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GEMÄLDE 63<br />
Roma Antica, 1754/1757. Öl / Lwd., 169 x<br />
227 cm (Staatsgalerie Stuttgart)<br />
nen Statisten, die die Monumentalität<br />
des gigantischen Kuppelbaus veranschaulichen.<br />
Im Mittelalter geriet die einstige<br />
Millionenstadt in Vergessenheit und<br />
sank mit kaum mehr als 25.000 Seelen<br />
auf Kleinstadtniveau herab. Die<br />
Renaissance-Päpste begannen eine<br />
rege Bautätigkeit im Vatikan, doch<br />
1527 durchzuckte der Sacco di Roma<br />
die Tiberstadt und machte sie zum<br />
Schauplatz von Plünderung und Gemetzel,<br />
als die Söldnertruppen Karls<br />
V. einfielen und Papst Clemens VII.<br />
monatelang in der Engelsburg festhielten.<br />
Nach der Reformation rückte<br />
Rom als Kirchenstaat in den abendländischen<br />
Blickpunkt und vergrößerte<br />
sich allmählich, um die alljährlichen<br />
Pilgerströme aufzunehmen,<br />
die die Tiberstadt prosperieren ließen.<br />
Im Barock setzte eine beispiellose<br />
Bautätigkeit ein, die etwa Borromini,<br />
Bernini und Caravaggio grandiose<br />
Aufträge bescherte und Künstler<br />
aus ganz Europa magisch anzog.<br />
Zu den Vorboten zählten Velazquez,<br />
Poussin und Rubens, denn so richtig<br />
setzte der Rom-Tourismus erst in der<br />
Mitte des 18. Jahrhundert ein und<br />
wirkte sich epochemachend aus, in<br />
der Ära des Klassizismus. Die Einwohnerzahl<br />
Roms hatte sich 1750 auf<br />
156.000 erhöht, lag damit aber weiterhin<br />
hinter Neapel und Venedig.<br />
Damals wie heute bildeten die Römer<br />
nur einen Bruchteil der tatsächlichen<br />
Menschen zwischen den sieben<br />
Hügeln, denn der Tross der Touristen<br />
aus aller Herren Länder, die alljährlich<br />
Rom über Monate und Jahre<br />
frequentierten, überstieg immer die<br />
Einwohnerzahl um ein Vielfaches.<br />
Unter den Besuchern bildete lange<br />
Zeit der Klerus die größte Gruppe.<br />
Seit dem 18. Jahrhundert vermehrte<br />
sich der Strom der Bildungsreisenden:<br />
Künstler, Literaten und junge<br />
Adlige auf Kavalierstour. Es war üblich,<br />
in der Vorbereitung auf die Gran<br />
tour in Reiseberichten von Diplomaten,<br />
Adligen oder Schriftstellern zu<br />
schmökern und sich in dickleibigen<br />
Stichwerken den Kanon der berühmtesten<br />
Denkmäler, Bau- und Kunstwerke<br />
Italiens einzuprägen. Zum<br />
Kanon der „Capolavori" mit hohem<br />
Wiedererkennungswert zählten jene<br />
Altertümer, die auch Panini immer<br />
wieder zur Anschauung brachte:<br />
Pantheon, Kolosseum, Triumphbögen,<br />
Siegessäulen, Obelisken, Tempelruinen<br />
und Skulpturen wie Herkules,<br />
Krieger, Dioskuren und Götterstandbilder.<br />
Im 17. Jahrhundert hatten<br />
die französischen Maler Nicholas<br />
Poussin und Claude Lorrain in ihre<br />
idealisierten Landschaften antike Relikte<br />
wohlplatziert, die an das verlorene<br />
Arkadien mahnen sollten: Auf<br />
einem antiken Sarkophag lasen die<br />
Hirten in einem <strong>Gemälde</strong> Poussins<br />
die Inschrift von Vergils Axiom „Et in<br />
Arcadia ego!” (auch ich in Arkadien),<br />
das Goethe und Generationen von<br />
Kunsthistoriker herausforderte. Bei<br />
Panini fehlen derlei philosophische<br />
Referenzen, ihm ging es um die<br />
Schönheit der römischen Hinterlassenschaften<br />
und manchmal um eine<br />
bildliche Bestandsaufnahme, wie in<br />
dem <strong>Gemälde</strong> „Roma Antica" (1754).<br />
Offenbar war ihm bewusst, dass die<br />
rege Bautätigkeit und der gleichmütige<br />
Umgang seiner Zeitgenossen<br />
mit der Geschichte zum unwiederbringlichen<br />
Verlust römischer Hinterlassenschaften<br />
führte. Panini hat<br />
durch seine Darstellungen für ein<br />
breites Interesse an römischer Kunst<br />
gesorgt, was allerdings auch Begehrlichkeiten<br />
weckte. So gelang es Napoleon,<br />
die transportablen „Capolavori",<br />
die er seinem Schwager Camillo<br />
Borghese nicht abkaufen konnte,<br />
in einem spektakulären Beutezug<br />
nach Paris zu transferieren, darunter<br />
die Laokoon-Gruppe, den Apoll vom<br />
Belvedere, die Vatikanische Ariadne<br />
usw. Sie kehrten nach Rom zurück,<br />
während der nicht weniger prominente<br />
Borghese Krater und der Borghese<br />
Krieger in Paris blieben.<br />
ANTIKENBEGEISTERUNG<br />
Aus dem Zentralfond Baden-Württembergs<br />
wurde 1978 für die Staatsgalerie<br />
Stuttgart eines der Hauptgemälde<br />
von Panini erworben. Das<br />
Wand füllende Erinnerungsbild „Roma<br />
antica" zeigt repräsentative gerahmte<br />
Ansichten der berühmtesten<br />
Baudenkmäler und Skulpturen des<br />
antiken Roms in dem Zustand, wie<br />
Panini sie kannte. Das <strong>Gemälde</strong> gehörte<br />
zu einem vierteiligen Zyklus,