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GEMÄLDE<br />
der vom französischen Gesandten<br />
am päpstlichen Hof bei Panini in<br />
Auftrag gegeben wurde. Der Betrachter<br />
blickt von einem ebenerdigen<br />
Standort aus in das Innere eines<br />
monumentalen Gebäudes, an dessen<br />
Wänden und Wölbungen <strong>Gemälde</strong><br />
mit Altertümern flächendeckend<br />
wie in einer Galerie angebracht sind.<br />
Im palastartigen Raumgefüge stehen<br />
Marmorskulpturen antiker Götter,<br />
Heroen und Krieger, mannshohe<br />
Vasen, Sarkophage, Reliefs und Ruinenfragmente.<br />
Ein halbes Dutzend<br />
vornehmer Herren ist ins Gespräch<br />
vertieft über das, was sie erblicken,<br />
einer ist der Künstler selbst, zu erkennen<br />
an der Farbpalette. Später<br />
entstand das Pendant „Roma moderna"<br />
(1757, 172 x2 33 cm, Met. Museum,<br />
New York) für den Gesandten, der<br />
sich später Herzog von Choiseul nennen<br />
durfte. Das imaginierte <strong>Gemälde</strong>galeriebild<br />
zeigt Ansichten der berühmtesten<br />
Kirchengebäude, Palazzi,<br />
Brunnenanlagen und Skulpturen<br />
Roms seit der Renaissance. Schließlich<br />
wurde Panini beauftragt, die<br />
prächtige Ausfahrt des französischen<br />
Gesandten in einer sechsspännigen<br />
Staatskarosse Coram publico<br />
auf dem Petersplatz vor Berninis Kolonnaden<br />
abzubilden (152 x 195 cm,<br />
SMPK, Berlin). Für die hohe Geistlichkeit<br />
und Diplomatie malte er über<br />
zwanzig Bilder mit Innenansichten<br />
von Petersdom und Pantheon, die im<br />
internationalen Auktionshandel Zuschläge<br />
im Millionenbereich erzielen.<br />
Da Panini nur einen kleinen Teil<br />
seiner <strong>Gemälde</strong> und Zeichnungen<br />
signiert und datiert hat, muss man<br />
sich bei der Zuschreibung auf die Expertise<br />
des mittlerweile über 90-jährigen<br />
Kunsthistorikers Ferdinando<br />
Arisi oder seine Veröffentlichungen<br />
verlassen. Aufgrund der Virtuosität,<br />
des Einfallsreichtums und der koloristischen<br />
Eleganz sind <strong>Gemälde</strong>,<br />
Aquarelle und Zeichnungen aus der<br />
Werkstatt Paninis damals wie heute<br />
sehr begehrt und werden im sechsstelligen<br />
Eurobereich zugeschlagen.<br />
„CAPOLAVORI"<br />
Panini stellte mit erfindungsreicher,<br />
variabler Kombinatorik Ruinen und<br />
Skulpturen in immer neue Zusammenhänge.<br />
Mit diesen extravaganten<br />
Kompilationen entsprach er dem<br />
Wunsch, Relikte der Vergangenheit<br />
in einen didaktischen Kontext zu<br />
stellen, der besonders bei Bildungstouristen<br />
gefragt war, da sie ein<br />
sinnträchtiges Andenken ihrer Gran<br />
Tour darstellten und Anknüpfungspunkte<br />
für gelehrte Unterhaltungen<br />
boten. Ein solches prachtvolles <strong>Gemälde</strong><br />
wurde 2008 im Dorotheum in<br />
Wien für 255.000 Euro zugeschlagen.<br />
Es verfügt über die wichtigsten<br />
Zutaten eines Capriccios: Kolosseum,<br />
Konstantinbogen, Hadriansäule und<br />
zwei berühmte antike Marmorskulpturen,<br />
den sterbenden Gallier<br />
und den Borghese Fechter. Garniert<br />
ist das Ganze mit bunten Staffagefiguren,<br />
Pinien und Ruinen. Marmorskulpturen<br />
nach griechischen Bronzen<br />
standen in römischen Villen und<br />
Gärten, in Thermenanlagen und auf<br />
Plätzen. So fand man 1546 in den Caracalla<br />
Thermen das Marmorstandbild<br />
eines Herkules. Papst Paul III. ließ<br />
die Kolossalfigur in der Hofloggia<br />
seines Palazzo Farnese aufstellen,<br />
von wo sie 1789 nach Neapel transportiert<br />
wurde und heute im Archäologiemuseum<br />
zu sehen ist. Bei Fundamentarbeiten<br />
der Villa Ludovisi<br />
auf dem Pincio wurde 1623 der sterbende<br />
„Barbar" mit Halsring entdeckt,<br />
allerdings glaubte man zu Zeiten<br />
Paninis, einen tödlich verwundeten<br />
Gladiator vor sich zu haben.<br />
Gleichermaßen beim Publikum beliebt<br />
war der als Borghese Fechter in<br />
die Kunstgeschichte eingegangene<br />
Gladiator, der in Neros Villa bei Anzio<br />
1613 gefunden wurde. 1807 verkaufte<br />
Camillo Borghese die Statue zusammen<br />
mit anderen Capolavori an seinen<br />
Schwager Napoleon I. für den<br />
Louvre. Ähnlich gelangte die Borghese<br />
Vase in den Louvre, die 1569 im<br />
Garten des Historiographen Sallust<br />
gefunden wurde. Panini übernahm<br />
in seine Bilder immer auch die Fehlstelle<br />
am oberen Rand des reliefverzierten<br />
Marmorkraters, der eine<br />
stattliche Höhe von 172 cm besitzt. In<br />
unterschiedlichen Formaten wurde<br />
der Krater zahlreich in Marmor und<br />
Bronze reproduziert und in Gärten<br />
Capriccio: Forum des Nerva, Herkules<br />
Farnese, Aquädukt, Kolosseum, Obelisk,<br />
Dioskuren Castor und Pollux. Öl / Lwd.,<br />
43,5 x 147,8 cm (Gonnelli Casa d'aste, Firenze,<br />
15.10.2011, Zuschlag 110.000 Euro)