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Tradition2.pdf (Download) - Medienwissenschaft

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Aber mathematische Statistik behält hier kühlen Kopf, wenn<br />

Medienarchäologie an die Stelle von Historie tritt. Claude<br />

Shannon spielt Discrete Noiseless Systems am Beispiel von<br />

Buchstabenfolgen durch . An dieser<br />

Stelle kommt die mediensemiotische Differenz von Tradition als<br />

Übertragung und Übersetzung ins Spiel: bei der Übersetzung<br />

arabischer Texte zu Mathematik und Geometrie (selbst meist<br />

Übersetzung aus dem Griechischen, aus Syrien) ins Lateinische.<br />

„The literary defects of a literal translation are obvious,<br />

but if an interpretative translator does not understand the<br />

text, or does not understand it fully, the result can be<br />

worse.“ 59 Bei literarischen Texten herrscht hier eine große<br />

Fehlertoleranz, bei mathematischen Symbolen nicht, wie in der<br />

Welt der Programmierung: ein bug zerstört gleich den ganzen<br />

Sinn. Al-Kindi insistiert daher darauf, bei Überstzung aus dem<br />

Griechischen die Ordnung der Worte beizubehalten, selbst auf<br />

Kosten des Stils. „Even in the case of unambiguous translation<br />

there are problems. One is the existence of revisions,<br />

sometimes by the translator himself“ . Die<br />

Transformationsregeln solcher Übersetzungsverluste lassen sich<br />

formalisieren, ebenso wie sich Daten, wenn sie nicht als<br />

Signal an die Nachwelt gedacht und gesendet wurden, als<br />

unabsichtliche Überlieferung ebenfalls nachrichtentheoretisch<br />

berechnen lassen. „Information in der Kommunikationstheorie<br />

bezieht sich nicht so sehr auf das, was gesagt wird, sondern<br />

mehr auf das, was gesagt werden könnte“ 60 - anders als die<br />

Diskurstheorie, die vom tatsächlich Gesagten (Foucault)<br />

ausgeht. Mithin aber lauert hier das Phantom der allegorischen<br />

Lesart des verborgenen Schriftsinns: Historiker lauschen den<br />

Geschäften einer vergangenen Gegenwart Information ab, die<br />

nicht intendiert, aber ausgesagt war. Der Empfänger führt in<br />

der Signalkette normalerweise den entgegengesetzten<br />

Arbeitsgang des Senders durch, indem er die Nachricht wieder<br />

aus dem Signal rekonstruiert. 61 Indem nun die Gegenwart sich<br />

nachträglich (und in einem Akt hermeneutischer<br />

Selbstermächtigung) an die Stelle des Nachrichtenziels setzt,<br />

liegt eine Bestimmung, eine Destination zweiter Ordnung vor;<br />

mithin muß die Nachrichtentheorie somit für die Übermittlung<br />

von Vorgängen über den Zwischenspeicher der Zeit reformuliert<br />

werden.<br />

gleichförmigen Einzelsachakten in einer heutigen Großstadtverwaltung. Dargestellt am Beispiel Kölns, in:<br />

Archivalische Zeitschrift Bd. 61 (1965), 98-127 (100f)<br />

59<br />

Richard Lorch, Greek-Arabis-Latin: The Transmission of Mathematical Texts in the Middle Ages, in: Max-<br />

Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte, Preprint 82 (International Workshop: Experience and Knowledge<br />

Structures in Arabic and Latin Sciences, Berlin, Dezember 1996), 3-6 (5)<br />

60<br />

Warren Weaver, Ein aktueller Beitrag zur mathematischen Theorie der Kommunikation, in: Claude E. shannon<br />

/ ders., Mathematische Grundlagen der Informationstheorie [1949], übers. v. Helmut Dreßler, München<br />

(Oldenbourg) 1976, 11-40 (18)<br />

61<br />

Claude E. Shannon, Die mathematische Theorie der Kommunikation, in: ders. / Warren Weaver 1976: 41-143<br />

(44)<br />

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