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InAsien Thailand kulinarisch (Vorschau)

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Kultur<br />

Es dämmert schon, als wir gegen<br />

Abend das schmucklose Gebäude<br />

der Community Hall in Sheung<br />

Shui betreten, der vorletzten U-<br />

Bahn-Station in Hong Kongs New<br />

Territories vor der Grenze zum<br />

Festlandchina. Die New Territories,<br />

in denen in den 1970er Jahren sogenannte<br />

New Towns wie Sheung Shui<br />

aus dem Boden gestampft wurden,<br />

gelten nicht gerade als Schmuckstück<br />

Hong Kongs. Nur selten verirren<br />

sich hierher Touristen.<br />

Hier finden also die Proben statt,<br />

die wir uns ansehen wollen. Ein<br />

wenig klamm und kühl ist es an<br />

diesem Februartag, und auf Heizen<br />

ist man in Hong Kong nicht<br />

eingestellt. Chan Yee Lee und ihre<br />

Mutter Li Sin Wah lotsen mich in<br />

einen dunklen Raum mit braunen<br />

Schultischen und Stühlen, Holzvertäfelung<br />

und einer Spiegelwand.<br />

Dort warten bereits sechs Damen<br />

mittleren Alters, die mich neugierig<br />

mustern. Schließlich kommt es<br />

nicht alle Tage vor, dass jemand<br />

aus dem Ausland kommt, um sich<br />

die Probe einer lokalen Laiengruppe<br />

anzuschauen. Zunächst wird<br />

allerdings red pocket money ausgetauscht,<br />

kleine rote Papiertäschchen,<br />

in die man für Freunde und<br />

Bekannte Geldscheine steckt. Das<br />

braucht Zeit, denn schließlich ist<br />

Lunar New Year, das chinesische<br />

Neujahrsfest. „Heute dauert es länger<br />

als sonst“, erklärt mir Yee Lee.<br />

„Sie haben sich seit Weihnachten<br />

nicht gesehen, da gibt es besonders<br />

viel zu erzählen.“<br />

Wer wirklich gut ist,<br />

spricht sich rum<br />

Yee Lees Mutter Li Sin Wah ist eine<br />

von etwa einem Dutzend Frauen,<br />

die bei Tse Chiu Ming, selbst professioneller<br />

Opernsänger, das Singen<br />

von Kantonopern erlernen. Ein<br />

bisschen fühlt man sich an einen<br />

Volkshochschulkurs erinnert, aber<br />

die Teilnehmerinnen, überwiegend<br />

Frauen mittleren Alters, sind durchaus<br />

ambitioniert. Mehrmals jährlich<br />

treten die Begabtesten und die, die<br />

Aufführungen im Freien sind oft kostenlos. Eine Gelegenheit, die von weniger<br />

gut Betuchten gerne wahrgenommen wird - schlechte Witterungsbedingungen<br />

eingeschlossen<br />

es sich leisten können, denn ein billiges<br />

Hobby ist das nicht, auf. Meist<br />

finden solche Laienkonzerte in den<br />

Veranstaltungshäusern der jeweiligen<br />

Stadtteile und Vororte statt.<br />

Sie sind für viele ärmere Menschen<br />

eine preisgünstige Möglichkeit,<br />

Kantonoper live zu hören. Während<br />

man für eine professionelle Oper mit<br />

bekannten Darstellern umgerechnet<br />

siebzig bis achtzig, manchmal sogar<br />

bis zu hundertdreißig Euro berappen<br />

muss, sind semi-professionelle<br />

Aufführungen einzelner Szenen<br />

oder Arien schon deutlich billiger,<br />

bei Laienaufführungen ist man mit<br />

ein paar Euro dabei. „Wundern darf<br />

man sich dann allerdings nicht, dass<br />

man hauptsächlich zwischen Freunden<br />

und Verwandten der Aufführenden<br />

sitzt“, raunt mir die Tochter<br />

einer anderen Laiensängerin zu und<br />

meint wohl damit, dass sich viele<br />

diese Art von Aufführungen lieber<br />

nicht antun.<br />

Yuen Siu Hing hat sich lange<br />

Jahre mit Kantonopern befasst<br />

und organisiert Führungen durch<br />

die thematische Dauerausstellung<br />

im Hong Kong Heritage Museum.<br />

Obgleich sie selbst singt, sieht sie<br />

die Aufführungspraxis unter Laien<br />

auch kritisch: „Viele Frauen machen<br />

das nur, weil sie dann einen Abend<br />

hübsch aussehen und im Mittelpunkt<br />

stehen. Natürlich, man sagt ja<br />

auch: In einem Opernkostüm sieht<br />

jede Frau wunderschön aus. Aber<br />

zum guten Singen gehört viel mehr.<br />

Man muss verstehen, was man<br />

Tradition und Innovation sind kein Widerspruch. Viele zeitgenössische<br />

Inszenierungen setzen auf neue Elemente der Aufführungspraxis. Wie auch in<br />

Europa, sind nicht immer alle davon begeistert<br />

01/2013<br />

www.inasien.de 85

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