controller - Haufe.de
controller - Haufe.de
controller - Haufe.de
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
CM November / Dezember 2012<br />
Darüber hinaus entnahm <strong>de</strong>r Staat finanzielle<br />
Mittel aus <strong>de</strong>m ökonomischen Kreislauf, um sie<br />
an diejenigen umzuverteilen, die nicht aus eigener<br />
Kraft produktiv am wirtschaftlichen Geschehen<br />
mitwirken konnten. Die so umverteilten<br />
Mittel flossen zum großen Teil direkt wie<strong>de</strong>r<br />
als Ausgaben für Konsum in <strong>de</strong>n ökonomischen<br />
Kreislauf und dienten <strong>de</strong>m realwirtschaftlichen<br />
Wachstum. Der soziale Teil <strong>de</strong>r Marktwirtschaft<br />
för<strong>de</strong>rte also das realwirtschaftliche<br />
Wachstum. Alle Teile <strong>de</strong>s ökonomischen Kreislaufs<br />
– Produzenten, Konsumenten, Benachteiligte,<br />
Finanzwirtschaft und Investoren – konnten<br />
an <strong>de</strong>n Wachstumserfolgen teilhaben.<br />
Die offensichtlichen ökonomischen Bedürfnisse<br />
<strong>de</strong>r einzelnen Menschen formen also<br />
eine Gesellschaft zu einer Interessensgemeinschaft.<br />
Deren gemeinsamer Nenner<br />
ist das Teilhaben an Wachstumserfolgen.<br />
Es entsteht ökonomische und gesellschaftliche<br />
Stabilität und <strong>de</strong>ren <strong>de</strong>mokratische<br />
Einbettung. Das gilt offensichtlich bei ausreichen<strong>de</strong>m<br />
realwirtschaftlichem Wachstum,<br />
welches dadurch gekennzeichnet ist, dass alle<br />
Menschen <strong>de</strong>r Gesellschaft an <strong>de</strong>n Wachstumserfolgen<br />
teilhaben können, auch wenn aufgrund<br />
prozentualer Verteilung Löhne, Gehälter,<br />
Einkommen und Vermögen mit unterschiedlichen<br />
Beträgen wachsen. Es zeigt sich eine<br />
erste Polarisierung, die aber offensichtlich<br />
solange akzeptiert wird, solange die ungleich<br />
verteilten finanziellen Mittel schnell wie<strong>de</strong>r in<br />
<strong>de</strong>n realwirtschaftlichen Kreislauf einfließen<br />
und alle Menschen an <strong>de</strong>n fortdauern<strong>de</strong>n<br />
Wachstumserfolgen teilhaben können. Diese<br />
erste Polarisierung hat darüber hinaus eine<br />
stabilisieren<strong>de</strong> Wirkung auf die Gesellschaft,<br />
weil die durch diesen Mechanismus bevorteilten<br />
Menschen ein Interesse an <strong>de</strong>r Erhaltung<br />
<strong>de</strong>r sozialen Marktwirtschaft haben.<br />
Mangelhaftes realwirtschaftliches<br />
Wachstum und Konsequenzen<br />
Das realwirtschaftliche Wachstum wird u. a.<br />
durch Automatisierung und Rationalisierung ermöglicht.<br />
Die Produktivität nimmt zu. Immer<br />
weniger Arbeitskräfte können die gewünschten<br />
Konsum- und erfor<strong>de</strong>rlichen Investitionsgüter<br />
herstellen. Zunächst wer<strong>de</strong>n die frei wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />
Arbeitskräfte für die Realisierung <strong>de</strong>s realwirtschaftlichen<br />
Wachstums benötigt. In einem<br />
späteren Stadium wer<strong>de</strong>n sie teilweise arbeitslos.<br />
Weiterhin kann durch Exporte das realwirtschaftliche<br />
Wachstum vergrößert wer<strong>de</strong>n.<br />
Mit <strong>de</strong>r Zeit nimmt die durch Automatisierung<br />
bedingte Produktivitätssteigerung schneller<br />
zu, als es für die Realisierung <strong>de</strong>r Nachfrage<br />
erfor<strong>de</strong>rlich ist. So fallen arbeitslos wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />
Menschen und durch Export überschul<strong>de</strong>te<br />
Län<strong>de</strong>r als Nachfrager teilweise aus. Rohstoffe<br />
und Energie wer<strong>de</strong>n wachstumsbedingt knapper<br />
und damit teurer und min<strong>de</strong>rn die Wachstumserfolge.<br />
Kosten für <strong>de</strong>n Umweltschutz<br />
min<strong>de</strong>rn die Wachstumserfolge ebenfalls.<br />
Ausbau <strong>de</strong>r Infrastruktur, Bildung und soziale<br />
Leistungen können als Gemeinschaftsaufgabe<br />
nicht mehr so leicht aus <strong>de</strong>n Wachstumserfolgen<br />
bezahlt wer<strong>de</strong>n, wie das bei stärkerer Progression<br />
möglich war. Ersparnisse wer<strong>de</strong>n<br />
<strong>de</strong>m realwirtschaftlichen Kreislauf entzogen.<br />
Es zeigt sich eine Schwäche <strong>de</strong>s Wachstums<br />
mit einher gehen<strong>de</strong>r Abnahme <strong>de</strong>r<br />
Wachstumserfolge.<br />
Menschen, die sich an das Teilhaben an<br />
Wachstumserfolgen gewöhnt haben, sind daran<br />
interessiert, trotz Wachstumsschwäche folgen<strong>de</strong><br />
Begriffskette aufrecht zu erhalten:<br />
Realwirtschaftliches Wachstum, Teilhabe<br />
<strong>de</strong>r Gesellschaftsmitglie<strong>de</strong>r an <strong>de</strong>n Wachstumserfolgen,<br />
gesellschaftliche Stabilität<br />
und <strong>de</strong>ren <strong>de</strong>mokratische Einbettung. Um<br />
solchen Erwartungen entgegen zu kommen,<br />
versprechen Politiker gern, permanentes realwirtschaftliches<br />
Wachstum zu ermöglichen.<br />
Nun ist es aber offensichtlich, dass in einer immer<br />
globaler wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Wirtschaft für manche<br />
ökonomisch früh entwickelten Staaten<br />
abnehmen<strong>de</strong>s Wachstum die logische Folge<br />
ist, bedingt z. B. durch Produktivitätszunahme,<br />
Arbeitslosigkeit, Überschuldung von Staaten,<br />
Verteuerung von Energie und Rohstoffen<br />
sowie Konkurrenz durch Län<strong>de</strong>r mit geringeren<br />
Löhnen. Um auf staatlicher Ebene trotz<strong>de</strong>m<br />
weiterhin Wachstum zu ermöglichen, haben<br />
Politiker in ökonomisch früh entwickelten<br />
Staaten im Namen <strong>de</strong>r Gesellschaft durch<br />
Staatsverschuldung <strong>de</strong>n ökonomischen<br />
Kreislauf zu stimulieren versucht, je nach Ausrichtung<br />
<strong>de</strong>r agieren<strong>de</strong>n politischen Parteien<br />
auf <strong>de</strong>r Nachfrageseite o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Angebotsseite.<br />
Menschen mit größeren Einkommen, Ersparnissen<br />
und Vermögen liehen <strong>de</strong>m Staat zur<br />
Finanzierung <strong>de</strong>r Staatsverschuldung Geld.<br />
Diese Menschen zogen ihre Wachstumserfolge<br />
nicht mehr nur aus <strong>de</strong>r Finanzierung und<br />
Ermöglichung sich selbst tragen<strong>de</strong>n realwirtschaftlichen<br />
Wachstums, son<strong>de</strong>rn auch aus<br />
<strong>de</strong>r Erzeugung temporärer Wachstumserfolge<br />
auf <strong>de</strong>m Fundament zunehmen<strong>de</strong>r<br />
Staatsverschuldung.<br />
Wegen <strong>de</strong>r nur vorübergehend wirken<strong>de</strong>n<br />
Wachstumsför<strong>de</strong>rung durch Staatverschuldung<br />
nimmt das Wachstum logischerweise<br />
ab, wenn die Staatsverschuldung nicht weiter<br />
erhöht wer<strong>de</strong>n soll. Da aber die Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />
Gesellschaft die Teilhabe an Wachstumserfolgen<br />
wie gewohnt realisieren wollen, kann das<br />
bei einem Teil <strong>de</strong>r Gesellschaft nur auf Kosten<br />
eines an<strong>de</strong>ren Teils <strong>de</strong>r Gesellschaft geschehen.<br />
Es kommt zu gesellschaftlicher Polarisierung<br />
und damit möglicherweise zu einer<br />
Erosion <strong>de</strong>r in die Demokratie eingebetteten<br />
Stabilität.<br />
Umso weniger finanzielle Mittel bei realwirtschaftlicher<br />
Wachstumsschwäche für Investitionen<br />
und Re-Investitionen benötigt wer<strong>de</strong>n,<br />
umso größer ist die Versuchung, auf reinen Finanzmärkten<br />
mit Geld neues zusätzliches Geld<br />
verdienen zu wollen. Es wird auf unterschiedlich<br />
vage vermutete Wachstumserfolge gesetzt. Der<br />
Einsatzort <strong>de</strong>s Gel<strong>de</strong>s wird mit zunehmen<strong>de</strong>r<br />
Frequenz verän<strong>de</strong>rt, so entsteht immer wie<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>r Eindruck von Knappheit finanzieller Mittel;<br />
dies för<strong>de</strong>rt <strong>de</strong>n Reiz für Finanzinvestitionen<br />
und damit <strong>de</strong>ren Kurswert. Dabei erhöhen sich<br />
die finanzökonomische Geschwindigkeit und<br />
die Anfälligkeit <strong>de</strong>s ökonomischen Systems<br />
für Selbstzerstörung.<br />
Ruanda: Ressourcen-zentrierte<br />
Ökonomie – Vergangenheit und<br />
Zukunft<br />
In Ruanda gab es <strong>de</strong>n Völkermord. Er hinterließ<br />
viele zerstörte Familien. Dieses Land benötigt<br />
Gerechtigkeit durch realisierte Bestrafung von<br />
Taten aus <strong>de</strong>r Vergangenheit und Ziele für die<br />
Zukunft. Das sind das Auffangen <strong>de</strong>r seelischen<br />
Verletzungen und die materielle Verbesserung<br />
durch eigene Arbeit. Deshalb erscheint<br />
71