2007 - Konvent Evangelischer Theologinnen
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und anderen Kontexten kommend, unterschiedlich theologisch geprägt, hatten<br />
wir alle dieselben Fragen, Nöte, Angriffe.<br />
Das hat sich ein wenig verändert, aber es verbindet uns weiterhin diese konkrete<br />
kirchenleitende Verantwortung für Klarheit, Ehrlichkeit, Partizipation. Das wurde<br />
beim Kirchenleiterinnen-Treffen des Lutherischen Weltbundes im März <strong>2007</strong> deutlich<br />
– da sind wir immerhin über 20 Frauen in bischöflichen Funktionen gewesen.<br />
Allerdings: ein bisschen schwierig ist es inzwischen in manchen Bereichen für uns<br />
in Hamburg geworden. Aus ganz anderen Gründen, früher nicht geahnten. Zum<br />
Beispiel in der Zusammenarbeit mit der russisch-orthodoxen Eparchie von St.<br />
Petersburg und Ladoga. St. Petersburg ist seit 50 Jahren Partnerstadt von Hamburg<br />
– und bei Besuchen in St. Petersburg sind wir fast nur leitende Frauen aus Kirche<br />
und Diakonie. Da stelle ich schon die Frage nach einem männlichen Delagationsmitglied,<br />
und schmunzelnd spreche ich dann auch von unserem „Alibimann“,<br />
den wir brauchen, damit die orthodoxen Brüder nicht auf die Idee kommen, dass<br />
wir Frauen alle Posten in unserer Kirche besetzten. Und gar meinten, wir wären<br />
gar nicht mehr richtig Kirche!<br />
Ja, in Kirche und Diakonie, in der Ökumene und in der Partnerschaftsbeziehung<br />
zu Regierung und Verbänden sind seit einigen Jahren im Sprengel Hamburg die<br />
Frauen dominant. Normalerweise fällt mir das gar nicht auf. Allerdings merke ich<br />
in Gottesdiensten auch nicht, wenn dann nur Männer liturgisch agieren. Wir haben<br />
aus meiner Sicht inzwischen eine so gute Zusammenarbeit, dass wir die<br />
Quote von mindestens 40% gar nicht brauchen.<br />
Und dennoch bleibt es wichtig, mich immer wieder daran erinnern zu lassen, dass<br />
das nicht selbstverständlich ist und nicht unbedingt so bleiben wird. Allein ein Blick<br />
auf die Universität lehrt uns Vorsicht, nicht in Bezug auf die Studierenden, aber<br />
sehr wohl im Bezug auf das Professorium. Da hat es zwar Veränderungen gegeben,<br />
aber immer noch ist an eine 40%-Quotenerfüllung überhaupt nicht zu denken.<br />
Das normale bischöfliche Leben hat sich längst eingependelt. Ich freue mich<br />
darüber, dass die Medien mich nicht mehr so im Visier haben und viele in Kirche<br />
und Gesellschaft einfach wissen, wo mein Herz schlägt: Und das ist weitgehend<br />
für die Menschen und Projekte an der Basis, sowohl im kirchlichen als auch im<br />
gesellschaftlichen Bereich. Die Frage der Gerechtigkeit spielt für mich eine große<br />
Rolle, und ich weiß, dass all die Kämpfe für die Frauen und Homosexuellen und<br />
Flüchtlinge und Wohnungslosen immer neu von Bedeutung und manchmal von<br />
erheblicher Brisanz sind.<br />
Für alle kann ich mich nicht einsetzen, aber ich kann die, die in dieser Arbeit<br />
sind, stärken oder zumindest wahrnehmen und ihr Engagement verbinden. Statt<br />
Seilschaft geht es uns um Netzwerke, so sagten wir vor Jahrzehnten, und so<br />
begann ich mein Bischofsamt, und ich bin fest davon überzeugt, dass dies der<br />
einzig richtige Weg für Kirche und Gesellschaft ist. Ich habe nach wie vor Argwohn<br />
gegen zentralistische und im Machtsinn hierarchische Ordnungen und Bestrebungen.<br />
<strong>Theologinnen</strong> Nr. 20 / Juni <strong>2007</strong> - Frauen auf dem Weg<br />
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