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GLAS 23<br />
Wie sehr die Malerei auf den Freundschafts-<br />
und Erinnerungsbechern der<br />
Werkstätten Mohns und Kothgassers<br />
ihre Zeitgenossen beeindruckte, veranschaulicht<br />
dieses Stück: Hier wurde der<br />
Versuch unternommen, einen Becher<br />
mit opaker Kaltmalerei zu veredeln. Zu<br />
sehen ist eine Dresden-Vedute. Wahrscheinlich<br />
wurde der anonyme, mutmaßlich<br />
sächsische Künstler durch die<br />
Lackdosen von Johann Heinrich Stobwasser<br />
angeregt. Zunächst trug er eine<br />
Goldschicht auf, die beim Blick in den<br />
Becher ihre glänzende Pracht entfaltet.<br />
Nur wenige Trinkgefäße wurden in dieser<br />
Technik dekoriert. Wahrscheinlich<br />
stellten ihre Hersteller oder Besitzer<br />
schnell fest, dass der Lack auf Glas nicht<br />
haftete<br />
Ihre Themenvielfalt machte die in<br />
der Regel um zwölf Zentimeter hohen<br />
Gläser mit der luziden Malerei<br />
von Anfang an zu begehrten Vitrinenobjekten.<br />
Besonders während<br />
des Wiener Kongresses,als die österreichische<br />
Hauptstadt von einer Vielzahl<br />
hoher ausländischer Diplomaten<br />
bevölkert wurde,blühte das<br />
Geschäft mit den zerbrechlichen<br />
Souvenirs. Ansichten von Stephansdom<br />
und Hofkirche,von Schönbrunn<br />
und dem belebten Graben vermittelten<br />
den lieben Daheimgebliebenen<br />
einen Eindruck vom Leben in der<br />
berühmten Metropole. Verglichen<br />
mit den Prunkstücken,die die europäischen<br />
Porzellanmanufakturen<br />
um diese Zeit schufen,kommen die<br />
transparent bemalten Trinkbecher<br />
bescheiden daher. Und sie wurden<br />
wohl nicht so ganz ernst genommen,waren<br />
sie doch nur ein liebenswertes<br />
Nebenprodukt im Angebot<br />
der bedeutenden Manufakturen.<br />
Gleichwohl legen sie Zeugnis ab vom<br />
hohen technischen und künstlerischen<br />
Standard der damaligen<br />
Glaskunst.<br />
Ihre rasante Karriere zu Beginn<br />
des 19. Jahrhunderts verdanken<br />
diese reizenden <strong>Sammler</strong>stücke der<br />
Wiederentdeckung der transparenten<br />
Emailfarben,die nach ihrem Auftrag<br />
auf den gläsernen Untergrund<br />
eingebrannt werden. Es handelt sich<br />
um eine alte Technik,die bereits im<br />
17. Jahrhundert in Nürnberg eine<br />
kurze Blüte erlebt hatte,dann aber in<br />
Vergessenheit geriet. Denn bei der<br />
Dekoration von Hohlglas gab man<br />
der Gravur den Vorzug,und auch in<br />
der Architektur des Barock und des<br />
Rokoko spielte farbiges Fensterglas<br />
kaum eine Rolle.<br />
Bei den Bemühungen um größere<br />
Leuchtkraft für ihre farbigen Wapner<br />
Liebesbeziehung zu den Kleinodien,die<br />
er nun seit mehr als fünf<br />
Jahrzehnten erforscht: Das erste<br />
Glas – einen Becher von Friedrich<br />
Egermann – erstand von Lichtenberg<br />
in den 1950er-Jahren während eines<br />
Klassenausflugs auf dem Londoner<br />
Portobello Market. Der Händler habe<br />
damals sechs Pfund für das Stück<br />
verlangt. Es gelang dem Schüler,ihn<br />
auf viereinhalb Pfund herunterzu-<br />
handeln. Den Kauf hat er nie bereut:<br />
Das Glas befindet sich noch immer<br />
in seiner längst in Fachkreisen hoch<br />
angesehenen Sammlung.<br />
THEMENVIELFALT<br />
Ranftbecher mit dem Michaelerplatz in<br />
Wien, Anton Kothgasser, um 1815/20<br />
(Privatsammlung)<br />
Luxus im Grünen genießt der Mops,<br />
dem Anton Kothgasser um 1828/30 auf<br />
einem Ranftbecher ein Denkmal setzte<br />
(Privatsammlung)