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GEMÄLDE<br />
Circe verwandelt Odysseus’ Gefährten<br />
in Schweine. Öl / Lwd., 73,5 x 61,5 cm<br />
(Dorotheum, Wien, 2007, Zuschlag<br />
55.000 Euro)<br />
Aeneas trägt seinen Vater Anchises aus<br />
dem brennenden Troja. Öl / Lwd., 73,5 x<br />
61,5 cm (Dorotheum, Wien, 2007, Zuschlag<br />
50.000 Euro)<br />
ablesen, denn der im Bildzentrum<br />
Knieende in rotem Gewand mit<br />
blauem Umhang ist Jesus. Die kühne<br />
Beschreibung der monumentalen<br />
Architekturkulisse erinnert daran,<br />
dass Panini als anfänglicher Theatermaler<br />
mit Szenografie gründlich vertraut<br />
war. Das Gleiche gilt für die<br />
2007 im Dorotheum versteigerten<br />
Pendants, die auf zwei zeitlich weit<br />
auseinander liegende antike Mythologien<br />
rekurrieren. So erzählt Homer<br />
(7. Jh. vor Chr.) im X. Buch der Odyssee,<br />
wie die Zauberin Circe in ihrem<br />
Palast die Gefährten des Odysseus in<br />
Schweine verwandelte. Panini wählte<br />
eine reale barocke Palastarchitektur<br />
als Kulisse für den Moment der<br />
Metamorphose. Eilig nähert sich<br />
Hermes der arglistigen Circe, doch<br />
die Köpfe zweier Männer sind längst<br />
zu Schweinsköpfen mutiert, das verabreichte<br />
Elixier zeigt Wirkung. Vermutlich<br />
steht das Thema in Zusammenhang<br />
mit der Oper Circé, für die<br />
Thomas Corneille 1675 den Text und<br />
Marc-Antoine Charpentier die Musik<br />
lieferten. Paninis zweite Mythologie<br />
greift ein Motiv von Vergils Aeneas<br />
(70-19 v. Chr.) auf, den Gründungsmythos<br />
Roms. Nach dem Ende des<br />
Trojanischen Kriegs trug Aeneas seinen<br />
Vater Anchises aus dem brennenden<br />
Troja, das rechts im <strong>Gemälde</strong><br />
zu sehen ist. Wie Odysseus durchlebt<br />
Aeneas auf seinen Irrfahrten allerhand<br />
Abenteuer und landet schließlich<br />
an der Tibermündung bei Ostia,<br />
von wo aus spätere Nachfahren Rom<br />
gründeten. Auch dieses <strong>Gemälde</strong><br />
steht im Zusammenhang mit einer<br />
Oper: die 1641 in Venedig erstmals<br />
aufgeführte „La Didone” von Francesco<br />
Cavalli. Paninis Gegenstücke, die<br />
wohl in den späten 1720er-Jahren<br />
entstanden, vereinen Ungleichzeitigkeit,<br />
Monumentalität, Zerstörung<br />
und Verwandlung, ihre Verbindung<br />
ist die nicht sichtbare Musik. Anachronismus<br />
ist typisch für das Capriccio,<br />
in dem zeitlich und räumlich<br />
Getrenntes verschmelzen, und mit<br />
malerischen Mitteln entsteht ein<br />
Stück visualisierte Poesie.<br />
ROMA AETERNA<br />
Die Zahl der Künstler in Rom entwickelte<br />
sich parallel zu den Touristenströmen,<br />
und es begann ein reger<br />
Wettbewerb, der die Künstlerschaft<br />
zu immer neuen Bilderfindungen<br />
herausforderte. Zu Paninis Markenzeichen<br />
wurden Erinnerungsbilder<br />
von Rom, die je nach Finanzlage des<br />
Käufers als groß- oder kleinformatige<br />
<strong>Gemälde</strong> für das priesterliche<br />
Studierzimmer oder die repräsentative<br />
Schlossgalerie erworben wurden.<br />
Die Zutaten fand der Maler verstreut<br />
auf das ganze Stadtgebiet<br />
Roms. Die Bebauung des ursprünglich<br />
sumpfigen Tals zwischen den<br />
Hügeln von Esquilin, Quirinal, Kapitol<br />
und Palatin entwickelte sich seit<br />
dem 5. Jahrhundert vor Chr. mit der<br />
Errichtung von Tempelanlagen. Es<br />
folgten in der römischen Kaiserzeit<br />
Triumphbögen, Siegessäulen, Plätze<br />
und Foren für Bürgerversammlungen<br />
und Rechtsprechung. Schon zu<br />
Cäsars Zeiten musste aus Platzmangel<br />
auf andere Gebiete ausgewichen<br />
werden, was späterhin zur Gründung<br />
der Kaiserforen führte. Zum<br />
Stillstand kam die römische bzw. byzantinische<br />
Bautätigkeit Ende des 6.<br />
Jahrhunderts. Nachdem die Invasionen<br />
der Völkerwanderung die Aquädukte<br />
gekappt und damit die Wasserversorgung<br />
der Stadt zerstört<br />
hatten, verließ die rasch schwindende<br />
Bevölkerung die umgebenden<br />
Hügel und sammelte sich am Tiberufer.<br />
Das letzte antike Monument<br />
auf dem Forum Romanum war die<br />
Säule für den oströmischen Kaiser<br />
Phokas (602-610), der als Centurius<br />
auf dem Balkan kämpfte, die Eroberung<br />
Italiens durch die Langobarden<br />
aber nicht zu verhindern wusste. Indem<br />
Phokas das Pantheon Papst Bonifatius<br />
IV. schenkte, der es 609 als<br />
Kirche weihte, blieb es vor der Zerstörung<br />
geschützt und ist noch heute<br />
das am besten erhaltene Bauwerk<br />
aus der Antike. In vielen <strong>Gemälde</strong>n<br />
Paninis ist es abgebildet, entweder<br />
von Außen oder von Innen, mit klei-