Tradition2.pdf (Download) - Medienwissenschaft
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Zeitalter die Fusion von TV, Radio und Internet, oder wird<br />
dies noch zu sehr aus der Perspektive der Fernsehkultur<br />
diskutiert? Vielmehr wird ein generalisiertes Internet den<br />
Begriff und die Praxis des Fernsehens selbst absorbieren. Dies<br />
ist keine Frage, die mit Rückgriffen auf Kultur- und<br />
Freizeitverhalten allein beantwortet werden kann, sondern<br />
vielmehr auch eine Funktion der Hardware von Datenübertragung<br />
- je nachdem, ob TV-Kabelnetze ausgebaut werden oder vielmehr<br />
das Internet-Kabelnetz. Bleibt von Fernsehen vielleicht nur<br />
sein übertragungstechnisches Dispositiv zu Diensten<br />
allgemeiner Telekommunikation.<br />
In der Fernsehübertragung als zeitbasiertem Prozeß liegt die<br />
umgekehrte Akzentsetzung zu dem angelegt, was Alberti in<br />
seiner Maschine zur verlustfreien Tradierung des Stadtplans<br />
von Rom konzipierte; hier nämlich diente die Diskretisierung<br />
der Karte in einzelne meßbare und wieder zusammensetzbare<br />
Bildpunkte nicht dem Wahrnehmungsbetrug des<br />
unterscheidungsarmen Auges, sondern der sicheren Übertragung.<br />
Alberti ging es primär um den Speicher, nicht die scheinbare<br />
Auslöschung des Speichers durch Direktübertragung. Tatsächlich<br />
ist die verlustfreie Kopie, also Speicher- und Übertragbarkeit<br />
von Daten, allen Gesetzen der Historik zum Trotz, das<br />
kulturtechnisch unerhört Neue im digitalen Raum.<br />
Leon Battista Alberti strebte nicht nur neue Verfahren der<br />
Geheimkodierung zu politischen Zwecken, sondern in seiner<br />
Descriptio Urbis Romae mit seiner Bildrastermethode auch eine<br />
Methode für die verlustfreie Tradierung visuellen Wissens an.<br />
Hier wird die Karte Roms nicht als graphischer Druck, sondern<br />
als Sequenz alphanumerischer Lettern, mithin als Datei<br />
überliefert, nach dem von Ptolemäus in seinem Buch über<br />
Geographie aus der Antike vertrauten Modell. Diesbezüglich ist<br />
der Begriff Information im technischen Sinn auch auf Bilder<br />
anwendbar . Ptolemäus hat dieses virtuelle<br />
Verfahren mit der Fehleranfälligkeit manueller Kartenkopien<br />
begründet:<br />
Ptolemy´s atlas of the world is handed down to posterity in digital format. Ptolemy lists 8000 locations, and<br />
of each place he indicates the geographic coordinates . Then he insists that each reader has to redraw one of<br />
more maps on the basis of the numerical data exclusively, and he emphasizes that no map, once drawn,<br />
should ever be copied again. Each map has to be generated each time anew from Ptolemy´s lists of coordinates,<br />
and in the absence of any other transmitted picture or image.. The text was a mapgenerating programme.<br />
Each map, or each image, was conceived as the occasional and ephemeral epiphany of the text that<br />
contained its encryption together with the software that was necessary to decipher it and recreate the image<br />
itself. 132<br />
132<br />
Mario Carpo, Alberti´s Media Lab. Alberti on reproduction and reproducibility of text, pictures, and numbers,<br />
vorgetragen im Seminar Between Graphics, Instruments, and Fiction. Tools of Power in Early Modern Europe,<br />
Zentrum für Literaturforschung Berlin, Forschungsgruppe "Europa", 11./12. Mai 2001. Siehe ders., "Descriptio<br />
urbis Romae". Ekphrasis geografica e cultura visuale all´alba della rivoluzione tipografica, in: Albertiana,<br />
Florenz (Olschki) 1, 1 (1998), 111-132<br />
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