IFT · Institut für Therapieforschung München München 2007 ...
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Aus einer qualitativen Nachbefragung über das Kontingenzmanagement lassen sich drei<br />
Bereiche <strong>für</strong> Gutscheine bilden, die die Drogenabhängigen auf die Frage nannten, wo<strong>für</strong> sie<br />
noch gerne Gutscheine erhalten würden. Das waren Gutscheine <strong>für</strong> Kulturelle oder Freizeitveranstaltungen,<br />
<strong>für</strong> Lebensmittelläden einschließlich Tabak und schließlich auch <strong>für</strong> Spritzen<br />
und Kondome. Im Folgenden werden diese inhaltlich diskutiert und teilweise mit Originalaussagen<br />
belegt.<br />
Kulturelle oder Freizeitveranstaltungen wurden als Gegengewicht zur Sucht angeführt bzw.<br />
es wurden Verbindungen zu einer früheren Therapie hergestellt („bei mir ist die sportliche<br />
Betätigung ein Gegengewicht zur Sucht, die körperliche Konstitution ist dann stärker, ich<br />
kann leichte Entzugserscheinungen besser verkraften, sie ist auch gut, um überhaupt wieder<br />
ein Körpergefühl zu entwickeln“, „ich habe in der Therapie früher Aquarelle gemalt und würde<br />
gerne Ausstellungen besuchen“).<br />
Die zweite Kategorie (Fahrkarten, Gutscheine <strong>für</strong> andere Handelsketten oder das Gebrauchtwarenhaus)<br />
verweist auf die unmittelbare Brauchbarkeit der Gutscheine. Fahrkarten<br />
haben unmittelbare lebenspraktische Relevanz <strong>für</strong> Personen, die Vorstrafen oder Bewährungsstrafen<br />
haben und wegen „Schwarzfahrens“ mitunter mit Gefängnisstrafen zu rechnen<br />
haben. Wer ständig damit beschäftigt ist, Geld <strong>für</strong> Drogen aufzutreiben, hat <strong>für</strong> andere Lebensbereiche<br />
wenig Geld zur Verfügung. Daher ist es plausibel, wenn auf preisgünstige<br />
Supermärkte oder Gebrauchtwarenläden verwiesen wird. Bei gleichem Gutschein-Betrag ist<br />
die Ausbeute hier deutlich höher als etwa bei einem teureren Supermarkt. Auch ist der<br />
Betreffende bei seinem Stamm-Supermarkt bekannt und muss nicht mit unangenehmen<br />
Fragen nach der Herkunft der Gutscheine rechnen.<br />
Die dritte Kategorie berührt die Frage der Wahlmöglichkeiten, wo<strong>für</strong> die Gutscheine eingelöst<br />
werden können. Der Klient, der seine Gutscheine zum Zwecke des Tabakerwerbs eingetauscht<br />
hatte, sprach sich <strong>für</strong> Gutscheine aus, <strong>für</strong> die auch Tabak eingelöst werden könnte.<br />
Dies lässt sich jedoch gesundheitsethisch betrachtet nicht vertreten. Ein anderer Klient<br />
schlug Gutscheine <strong>für</strong> Spritzen und Kondome vor. Da sowohl Spritzen als auch Kondome in<br />
bestimmten Kontaktläden wie auch von Streetworkern kostenlos verteilt werden, erscheinen<br />
Gutscheine <strong>für</strong> diesen Bereich wenig attraktiv.<br />
4.9 Folgerungen und Ausblick<br />
• Beide Motivierungsprogramme (Intervention I und II) führen insgesamt zu einer besseren<br />
Einbindung in das Hilfesystem.<br />
• Eine stärkere Therapie und Einbindung bedeutet nicht unbedingt, dass es den Klienten in<br />
dieser Phase wegen einer größeren Problemaktivierung subjektiv sofort besser geht. Die<br />
Erfahrungen mit dem Motivierungsprogramm I, das aus einer intensiven Motivationsförderung<br />
und psychosozialer Hilfe besteht, sind positiv und die Akzeptanz der Mitarbeiter ist<br />
gegenüber diesem Programm höher als gegenüber dem Kontingenzmanagement (Motivierungsprogramm<br />
II).<br />
• Eine bemerkenswert hohe, wenn auch statistisch gegenüber dem Motivationsprogramm I<br />
nicht signifikant höhere Haltequote spricht tendenziell <strong>für</strong> das Kontingenzmanagement.<br />
Nimmt man die Erfahrungen der US-Studien hinzu, so sprechen die Ergebnisse <strong>für</strong> einen<br />
verstärkten Einsatz des Kontingenzmanagements als zusätzliche Komponente.