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Kun<strong>de</strong>n-Controlling für Ingenieurbüros<br />
Kun<strong>de</strong>n-Controlling für Ingenieurbüros<br />
von Jörn Lueg-Althoff, Michael Georgi und Andreas Hoffjan<br />
74<br />
Ingenieurbüros stellen in Deutschland einen<br />
wesentlichen Wirtschaftszweig dar. Ein vielfältiges<br />
Portfolio an Dienstleistungen erfor<strong>de</strong>rt<br />
hierbei einerseits ein spezifisches Fachwissen<br />
und an<strong>de</strong>rerseits ein betriebswirtschaftliches<br />
Know-how, um in einem kompetitiven Markt<br />
bestehen zu können.<br />
Ein Vergleich <strong>de</strong>r von Ingenieurbüros erbrachten<br />
Dienstleistungen ist aufgrund einer meist<br />
individuellen Bearbeitung <strong>de</strong>r Aufträge schwer<br />
möglich. Dies setzt ein hohes Maß an Vertrauen<br />
zwischen <strong>de</strong>m Kun<strong>de</strong>n und <strong>de</strong>m<br />
ausführen<strong>de</strong>n Ingenieurbüro voraus. Die<br />
Neuakquise von Aufträgen und die Entstehung<br />
von langfristigen Kun<strong>de</strong>nbeziehungen erfolgt<br />
vorwiegend durch Empfehlungen bestehen<strong>de</strong>r<br />
Kun<strong>de</strong>n. Aus diesem Grund wer<strong>de</strong>n effiziente<br />
Kun<strong>de</strong>nbeziehungen neben <strong>de</strong>r fachlichen Expertise<br />
von <strong>de</strong>n Ingenieurbüros als „Schlüssel<br />
zum Erfolg“ 1 angesehen.<br />
Die Fokussierung auf Kun<strong>de</strong>nbeziehungen<br />
als zentrales Element 2 benötigt jedoch ein entsprechend<br />
gestaltetes unternehmerisches<br />
Steuerungssystem. Vor allem die Ausgestaltung<br />
<strong>de</strong>r Unternehmensrechnung ist hiervon<br />
beeinflusst. Einen Bezugsrahmen für die systematische<br />
Steuerung von Kun<strong>de</strong>nbeziehungen<br />
liefert das „Kun<strong>de</strong>n-Controlling“. Ziel ist hierbei,<br />
diejenigen Kun<strong>de</strong>n zu i<strong>de</strong>ntifizieren, die einen<br />
beson<strong>de</strong>rs großen Beitrag zur Unternehmenszielerreichung<br />
leisten o<strong>de</strong>r ein Ausbaupotenzial<br />
aufweisen.<br />
Bisher geprüfte Literatur zu diesem Thema ist<br />
für Ingenieurbüros wenig aufschlussreich, da<br />
keine an ihre Situation angepassten Lösungen<br />
präsentiert wer<strong>de</strong>n. Dem möchte dieser Beitrag<br />
Abhilfe leisten. Hierfür wird zunächst auf<br />
die Beson<strong>de</strong>rheiten <strong>de</strong>r Ingenieurbüros in<br />
Deutschland eingegangen. Darauf aufbauend<br />
wer<strong>de</strong>n die Ergebnisse einer empirischen Untersuchung<br />
zum Kun<strong>de</strong>n-Controlling in diesen<br />
Institutionen vorgestellt. Danach wer<strong>de</strong>n aus<br />
<strong>de</strong>n gewonnenen Informationen Handlungsempfehlungen<br />
zur effizienteren Gestaltung <strong>de</strong>r<br />
Kun<strong>de</strong>nbeziehungen von Ingenieurbüros abgeleitet<br />
und ein abschließen<strong>de</strong>s Fazit gezogen.<br />
Situation <strong>de</strong>r Ingenieurbüros<br />
in Deutschland<br />
Die 93.000 Ingenieurbüros in Deutschland<br />
beschäftigen mehr als 420.000 Menschen<br />
und generieren ca. 42 Mrd. € Umsatz pro<br />
Jahr. Die überwiegen<strong>de</strong> Mehrheit dieser Unternehmen<br />
zählt mit unter 50 Mitarbeitern und unter<br />
10 Mio. € Umsatz zu <strong>de</strong>n Kleinst- o<strong>de</strong>r Kleinunternehmen.<br />
Der durchschnittliche Umsatz<br />
pro Büro betrug im Jahr 2008 459.787 €, wobei<br />
die 258 größten Unternehmen im Durchschnitt<br />
jeweils mehr als 40 Mio. € umsetzten. 3<br />
Die wirtschaftliche Lage von Ingenieurbüros ist<br />
eng an die Konjunktur in <strong>de</strong>r Baubranche gekoppelt.<br />
Der durchschnittliche Gewinn vor<br />
Steuern je Büro weist eine große Streuung auf,<br />
entwickelte sich jedoch insgesamt negativ. Er<br />
betrug 2009 mit 54.430 € nur knapp die Hälfte<br />
<strong>de</strong>s Werts von 2004. Die Umsatzrenditen <strong>de</strong>r<br />
befragten Büros sind im gleichen Betrachtungszeitraum<br />
ten<strong>de</strong>nziell gesunken (von<br />
10,0 % im Jahr 2004 auf 3,4 % im Jahr<br />
2009). 4 Im Rahmen <strong>de</strong>s AHO-Bürokostenvergleichs<br />
von 2009 stellte sich heraus, dass bei<br />
<strong>de</strong>n befragten Ingenieurbüros etwa 45 % <strong>de</strong>r<br />
Honorare von privaten und etwa 49 % von<br />
öffentlichen Auftraggebern stammten. Nur ca.<br />
6 % <strong>de</strong>r Honorare wur<strong>de</strong>n aus Auslandsprojekten<br />
erzielt. Die Zusammensetzung <strong>de</strong>s Kun<strong>de</strong>nstamms<br />
variiert in Abhängigkeit von <strong>de</strong>r<br />
Größe und <strong>de</strong>m Geschäftsfeld <strong>de</strong>r Büros. 4<br />
Ingenieurbüros bieten Dienstleistungen wie<br />
Planung, Projektmanagement, Beratung<br />
o<strong>de</strong>r Prüfung im gesamten technischen Bereich<br />
an. Die angebotenen Dienstleistungen<br />
sind i. d. R. auftragsspezifisch und müssen individuell<br />
angefertigt wer<strong>de</strong>n. Dies macht eine Beurteilung<br />
<strong>de</strong>r Leistungen schwierig. Zuverlässigkeit<br />
ist eine entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Eigenschaft für<br />
<strong>de</strong>n Erfolg von Ingenieurbüros. Da das Produkt<br />
„Planung“ durch schöpferisch-geistige Prozesse<br />
entsteht, ist es kaum möglich, eine<br />
gleichbleiben<strong>de</strong> Qualität <strong>de</strong>r Ergebnisse zu<br />
garantieren. Aufgrund dieser Gesichtspunkte<br />
ist ein Vertrauensverhältnis <strong>de</strong>s Kun<strong>de</strong>n zum<br />
Auftraggeber essenziell. 5<br />
Controlling, internes Projektmanagement<br />
und Büroorganisation haben bislang in vielen<br />
Ingenieurbüros eine untergeordnete<br />
Be<strong>de</strong>utung. Dies liegt daran, dass die Bearbeitung<br />
technischer Fragestellungen Hauptaugenmerk<br />
<strong>de</strong>r Ingenieure ist und sie kaufmännische<br />
Themenkomplexe auch aufgrund mangeln<strong>de</strong>r<br />
Ausbildung als eher nachrangig betrachten 6<br />
(vgl. Abbildung 1). Auch spielt die Honorarermittlung<br />
nach Honorarordnung für Architekten<br />
und Ingenieure (HOAI) eine Rolle. Hierdurch soll<br />
<strong>de</strong>n Unternehmen ein Auskommen garantiert<br />
wer<strong>de</strong>n, was die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s Controlling geringer<br />
erscheinen lässt. In größeren Büros, die<br />
oftmals als Kapitalgesellschaft geführt wer<strong>de</strong>n,<br />
besteht die Pflicht, eine Finanzbuchführung<br />
vorzunehmen. Dort ist meistens eine eigene<br />
Finanzbuchhaltung und nicht selten auch eine<br />
Controlling-Abteilung anzutreffen. 7<br />
Die Kosten von Ingenieurbüros beinhalten<br />
größtenteils Personalkosten. Der Anteil<br />
dieser beträgt durchschnittlich 63,7 % <strong>de</strong>r<br />
Gesamtkosten. Als völlig ausreichend für ein<br />
Planungsbüro wird die Vollkostenrechnung<br />
beschrieben. An<strong>de</strong>re Kostenrechnungssys-