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Tradition2.pdf (Download) - Medienwissenschaft

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Mais trop tard puisque la transcription circule, toujours le problème de l´archive, archive non maîtrisable, là pas<br />

plus que jamais, à cause de cette technique du recording . Cependant, l´archive légale saturant moins que<br />

jamais le tout de l´archive, celle­ci reste immaîtrisable et continue, en continuité avec l´anarchive . 54<br />

Archive, archäologische Lagen und Überlieferungschancen<br />

Stellen wir dem Gedächtnis kultureller Archiv eine rührige<br />

Variante gegenüber, nämlich die Archäologie dessen, was sie<br />

ausgrenzen. Notierte (schriftfixierte), dann kodierte (mit<br />

Signaturen versehene) Schriftstücke bilden als Archiv nicht<br />

vergangene Wirklichkeiten ab, es sei denn die Logistik von<br />

Verwaltung selbst. Vielmehr bilden sie - gleich Pixeln einer<br />

Bildmenge - die Grundlage für eine narrative Modellierung<br />

namens Geschichtsbild. Hier wird dann eine strikt serielle<br />

Ordnung von Daten in eine plausible Ordnung (Erzählung)<br />

transformiert; die historische Lesart ist dabei eine<br />

künstliche. Im Winter des Jahres 1903 macht der Fürstlich<br />

Pless´sche Archivar Ezechiel Zivier den Vorschlag, ein<br />

Allgemeines Archiv für die Juden Deutschlands zu begründen, um<br />

aus jüdischen Körperschaften „ältere Akten und Dokumente, die<br />

für die laufenden Geschäfte nicht mehr von Belang sind“, also<br />

entkoppelt von Wirklichkeit als Verwaltungsmacht (wie Droysen<br />

in seiner Historik die Transformation von Geschäften in<br />

Geschichte beschreibt), „zur weiteren Aufbewahrung und<br />

Nutzbarmachung für geschichtliche und andere Forschungen<br />

abgeben könnte.“ 55 Eine Inspektion der Dokumentenbestände<br />

süddeutscher jüdischer Gemeinden macht ihm deutlich, daß von<br />

Archiven dort keine Rede sein kann, sondern vielmehr von<br />

Überresten in Speichern. Die Abfassung einer kontinuierlichen<br />

Geschichte ist auf dieser Grundlage nicht möglich; wo die<br />

Kunde hebräischer Schrift verstummt ist, werden die<br />

entsprechenden Schriftstücke ausgesondert. Anders im Fall der<br />

Neuordnung der Hamburger Deutsch-Jüdischen Gemeinde im 19.<br />

Jahrhundert, als sich die konservativen Vertreter davon<br />

scheuen, „dieses Material, das in hebräischer, d. h. in der<br />

heiligen Schrift niedergeschrieben war, zu vernichten oder als<br />

Altpapier zu verkaufen. Man ließ es aber ungeordnet liegen und<br />

konnte auch nicht verhindern, daß einzelne Aktenstücke und<br />

Archivalien verschwanden.“ 56 Einmal aber in Unordnung und<br />

unregistriert, d. h. gedächtnissymbolisch unkodiert, liegt<br />

Ordnung allein in der diskreten Buchstabenfolge, also auf der<br />

wissensarchäologischen Ebene der Schriftstücke selbst. Nicht<br />

Geschichte, sondern ihr Mangel ist die ästhetische<br />

Voraussetzung des Studiums verbliebener Dokumente.<br />

54<br />

Jacques Derrida, Pour l'amour de Lacan, in: Collège International de Philosophie (Hg.), Lacan avec les<br />

philosophes, Paris 1991, 397­420 (400 u. 419)<br />

55<br />

Ezechiel Zivier, Eine archivische Informationsreise, in: Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des<br />

Judentums, 49. Jg. (= N. F. 13. Jg.) 1905, 209-254 (209)<br />

56<br />

Der ehemalige Archivar der Breslauer Synagogengemeinde Bernhard Brilling, Das jüdische Archivwesen in<br />

Deutschland, in: Der Archivar, 13. Jg., Heft 2/3 (1960), Sp. 271-290 (Sp. 285)<br />

15

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