be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Rolle zu. Das Buch befasst sich u. a. näher mit Fragen und<br />
Problemen <strong>de</strong>r Wirkungsmessung, diskutiert Bewertungsmetho<strong>de</strong>n und<br />
erläutert Indikatorenmo<strong>de</strong>lle. Breiten Raum nehmen organisatorische<br />
und inhaltliche Aspekte <strong>de</strong>s Human Capital Audits ein. Human Capital<br />
Reporting und das Risikomanagement sind weitere wesentliche Inhalte.<br />
Beson<strong>de</strong>rs bemerkenswert ist das Kapital zur ethikorientierten Führung,<br />
das kompakt die Essentials mo<strong>de</strong>rner Führung anschaulich und verständlich<br />
vermittelt. Die Autoren umreißen einerseits facettenreich die<br />
Aufgabenstellung <strong>de</strong>r Human Capital Auditierung und bieten an<strong>de</strong>rerseits<br />
vertiefen<strong>de</strong> Einblicke sowohl unter <strong>de</strong>m Aspekt <strong>de</strong>r Erkennt nisgewinnung<br />
als auch <strong>de</strong>r Umsetzung. Das Werk bietet Substanz,<br />
Anregungen und Anstöße. Ein be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>s Buch zum Thema Human<br />
Capital Auditierung. Eine lesefreundliche Aufmachung unterstützt das<br />
Arbeiten mit diesem Buch.<br />
Als Leseprobe liegt nur das Inhaltsverzeichnis vor: http://www.wbv.<strong>de</strong>/<br />
fileadmin/webshop/pdf/9783763938650_Inhalt.pdf<br />
Das Netz wird wichtiger<br />
Hilker, Claudia<br />
Erfolgreiche Social-Media-Strategien<br />
für die Zukunft<br />
Wien: Lin<strong>de</strong> Verlag 2012 – 248 Seiten, € 24,90<br />
Autorin und Titel<br />
Claudia Hilker ist Unternehmensberaterin<br />
und Geschäftsführerin von Hilker Consulting<br />
in Düsseldorf. Das Buch mit <strong>de</strong>m<br />
Untertitel „Mehr Profit durch Facebook,<br />
Twitter, Xing und Co.“ richtet sich an Fortgeschrittene<br />
und befasst sich tiefer mit<br />
<strong>de</strong>r Frage, wie Unternehmen Social-Media<br />
erfolgreich nutzen können. Der Blog zum<br />
Buch ist zu fin<strong>de</strong>n unter: http://socialmedia24.eu/.<br />
Inhalt und Struktur<br />
Social-Media-Einsatz in Unternehmen – Mo<strong>de</strong>lle und Beispiele – Interner<br />
Social-Media-Einsatz – Mitmachweb für Kun<strong>de</strong>n – Online Communications<br />
– Mehr Profit durch Social Media – Social Media im Personalwesen<br />
– Echtzeit-Kommunikation beobachten – Erfolgreiche Social-Media-<br />
Strategien für die Zukunft – Social-Media-Glossar.<br />
Einordnung und Einschätzung<br />
Dieses Buch behan<strong>de</strong>lt unter betriebswirtschaftlicher Fragestellung erfolgreiche<br />
Social-Media-Strategien für Marketing, Vertrieb, Personal<br />
und Kommunikation. Das Buch beruht auf <strong>de</strong>r Einschätzung, Social-<br />
Media verän<strong>de</strong>re die Geschäftswelt und wer<strong>de</strong> zunehmend zum festen<br />
Bestandteil mo<strong>de</strong>rner Marketingstrategien. „Gewinnen Sie in diesem<br />
Buch neue Inspiration für die Zukunft“, verheißt die Autorin. In dieser<br />
Veröffentlichung sind nach <strong>de</strong>n Worten <strong>de</strong>r Verfasserin persönliche Erfahrungen<br />
aus vielen Social-Media-Projekten eingeflossen. Hilker<br />
spricht von Best-Practice-Beispielen. Das Buch richtet sich an Entschei<strong>de</strong>r,<br />
Fach- und Führungskräfte, die ihr Marketing über<strong>de</strong>nken<br />
wollen und neue Alternativen für die Zukunft mit Social Media suchen.<br />
Auch dieses Buch vermittelt keine Patentrezepte, aber Hintergrundwissen,<br />
Anregungen und mögliche Herangehensweisen. Ein beson<strong>de</strong>rer<br />
Aspekt bezieht sich darauf, wie Social Media in das strategische Gesamtkonzept<br />
für Unternehmen eingeordnet wer<strong>de</strong>n kann. Das Buch ist<br />
geeignet für Leser, die über soli<strong>de</strong> Kenntnisse über Social Media verfügen<br />
und sich bereits konkret mit Fragen von Nutzung und Implementierung<br />
befassen. Manche Feststellungen und Vorhersagen erscheinen<br />
relativ optimistisch. Erfolge und Aussichten sowie Probleme und<br />
Schwierigkeiten wer<strong>de</strong>n nicht immer ausbalanciert dargestellt. Das<br />
Buch ist lesefreundlich. Der Leser muss bezüglich Terminologie und<br />
Konzepten hinreichend sicher sein. Insgesamt kann das Buch bewirken,<br />
dass die sozialen Netzwerke eine stärkere Aufmerksamkeit durch<br />
die Unternehmen erfahren. Die Implementierung von Social-Media-<br />
Strategien kann dadurch eine neue Dynamik bekommen.<br />
Online-Leseprobe unter: http://www.lin<strong>de</strong>verlag.at/titel-1-1/erfolgreiche_social_media_strategien_fuer_die_zukunft-4543/titel/leseprobe/9783709303689.pdf<br />
Schwartmann, Rolf / Keber, Tobias<br />
Internetauftritt<br />
München: Verlag C.H. Beck 2012 – 128 Seiten, € 6,90<br />
Autoren und Titel<br />
Den Angaben zufolge ist Dr. jur. habil.<br />
Rolf Schwartmann Professor an <strong>de</strong>r FH<br />
Köln und Leiter <strong>de</strong>r Kölner Forschungsstelle<br />
für Medienrecht (http://www.medienrecht.fh-koeln.<strong>de</strong>/).<br />
Dr. jur. Tobias O. Keber<br />
ist Lehrbeauftragter für Medienrecht an<br />
<strong>de</strong>r Universität Koblenz-Landau. Dieses<br />
Taschenbuch <strong>de</strong>r Reihe „Beck kompakt“<br />
verspricht im Untertitel: „So machen Sie<br />
Ihr soziales Netzwerk und Ihre Homepage<br />
rechtssicher“.<br />
Inhalt und Struktur<br />
Einführung – Domain und Nutzerkonto – Homepage und Social Media:<br />
Die Rechtslage – Für welchen Inhalt bin ich verantwortlich? – Wie steht<br />
es mit <strong>de</strong>m Datenschutz? – Wie werbe ich im Internet? – Rechtsgeschäfte<br />
im Internet – Post vom Rechtsanwalt – Glossar – Nützliche Links<br />
Einordnung und Einschätzung<br />
Der Internetauftritt ist für viele unverzichtbar. Das Internet ist aber kein<br />
rechtsfreier Raum. Je<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r sich im Netz bewegt, kann in vielfacher<br />
Weise rechtliche Vorschriften tangieren. Wie beispielsweise die recht<br />
99
Alfred Biels Literaturforum<br />
Literaturforum<br />
100<br />
ernsthafte Problematik <strong>de</strong>r Abmahnungen zeigt, kann eine unbedachte<br />
Nutzung <strong>de</strong>s Internets u. U. erhebliche Folgen nach sich ziehen. Die bei<strong>de</strong>n<br />
Medienrechtler vermitteln in gedrängter Form das Wesentliche <strong>de</strong>s<br />
Internetrechts, das sich aus recht unterschiedlichen Rechtsquellen speist<br />
und ganz verschie<strong>de</strong>ne Themenbereiche umfasst. Die bewusste Themenauswahl,<br />
konkrete Fallbeispiele, Praxistipps und wichtige Hinweise unterstützen<br />
bei <strong>de</strong>r rechtssicheren Nutzung <strong>de</strong>s Internets. Das Buch ist als<br />
anwendungsbezogener Ratgeber verständlich geschrieben, Infokästen<br />
und Hervorhebungen sowie ein vorteilhaftes Layout sichern die Lesefreundlichkeit.<br />
Eine hohe Informationsdichte und eine umfangreiche<br />
Stofffülle kennzeichnen das Buch. Es erfor<strong>de</strong>rt daher <strong>de</strong>n „konzentrierten<br />
Leser“.<br />
Online-Leseprobe: www.beck-shop.<strong>de</strong>/fachbuch/leseprobe/Schwartmann-Internetauftritt-9783406625923_0305201208360809_lp.pdf<br />
Ulbricht, Carsten<br />
Social Media und Recht<br />
Freiburg: <strong>Haufe</strong>-Lexware 2012 – 223 Seiten, € 39,95<br />
Autor und Titel<br />
Dr. Carsten Ulbricht ist nach Verlagsangaben<br />
Rechtsanwalt und Partner <strong>de</strong>r<br />
Kanzlei Diem & Partner in Stuttgart. Er<br />
berät rechtlich zu allen Themen <strong>de</strong>s<br />
Internets. Mit diesem Buch möchte <strong>de</strong>r<br />
Autor sein Erfahrungswissen an interessierte<br />
Leser weitergeben, wie es im Vorwort<br />
heißt. Das Buch befasst sich mit<br />
<strong>de</strong>m breiten Spektrum <strong>de</strong>r Rechtsgrundlagen<br />
im Web 2.0. Ziel <strong>de</strong>r Neuerscheinung<br />
ist die Vermittlung von Praxiswissen<br />
für Unternehmen.<br />
Inhalt und Struktur<br />
Die eigene Social Web-Präsenz – Veröffentlichung eigener Inhalte –<br />
Frem<strong>de</strong> Inhalte für die eigene Präsenz – Content-Diebstahl: Wie sich<br />
Unternehmen wehren können – (Ver-)Kauf eines Weblogs – Twitter im<br />
Unternehmenseinsatz – Wenn Konsumenten zu Produzenten wer<strong>de</strong>n –<br />
Web 2.0 als Plattform für Werbung – Wie funktioniert Markenschutz? –<br />
Datenschutz im Social Web – Social Media im Unternehmen – Neue Tools<br />
für Unternehmensnetzwerke – Neue Geschäftsmo<strong>de</strong>lle – Resümee –<br />
Checklisten – Glossar<br />
Einordnung und Einschätzung<br />
Die Nutzung <strong>de</strong>s Internets, insbeson<strong>de</strong>re Social Media, bewegt sich in<br />
einem Spannungsbogen zwischen Erlaubtem und Unerlaubtem bzw. unternehmerischen<br />
Chancen und rechtlichen Risiken. Ulbricht unterzieht<br />
Social Media einer eingehen<strong>de</strong>n Betrachtung unter juristischen Gesichtspunkten.<br />
Das Buch bietet zunächst einen Gesamtüberblick über das komplexe<br />
Rechtsgebiet und geht darüber hinaus auf ausgewählte und beson<strong>de</strong>rs<br />
relevante Themen tiefer ein. Ulbricht nähert sich <strong>de</strong>n einzelnen<br />
Rechtsfragen in einer veranschaulichen<strong>de</strong>n und argumentativen Weise.<br />
Dabei nimmt er oft eine abwägen<strong>de</strong>, vermitteln<strong>de</strong> und keine einseitige<br />
Position ein. Eine verständliche Darstellungs- und Vermittlungsweise,<br />
eine übersichtliche Glie<strong>de</strong>rung sowie Tipps, Checklisten und Beispiele<br />
aus <strong>de</strong>r Beratungspraxis erhöhen <strong>de</strong>n Gebrauchsnutzen und sichern die<br />
Leserfreundlichkeit. Dieser anwendungsbezogene Ratgeber ist geeignet<br />
für Leser, die sich mit <strong>de</strong>r Einführung und Nutzung von Social Media beschäftigen<br />
und dabei auf eine rechtskonforme Ausgestaltung und Handhabung<br />
achten wollen o<strong>de</strong>r müssen.<br />
Online-Leseprobe: http://shop.haufe.<strong>de</strong>/product?ma=E07932<br />
Wien, Andreas<br />
Internetrecht<br />
Wiesba<strong>de</strong>n: Springer Gabler 2012 – 243 Seiten, € 27,95<br />
Der Autor lehrt <strong>de</strong>m Vernehmen nach Wirtschafts- und Internetrecht an<br />
<strong>de</strong>r Hochschule Lausitz. Das vorliegen<strong>de</strong><br />
juristische Lehrbuch liegt in 3. Auflage<br />
vor. Es richtet sich in erster Linie an Studieren<strong>de</strong><br />
sowie an Berufstätige, die eine<br />
lehrbuchmäßige Behandlung <strong>de</strong>r Materie<br />
suchen. Die praxisorientierte Einführung<br />
umfasst diese Kapitel: Einführung, Streitigkeiten<br />
über Domainnamen, Internet-<br />
Angebote und Urheberrecht, Werbung im<br />
Netz, Verträge im Netz, E-Commerce,<br />
Computerkriminalität, Datenschutz und<br />
Verfahrensrecht. Der Praktiker mag vielleicht <strong>de</strong>n Eindruck eines „trockenen<br />
Lehrbuches“ bekommen, zumal sich juristische Sachverhalte<br />
<strong>de</strong>m Leser nicht immer leicht erschließen und es sich weitgehend um ein<br />
„Textbuch“ han<strong>de</strong>lt. Gleichwohl kann das Werk hinsichtlich Verständlichkeit<br />
und didaktischer Gestaltung punkten. Hervorhebungen, Zusammenfassungen<br />
und Beispiele sowie eine tiefe Glie<strong>de</strong>rung erleichtern <strong>de</strong>n<br />
Zugang zum Stoff. Diese Neuauflage bietet eine gründliche Darstellung<br />
wesentlicher Rechts- und Anwen<strong>de</strong>rfragen, wie sie sich bei <strong>de</strong>r Nutzung<br />
<strong>de</strong>s Internets stellen können.<br />
Online-Leseprobe: www.springer-gabler.<strong>de</strong>/Buch/978-3-8349-3564-<br />
9/Internetrecht.html<br />
Wolber, Hendrik<br />
Die 11 Irrtümer über Social Media<br />
Wiesba<strong>de</strong>n: Gabler Verlag 2012 – 224 Seiten, € 39,95<br />
Autor und Titel<br />
Der Autor, Hendrik Wolber, ist nach Verlagsangaben<br />
Marketing- und Kommunikationsexperte.<br />
Er lebt in Hamburg und ist<br />
Vorstandsmitglied <strong>de</strong>r sxces Communication<br />
AG, einer weltweit agieren<strong>de</strong>n Agentur<br />
für Unternehmenskommunikation.<br />
„Was Sie über Marketing und Reputationsmanagement<br />
in sozialen Netzwerken<br />
wissen sollten“, umreißt <strong>de</strong>r Untertitel Ziel<br />
und Inhalt <strong>de</strong>s vorliegen<strong>de</strong>n Buches.
CM November / Dezember 2012<br />
Inhalt und Struktur<br />
Die 11 Irrtümer über Social Media – 1 Wir müssen jetzt auch da rein –<br />
2 Wir machen Werbung im Social Web – 3 Das Social Web ist unübersichtlich<br />
und riskant – 4 Wir brauchen vor allem fachliche Kompetenz –<br />
5 Wir machen ein Social-Media-Projekt – 6 Wir haben ein Strategie mit<br />
klaren Zielen – 7 Den Content haben wir schon – 8 Hauptsache, es<br />
bewegt sich – 9 Wir müssen unbedingt negatives Feedback vermei<strong>de</strong>n –<br />
10 Die Antwort auf die wechselhafte Internetwelt ist Kontinuität – 11 Das<br />
Social Web ist nur was für extern – Nachwort<br />
Einordnung und Einschätzung<br />
Das Buch, so <strong>de</strong>r Verfasser, ist geschrieben für diejenigen innerhalb von<br />
Unternehmen, die sich berufsbedingt für Social Media interessieren. Der<br />
Autor informiert über Kommunikation und Mechanismen im Social Web,<br />
beschreibt Voraussetzungen und Gestaltung einer erfolgreichen Planung<br />
und Realisierung, diskutiert Inhalte und erörtert das Mobile Web und beschäftigt<br />
sich mit Verbesserung und Weiterentwicklung. Es gelingt <strong>de</strong>m<br />
Verfasser, aufzuklären und konkret bei <strong>de</strong>r Nutzung <strong>de</strong>r sozialen Medien<br />
zu unterstützen und bei zahlreichen Einzelaspekten auch zu helfen. Nützlich<br />
und hilfreich ist die abwägen<strong>de</strong> Betrachtung im Sinne von Pro und<br />
Kontra entlang praktischer Fragestellungen. Das Buch informiert und<br />
sensibilisiert für die Realität, für Chancen und Risiken im Social Media. In<br />
formaler Hinsicht und unter <strong>de</strong>m Aspekt <strong>de</strong>r Lesefreundlichkeit gibt es<br />
Optimierungsbedarf. Abbildungen wer<strong>de</strong>n nur recht sparsam eingesetzt,<br />
auf Lesehilfen, wie beispielsweise Infokästen o<strong>de</strong>r Marginalien, wird weitgehend<br />
verzichtet.<br />
Eine Leseprobe wur<strong>de</strong> zum Zeitpunkt <strong>de</strong>s Manuskripts nicht angeboten.<br />
Werner, Angélique<br />
Communication2Win<br />
Erlangen: Publicis Publishing 2012 – 251 Seiten, € 29,90<br />
Autorin und Titel<br />
Angélique Werner stellt sich vor als Expertin<br />
für Social Media Marketing und -Strategien<br />
sowie als Referentin und Autorin. Sie betreibt<br />
einen eigenen Blog und ist in allen relevanten<br />
Netzwerken präsent: http://angeliquewerner.com.<br />
Das Buch versteht sich als<br />
Praxishandbuch für innovative Marketingkommunikation<br />
im Social-Media-Umfeld.<br />
Inhalt und Struktur<br />
Einleitung – Kommunikation bedingt die richtige<br />
Vernetzung – Überblick über die sozialen<br />
Netzwerke – Veranstaltungen im Social-Media-Zeitalter – Analysieren,<br />
verbin<strong>de</strong>n und richtig gefun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n – Globales Kommunikationsdorf<br />
– Praxisbeispiele, Templates & Checklisten – Glossar.<br />
Einordnung und Einschätzung<br />
Dieses Buch ist, so die Autorin, ein „authentischer Erfahrungsbericht“,<br />
von einer Praktikerin für Praktiker geschrieben. Die Lektüre <strong>de</strong>s Buches<br />
vermittelt umfangreiches Praxiswissen und vielfältige Tipps und Hinweise,<br />
wie sich pragmatisch und relativ schnell und einfach Marketingund<br />
Kommunikationsmaßnahmen im Bereich <strong>de</strong>r sozialen Netzwerke<br />
umsetzen und gestalten lassen. Fallbeispiele, Checklisten, Do´s and<br />
Don´ts, Links usw. bereichern das Werk. Es ist ausgesprochen lesefreundlich<br />
aufgebaut, lebendig geschrieben, mit einem mo<strong>de</strong>rnen Layout<br />
versehen und gibt <strong>de</strong>n Ratschlägen <strong>de</strong>r Autorin für eine wirkungsvolle<br />
Information und Kommunikation eine gewisse Anschaulichkeit und<br />
Glaubwürdigkeit. Das Buch hilft, Neuland zu betreten. Es ist ehrlich geschrieben,<br />
manchmal mit einem Schuss Selbstironie, aber nicht immer<br />
mit <strong>de</strong>r notwendigen kritischen Distanz zu Erfolg und Nutzen „im Zeitalter<br />
sozialer Netzwerke“, wie die Autorin gern formuliert. Insgesamt ein<br />
hilfreiches und nützliches Buch insbeson<strong>de</strong>re im B2B-Geschäft und zur<br />
Ausschöpfung <strong>de</strong>r zur Verfügung stehen<strong>de</strong>n vielfältigen Kommunikationskanäle.<br />
Auf eine Leseprobe hat <strong>de</strong>r Verlag zum Zeitpunkt <strong>de</strong>s Manuskriptes lei<strong>de</strong>r<br />
verzichtet.<br />
Der Bücherwurm / Buch- und<br />
Medien-ABC<br />
– Gibt es bald nur noch E-Books? –<br />
Was sagen die Zahlen?<br />
Mitte dieses Jahres veröffentlichte <strong>de</strong>r Börsenverein <strong>de</strong>s Deutschen<br />
Buchhan<strong>de</strong>ls einige aufschlussreiche Zahlen. Danach hat sich <strong>de</strong>r Umsatzanteil<br />
von E-Books am Buchmarkt im Jahr 2011 auf 1 % erhöht (0,5 % im<br />
Vorjahr). Der Absatz von E-Books belief sich laut Pressemeldungen auf<br />
4,7 Mio. Exemplare mit einem durchschnittlichen Preis von 8,07 € und<br />
757.000 E-Book-Käufern. Den Auswertungen zufolge lieben die Deutschen<br />
gedruckte Bücher, <strong>de</strong>r Trend sei aber rückläufig, die E-Book-Käufer<br />
„tickten“, wie es hieß, an<strong>de</strong>rs. 59 % fin<strong>de</strong>n es <strong>de</strong>m Vernehmen nach<br />
schön, dass Bücher zu Hause im Regal stehen und 38 % meinten, ein<br />
elektronisches Gerät reiche nicht an das Leseerlebnis eines echten<br />
Buches heran.<br />
Laut Börsenverein spielen gedruckte Bücher mehrheitlich die entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />
Rolle, aber <strong>de</strong>r Anteil <strong>de</strong>rer, die ausschließlich gedruckte Bücher<br />
kaufen, sinkt <strong>de</strong>n Informationen zufolge. Der Statistik nach haben 49 %<br />
<strong>de</strong>r Verlage im vergangenen Jahr E-Books vertrieben, fast 90 % <strong>de</strong>r<br />
Verlage wollen E-Books ins Programm nehmen. Elektronische Bücher<br />
setzen sich bei Verbrauchern langsamer durch als von <strong>de</strong>r Branche erwartet,<br />
wie Kommentatoren anmerkten. „Deutschlands Buchhandlungen<br />
rechnen damit, bis zum Jahr 2015 rund 3,5 Prozent ihres Umsatzes<br />
mit elektronischen Büchern zu machen“, wie <strong>de</strong>r Börsenverein<br />
<strong>de</strong>s Deutschen Buchhan<strong>de</strong>ls in Frankfurt am Main mitteilte. Deshalb<br />
seien auch die Erwartungen <strong>de</strong>r Buchhandlungen an das neue Geschäftsfeld<br />
„gedämpft”, wie es verschie<strong>de</strong>ne Medien verbreiteten. Auf<br />
<strong>de</strong>m Kongress <strong>de</strong>r Fachmedien 2012 verlautete <strong>de</strong>utlich, die Print-<br />
Medien dominierten weiter, mit E-Books wer<strong>de</strong> <strong>de</strong>rzeit kaum Erlöse<br />
erzielt.<br />
101
Alfred Biels Literaturforum<br />
Literaturforum<br />
Gibt es langfristig nur noch E-Books?<br />
Dies ist eine spannen<strong>de</strong> und vieldiskutierte Frage. Die Experten von Bertelsmann<br />
z. B. urteilen – ähnlich <strong>de</strong>n meisten Fachvertretern von Verbän<strong>de</strong>n<br />
und Medienhäusern – klar und ein<strong>de</strong>utig: „Nein, die normalen Bücher<br />
wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Lesern erstmal erhalten bleiben.“ Sie fügen aber auch hinzu,<br />
„die langfristigen Konsequenzen für <strong>de</strong>n Buchmarkt lassen sich nur<br />
schwer voraussehen“. 1)<br />
Vielfältige Aspekte<br />
Immer mehr Verlage bieten ihre Bücher auch als E-Books und als Apps<br />
für Tablet-Computer und Handys an und sind bestrebt, einen möglichen<br />
neuen Trend nicht zu verpassen. Verlagsprospekte sind häufig überschrieben<br />
mit „Gedruckte und elektronische Neuerscheinungen“. Vielfältige<br />
Aspekte sind bei E-Books zu beachten und zu be<strong>de</strong>nken, wie<br />
beispielsweise: Leistung, Lebensdauer, Anzeigequalität und -geschwindigkeit,<br />
Augen- und Lesefreundlichkeit, Handling und Dateiformate, technischer<br />
Standard o<strong>de</strong>r Kompatibilität.<br />
Neue Fragen entstehen, wie z. B. <strong>de</strong>r Kopierschutz, Buchpreis-Bindung 2<br />
(die laut Börsenverein <strong>de</strong>s Deutschen Buchhan<strong>de</strong>ls in Deutschland auch<br />
für E-Books gilt). Kompliziert können juristische Beson<strong>de</strong>rheiten wer<strong>de</strong>n,<br />
da <strong>de</strong>r Erwerb einer E-Book-Datei juristisch keinem Kauf entspricht, son<strong>de</strong>rn<br />
<strong>de</strong>m Erwerb einer persönlichen Lizenz, <strong>de</strong>ren Weitergabe problematisch<br />
wer<strong>de</strong>n kann. Die mit einem E-Book möglicherweise verbun<strong>de</strong>nen<br />
Extras, wie multimediale Features, können an<strong>de</strong>rerseits über das hinausgehen,<br />
was ein traditionelles Buch bieten kann. Schlagwortartig heißt es<br />
oft: „Wenn ein Computer ein ganzes Bücherregal ersetzt“ 3). Offen ist die<br />
Frage: Welchen Einfluss haben technische Entwicklungen langfristig auf<br />
die Lesegewohnheiten. Offen bleiben zurzeit auch zahlreiche technische<br />
Fragen, noch fehlt ein allgemeiner Standard.<br />
Buch hat unabhängig von seinem Inhalt einen gefühlt höheren Wert für<br />
<strong>de</strong>n Eigentümer: einfach, weil es greifbar ist. Papier und Einband lassen<br />
die Worte „gewichtiger“ erscheinen als ein Bildschirm. Buchseiten fühlen<br />
sich beim Blättern lebendiger an als Plastik- o<strong>de</strong>r Metallgehäuse. Sie riechen,<br />
rascheln und knistern auf vertraute Weise“. Katrin Kutsche bemüht<br />
eine Formulierung, die das Wesen traditioneller Bücher in ganz beson<strong>de</strong>rer<br />
Weise heraushebt: „Bücher haben Seele“. So mancher Bücherfreund<br />
o<strong>de</strong>r Bücherwurm weiß davon zu berichten, welche Verbun<strong>de</strong>nheit<br />
er zu seinen Büchern hat, wie schwer man sich tut, Bücher aus Platzgrün<strong>de</strong>n<br />
zu entsorgen. Dazu noch einmal Katrin Kutsche: „Sie halten Erinnerungen<br />
und Eindrücke fest und wer<strong>de</strong>n – gekennzeichnet vom häufigen<br />
Gebrauch – zum unverwechselbaren Eigentum <strong>de</strong>s Lesers.“ Es lässt sich<br />
ergänzen, auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite steht <strong>de</strong>r individuelle „digitale Lebensstil“,<br />
<strong>de</strong>r unser Verhältnis und unseren Umgang mit <strong>de</strong>r digitalen Welt<br />
bestimmt und damit auch die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r E-Books <strong>de</strong>finiert.<br />
Unterschiedliche Nutzungsstile<br />
Neben eher individuellen und emotionalen Faktoren sowie Aspekten<br />
<strong>de</strong>r technischen Eignung und Verwendbarkeit kommt es auch auf die<br />
jeweilige Lese- und Nutzungssituation an. 5) Das gedruckte Buch steht<br />
ten<strong>de</strong>nziell für gewohnte, oft längere, vertiefen<strong>de</strong> und nachhaltige Lesesituationen.<br />
Digitale Medien ten<strong>de</strong>nziell eher für neue, kurze, aktuelle<br />
und auch mobile Lesesituationen. Möglicherweise ist nicht die Frage<br />
„E-Book o<strong>de</strong>r gedrucktes Buch“ zentral, son<strong>de</strong>rn das jeweilige Lesebedürfnisse.<br />
Wechseln<strong>de</strong> Lesebedürfnis können mal mehr die „Papierform“<br />
nachfragen, mal eher <strong>de</strong>n großen o<strong>de</strong>r kleinen Bildschirm.<br />
Vielleicht lautet ja die Antwort auf die eingangs gestellte Frage, dass<br />
Print und Digital je nach Lesesituation und persönlichen Präferenzen<br />
nebeneinan<strong>de</strong>r Bestand haben wer<strong>de</strong>n. Wir können wohl von einem<br />
Medien-Mix ausgehen.<br />
Wir sollten die Thematik differenziert bewerten – ohne uns dieses Trends<br />
und dieser Entwicklungen zu verschließen. Auch hier ist das Themenbild<br />
nicht nur schwarz o<strong>de</strong>r weiß, son<strong>de</strong>rn bunt und vielschichtig. Es<br />
scheinen sowohl auf <strong>de</strong>r individuellen als auch auf <strong>de</strong>r allgemeinen<br />
Ebene verschie<strong>de</strong>ne Einflüsse wirksam zu sein, die die Nutzung und<br />
Verbreitung <strong>de</strong>r E-Books beeinflussen.<br />
Bis zum nächsten Mal herzliche Grüße und alles Gute für Ihr Tun<br />
„Ihr Bücherwurm“ Alfred Biel<br />
E-Mail: alfred.biel@gmx.<strong>de</strong><br />
102<br />
Das „Lesegefühl“<br />
Eine große Rolle spielt das Leseerlebnis bzw. das Lesegefühl. Nach<br />
Umfragen meint immer noch ein hoher Anteil <strong>de</strong>r Bevölkerung, dass das<br />
Leseerlebnis mit E-Books nicht vergleichbar ist mit <strong>de</strong>m Leseerlebnis von<br />
gedruckten Büchern. Katrin Kutsche beschreibt das Lesegefühl, das gedruckte<br />
Bücher vermitteln können – in <strong>de</strong>r Stu<strong>de</strong>ntenzeitschrift <strong>de</strong>s Studienganges<br />
Buchhan<strong>de</strong>l / Verlagswirtschaft <strong>de</strong>r HTWL Leipzig (Ausgabe<br />
März 2012) – überaus anschaulich, treffend und meinungsstark (Zitat erfolgt<br />
mit freundlicher Genehmigung von Redaktion und Autorin) 4): „Das<br />
E-Book ist ein Datensatz – virtuell, nüchtern, ohne Charakter. Das reale<br />
Quellenhinweise<br />
1) Bertelsmann: Das große Buch <strong>de</strong>r Allgemein Bildung, Gütersloh 2011,<br />
S. 422<br />
2) Du<strong>de</strong>n - Deutsches Universalwörterbuch, 7. Aufl. Mannheim 2011<br />
[CD-ROM].<br />
3) Welt Online vom 13. April 2012<br />
4) Leipziger Lerche – Stu<strong>de</strong>ntenzeitschrift <strong>de</strong>s Studiengangs Buchhan<strong>de</strong>l<br />
/ Verlagswirtschaft <strong>de</strong>r HTWK Leipzig, Ausgabe Frühling 2012 (www.<br />
fbm.htwk-leipzig.<strong>de</strong>) – Suchfrage: Lerche), S. 16<br />
5) Interview „Es formiert sich ein <strong>de</strong>utscher E-Book-Markt“. URL: http://<br />
www.goethe.<strong>de</strong>/kue/lit/slt/<strong>de</strong>8076026.htm – Abfrage am 02.05.2012<br />
Pressematerial <strong>de</strong>s Börsenvereins <strong>de</strong>s Deutschen Buchhan<strong>de</strong>ls
Controlling – Zukunft gestalten<br />
Internationaler<br />
Controller Verein<br />
Top-Themen<br />
<br />
<br />
<br />
T<br />
<br />
<br />
8. Controlling Advantage Bonn<br />
CAB 2013<br />
15. November<br />
Controlling Insights Steyr CIS 2012<br />
23. November<br />
10. Controlling Competence<br />
Stuttgart CCS 2012<br />
29. November<br />
Business Intelligence Symposium<br />
5. Dezember in Stuttgart<br />
38. Congress <strong>de</strong>r Controller<br />
22./23. April 2013 in München<br />
Das stimmt mit <strong>de</strong>n 40 Jahren – und es<br />
stimmt auch wie<strong>de</strong>r nicht so ganz genau.<br />
Richtig ist, dass sich am 21. Oktober 1972<br />
vier Personen in einem Notariat zusammen<br />
fan<strong>de</strong>n, um die Controller Aka<strong>de</strong>mie in <strong>de</strong>r<br />
Rechtsform einer GmbH auf die Welt zu<br />
bringen. Es war die konstituieren<strong>de</strong> Gesellschafterversammlung;<br />
dieses Datum nun<br />
war also vor 40 Jahren.<br />
Der 21. Oktober muss ein ganz guter Tag gewesen<br />
sein für eine Gründung. Bei juristischen<br />
Personen zählt als Geburtstag <strong>de</strong>r Tag <strong>de</strong>r Gründungsversammlung<br />
<strong>de</strong>r ersten Anteilseigner,<br />
die wie bei uns eine Gesellschaft mit beschränkter<br />
Haftung als legal entity ins Leben riefen. In<br />
einer Veröffentlichung <strong>de</strong>s Astrologen Wolfgang<br />
Döbereiner fin<strong>de</strong>t sich als Lebensmotto für die<br />
an einem 21. Oktober Geborenen, sinngemäß<br />
auch für Firmen gültig: „Geregelter Ausgleich<br />
ohne Auseinan<strong>de</strong>rsetzung“.<br />
Genau das ist, wenn man auf die 40 Jahre zurück<br />
<strong>de</strong>nkt, das Lebensmotto <strong>de</strong>r Controller<br />
Aka<strong>de</strong>mie: „geregelt“ im Sinne von „controlled“<br />
– beherrschbar gemacht und ausgeglichen: im<br />
Teilnehmerkreis wie im Trainerkollegium. Ausgleich<br />
auch im Sinne <strong>de</strong>r guten Zusammenarbeit<br />
mit <strong>de</strong>m Management Service Verlag, seit<br />
1999 als Verlag für Controlling Wissen AG firmierend,<br />
und mit <strong>de</strong>m Internationalen Controller<br />
Verein eV (ICV). Und „Auseinan<strong>de</strong>rsetzung“?<br />
Wettbewerbskollegen, die sich später als wir<br />
auf <strong>de</strong>m Markt <strong>de</strong>r Weiterbildung für Controller<br />
und mit Controlling gemel<strong>de</strong>t hatten, wur<strong>de</strong>n<br />
herzlich begrüßt und kooperierend eingela<strong>de</strong>n.<br />
Dieses Zusammenarbeiten von Weiterbildungsinstituten,<br />
die sich <strong>de</strong>m Thema Controlling widmen,<br />
ist organisiert in <strong>de</strong>r IGC International<br />
Group of Controlling. CA, ICV und VCW arbeiten<br />
seit Jahrzehnten zusammen in einem guten<br />
Dreiecksverhältnis.<br />
Vom Astrologen Wolfgang Döbereiner las ich in<br />
<strong>de</strong>n 70er Jahren im frisch gegrün<strong>de</strong>ten „Manager<br />
Magazin“. In <strong>de</strong>m Aufsatz <strong>de</strong>s Journalisten<br />
war beschrieben, dass hochrangige Manager<br />
bei Nacht und Nebel mit hochgestellten Mantelkrägen<br />
diesen Mann aufsuchen, um sich über<br />
die Zukunft beraten zu lassen – sozusagen<br />
„Wallenstein heute“. Dann habe ich Herrn<br />
Döbereiner eingela<strong>de</strong>n zu einem Abendgespräch<br />
bei unseren CA-Wochenseminaren für Controller<br />
ins Hotel Kaiserin Elisabeth nach Feldafing.<br />
Infos und Anmeldungen:<br />
ICV-Geschäftsstelle<br />
Telefon +49 - 89 - 89 31 34 20<br />
www.<strong>controller</strong>verein.com<br />
Das war logistisch einfach; dieser Mann lebt in<br />
München. Seine auch auf viele statistische Enqueten<br />
gestützten Aussagen beziehen sich auf<br />
Gruppenschicksale <strong>de</strong>r an bestimmten Tagen<br />
Geborenen und dass man während seines Lebens<br />
unterschiedliche Qualitäten von Zeit habe.<br />
So könne zum Beispiel ein Leiten<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r gera<strong>de</strong><br />
als etwas lahmend beurteilt wird, eine exzellente<br />
Zeit vor sich haben – und umgekehrt. In<br />
<strong>de</strong>r Personalführung wäre es nicht schlecht,<br />
wenn man so etwas im Vorhinein schon wüsste.<br />
Im Sinne <strong>de</strong>s professionellen Controllerstoffes<br />
gehört das Thema in <strong>de</strong>n Bereich <strong>de</strong>r Prognosen<br />
o<strong>de</strong>r auch Szenarien (Zukunftsverhaltensbil<strong>de</strong>r).<br />
Die Planung im Unternehmen, betreut durch das<br />
Controllerteam, braucht prog nos tische Unterlagen<br />
aus Analysen heraus. Aber die Planung selber<br />
enthält eine Willenserklärung <strong>de</strong>r Entscheidungsträger.<br />
Das gilt auch sonst in Fragen <strong>de</strong>r<br />
Lebensplanung. Bei einer Eheschließung wird<br />
man gefragt: „Willst Du?“ und nicht: „Wirst Du?“<br />
103<br />
Fortsetzung nächste Seite
Deshalb können die Controller nicht die Planung<br />
einfach machen, son<strong>de</strong>rn müssen dafür sorgen,<br />
dass die Planung im Unternehmen koordiniert<br />
zustan<strong>de</strong> kommt; auch mit Rationalität und<br />
Transparenz, so dass es einsehbar ist. Dann<br />
muss man´s hinschreiben, in Form bringen, in ein<br />
Formular setzen aus Controllers Methodikbox.<br />
Vor diesen 40 Jahren, die wir bei <strong>de</strong>r Controller<br />
Aka<strong>de</strong>mie im Oktober 2012 feiern, liegen noch<br />
13 Jahre graue Vorzeit in meinem eigenen Berufsleben,<br />
bevor dies in die Controller Aka<strong>de</strong>mie<br />
eingemün<strong>de</strong>t ist. Als Veranstaltungsassistent<br />
begann ich 1959 beim HIB, Hessisches Institut<br />
für Betriebswirtschaft e.V. Mein Büro befand<br />
sich in <strong>de</strong>r IHK Frankfurt (Main). Mein Job war<br />
das Aufbauen, Organisieren und Betreuen von<br />
Veranstaltungen. Ich hatte Freiraum, wenn viele<br />
Teilnehmer kamen und gute Noten erteilten.<br />
Menschen, von <strong>de</strong>nen ich auf <strong>de</strong>r Universität<br />
gelesen hatte, konnte ich für Seminare verpflichten<br />
– z. B. Riebel, Kilger, Plaut. Auch<br />
US-Größen waren bei uns: z. B. Ernest Dichter<br />
(Marketing) o<strong>de</strong>r John Diebold (IT). Tage zur<br />
Orien tierung, etwa „Bargeldlose Lohnzahlung“<br />
o<strong>de</strong>r „Großraumbüro“, füllten in <strong>de</strong>n 60er Jahren<br />
<strong>de</strong>s letzten Jahrhun<strong>de</strong>rts <strong>de</strong>n IHK-Festsaal und<br />
waren Richtung weisend. Da bei <strong>de</strong>n<br />
Tagungen <strong>de</strong>s HIB in Frankfurt am Main z. B.<br />
Menschen von Bayer, BASF und Hoechst o<strong>de</strong>r<br />
z. B. von Philips, AEG und Siemens sich begegneten,<br />
erwies sich das „Hessisch“ im Namen<br />
<strong>de</strong>s Instituts als hin<strong>de</strong>rlich. Aus HIB wur<strong>de</strong> DIB:<br />
Deutsches Institut für Betriebswirtschaft e.V.<br />
1962/63 war ich Kostenplaner bei Plaut. Als ich<br />
in Düsseldorf-Reisholz zwischen Stahlwerken,<br />
Rohrziehereien und Schmie<strong>de</strong>pressen herumkroch,<br />
fragten mich die Meister vor Ort, was<br />
ich „<strong>de</strong>nn hier kontrollieren“ wolle. Ich sagte,<br />
dass mit <strong>de</strong>n neuen Kosten-Soll-Ist-Vergleichen<br />
je<strong>de</strong>r auch sein eigenes „Kosten-Controlling“<br />
betreiben könne – im Jahre 1962, vor 50 Jahren,<br />
das Erzeugen von „sehe ich ein“.<br />
Am 1.4.1963 kam ich zurück in das DIB. Der<br />
Job <strong>de</strong>s stv. GF war frei gewor<strong>de</strong>n. In <strong>de</strong>r mit<br />
DIB assoziierten Verkaufsleiteraka<strong>de</strong>mie e.V.<br />
wur<strong>de</strong> mir die Ehre zuteil, <strong>de</strong>n Verkaufsleitern<br />
auch Betriebswirtschaftliches beizubringen. Ich<br />
baute Mo<strong>de</strong>lle <strong>de</strong>r Planung und Steuerung <strong>de</strong>s<br />
Verkaufs zu Umsatz- und Ergebniszielen mit<br />
Hilfe <strong>de</strong>r Deckungsbeitragsrechnung. Das fand<br />
Beifall. Z. B. lud mich ein Verkaufsvorstand in<br />
sein Unternehmen ein. Das Finanz- und Rechnungswesen<br />
sei „zu doof“ dazu, so etwas zu<br />
bieten, was ich vortrug. Dann kam ich hin und<br />
lernte kennen blitzgescheite und kundige Menschen<br />
im Rechnungswesen, die nur eines nicht<br />
so gut konnten, ihre Dienstleistung an das<br />
Management verkaufen. Das wur<strong>de</strong> zur Geburtsstun<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>r Controllerfunktion: das unverdrossene<br />
Rüberbringen <strong>de</strong>r Controllingbotschaft.<br />
So ist <strong>de</strong>r Stoff bei uns in <strong>de</strong>r Controller Aka<strong>de</strong>mie<br />
gebaut: Erst einmal ist nötig ein entscheidungsgeeignetes<br />
Rechnungswesen. Entschei<strong>de</strong>n<br />
tut man aber nicht für gestern. Also heißt<br />
Entschei<strong>de</strong>n zugleich Planen. Da es aber oft an<strong>de</strong>rs<br />
kommt, als man es bei <strong>de</strong>r Planung sich<br />
gedacht hat, muss man bei Abweichungen<br />
eben gegensteuern – im engeren Sinne also<br />
„controllen“. Dies liegt in <strong>de</strong>r Hand <strong>de</strong>r jeweils<br />
verantwortlichen Manager. Dann ist Controlling<br />
zugleich eine Führung durch Ziele – ein<br />
Management by Objectives. Also ist Controlling<br />
auch ein Verhaltensthema – und Controller<br />
brauchen Verhaltenskenntnis und -können.<br />
<br />
Am 20./21. September haben in Frankfurt<br />
am Main Vorstand und Kuratorium <strong>de</strong>s Internationalen<br />
Controller Vereins (ICV) getagt.<br />
Der Freitagnachmittag war <strong>de</strong>r traditionellen<br />
gemeinsamen Strategieberatung<br />
<strong>de</strong>r Gremien vorbehalten. Freitagvormittag<br />
und am Samstag tagte <strong>de</strong>r Vorstand turnusmäßig<br />
separat.<br />
Bei <strong>de</strong>r gemeinsamen Tagung von Kuratorium<br />
und Vorstand wur<strong>de</strong>n vor allem perspektivisch<br />
langfristige inhaltliche wie auch strukturellorganisatorische<br />
Fragen behan<strong>de</strong>lt. Dazu zählten<br />
ein gemeinsames Grundsatzpapier von ICV<br />
und International Group of Controlling IGC, die<br />
Internationalisierung <strong>de</strong>s ICV, die Gewinnung<br />
weiterer Firmenmitglie<strong>de</strong>r und die Entwicklung<br />
<strong>de</strong>r Publikationsreihe „ICV-Statements“.<br />
Der Vorstand setzte seine am Freitagmorgen<br />
begonnene Sitzung am Samstag fort und fasste<br />
mehrere Beschlüsse zur weiteren Vereinsentwicklung,<br />
z. B.:<br />
1. Die Strategie <strong>de</strong>s ICV wird weiterentwickelt;<br />
daraus wer<strong>de</strong>n die Ziele für 2013 abgeleitet.<br />
Dazu wird <strong>de</strong>r Input aus <strong>de</strong>n Regionen und<br />
Arbeitskreisen einbezogen.<br />
2. Es wird ein Relaunch <strong>de</strong>r ICV-Website vorbereitet.<br />
In diesem Zusammenhang wird geprüft,<br />
welchen Umfang die Website zukünftig<br />
haben soll, um die Vereinsstrategie angemessen<br />
zu unterstützen.<br />
3. Mit <strong>de</strong>n Regional<strong>de</strong>legierten wird beim diesjährigen<br />
Strategiekreistreffen am 24. November<br />
besprochen wer<strong>de</strong>n, wie die Firmen-Mitglie<strong>de</strong>r<br />
aktiver in die Arbeit <strong>de</strong>s ICV und seiner<br />
Arbeitskreise eingebun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n können.<br />
104<br />
Gemeinsame Sitzung von Kuratorium und Vorstand <strong>de</strong>s ICV.<br />
4. Zur weiteren Qualifizierung <strong>de</strong>r Öffentlichkeitsarbeit<br />
wird im kommen<strong>de</strong>n Jahr ausgehend<br />
von <strong>de</strong>r Strategie <strong>de</strong>s ICV ein Kommunikations-Controlling<br />
erarbeitet.
Integrierte Abteilungsplanung, Controlling<br />
<strong>de</strong>s medizinischen Sachbedarfs und eine<br />
kritische Betrachtung diverser Qualitätsmo<strong>de</strong>lle<br />
waren u. a. Themen beim 13. Internationalen<br />
Controller Gesundheitstag am<br />
27. September im AKH Wien. Über 150 Controller<br />
von Gesundheitseinrichtungen aus<br />
D, A, CH nutzten die Gelegenheit zu Information<br />
und Erfahrungsaustausch.<br />
Über 150 Teilnehmer zählte die Internationale Gesundheitstagung 2012 in Wien.<br />
Nach kurzer Eröffnung durch Mag. DDr. Ranftler,<br />
<strong>de</strong>n neuen Vorsitzen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s ICV-Arbeitskreises<br />
Gesundheitswesen Österreich, folgte <strong>de</strong>r Vortrag<br />
von OAR Werner Steinböck, Mag. Agnes<br />
Frey und MMag. René Lambert über die Neu<strong>de</strong>finition<br />
<strong>de</strong>s Controllingprozesses <strong>de</strong>s Wiener<br />
Krankenanstaltenverbund. Anschließend hielten<br />
DI Jürgen Tiefenbacher, Dipl. KH BW Isabel<br />
Wagner und Dr. Wolfgang Klein ihr Referat über<br />
die integrierte Abteilungsplanung in <strong>de</strong>n NÖ<br />
Lan<strong>de</strong>skliniken und arbeiteten auch spontan die<br />
Unterschie<strong>de</strong> zu ihren Wiener Kollegen in puncto<br />
Planungstiefe und Berichtswesen heraus.<br />
Mit durchschnittlich knapp 20 % trägt <strong>de</strong>r medizinische<br />
Sachbedarf in vielen Kliniken maßgeblich<br />
zu <strong>de</strong>n Gesamtkosten bei. Priv. Doz. Dr.<br />
Med. Lars Müller, MBA präsentierte Erfahrungswerte<br />
und Einsparungspotentiale für genau diesen<br />
Bereich.<br />
Dr. Julia Oswald von <strong>de</strong>n Paracelsus Kliniken<br />
Deutschland gab im Anschluss einen Überblick<br />
über die Implementierung einer BI-Lösung im<br />
Konzerncontrolling.<br />
Den Nachmittag begann Mag. Sebastian Eger-<br />
Mraulak mit einer Vorstellung von Planspielen<br />
die helfen sollen, die Kommunikationsbarrieren<br />
zwischen Controllern und medizinischem Fachpersonal<br />
zu überwin<strong>de</strong>n.<br />
Eine Gegenüberstellung und kritische Betrachtung<br />
diverser Qualitätszertifikate stand im<br />
Brennpunkt <strong>de</strong>s Referats von Univ. Prof. Dr. Guido<br />
Offermanns. Dann stellten Ing. Dieter Reichel<br />
von SAP Österreich und Mag. Jörg Michael Telle,<br />
MBA von <strong>de</strong>r Firma Xantas, ein Beispiel praktischer<br />
Umsetzung eines SAP-Tools vor. Beson<strong>de</strong>rs<br />
daran ist die auf das österreichische<br />
Gesundheitswesen abgestimmte Konzeption,<br />
welche es bspw. ermöglicht, die Leistung auch<br />
in Form von LKF-Punkten darzustellen.<br />
Abschließend präsentierten Mag. Josef Essl und<br />
Stefan Friedrich von KPMG diverse Kennzahlen<br />
und Vergleiche <strong>de</strong>utscher und österreichischer<br />
Kliniken und sorgten damit noch für spannen<strong>de</strong>n<br />
Diskussionsstoff zum Thema Benchmarking<br />
und Vergleichbarkeit im Krankenhausbereich.<br />
Buchpräsentationen, Unternehmensvorstellungen<br />
und eine Posterpräsentation <strong>de</strong>r Stu<strong>de</strong>nten<br />
<strong>de</strong>r FH Joanneum Graz trugen abseits <strong>de</strong>r Präsentationen<br />
zu einer sehr gelungenen, abwechslungsreichen<br />
und thematisch breit gefächerten<br />
Veranstaltung bei, die schon jetzt Vorfreu<strong>de</strong> auf<br />
<strong>de</strong>n 14. Internationalen Controller Gesundheitstag<br />
am 26. September 2013 macht.<br />
Info: Thomas Steininger<br />
<br />
In seiner Laudatio für Dr. Martin Reich<br />
anlässlich <strong>de</strong>r Übergabe <strong>de</strong>r Verantwortung<br />
für das ICV-Forum Gesundheitswesen<br />
Österreich nach 10 Jahren Aufbauarbeit<br />
an DDr. Dietmar Ranftler erklärte ICV-<br />
Geschäftsführer Conrad Günther u. a.:<br />
... Sie sind <strong>de</strong>r Vater dieser Veranstaltung, haben<br />
sie ins Leben gerufen, aufgezogen, ihr über<br />
manche Klippen hinweggeholfen und zu <strong>de</strong>m<br />
gemacht, was wir heute staunend bewun<strong>de</strong>rn<br />
können, wenn wir hier mit 150 Personen<br />
zusammengekommen sind.<br />
Dr. Martin Reich mit DDr. Dietmar Ranftler und ICV-Geschäftsführer<br />
Conrad Günther (v.l.n.r.).<br />
... Sie, lieber Herr Dr. Reich haben es geschafft,<br />
dieser Veranstaltung mit <strong>de</strong>m AKH eine feste<br />
Heimat zu geben. Sie haben es geschafft, ICV<br />
und ÖCI als Kooperationspartner zusammenzuschmie<strong>de</strong>n.<br />
... Sie haben es geschafft, Sponsoren<br />
zu gewinnen. Sie haben es immer wie<strong>de</strong>r<br />
geschafft, interessante Referentinnen und<br />
Referenten aus <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nsten Bereichen<br />
hierher zu holen. Sie haben es geschafft, Controlling<br />
zu einem interdisziplinären Thema zu<br />
machen ... Sie haben es auch geschafft, die<br />
Veranstaltung auf eine soli<strong>de</strong> finanzielle Basis<br />
zu stellen. Sie haben geschafft, was insbeson<strong>de</strong>re<br />
Grün<strong>de</strong>rn oft schwer fällt, loszulassen und<br />
die Veranstaltung einem kompetenten Nachfolger<br />
zu übergeben, damit die Weichen auch für<br />
die Zukunft gestellt sind.<br />
105
Gibt es eine Beziehung zwischen Bonuszahlungen<br />
und unethischem Verhalten? Dieser Fragestellung<br />
ging Matthias Mahlendorf nach und<br />
berichtete über Ergebnisse einer Studie <strong>de</strong>s<br />
WHU-Controllerpanels.<br />
106<br />
Über 100 Controlling-Experten und Führungskräfte auf <strong>de</strong>m 6. WHU-Campus for Controlling.<br />
Unter <strong>de</strong>m Motto „Die Zukunft <strong>de</strong>s Controllings“<br />
fand am 14. September <strong>de</strong>r 6. WHU-<br />
Campus for Controlling in Vallendar statt.<br />
Den Dialog zwischen Controllingpraxis und<br />
-forschung för<strong>de</strong>rn wollen die Institutsdirektoren<br />
Utz Schäffer und Jürgen Weber,<br />
bei<strong>de</strong> ICV-Kuratoriumsmitglie<strong>de</strong>r, die über<br />
100 Controlling-Experten und Führungskräfte<br />
begrüßten.<br />
Was sind die wesentlichen Trends im Bereich<br />
IT-Systeme und welchen Herausfor<strong>de</strong>rungen<br />
müssen sich die Controller in Zukunft stellen,<br />
um im Dialog mit <strong>de</strong>m Management zu bleiben?<br />
– Diesen Fragen ging Jürgen Weber in seinem<br />
einführen<strong>de</strong>n Vortrag nach. Demnach können<br />
Self-Service Auswertung, Mobilität und Echtzeitdatenverarbeitung<br />
das Profil <strong>de</strong>r Controller<br />
stark beeinflussen und positiv verän<strong>de</strong>rn. Weber<br />
berichtete weiterhin über die Ergebnisse <strong>de</strong>r<br />
diesjährigen Sommerstudie <strong>de</strong>s WHU-Controllerpanels,<br />
die sich mit <strong>de</strong>r Strategiebeteiligung<br />
<strong>de</strong>s Controllings beschäftigt. Sie zeigt u. a. eine<br />
Beziehung zwischen <strong>de</strong>r Strategiebeteiligung<br />
<strong>de</strong>r Controller und <strong>de</strong>m Unternehmenserfolg<br />
auf. Daneben stellte Weber die neue Dokumentation<br />
„Controlling in Zahlen“ vor, die einen Überblick<br />
über die empirischen Ergebnisse <strong>de</strong>s WHU-<br />
Controllerpanels <strong>de</strong>r letzten fünf Jahre gibt.<br />
Über das Potenzial von Social Media berichtete<br />
Martin Grothe, Geschäftsführer <strong>de</strong>r complexium<br />
GmbH. Er skizzierte <strong>de</strong>n Wan<strong>de</strong>l, in <strong>de</strong>m sich<br />
insbeson<strong>de</strong>re die Kommunikation von Unternehmen<br />
befin<strong>de</strong>t.<br />
Stefan Freigang, Vice Presi<strong>de</strong>nt Carbon Accounting<br />
& Controlling von <strong>de</strong>r Deutsche Post DHL,<br />
Green-Controlling-Preisträger 2011, berichtete<br />
zunächst über das Ziel seines Unternehmens,<br />
die CO 2<br />
-Effizienz bis 2020 entschei<strong>de</strong>nd zu<br />
verbessern. In seinem Vortrag zeigte er auf, wie<br />
das im Finanzbereich angesie<strong>de</strong>lte „Carbon<br />
Accounting & Controlling“ Programm <strong>de</strong>s<br />
Konzerns das Management auf <strong>de</strong>m Weg zu<br />
diesem Ziel unterstützt. Er erläuterte auch, wie<br />
es gelungen ist, ein weltweites Carbon<br />
Accoun ting und ein umfassen<strong>de</strong>s Carbon Controlling<br />
mit Reporting, Analyse und Planung <strong>de</strong>r<br />
CO 2<br />
-Effizienz aufzubauen. Am Abschluss seines<br />
Vortrags stand die Diskussion, welche ökonomischen<br />
und ökologischen Vorteile hierdurch<br />
erzielt wer<strong>de</strong>n können und wie sich die Rolle<br />
<strong>de</strong>s Controllers verän<strong>de</strong>rt hat.<br />
<br />
Auf <strong>de</strong>m WHU-Campus for Controlling 2012<br />
stellte Prof. Jürgen Weber die erste WHU-<br />
App vor. Seit 2007 wer<strong>de</strong>n im WHU-Controllerpanel,<br />
an <strong>de</strong>m sich ein erheblicher Anteil<br />
ICV-Mitglie<strong>de</strong>r beteiligt, Studien zu Controllingthemen<br />
durchgeführt. Daraus gewonnene<br />
Erkenntnisse stehen nun in einer App zur<br />
Verfügung. Diese ist kostenlos und offen für<br />
die gesamte Controller-Community. Die App<br />
kann auf Smartphone o<strong>de</strong>r TabletPC her-<br />
Tiefe Einblicke in <strong>de</strong>n Rollenwan<strong>de</strong>l <strong>de</strong>r Controller<br />
bot <strong>de</strong>r Vortrag von Mark Frese. Der CFO <strong>de</strong>r<br />
METRO AG berichtete über das Projekt HORI-<br />
ZON 2020: Umsatzwachstum auf vergleichbarer<br />
Fläche, Steigerung <strong>de</strong>r operativen Profitabilität<br />
und Sicherung <strong>de</strong>s Free Cash Flow. Dabei steht<br />
<strong>de</strong>r Mehrwert für <strong>de</strong>n Kun<strong>de</strong>n im Zentrum jeglichen<br />
Han<strong>de</strong>lns. Dies verlangt vom Controlling<br />
ein tiefes Verständnis <strong>de</strong>s operativen Geschäfts<br />
und eine aktive Rolle bei <strong>de</strong>r Implementierung.<br />
„Das neue Rollenbild <strong>de</strong>s Business Partners<br />
verspricht eine Win-Win Situation für <strong>de</strong>n Manager<br />
und seinen Controller – von einer Partnerschaft<br />
sollen bei<strong>de</strong> Parteien profitieren.“ Mit<br />
diesen Worten leitete Utz Schäffer die abschließen<strong>de</strong><br />
Podiumsdiskussion über <strong>de</strong>n Controller<br />
als Business Partner ein. Die Teilnehmer<br />
Rolf Hellermann (Bertelsmann AG), Udo Kraus<br />
(Hansgrohe SE) und Björn Radtke (CTcon<br />
GmbH) diskutierten kontrovers über das Kompetenzprofil<br />
<strong>de</strong>s Controllers. Am En<strong>de</strong> stand<br />
aber die gemeinsame Überzeugung, dass für<br />
die Controller kein Weg am Business Partner<br />
vorbei führt, für viele Controller dieser Weg aber<br />
noch weit ist.<br />
untergela<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n und ist über WebKitbasierte<br />
Browser (Google Chrome und Safari)<br />
auch über <strong>de</strong>n PC nutzbar.<br />
http://controllingapp.whu.edu
„Controlling in volatilen Zeiten“ war am<br />
11. September Motto <strong>de</strong>r 23. Tagung <strong>de</strong>r<br />
Schweizer ICV-Arbeitskreise in Dättwil.<br />
Zum Auftakt ergrün<strong>de</strong>te Marketing-Professional<br />
Manfred Strobl die Frage, wie <strong>de</strong>r Erfolg von<br />
Kommunikationsmaßnahmen in verschie<strong>de</strong>nsten<br />
Medien zu messen ist. Danach setzte sich<br />
Prof. Dr. Andreas Dietrich vom Institut für<br />
Finanzdienstleistungen Zug und <strong>de</strong>r Hochschule<br />
Luzern Banking und Finance mit <strong>de</strong>r Meinung<br />
auseinan<strong>de</strong>r, Banken seien, insbeson<strong>de</strong>re gegenüber<br />
kleineren und mittleren Unternehmen,<br />
gera<strong>de</strong>zu wirtschaftsfeindlich. Mit Adolf J. Dörig<br />
und Peter E. Klauser suchten anschließend<br />
zwei ausgewiesene Fachleute Antworten auf<br />
die Frage, ob es eine Kluft gibt zwischen <strong>de</strong>n<br />
eher weichen Aussagen, die sich aus <strong>de</strong>m Risikomanagement<br />
ergeben, und <strong>de</strong>n harten Fakten<br />
<strong>de</strong>s Controllings. Dabei zeigten sie jene<br />
Chancen auf, die in <strong>de</strong>r praktischen Anwendung<br />
von mo<strong>de</strong>rnen Metho<strong>de</strong>n, Techniken und<br />
Tools im praktischen Alltag vorhan<strong>de</strong>n sind. Die<br />
Kosten und Wirksamkeit von Kommunikationsmaßnahmen,<br />
insbeson<strong>de</strong>re von Sozialen Medien,<br />
zu messen und die Wirkung auf <strong>de</strong>n Unternehmenserfolg<br />
objektiv zu beurteilen, war<br />
Thema von Berna<strong>de</strong>tte Bisculm. Zu neuen Regulationen<br />
im Bankensektor und <strong>de</strong>ren Auswirkungen<br />
auf die Unternehmensfinanzierungen<br />
sprach anschließend Rudolf Sigg, CFO <strong>de</strong>r Zürcher<br />
Kan tonalbank. Die Volatilität in <strong>de</strong>r Gesetzgebung<br />
mit immer neuen gesetzgeberischen<br />
Fakten in <strong>de</strong>r Rechnungslegung nahm schließlich<br />
Sikan<strong>de</strong>r von Bhicknapahari zum Anlass,<br />
mit <strong>de</strong>m herrschen<strong>de</strong>n „Gesetzessalat“ aufzuräumen<br />
und die wichtigsten Än<strong>de</strong>rungen zu erläutern.<br />
<br />
Bei <strong>de</strong>r 3. Sitzung <strong>de</strong>s ICV-Branchen-AK<br />
„Controlling in Transport & Logistik“ am<br />
13./14. September bei <strong>de</strong>r Dresdner Verkehrsbetriebe<br />
AG wur<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Stand <strong>de</strong>s<br />
Nachhaltigkeitscontrollings bei <strong>de</strong>n AK-Mitglie<strong>de</strong>rn<br />
erörtert und das Thema „Budgetierung“<br />
eingeleitet.<br />
Am ersten Sitzungstag berichteten die Teilnehmer<br />
über die aktuelle Entwicklung in ihren<br />
Unternehmen und Institutionen. Der Abend wur<strong>de</strong><br />
zum Networking in <strong>de</strong>r Dresdner Altstadt genutzt.<br />
Zum Schwerpunktthema „Nachhaltigkeit“ stellte<br />
Andreas Neukirch von <strong>de</strong>r Dresdner Verkehrsbetriebe<br />
AG seine Masterarbeit „Wann ist<br />
nachhaltig managen in Unternehmen <strong>de</strong>s ÖPNV<br />
sinnvoll und wirtschaftlich?“ vor. Die Thesen<br />
wur<strong>de</strong>n intensiv diskutiert. Sebastian Berlin vom<br />
International Performance Research Institute<br />
Im Straßenbahnmuseum <strong>de</strong>r Dres<strong>de</strong>ner Verkehrsbetriebe wur<strong>de</strong> in die Geschichte <strong>de</strong>s Unternehmens eingetaucht und waren<br />
hervorragend restaurierte Fahrzeuge zu bestaunen.<br />
referierte über „Grünes“ Controlling. Dabei wur<strong>de</strong><br />
über erste Erfahrungen bei Logistikdienstleistern<br />
berichtet. Die AK-Teilnehmer wollen <strong>de</strong>n<br />
Stand <strong>de</strong>s Nachhaltigkeitscontrollings in ihren<br />
Unternehmen anhand eines Fragebogens ermitteln<br />
und analysieren. Zur Einstimmung auf<br />
<strong>de</strong>n neuen Themenschwerpunkt „Budgetierung“<br />
referierte Lars Riemer von Horváth und<br />
Partners über Mo<strong>de</strong>rne Budgetierung.<br />
Info: Christian Schnei<strong>de</strong>r<br />
<br />
Während <strong>de</strong>r Führung durch Studios und die<br />
Sen<strong>de</strong>komplexe von Bayern 1 und 3 im Funkhaus<br />
gab es sogar einen Plausch mit <strong>de</strong>n Mo<strong>de</strong>ratorinnen<br />
Petra Mentner (BR 1) und Susanne<br />
Rohrer (BR 3). Nach <strong>de</strong>r Führung wur<strong>de</strong> das BR<br />
(Hörfunk) „Controlling“ vorgestellt. Ein 5-Jahresbudget<br />
(genehmigt und zugeteilt von <strong>de</strong>r<br />
ARD) wird auf die Jahre und die einzelnen Ressorts<br />
nach einen bestimmten Schlüssel verteilt.<br />
Der AK-Südbayern bedankt sich bei Wolfgang<br />
Rackl (Programmwirtschaft HF) und<br />
Patrick Müller vom BR.<br />
Info: Klemens Küstner<br />
107
Am 18. September hat sich <strong>de</strong>r ICV-<br />
Branchearbeitskreis „Energie+Wasser“<br />
zum 25. Mal getroffen. Gäste <strong>de</strong>r festlichen<br />
Jubiläumssitzung im Gasthaus Alte<br />
Nikolaischule in Leipzig waren die ICV-<br />
Vorstandsmitglie<strong>de</strong>r Conrad Günther und<br />
Dr. Walter Schmidt.<br />
Zum Auftakt gab Ulrich A. Dorprigter, Leiter <strong>de</strong>s<br />
Branchen-AK, einen faktenreichen Rückblick<br />
auf die 25 Sitzungen <strong>de</strong>s Arbeitskreises<br />
„Energie+Wasser“ und wagte einen Ausblick<br />
auf kommen<strong>de</strong> Vorhaben.<br />
Es referierten anschließend: Dr. Walter Schmidt<br />
über „Controlling – Führen mit messbaren Zielen“;<br />
Werner Döbritz zur Frage „Wie Führen mit<br />
Zielen gelingen kann“; Manuela Lentsch von<br />
<strong>de</strong>r gastgeben<strong>de</strong>n BI Business Intelligence<br />
GmbH unter <strong>de</strong>m Titel „Geringer Bedarf an<br />
einer integrierten Sicht auf Margen im Vertriebscontrolling“<br />
zu neuesten Umfrageergebnissen;<br />
Dr. Anna Quitt, PwC AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft:<br />
„Verknüpfung <strong>de</strong>r<br />
Intensives Netzwerken ist auch in <strong>de</strong>n Pausen <strong>de</strong>r Branchen-Arbeitskreistreffen angesagt.<br />
regulatorischen und kaufmännischen Perspektiven<br />
in <strong>de</strong>r Planung“; Thorsten Sebo, AVU Aktiengesellschaft<br />
für Versorgungs-Unternehmen:<br />
„Beteiligung <strong>de</strong>s Controllings bei <strong>de</strong>r Strategieentwicklung“;<br />
Hermann Bookjans, PMC Löcker<br />
GmbH: „Erfahrungen aus einem Reorganisationsprojekt<br />
im Netzbereich“; Gerald Stuer,<br />
Stadtwerke Kiel AG: „Risiken und Kalkulation<br />
<strong>de</strong>r Energiebeschaffung“.<br />
Die Abendveranstaltung im asisi Panometer<br />
Leipzig bot <strong>de</strong>n Arbeitskreismitglie<strong>de</strong>rn mit <strong>de</strong>r<br />
Besichtigung <strong>de</strong>s 360°-Panoramas „Amazonien“<br />
im ehemaligen Gasometer beeindrucken<strong>de</strong><br />
Erlebnisse und anschließend kulinarische Genüsse<br />
und fruchtbares Networking „am Bo<strong>de</strong>n“<br />
<strong>de</strong>s gewaltigen Regenwal<strong>de</strong>s.<br />
Am Folgetag nutzten viele Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Branchenarbeitskreises<br />
die Gelegenheit, zu Son<strong>de</strong>rkonditionen<br />
am BI. Energie Kongress in Leipzig<br />
teilzunehmen. Das ICV-Weblog berichtete live<br />
von dieser Tagung (blog.<strong>controller</strong>verein.<strong>de</strong>).<br />
<br />
<strong>de</strong>s Tunnels erkennen, oben sein, weit voraus<br />
sehen – und <strong>de</strong>n Abstieg wohlgemut und forschen<br />
Schritts mit neuen, noch höheren Zielen<br />
(Papststein) verbin<strong>de</strong>n. Lei<strong>de</strong>r wur<strong>de</strong>n die noch<br />
höheren Ziele durch eine Regenfront – wie im<br />
Leben! – unmöglich gemacht.<br />
108<br />
Auf <strong>de</strong>m Weg zum Pfaffenstein „bewährte Techniken aus <strong>de</strong>n Unternehmen“ eingesetzt.<br />
Anlässlich seiner 50. Sitzung unternahm<br />
<strong>de</strong>r AK-Berlin-Bran<strong>de</strong>nburg eine Reise<br />
in die Sächsische Schweiz. 12 AK-Mitglie<strong>de</strong>r,<br />
teilweise mit Partner, trafen sich<br />
am 21. September in Gohrisch, um das<br />
Wochenen<strong>de</strong> gemeinsam zu verbringen.<br />
Herwig R. Friedag berichtet:<br />
Auftakt war ein leckeres gemeinsames Aben<strong>de</strong>ssen<br />
im Hotel, das sich dann verflüssigt doch<br />
etwas hinzog. Am nächsten Morgen hieß es:<br />
Losmarschieren. Der Pfaffenstein war als Ziel<br />
auserkoren. Dort konnten wir die Techniken aus<br />
unseren Unternehmen gekonnt einsetzen: anstrengen,<br />
Lasten tragen, aufsteigen, ducken,<br />
wie<strong>de</strong>r hervorkommen und das Licht am En<strong>de</strong><br />
Abends dann mussten wir in <strong>de</strong>n Kerker: Auf<br />
<strong>de</strong>r Festung Königstein wur<strong>de</strong>n wir „hinter<br />
Schloss und Riegel“ lecker und mit viel Freu<strong>de</strong><br />
bewirtet – und haben uns durch nichts erschrecken<br />
lassen. Lachen ist gesund! Im Fackelschein<br />
nahmen wir aus <strong>de</strong>n Festungskatakomben<br />
Reißaus und konnten vor <strong>de</strong>n Abreise am<br />
Sonntag früh noch ein schönes gemeinsames<br />
Frühstück einnehmen.<br />
Info: Herwig Friedag
Im bun<strong>de</strong>sweiten Benchmarkingprojekt „Top Consultant“<br />
zählt in diesem Jahr die Rosita Blaha GmbH mit<br />
ihrer Geschäftsführerin Rosita Blaha zu <strong>de</strong>n „besten<br />
Beratern für <strong>de</strong>n Mittelstand“. In <strong>de</strong>r Controlling-<br />
Community ist sie weithin bekannt u. a. durch ihren<br />
Karriere-Ratgeber auf <strong>de</strong>r ICV-Website, als aktives<br />
Mitglied im ICV-Arbeitskreis Süd I (Großraum München)<br />
o<strong>de</strong>r auch als einfallsreiche Ausstellerin zum<br />
Congress <strong>de</strong>r Controller.<br />
Wie fühlen Sie sich als frisch gekürter „Top<br />
Consultant“?<br />
Rosita Blaha: Ich fühle mich bestätigt in unserer<br />
Arbeit und daher fühle ich mich gut. Gleichzeitig<br />
sehe ich das Prädikat als Herausfor<strong>de</strong>rung an,<br />
<strong>de</strong>n hohen Standard, <strong>de</strong>n unsere Kun<strong>de</strong>n von<br />
uns erwarten, auch weiterhin ohne Einschränkung<br />
anzubieten.<br />
Ein Kriterium <strong>de</strong>r Auszeichnung ist eine „kun<strong>de</strong>ngerechte,<br />
mittelstandsorientierte Beraterleistung“.<br />
Was verstehen Sie darunter?<br />
Am liebsten nenne ich Ihnen hier das Zitat von<br />
einem unserer Großkun<strong>de</strong>n: „Wenn ich bei <strong>de</strong>r<br />
Personalsuche Unterstützung von <strong>de</strong>n in unserem<br />
Unternehmen gelisteten Personalberatern<br />
anfor<strong>de</strong>re, dann hängen innerhalb von zwei<br />
Stun<strong>de</strong>n 200 Lebensläufe in meinem E-Mail-<br />
Eingang. Und das verstehe ich nicht unter Personalberatung.<br />
Ihr Unternehmen hat Lösungen<br />
geliefert, das schätze ich an Ihrer Arbeit.“ Dazu<br />
kann ich ergänzen, dass wir Menschen fin<strong>de</strong>n,<br />
die zu unseren Kun<strong>de</strong>nunternehmen passen.<br />
Und das nicht nur fachlich. Der neue Mitarbeiter<br />
o<strong>de</strong>r auch <strong>de</strong>r Interim Manager muss von seiner<br />
Persönlichkeitsstruktur in das Team passen, er<br />
muss zu seinem Chef o<strong>de</strong>r zu seinen künftigen<br />
Mitarbeitern passen. Um Ergebnisse zu liefern,<br />
benötigen wir allerdings etwas mehr als nur<br />
zwei Stun<strong>de</strong>n Zeit. Ich kann versprechen, dass<br />
unsere Kun<strong>de</strong>n nach nur 3-5 Vorstellungsgesprächen<br />
<strong>de</strong>n passen<strong>de</strong>n Mitarbeiter gefun<strong>de</strong>n<br />
haben und einstellen können. Das ist unsere<br />
Stärke und das sehen wir als unsere Hauptaufgabe<br />
an: Effizienz schaffen für unsere Kun<strong>de</strong>n.<br />
Deswegen ist es für uns entschei<strong>de</strong>nd wichtig,<br />
dass wir unsere Ansprechpartner sowie die<br />
Unternehmenskultur und das Arbeitsumfeld<br />
persönlich kennen.<br />
Welche Beratungsleistungen sind <strong>de</strong>rzeit<br />
beson<strong>de</strong>rs gefragt?<br />
Kandidaten wünschen Ratschläge zu Weiterbildungen,<br />
um ihre Chancen o<strong>de</strong>r Karrierechancen<br />
zum Einstieg bei einem Arbeitgeberwechsel<br />
zu erhöhen o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Einstieg ins Controlling zu<br />
fin<strong>de</strong>n. Darauf beziehen sich auch die meisten<br />
Anfragen an <strong>de</strong>n Online-Ratgeber <strong>de</strong>s ICV. Weitere<br />
wichtige Dauerthemen sind die Lebenslaufgestaltung<br />
und Gehaltsfragen.<br />
Und welche Erwartungen haben Unternehmen?<br />
Bei <strong>de</strong>n Unternehmen sieht es an<strong>de</strong>rs aus, die<br />
Beratungsleistung ergibt sich häufig im Laufe<br />
eines Besetzungsprozesses. Hier kommt es<br />
sehr auf unsere persönliche Einschätzung an,<br />
ob die verantwortlichen Entschei<strong>de</strong>r mit ihren<br />
„Vorstellungen“ <strong>de</strong>n gewünschten neuen Mitarbeiter<br />
auch „erreichen“ können. Das Spektrum<br />
<strong>de</strong>r Beratung ist also breit. Es reicht von <strong>de</strong>r<br />
Einschätzung <strong>de</strong>s sehr verän<strong>de</strong>rlichen Bewerbermarktes<br />
über die Formulierung von Jobangeboten<br />
bis hin zur Beurteilung von Vorstellungsgesprächen,<br />
die wir häufig begleiten. Wir müssen<br />
unsere Kun<strong>de</strong>n verstehen, <strong>de</strong>ren Wünsche<br />
übersetzen und diese abstimmen auf Persönlichkeiten<br />
und Möglichkeiten, die <strong>de</strong>r Bewerbermarkt<br />
bietet. Das setzt große Erfahrung voraus<br />
und pädagogisches Feingefühl. Mit unseren<br />
Kun<strong>de</strong>n kommunizieren wir offen und ehrlich.<br />
Sie haben bei <strong>de</strong>r Preisverleihung erklärt, das<br />
persönliche Engagement Ihrer Mitarbeiter präge<br />
die Arbeit in Ihrem Beratungshaus. Wie sorgen<br />
Sie bei Ihren Mitarbeitern dafür?<br />
Das wichtigste Kriterium heißt: sich Zeit nehmen<br />
für die Menschen, die wir beraten. Nicht<br />
selten erfor<strong>de</strong>rn unsere Beratungsleistungen<br />
zu<strong>de</strong>m <strong>de</strong>n Einsatz außerhalb <strong>de</strong>r üblichen<br />
Arbeitszeiten. Wir beurteilen die Menschen, die<br />
uns ihr Vertrauen schenken, nicht nach unserer<br />
persönlichen Ansicht, son<strong>de</strong>rn danach, wie sie<br />
aufgrund ihrer Individualität und Einzigartigkeit<br />
zu einer neuen und an<strong>de</strong>ren Arbeitskultur passen.<br />
Nur so bringen wir die Menschen erfolgreich<br />
zusammen. Es zählt zu meinen wichtigsten<br />
Aufgaben, die Unternehmensphilosophie<br />
<strong>de</strong>n Mitarbeitern schon bei <strong>de</strong>r Ausbildung nahe<br />
zu bringen und sie selbst zu leben: Offenheit<br />
untereinan<strong>de</strong>r und konkurrenzloses Arbeiten in<br />
einem sehr dynamischen Umfeld, Wertschätzung<br />
zeigen und geben, <strong>de</strong>n Blick nach vorne<br />
richten und manchmal in <strong>de</strong>n Rückspiegel<br />
sehen. Verantwortung übernehmen, zuhören<br />
und Stellung beziehen. Die wichtigste Voraussetzung<br />
ist: Man muss Menschen mögen, um<br />
mit ihnen zu arbeiten. Dazu gehört dann manchmal<br />
auch Demut. Unsere Mitarbeiter schätzen<br />
es, dass sie viel lernen und sehr eigenständig<br />
arbeiten können. Das ist die Garantie dafür,<br />
dass wir unsere Dienstleistung auf diesem<br />
hohen Niveau anbieten können.<br />
Sie engagieren sich seit Jahren im ICV. Welchen<br />
Zusammenhang sehen Sie zwischen Ihrer<br />
Arbeit im Verein und <strong>de</strong>r Auszeichnung als „Top<br />
Consultant“?<br />
Die Kontakte durch <strong>de</strong>n Online-Karriere-Ratgeber,<br />
Gespräche als Aussteller auf <strong>de</strong>m Congress<br />
<strong>de</strong>r Controller o<strong>de</strong>r auch die Mitarbeit im regionalen<br />
Arbeitskreis – wir suchen und nutzen<br />
Gelegenheiten, am Puls <strong>de</strong>r Zeit zu sein. Aus<br />
erster Hand zu erfahren, welche Themen im<br />
Controlling bei Unternehmen und Konzernen<br />
aktuell sind, unser Know-how in einem hoch<br />
spezialisierten Bereich auf <strong>de</strong>m neuesten Stand<br />
halten, das alles hilft, Kun<strong>de</strong>nanfor<strong>de</strong>rungen<br />
zu verstehen. Das trägt natürlich zu unserem<br />
Erfolg bei.<br />
Kann sich eine ICV-Mitgliedschaft karriereför<strong>de</strong>rnd<br />
auswirken?<br />
Ein klares Ja! Unternehmen schätzen es, wenn<br />
Mitarbeiter im Job Wissen durch Fortbildungen<br />
ergänzen und für Verän<strong>de</strong>rungen neugierig bleiben.<br />
Die Mitgliedschaft im ICV garantiert einen<br />
hohen Gehalt an Sachinformationen und animiert<br />
dadurch zur fachlichen Weiterbildung. Das<br />
ergibt für ein Mitglied positive Synergien.<br />
109
110<br />
Begriff und Relevanz<br />
Das Working Capital Management hat die Aufgabe,<br />
die geeigneten Hilfsmittel, Metho<strong>de</strong>n und<br />
Messgrößen zur Steuerung <strong>de</strong>s Working Capitals<br />
im Unternehmen bereitzustellen. Hierbei ist<br />
eine größtmögliche Steuerbarkeit über geeignete<br />
Stellhebel anzustreben, um die Struktur <strong>de</strong>s<br />
betrieblichen Umlaufvermögens und die I<strong>de</strong>ntifikation<br />
<strong>de</strong>r Beeinflussungsmöglichkeiten für<br />
das Management transparenter darzustellen<br />
(Vgl. Wil<strong>de</strong>mann, 2002). Durch die Freisetzung<br />
von Vermögenswerten, die im Umlaufvermögen<br />
gebun<strong>de</strong>n sind, wird <strong>de</strong>r Umschlag <strong>de</strong>s eingesetzten<br />
Kapitals im Unternehmen erhöht. Die<br />
hieraus resultieren<strong>de</strong>n Liquiditätsreserven wirken<br />
sich direkt positiv auf die Kapitalrentabilität<br />
aus, wenn diese ergebnissteigernd eingesetzt<br />
wer<strong>de</strong>n. Neben positiven Wirkungseffekten auf<br />
Kapitalumschlag und Liquidität wer<strong>de</strong>n gleichzeitig<br />
Bilanzstrukturen optimiert und Rentabilitätskennzahlen<br />
verbessert. Somit eröffnet das<br />
WCM indirekt auch Chancen auf alternative<br />
Finanzierungsformen über Kapitalgeber, die<br />
ihren Blick verstärkt auf Bilanzstrukturen und<br />
Unternehmenskennzahlen richten (Vgl. KPMG,<br />
2005).<br />
Das Working Capital Management als<br />
inte griertes Konzept<br />
Ein integriertes Working Capital Management<br />
berücksichtigt alle liquiditätswirksamen Prozesse<br />
innerhalb <strong>de</strong>r Wertschöpfungskette. Auf diese<br />
Weise wird das Augenmerk gleichzeitig auf<br />
die zentralen Prozessabläufe Purchase to Pay,<br />
Forecast to Fulfill und Or<strong>de</strong>r to Cash gerichtet.<br />
Die prozessbezogene Sichtweise stellt sicher,<br />
dass anfallen<strong>de</strong> Zielkonflikte richtig gewichtet<br />
und Wechselwirkungen und Überschneidungen<br />
zwischen <strong>de</strong>n Prozessen erkannt wer<strong>de</strong>n. Beispielsweise<br />
ergeben sich beim Aushan<strong>de</strong>ln von<br />
Liefervereinbarungen mit Kun<strong>de</strong>n gleichzeitig<br />
auch Auswirkungen auf die Produktionsplanung<br />
und entsprechend über <strong>de</strong>n Materialbedarf<br />
auch auf die Liefervereinbarungen mit Lieferanten.<br />
Obwohl <strong>de</strong>m WCM in <strong>de</strong>r Praxis eine hohe<br />
Be<strong>de</strong>utung beigemessen wird, wer<strong>de</strong>n die Ziele<br />
<strong>de</strong>s WCM im Vergleich zu an<strong>de</strong>ren Unternehmenszielen<br />
häufig nachrangig behan<strong>de</strong>lt.<br />
Da bei stehen zum einen die organisatorischen<br />
Schwierigkeiten in <strong>de</strong>r systematischen Koordination<br />
<strong>de</strong>r drei Hauptprozesse und zum an<strong>de</strong>ren<br />
<strong>de</strong>r gering eingeschätzte Wirkungshebel <strong>de</strong>s<br />
Purchase to Pay Prozess im Vor<strong>de</strong>rgrund. Ein<br />
integriertes WCM-Konzept strebt ein unternehmensweites<br />
Gleichgewicht zwischen <strong>de</strong>n Zielen<br />
Kapitalbindung, Prozesskosten und Prozessqualität<br />
an (Vgl. KPMG, 2005).<br />
Or<strong>de</strong>r to Cash<br />
Eine vorteilhafte Gestaltung <strong>de</strong>r Zahlungsvereinbarungen<br />
mit <strong>de</strong>m Kun<strong>de</strong>n, in Form von kurzen<br />
Zahlungszielen mit geringen Ausfallrisiken,<br />
sind mögliche Steuerungsgrößen. Weitere<br />
Ansatzpunkte zur Reduzierung <strong>de</strong>r Zeitspanne<br />
zwischen Verkauf <strong>de</strong>r betrieblichen Leistungen<br />
und Einzahlung sind ein beschleunigtes Mahnwesen<br />
und die Ausnutzung von Factoring. Insgesamt<br />
sind bei einem effizienten Debitorenmanagement<br />
zu hohe For<strong>de</strong>rungsbestän<strong>de</strong> zu<br />
vermei<strong>de</strong>n, in<strong>de</strong>m eine zeitnahe Fakturierung<br />
durch Analyse und Gestaltung <strong>de</strong>r internen<br />
Auftragsabwicklungsprozesse unterstützt wird<br />
(Vgl. Rossen, 2005).<br />
Purchase to Pay<br />
Im Sinne eines verbesserten Cash Managements<br />
sind mit <strong>de</strong>n Lieferanten möglichst lange<br />
Zahlungsziele zu vereinbaren. Gleichzeitig sollte<br />
es möglich sein, eine rasche Auszahlung durch<br />
vorteilhafte Skonti abzugelten. Inwieweit sich<br />
die Zahlungsbedingungen mit <strong>de</strong>n Lieferanten<br />
verhan<strong>de</strong>ln lassen, hängt in erster Linie von<br />
<strong>de</strong>r eigenen Marktstellung und von <strong>de</strong>r Wettbewerbsintensität<br />
ab. Ein erfolgreiches Kreditorenmanagement<br />
steht <strong>de</strong>mnach immer im<br />
Konfliktverhältnis zwischen <strong>de</strong>r Verlängerung<br />
<strong>de</strong>r Zah lungsausgänge für Lieferantenbezüge<br />
und <strong>de</strong>r Sicherung <strong>de</strong>r guten Lieferantenbeziehungen.<br />
Forecast to Fulfill<br />
Zur Reduzierung <strong>de</strong>r Zeitspanne zwischen Produktionsstart<br />
und Verkauf <strong>de</strong>r betrieblichen<br />
Leistungen sind Maßnahmen abzuleiten, die am<br />
Produktionsprozess ansetzen. Die Kapitalbindung<br />
im Wareneingangslager lässt sich spürbar<br />
senken, in<strong>de</strong>m Rohstoffe just in time angeliefert<br />
und Wareneingangskontrollen an <strong>de</strong>n Lieferanten<br />
abgegeben wer<strong>de</strong>n. Eine flussorientierte<br />
Anordnung <strong>de</strong>r Fertigungsschritte unter Vermeidung<br />
von Zwischenbestän<strong>de</strong>n erhöht <strong>de</strong>n<br />
straffen und reibungslosen Produktionsdurchlauf<br />
und reduziert zu<strong>de</strong>m die Kapitalbindung<br />
zwischen <strong>de</strong>n Wertschöpfungsprozessen (Vgl.<br />
Rilling, 2003).<br />
Fazit<br />
Die organisatorische Umsetzung <strong>de</strong>s WCM sollte<br />
von einer zentralen Stelle aus erfolgen, die<br />
<strong>de</strong>n Prozessbereichen übergeordnet ist. Diese<br />
zentrale Position, die häufig im Finanzwesen<br />
angesie<strong>de</strong>lt wird, stellt die Umsetzung <strong>de</strong>r Working<br />
Capital Politik im Unternehmen sicher. In<br />
dieser Funktion wer<strong>de</strong>n Richtlinien festgelegt<br />
und Standards dokumentiert, die die prozessübergreifen<strong>de</strong><br />
Umsetzung <strong>de</strong>s Konzeptes unterstützen.<br />
Je nach Ausgestaltungsform reichen<br />
die weiteren Aufgabenfel<strong>de</strong>r vom Einsatz spezifischer<br />
Kennzahlen in einem standardisierten<br />
Berichtswesen bis hin zur Ermittlung und<br />
Aggre gation von Risikopositionen bei Kun<strong>de</strong>n<br />
und Lieferanten.<br />
Lesen Sie <strong>de</strong>n ganzen Artikel auf<br />
www.controlling-wiki.com<br />
Ersteinsteller: Dipl.-Kfm. (FH)<br />
Thorsten Steinhardt, Grevenbroich<br />
<br />
Ständig sucht <strong>de</strong>r ICV Experten, die<br />
im ControllingWiki auf <strong>de</strong>r ICV-Website<br />
Fachbegriffe erklären. Die Wiki-Startseite<br />
gibt konkrete Handlungsanweisungen,<br />
wie dabei vorzugehen ist.
Der Arbeitskreis Bo<strong>de</strong>nsee-Allgäu besteht<br />
seit 1979. Bis 2004 hieß er „Süd II“. In <strong>de</strong>r<br />
Regel fin<strong>de</strong>n zwei eintägige Treffen pro<br />
Jahr, jeweils im Frühjahr und Herbst, statt.<br />
Als Tagungsort wird meist ein teilnehmen<strong>de</strong>s<br />
Unternehmen als Gastgeber gefun<strong>de</strong>n –<br />
und gleich besichtigt. „Das ist für die Teilnehmer<br />
immer sehr interessant“, sagt<br />
Friedrich Gran<strong>de</strong>l, <strong>de</strong>r im Juni dieses Jahres<br />
sein Amt als AK-Leiter an Friedhelm Großmann<br />
abgegeben hat. Aus beruflichen Grün<strong>de</strong>n:<br />
Der Berater, <strong>de</strong>r in Friedrichshafen lebt,<br />
ist regelmäßig in Rostock im Einsatz –<br />
eine Aufgabe, die viel Energie und Zeit in<br />
Anspruch nimmt.<br />
An seine Anfänge als Funktionär im ICV erinnert<br />
sich Friedrich Gran<strong>de</strong>l gerne. Es war im Jahr<br />
2004, als er zum Arbeitskreisleiter Bo<strong>de</strong>nsee-<br />
Allgäu gewählt wur<strong>de</strong> – in Abwesenheit. Sein<br />
Vorgänger war kurzfristig beruflich nach Asien<br />
umgezogen. Eine schnelle Lösung war gefragt.<br />
„Die Run<strong>de</strong> dachte wahrscheinlich, <strong>de</strong>r Gran<strong>de</strong>l<br />
ist in Pension und hat Zeit. Und re<strong>de</strong>n kann er<br />
auch. Als ich nach einer Pause zur Sitzung kam<br />
und wissen wollte, wie es nun weitergeht mit<br />
<strong>de</strong>n Wahlen, meinten die an<strong>de</strong>ren nur: Das<br />
haben wir schon erledigt, Du bist gewählt, wir<br />
können weitermachen!“, erinnert sich Friedrich<br />
Gran<strong>de</strong>l schmunzelnd. Er habe gerne zugestimmt.<br />
Bereut hat er diese Entscheidung nie.<br />
„Auch darum, weil mich <strong>de</strong>r damalige Delegierte<br />
Deutschland Süd, Walter Meissner, immer<br />
sehr gut unterstützt hat“, resümiert Friedrich<br />
Gran<strong>de</strong>l.<br />
<br />
-<br />
<br />
<br />
<br />
1. Wie wer<strong>de</strong>n Sie <strong>de</strong>n<br />
Nachwuchs för<strong>de</strong>rn?<br />
Wir wer<strong>de</strong>n die Präsenz an <strong>de</strong>n Hochschulen<br />
in Konstanz und Ravensburg/<br />
Weingarten verstärken. Auf <strong>de</strong>r Homepage<br />
wer<strong>de</strong>n wir entsprechen<strong>de</strong> Links<br />
setzen sowie Hinweise auf Veranstaltungen<br />
geben – auch in relevanten XING-<br />
Gruppen. Dort haben wir die eigenen<br />
Gruppen „Bildungscontrolling“ und „Intangible Assets in <strong>de</strong>r Unternehmenssteuerung.“<br />
2. Die größten Stärken meines Arbeitskreises sind…<br />
... die interessanten Fachvorträge zu aktuellen Themen. Das über <strong>de</strong>n Tellerrand hinausschauen<br />
(durch Themen wie Kommunikation im Controlling, Bildungscontrolling).<br />
Die Verknüpfung zu <strong>de</strong>n Facharbeitskreisen (z. B. FAK Kommunikations-Controlling).<br />
3. Was uns im AK in Zukunft am meisten beschäftigt, ist…<br />
... das Rollenverständnis <strong>de</strong>s Controllers als Businesspartner durchgängig zu etablieren.<br />
Die Regeln für gutes Controlling (Schmidt/Friedag) verankern. Die 10 Kernelemente für<br />
nachhaltiges Controlling (Losbichler) diskutieren.<br />
4. Wichtigstes Fachthema im Bereich Controlling ist <strong>de</strong>rzeit für mich…<br />
Übergreifend: Wie kann Controlling mit <strong>de</strong>r wachsen<strong>de</strong>n Volatilität umgehen (Stichwort:<br />
Risikomanagement in bewegten Zeiten). Und: Wie kann nachhaltiges Controlling praktisch<br />
gestaltet wer<strong>de</strong>n?<br />
5. Arbeitskreisleiter zu sein, fin<strong>de</strong> ich…<br />
...spannend, weil ich einen Beitrag zum innovativen Wan<strong>de</strong>l von Controlling leisten kann (weg<br />
vom Numbercrunching). Und weil ich damit zum positiven Image <strong>de</strong>s ICV beitragen kann.<br />
6. Was ich als Arbeitskreisleiter bewegen will…<br />
Berufsnahe Themen anbieten. Über <strong>de</strong>n Tellerrand Controlling hinausblicken. Controlling<br />
als verbin<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Funktion zwischen Manager und Controller stärken. Eine Plattform für die<br />
Marke „ICV“ bieten. Die Controller-Community stärken durch Beziehungsmanagement auf<br />
persönlicher und fachlicher Ebene.<br />
Was ihn als Arbeitskreisleiter ausgemacht<br />
habe? „Es ging mir immer darum, möglichst<br />
viele Interessenten für unsere Arbeit zu gewinnen<br />
– egal, ob sie nun Mitglie<strong>de</strong>r sind o<strong>de</strong>r wer<strong>de</strong>n<br />
wollten o<strong>de</strong>r nicht“, sagt er und fasst seine<br />
Philosophie so zusammen: „Lass alle zu und<br />
dränge keinen!“. Seine Taktik sei aufgegangen.<br />
Von anfänglich nur einer Handvoll Mitglie<strong>de</strong>r im<br />
Arbeitskreis habe er es über die Jahre auf ca.<br />
25 gebracht.<br />
Als im Lauf <strong>de</strong>r letzten Monate die berufliche<br />
Belastung für ihn immer größer wur<strong>de</strong> und er<br />
mit Friedhelm Großmann einen möglichen<br />
Nachfolger in seiner Run<strong>de</strong> gefun<strong>de</strong>n hat, habe<br />
er sich entschlossen, die Arbeitskreisleitung<br />
abzugeben. „Ich konnte mein Amt mit gutem<br />
Gewissen übergeben!“, freut er sich. Dem<br />
Arbeitskreis bleibt er erhalten: Wann immer seine<br />
Zeit es erlaubt, wird <strong>de</strong>r aktive Süd<strong>de</strong>utsche<br />
– er bergwan<strong>de</strong>rt, fährt Inliner, tanzt, steppt,<br />
pflegt seinen großen Garten und hat eine<br />
13-jährige Tochter, die ihn auf Trab hält – weiterhin<br />
die Sitz ungen besuchen. Für die Frühjahrstagung<br />
ist er bereits mit einem Beitrag zur<br />
Unternehmenssteuerung eingeplant.<br />
111
Arbeitskreis Nordwestschweiz<br />
26.10.2012, 13:00 Uhr<br />
Baloise Group, Aeschengraben 21,<br />
4002 Basel, Vorstellung <strong>de</strong>s Unternehmens<br />
Konzernrechnung (Abschluss / Bilanzierung)<br />
Arbeitskreis West II<br />
52. Treffen<br />
25.10.2012, 17:00 Uhr, bis<br />
26.10.2012, 17:00 Uhr<br />
Zentrales Thema: Projekte erfolgreich<br />
umsetzen, Ort wird noch bekannt gegeben<br />
Arbeitskreis West I<br />
66. Sitzung: 09.11.2012, Düsseldorf<br />
Fachkreis Projektcontrolling<br />
32. Forum Projektcontrolling<br />
09.11.2012; 09:30 Uhr, bis<br />
10.11.2012, 16:00 Uhr<br />
Großraum München<br />
Arbeitskreis Zürich-Ostschweiz<br />
09.11.2012, 13:00 Uhr<br />
Geberit International AG, Schachenstraße 77,<br />
CH-8645 Jona<br />
Lean Production „Der Weg zum schlanken<br />
Unternehmen“: Auswirkungen auftragsbezogener<br />
Produktionsprozesse auf Kostenstruktur,<br />
Produktionsplanung, Lagerhaltung, Lieferbereitschaft.<br />
Führung durch das Unternehmen.<br />
FAK Kommunikations-Controlling<br />
17. Treffen<br />
15.11.2012, 17:00 Uhr, bis<br />
16.11.2012, 17:00, hansgrohe, Schiltach<br />
Arbeitskreis Nord III<br />
53. Treffen<br />
15.11.2012, 18:00 Uhr, bis 16.11.2012,<br />
16:00 Uhr, Zeven, Thema: Logistikcontrolling<br />
Arbeitskreis Thüringen<br />
Herbsttagung 2012<br />
16.11.2012, 17:00 Uhr, bis 17.11.2012,<br />
15:00 Uhr, Ort: VIBA, Schmalkal<strong>de</strong>n<br />
Thema: Steuerän<strong>de</strong>rungen 2013<br />
Arbeitskreis Rhein-Neckar<br />
7. AK-Treffen - Personalcontrolling<br />
Voraussichtlicher Termin:<br />
09.11.2012, 09:00 Uhr, Walldorf<br />
Arbeitskreis Süd I<br />
Treffen am 9./10.11.2013<br />
Meggle in Wasserburg<br />
IT-Konzept & SAP-Einführung bei Meggle<br />
Arbeitskreis Sachsen<br />
Herbsttagung: 09.11.2012, 15:00 Uhr, bis<br />
10.11.2012, 15:00 Uhr, Grimma, OT Höfgen<br />
Arbeitskreis Berlin-Bran<strong>de</strong>nburg<br />
Themenabend<br />
14.11.2012, 18:00 Uhr<br />
Vorstellung <strong>de</strong>r Arbeit <strong>de</strong>r DGQ<br />
Winterstammtisch 25.02.2013, 18:00 Uhr<br />
Branchenarbeitskreis Banken<br />
51. Sitzung: 22.11. bis 23.11.2012, Berlin<br />
Arbeitskreis Bo<strong>de</strong>nsee-Allgäu<br />
Herbsttagung: 30.11.2012, 09:30 Uhr<br />
FAK Controlling und Qualität<br />
30. Sitzung<br />
14.12.2012, 10:00 Uhr, Flughafen Köln<br />
Artikelbeiträge sen<strong>de</strong>n Sie bitte an Hans-Peter San<strong>de</strong>r (Redaktion), hp.san<strong>de</strong>r@eastwestcom.net<br />
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Software, entwickelt bei Ebbe und Flut.