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Nachhaltige Zielverfolgung im professionellen Fußball<br />

38<br />

einer an<strong>de</strong>ren Branche, auch nicht in <strong>de</strong>r Politik,<br />

müssen die Verantwortlichen in so kurzen<br />

Intervallen öffentlich Rechenschaft über ihr<br />

Han<strong>de</strong>ln ablegen und wer<strong>de</strong>n ihre Interviews<br />

aus <strong>de</strong>r Vorwoche auf Konsistenz zu <strong>de</strong>n aktuellen<br />

Aussagen und zum Tabellenstand geprüft.<br />

In einem solchen Umfeld wird das Festhalten an<br />

langfristigen Zielen und Strategien zur Herausfor<strong>de</strong>rung.<br />

Die getroffenen Aussagen zu <strong>de</strong>n Einflussfaktoren<br />

auf die Zieldiskussion im Profifußball<br />

liefern natürlich nur ein grobes Raster, die tatsächlichen<br />

Umstän<strong>de</strong> müssen clubindividuell<br />

analysiert und diskutiert wer<strong>de</strong>n.<br />

Das Zielsystem von Fußballclubs<br />

Nähert man sich in einem ersten Ansatz eines<br />

möglichen Zielsystems von Fußballclubs, so<br />

überrascht es nicht, dass die Ziellandschaft<br />

heterogen und facettenreich ist. Um unserem<br />

Vorgehen eine nachvollziehbare Struktur zu<br />

geben, soll als Navigationsinstrument das in<br />

Abbildung 4 dargestellte „Zieldreieck <strong>de</strong>s<br />

Profifußballs“ fungieren.<br />

Die Darstellung unterstellt, dass <strong>de</strong>r Zielbildungsprozess<br />

von <strong>de</strong>r Prämisse <strong>de</strong>r Existenzsicherung<br />

geleitet wird. Das heißt, dass sämtliche<br />

Handlungen und Zielsetzungen <strong>de</strong>r Verantwortlichen<br />

immer darauf ausgerichtet sind<br />

das Überleben <strong>de</strong>s Clubs zu gewährleisten. Um<br />

dieses Metaziel zu erreichen, sind sportliche,<br />

ökonomische und soziale Zielsetzungen miteinan<strong>de</strong>r<br />

in Einklang zu bringen.<br />

Im Folgen<strong>de</strong>n soll je<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Zielkategorien kurz<br />

dargestellt wer<strong>de</strong>n. Nach<strong>de</strong>m dies geschehen<br />

ist, wer<strong>de</strong>n die Zielbeziehungen diskutiert.<br />

Sportliche Ziele<br />

Im Hinblick auf die sportlichen Ziele einer<br />

Mannschaft lassen sich aus <strong>de</strong>n Statements<br />

von Trainern und Spielern in <strong>de</strong>r Regel nur wenige<br />

Rückschlüsse ziehen. Es hat sich in <strong>de</strong>r<br />

gesamten Bun<strong>de</strong>sliga eingebürgert, nur „von<br />

Spiel zu Spiel“ zu <strong>de</strong>nken. Vor <strong>de</strong>m Hintergrund<br />

<strong>de</strong>s Medienechos im Falle einer Zielverfehlung<br />

ist dieses Verhalten nachvollziehbar.<br />

Eine erfolgreiche Vereinsführung muss allerdings<br />

eine klare Vorstellung bezüglich<br />

<strong>de</strong>r kurzfristigen sportlichen Ziele und <strong>de</strong>s<br />

langfristigen Entwicklungspotenzials von<br />

Mannschaft und Trainerteam entwickeln.<br />

Ist die sportliche Zielsetzung <strong>de</strong>finiert, müssen<br />

Maßnahmen (wie z. B. <strong>de</strong>r Kauf von Spielern,<br />

die Entwicklung einer vereinseigenen Spielphilosophie)<br />

i<strong>de</strong>ntifiziert und umgesetzt wer<strong>de</strong>n,<br />

um das Team in die Lage zu versetzen, die Zielsetzung<br />

zu erfüllen.<br />

Im Hinblick auf die Spannung in <strong>de</strong>r Liga sind<br />

die Ergebnisse <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sligawochenen<strong>de</strong>n<br />

glücklicherweise nur schwer vorhersag- und<br />

planbar. Hieraus resultiert bei Akteuren <strong>de</strong>r<br />

Branche schnell <strong>de</strong>r Reflex, dass eine Planung<br />

<strong>de</strong>s sportlichen Erfolgs unmöglich,<br />

o<strong>de</strong>r schlimmer unnötig, ist, da sie sowieso<br />

nicht eingehalten wer<strong>de</strong>n kann. Ursächlich für<br />

diese Verhaltensweise ist aus Sicht <strong>de</strong>s Autors<br />

ein Missverständnis im Hinblick auf die Be<strong>de</strong>utung<br />

<strong>de</strong>r Planung. Zu oft wird diese im<br />

Sinne eines Budgets verstan<strong>de</strong>n, an welches<br />

sich die Han<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n nach Erarbeitung „sklavisch“<br />

zu orientieren haben. Der Autor ist <strong>de</strong>r<br />

Überzeugung, dass ein Verständnis von Planung<br />

als die gedankliche Vorwegnahme und<br />

das Durchspielen verschie<strong>de</strong>ner Szenarien,<br />

ähnlich wie es die Besatzung von Schiffen und<br />

Flugzeugen für <strong>de</strong>n Ernstfall probt, zweckmäßiger<br />

ist. Ziel <strong>de</strong>r Planung sollte es sein, die<br />

Konsequenzen verschie<strong>de</strong>ner Entwicklungen<br />

möglichst weit im Vorhinein abschätzen zu<br />

können, um für <strong>de</strong>n Falle ihres Eintritts Handlungssicherheit<br />

zu gewinnen.<br />

Im Normalfall ist es möglich, <strong>de</strong>n sportlichen<br />

Erfolg <strong>de</strong>r Mannschaft in einer wahrscheinlichen<br />

Bandbreite anzugeben. Problematisch<br />

dabei ist nicht unbedingt das Verfehlen<br />

<strong>de</strong>s Ziels um ein o<strong>de</strong>r zwei Tabellenplätze.<br />

Zwar hängen nahezu alle Erlösströme mehr<br />

o<strong>de</strong>r min<strong>de</strong>r vom sportlichen Erfolg ab, also die<br />

Ticket- und Merchandisingeinnahmen, die TV-<br />

Einnahmen aus <strong>de</strong>r Zentralvermarktung <strong>de</strong>r<br />

Fernsehrechte und die Sponsoren- und Werbeeinnahmen.<br />

Akut spürbar wird diese Abhängigkeit<br />

allerdings nur in bestimmten Sphären <strong>de</strong>r<br />

Tabelle. So macht es einen Unterschied, ob sich<br />

eine Mannschaft für die Europa League o<strong>de</strong>r für<br />

die Champions League qualifiziert. Die Konsequenzen<br />

zwischen Abstieg und Nichtabstieg<br />

sind für die betroffenen Clubs erheblich, teilweise<br />

existenzbedrohend.<br />

Um diese negativen Effekte zu vermei<strong>de</strong>n, gehen<br />

die Clubs hohe Risiken ein. Gera<strong>de</strong> Teams,<br />

die <strong>de</strong>m Abstiegsgespenst entfliehen wollen,<br />

neigen mitunter zu „Kurzschlussreaktionen“.<br />

Die Entlassung <strong>de</strong>s Trainers mit einer<br />

entsprechen<strong>de</strong>n Abfindung o<strong>de</strong>r die Verpflichtung<br />

teurer Spieler in <strong>de</strong>r Winterpause sollen<br />

<strong>de</strong>n drohen<strong>de</strong>n Gang in die Zweit- o<strong>de</strong>r Drittklassigkeit<br />

mit allen Mitteln verhin<strong>de</strong>rn. Im<br />

sportlichen Wettbewerb <strong>de</strong>r Clubs entstehen<br />

somit <strong>de</strong>r Drang zur Hyperaktivität und die<br />

latente Gefahr <strong>de</strong>r Überinvestition in die Spielstärke<br />

<strong>de</strong>s Teams.<br />

Theoretische Überlegungen zu diesem Phänomen<br />

wur<strong>de</strong>n bereits 1979 von Akerlof angestellt.<br />

Er führte hierfür <strong>de</strong>n Begriff <strong>de</strong>s „rat<br />

race“ in die ökonomische Literatur ein. 4<br />

Grundlage war das im Labor beobachtbare<br />

Verhalten von Ratten, die im Rennen um ein<br />

Stück Käse ihre Geschwindigkeit bis hin zur<br />

Gefährdung <strong>de</strong>r eigenen Gesundheit erhöhten,<br />

ohne dass dieser zusätzlichen Energieinvestition<br />

eine zusätzliche Belohnung in Form eines<br />

wachsen<strong>de</strong>n Stücks Käse gegenüberstand.<br />

Charakteristisch für diese Wettbewerbssituationen<br />

ist, dass die Entlohnung eines Akteurs<br />

ausschließlich von seinem Rang in einem<br />

direkten Leistungsvergleich mit seinen<br />

Konkurrenten abhängt. Weiterhin kennzeichnend<br />

ist, dass <strong>de</strong>r zu erringen<strong>de</strong> Preis in <strong>de</strong>r<br />

Regel klar <strong>de</strong>finiert ist und im Hinblick auf <strong>de</strong>n<br />

steigen<strong>de</strong>n Einsatz unterproportional o<strong>de</strong>r<br />

überhaupt nicht anwächst. 5 Weitere wesentliche<br />

Voraussetzung ist das Vorliegen von Informations<strong>de</strong>fiziten<br />

bei <strong>de</strong>n beteiligten Akteuren,<br />

so dass diese nur begrenzt rational han<strong>de</strong>ln<br />

können.<br />

Eskalationsför<strong>de</strong>rnd wirken sich bei Rattenrennen<br />

hohe Belohnungsunterschie<strong>de</strong> zwischen<br />

einzelnen Rängen aus. Ist <strong>de</strong>r Unterschied<br />

zwischen Entlohnungsstufen sehr <strong>de</strong>utlich, so<br />

besteht bei Rattenrennen ein individuell hoher<br />

Anreiz, die eigene Intensität überproportional<br />

zu steigern, um die nächsthöhere Belohnungsstufe<br />

zu erreichen bzw. die nächstniedrigere<br />

zu vermei<strong>de</strong>n. 6 Unter Belohnung dürfen dabei<br />

nicht nur monetäre Mittel verstan<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n.<br />

Eskalationsför<strong>de</strong>rnd wirken sich beispielsweise

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