InAsien Thailand kulinarisch (Vorschau)
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Reise<br />
Eine Gasse in Ho-Chi-Minh-Stadt. Lange hat es gedauert, bis Toan hier ankam: 1988 Vertragsarbeiter in der Tschechoslowakei,<br />
nach dem Fall der Berliner Mauer Flucht nach Deutschland, Asylbewerber bis zur Abschiebung nach Vietnam 1996<br />
arbeiten zu gehen. Ich hatte Angst<br />
davor, abgeschoben zu werden. Ich<br />
war jemand, der gekommen ist,<br />
um Asyl zu beantragen, und wenn<br />
man eine Aufenthaltsgenehmigung<br />
bekommen möchte, muss man eben<br />
diese Vorschriften befolgen. Später<br />
bin ich dennoch arbeiten gegangen.<br />
Ich wusste, dass ich gegen die Gesetze<br />
verstoße, aber ich hatte keine<br />
andere Möglichkeit.<br />
Für eine kurze Zeit habe ich<br />
mal in einem Park gearbeitet und<br />
gesehen, dass auch alte Menschen<br />
arbeiten mussten. Früh morgens<br />
sind sie aufgestanden, haben sich<br />
angezogen und sind arbeiten gegangen.<br />
Sie waren schon alt. Und<br />
ich, ich war zwanzig Jahre jünger<br />
als sie und habe gar nichts gemacht.<br />
Das fand ich absurd. Dann habe<br />
Erlebnisreisen<br />
WELTWEIT<br />
HENKALA A<br />
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ich angefangen, in Braunschweig in<br />
einem China-Restaurant Geschirr<br />
zu spülen. Der Betreiber hatte<br />
Angst, dass die Polizei uns kontrollieren<br />
und festnehmen könnte.<br />
Er zwang uns, im Restaurant zu<br />
übernachten. Ich durfte nirgendwo<br />
hin, nur zweimal im Monat durfte<br />
ich nach Hause, um mich beim Amt<br />
zurückzumelden.<br />
Es waren damals eine Menge<br />
Asylbewerber, die eine Beschäftigung<br />
suchten, und es gab viel zu<br />
wenig Arbeit. Der Lohn war deshalb<br />
auch sehr niedrig, ungefähr ein<br />
Drittel des Lohnes einer normalen<br />
Aushilfe. Der Lohn, die Bezahlung<br />
für Leute wie mich. Ich musste<br />
sehr gewissenhaft meine Aufgaben<br />
erfüllen, da ich ziemlich schnell<br />
entlassen werden konnte. Sofort<br />
entlassen. Ich musste meinem Chef<br />
absolut gehorchen. Ganz ehrlich,<br />
die Wahrheit ist, dass wir keinen<br />
anderen Ausweg hatten, deshalb<br />
haben wir für sie gearbeitet. Damals<br />
hat man jede Möglichkeit<br />
wahrgenommen. Asylbewerber hatten<br />
es sehr schwer, nicht nur der<br />
Lohn war sehr niedrig, man wurde<br />
beschimpft und behandelt wie<br />
Vieh, wie Büffel. Niemand wollte<br />
wirklich schwarz arbeiten, aber wir<br />
hatten keine andere Möglichkeit.<br />
Der Chef vom Restaurant wusste<br />
das natürlich und hat noch zusätzlichen<br />
Druck auf uns ausgeübt.<br />
Pro Tag habe ich mehr als zehn<br />
Stunden gearbeitet, zwölf, dreizehn<br />
Stunden. Wir waren gestresst, jeder<br />
hatte Angst, jeder war mutlos.<br />
Einige haben sogar geweint. Viele<br />
sagten, wenn sie es gewusst hätten,<br />
dass es so sein würde, dann wären<br />
sie gar nicht erst nach Deutschland<br />
gekommen, ihr Leben zu Hause sei<br />
im Vergleich weniger hart. Meiner<br />
Meinung nach muss man auch<br />
schwierige Situationen aushalten.<br />
Wenn man sich entschieden hat,<br />
nach Deutschland zu gehen, dann<br />
sollte man auch mit solchen Bedingungen<br />
leben können. Ich hatte den<br />
Anspruch, all den mir erteilten Aufgaben<br />
so gerecht zu werden, wie es<br />
mir möglich war. Ich musste mir<br />
so vor allem auch weniger Sorgen<br />
um meinen Arbeitsplatz machen.<br />
Glücklicherweise konnte ich alles<br />
zur Zufriedenheit des Chefs erledigen,<br />
ich habe sehr gewissenhaft gearbeitet.<br />
Dadurch hatte ich weniger<br />
Druck im Vergleich zu den anderen<br />
Freunden und Kollegen. Das heißt<br />
schlichtweg, ich wurde weniger von<br />
ihm beschimpft.<br />
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01/2013