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Sammler Journal Gemälde (Vorschau)

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64<br />

GEMÄLDE<br />

der vom französischen Gesandten<br />

am päpstlichen Hof bei Panini in<br />

Auftrag gegeben wurde. Der Betrachter<br />

blickt von einem ebenerdigen<br />

Standort aus in das Innere eines<br />

monumentalen Gebäudes, an dessen<br />

Wänden und Wölbungen <strong>Gemälde</strong><br />

mit Altertümern flächendeckend<br />

wie in einer Galerie angebracht sind.<br />

Im palastartigen Raumgefüge stehen<br />

Marmorskulpturen antiker Götter,<br />

Heroen und Krieger, mannshohe<br />

Vasen, Sarkophage, Reliefs und Ruinenfragmente.<br />

Ein halbes Dutzend<br />

vornehmer Herren ist ins Gespräch<br />

vertieft über das, was sie erblicken,<br />

einer ist der Künstler selbst, zu erkennen<br />

an der Farbpalette. Später<br />

entstand das Pendant „Roma moderna"<br />

(1757, 172 x2 33 cm, Met. Museum,<br />

New York) für den Gesandten, der<br />

sich später Herzog von Choiseul nennen<br />

durfte. Das imaginierte <strong>Gemälde</strong>galeriebild<br />

zeigt Ansichten der berühmtesten<br />

Kirchengebäude, Palazzi,<br />

Brunnenanlagen und Skulpturen<br />

Roms seit der Renaissance. Schließlich<br />

wurde Panini beauftragt, die<br />

prächtige Ausfahrt des französischen<br />

Gesandten in einer sechsspännigen<br />

Staatskarosse Coram publico<br />

auf dem Petersplatz vor Berninis Kolonnaden<br />

abzubilden (152 x 195 cm,<br />

SMPK, Berlin). Für die hohe Geistlichkeit<br />

und Diplomatie malte er über<br />

zwanzig Bilder mit Innenansichten<br />

von Petersdom und Pantheon, die im<br />

internationalen Auktionshandel Zuschläge<br />

im Millionenbereich erzielen.<br />

Da Panini nur einen kleinen Teil<br />

seiner <strong>Gemälde</strong> und Zeichnungen<br />

signiert und datiert hat, muss man<br />

sich bei der Zuschreibung auf die Expertise<br />

des mittlerweile über 90-jährigen<br />

Kunsthistorikers Ferdinando<br />

Arisi oder seine Veröffentlichungen<br />

verlassen. Aufgrund der Virtuosität,<br />

des Einfallsreichtums und der koloristischen<br />

Eleganz sind <strong>Gemälde</strong>,<br />

Aquarelle und Zeichnungen aus der<br />

Werkstatt Paninis damals wie heute<br />

sehr begehrt und werden im sechsstelligen<br />

Eurobereich zugeschlagen.<br />

„CAPOLAVORI"<br />

Panini stellte mit erfindungsreicher,<br />

variabler Kombinatorik Ruinen und<br />

Skulpturen in immer neue Zusammenhänge.<br />

Mit diesen extravaganten<br />

Kompilationen entsprach er dem<br />

Wunsch, Relikte der Vergangenheit<br />

in einen didaktischen Kontext zu<br />

stellen, der besonders bei Bildungstouristen<br />

gefragt war, da sie ein<br />

sinnträchtiges Andenken ihrer Gran<br />

Tour darstellten und Anknüpfungspunkte<br />

für gelehrte Unterhaltungen<br />

boten. Ein solches prachtvolles <strong>Gemälde</strong><br />

wurde 2008 im Dorotheum in<br />

Wien für 255.000 Euro zugeschlagen.<br />

Es verfügt über die wichtigsten<br />

Zutaten eines Capriccios: Kolosseum,<br />

Konstantinbogen, Hadriansäule und<br />

zwei berühmte antike Marmorskulpturen,<br />

den sterbenden Gallier<br />

und den Borghese Fechter. Garniert<br />

ist das Ganze mit bunten Staffagefiguren,<br />

Pinien und Ruinen. Marmorskulpturen<br />

nach griechischen Bronzen<br />

standen in römischen Villen und<br />

Gärten, in Thermenanlagen und auf<br />

Plätzen. So fand man 1546 in den Caracalla<br />

Thermen das Marmorstandbild<br />

eines Herkules. Papst Paul III. ließ<br />

die Kolossalfigur in der Hofloggia<br />

seines Palazzo Farnese aufstellen,<br />

von wo sie 1789 nach Neapel transportiert<br />

wurde und heute im Archäologiemuseum<br />

zu sehen ist. Bei Fundamentarbeiten<br />

der Villa Ludovisi<br />

auf dem Pincio wurde 1623 der sterbende<br />

„Barbar" mit Halsring entdeckt,<br />

allerdings glaubte man zu Zeiten<br />

Paninis, einen tödlich verwundeten<br />

Gladiator vor sich zu haben.<br />

Gleichermaßen beim Publikum beliebt<br />

war der als Borghese Fechter in<br />

die Kunstgeschichte eingegangene<br />

Gladiator, der in Neros Villa bei Anzio<br />

1613 gefunden wurde. 1807 verkaufte<br />

Camillo Borghese die Statue zusammen<br />

mit anderen Capolavori an seinen<br />

Schwager Napoleon I. für den<br />

Louvre. Ähnlich gelangte die Borghese<br />

Vase in den Louvre, die 1569 im<br />

Garten des Historiographen Sallust<br />

gefunden wurde. Panini übernahm<br />

in seine Bilder immer auch die Fehlstelle<br />

am oberen Rand des reliefverzierten<br />

Marmorkraters, der eine<br />

stattliche Höhe von 172 cm besitzt. In<br />

unterschiedlichen Formaten wurde<br />

der Krater zahlreich in Marmor und<br />

Bronze reproduziert und in Gärten<br />

Capriccio: Forum des Nerva, Herkules<br />

Farnese, Aquädukt, Kolosseum, Obelisk,<br />

Dioskuren Castor und Pollux. Öl / Lwd.,<br />

43,5 x 147,8 cm (Gonnelli Casa d'aste, Firenze,<br />

15.10.2011, Zuschlag 110.000 Euro)

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