gwf Wasser/Abwasser Qualität auf den ersten Blick (Vorschau)
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FACHBERICHTE <strong>Wasser</strong>versorgung<br />
nach <strong>den</strong> anerkannten Regeln der Technik. Alle<br />
Maßnahmen des Betriebs, der Instandhaltung und der<br />
Systemerweiterungen sind mit dem übergeordneten<br />
Systemkonzept in Einklang zu bringen.<br />
In Entwicklungsländern mangelt es vielen <strong>Wasser</strong>verteilungssystemen<br />
an einem übergeordneten<br />
Konzept. Komplexe, große <strong>Wasser</strong>verteilungssysteme<br />
ohne definierte Druck- oder Versorgungszonen sowie<br />
ohne definierte Zubringersysteme sind nicht ungewöhnlich,<br />
siehe zum Beispiel [18, 19].<br />
Meist wur<strong>den</strong> diese Systeme für die damalige Größe<br />
des Versorgungsgebiets sachgemäß für eine kontinuierliche<br />
Versorgung konzipiert und gebaut. Auf das starke<br />
Bevölkerungswachstum im urbanen Raum und das<br />
damit oft verbun<strong>den</strong>e unkontrollierte Siedeln wurde nur<br />
noch ungenügend und improvisierend reagiert. Andere<br />
Systeme sind bereits ungeplant angelegt wor<strong>den</strong>.<br />
In bei<strong>den</strong> Fällen ist eine aktuelle Missachtung oder<br />
fehlende Berücksichtigung übergeordneter Konzepte<br />
kennzeichnend. Die Ursachen im technischen Bereich<br />
sind hauptsächlich in ungenügen<strong>den</strong> Systemkenntnissen<br />
und einer mangelhaften Planung zu fin<strong>den</strong>.<br />
2.3 Systemkenntnisse<br />
<strong>Wasser</strong>verteilungsnetze unterliegen einer starken<br />
Dynamik. Sowohl die Planung und Analyse als auch der<br />
Betrieb verlangen deshalb fundierte aktuelle Kenntnisse<br />
des Systems und der maßgeben<strong>den</strong> Randbedingungen<br />
[20].<br />
In Entwicklungsländern liegen meist keine oder nur<br />
veraltete Netzpläne vor, die gravierend von der Realität<br />
abweichen, wie beispielsweise eine Untersuchung in<br />
Béni Abbès zeigt [21]. Ein Abgleich der Realität mit <strong>den</strong><br />
Netzplänen ergab Unstimmigkeiten bei 86 % des Leitungsnetzes<br />
(Leitungen, die korrekt verzeichnet sind:<br />
14 %; Leitungen, die existieren und verzeichnet, aber<br />
nicht korrekt verzeichnet sind: 34 %, Leitungen, die<br />
verzeichnet sind, aber nicht existieren: 21 %; Leitungen,<br />
die nicht verzeichnet sind, aber existieren: 31 %). Liegen<br />
keine Aufzeichnungen vor, wird meist davon ausgegangen,<br />
dass die <strong>Wasser</strong>meister über gute Systemkenntnisse<br />
verfügen. Allerdings ist der Wissensstand in<br />
der Regel nicht so gut wie angenommen [10, 21].<br />
Die Ursachen liegen hauptsächlich im institutionellen<br />
und personellen Bereich der <strong>Wasser</strong>versorger.<br />
Von <strong>den</strong> Entscheidungsträgern wird die Bedeutung<br />
einer funktionieren<strong>den</strong> Datenhaltung oft schlicht nicht<br />
erkannt [15]. Auf der Ausführungsebene ist die Finanzierung<br />
und die Verfügbarkeit von entsprechend ausgebildetem<br />
und motivierten Personal meist die entschei<strong>den</strong>de<br />
Restriktion [22].<br />
Neben der Kenntnis der Infrastruktur ist die Kenntnis<br />
des hydraulischen Systemverhaltens von entschei<strong>den</strong>der<br />
Bedeutung. Allerdings ist ein rechnerisches<br />
Nachvollziehen des hydraulischen Systemverhaltens bei<br />
ungenügender Datengrundlage und nicht sachgemäßem<br />
Systembetrieb nicht möglich [12]. Insbe sondere<br />
bei einer intermittieren<strong>den</strong> Betriebsweise ist <strong>auf</strong>grund<br />
instationärer Strömungszustände, möglicher Zweiphasenströmungen<br />
sowie der meist komplexen Systemkonfigurationen<br />
(Hausbehälter, private Pumpen)<br />
mit teilweise unbekannten Parametern (<strong>Wasser</strong>verluste,<br />
Systemdaten) die bedarfsabhängige Rohrnetzberechnung<br />
nicht mehr aussagekräftig.<br />
2.4 Systemplanung<br />
Bei einem fehlen<strong>den</strong> übergeordneten Systemkonzept<br />
oder bei ungenügender Systemkenntnis sind Systemanalysen<br />
sowie sachgemäße Planungen von Netzerweiterungen<br />
oder Netzanpassungen an veränderte Randbedingungen<br />
nicht möglich (Abschnitt 2.2 und 2.3). Die<br />
Konsequenz sind intuitiv veranlasste, ungeplante Netzmodifikationen<br />
und Netzerweiterungen sowie falsch<br />
dimensionierte Systemkomponenten.<br />
Eine fehlende oder fehlerhafte Systemplanung führt<br />
dazu, dass die Komplexität eines ursprünglich mitunter<br />
sachgemäß konzipierten Systems zunimmt, die Systeme<br />
eine undurchschaubare Netztopologie <strong>auf</strong>weisen<br />
und Komponenten nicht richtig für die vorherrschen<strong>den</strong><br />
Lastfälle ausgelegt sind [6]. In diesem Zusammenhang<br />
sind auch fehlende Anpassungen der Systemkapazitäten<br />
an steigen<strong>den</strong> Bedarf, beispielsweise durch<br />
Bevölkerungswachstum, zu berücksichtigen [11, 12, 17].<br />
Die aus der ungenügen<strong>den</strong> Systemplanung resultieren<strong>den</strong><br />
Druckspitzen und Druckschwankungen im Systembetrieb<br />
wirken sich negativ <strong>auf</strong> <strong>den</strong> Zustand der<br />
Infrastruktur aus. Zu niedrige Leitungsdrücke führen zu<br />
Stagnationszonen mit nicht versorgten Netzbereichen<br />
(Abschnitt 3.1). Die Versorgungsengpässe und die damit<br />
verbun<strong>den</strong>e ungerechte Verteilung veranlassen die<br />
Verbraucher zu illegalen Netzanschlüssen, das Nutzen<br />
privater Pumpen und zur Installation von Hausbehältern,<br />
was wiederum die Komplexität der Netzstruktur<br />
und der Netzhydraulik erhöht [15].<br />
Letztlich verhindern komplexe Netzstrukturen und<br />
fehldimensionierte Systemkomponenten einen sachgemäßen<br />
Betrieb. Die Betreiber sehen sich gezwungen,<br />
das <strong>Wasser</strong>verteilungsnetz intuitiv und intermittierend<br />
zu betreiben.<br />
2.5 Instandhaltung und <strong>Wasser</strong>verlustreduktion<br />
Ungenügende Systemkenntnisse erschweren zudem<br />
eine nachhaltige Instandhaltung und dabei insbesondere<br />
die zu planen<strong>den</strong> Grundmaßnahmen Wartung,<br />
Inspektion und Rehabilitation (Abschnitt 2.3). Die Konsequenz<br />
ist ein zunehmend mangelhafter Zustand der<br />
Infrastruktur, der in der eingeschränkten Funktionalität<br />
der Systemelemente und einer erhöhten Leckageanzahl<br />
mit entsprechend hohen realen <strong>Wasser</strong>verlusten<br />
re sultiert.<br />
Reale <strong>Wasser</strong>verlustmengen können dabei Dimensionen<br />
annehmen, die in letzter Konsequenz eine<br />
Januar 2013<br />
96 <strong>gwf</strong>-<strong>Wasser</strong> <strong>Abwasser</strong>