27.04.2014 Aufrufe

Ökologische Umstellungen in der industriellen Produktion

Ökologische Umstellungen in der industriellen Produktion

Ökologische Umstellungen in der industriellen Produktion

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

16<br />

duktion ist e<strong>in</strong> Beispiel für den ökonomischen<br />

und ökologischen Erfolg produktions<strong>in</strong>tegrierten<br />

Umweltschutzes (FRIEGE<br />

1994).<br />

Beispiel 5: Zellstoff<strong>in</strong>dustrie:<br />

Herstellung von Zellwolle im Werk<br />

Kelheim <strong>der</strong> Firma Hoechst<br />

Der obere Teil <strong>der</strong> Abbildung 2 zeigt den<br />

Prozeßablauf vor <strong>der</strong> Umstellung. E<strong>in</strong>satzstoffe<br />

für die Zellstoffproduktion s<strong>in</strong>d Zell u-<br />

lose, Natronlauge, Schwefelkohlenstoff,<br />

Schwefelsäure und Z<strong>in</strong>ksulfat. Entscheidend<br />

war hier das Problem <strong>der</strong> schwefelhaltigen<br />

Abluft bei großen Volum<strong>in</strong>a und ger<strong>in</strong>ger<br />

Konzentration. Der e<strong>in</strong>geführte Schwefelkohlenstoff<br />

wird nur z. T. zurückgewonnen.<br />

Der untere Teil von Abbildung 2 zeigt den<br />

umgestellten Prozeß mit Verwertung <strong>der</strong><br />

schwefelhaltigen Abluft zur Schwefelsäuregew<strong>in</strong>nung<br />

(Schwefelsäuresynthese) bzw.<br />

von Sulfaten und Wie<strong>der</strong>e<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> den<br />

Prozeß mit dem Erfolg - <strong>der</strong> M<strong>in</strong>imierung<br />

<strong>der</strong> schwefelhaltigen Abluft, - <strong>der</strong> Rückgew<strong>in</strong>nung<br />

von Z<strong>in</strong>ksulfat und - <strong>der</strong> Gew<strong>in</strong>nung<br />

von Natriumsulfat.<br />

Diese <strong>Produktion</strong>sumstellung führt allerd<strong>in</strong>gs<br />

zu Mehrkosten, da die E<strong>in</strong>sparung<br />

durch die Rückgew<strong>in</strong>nung und externe Aufbereitung<br />

<strong>der</strong> Schwefelsäure die Aufwendungen<br />

des Verfahrens <strong>in</strong>sgesamt nicht<br />

deckt (FRIEGE 1994).<br />

Zusammenfassend wird festgestellt, daß von<br />

seiten <strong>der</strong> "Landespflege" erwartet wird,<br />

daß den Industrieunternehmen ökologische<br />

Zusammenhänge bekannt s<strong>in</strong>d und sich diese<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Unternehmensphilosophie, <strong>der</strong><br />

Organisationsstruktur, den <strong>Produktion</strong>sprozessen<br />

und den Produkten sachgerecht nie<strong>der</strong>schlagen.<br />

4 Instrumente zur ökologischen<br />

Beurteilung von<br />

<strong>Produktion</strong>sprozessen als<br />

Grundlage <strong>der</strong> Umstellung<br />

Verschiedene Instrumente können als Bemessungsgrundlage<br />

für e<strong>in</strong>e Entwicklung<br />

zu umweltverträglicheren <strong>in</strong>dustriellen <strong>Produktion</strong>sverfahren<br />

und Produkten dienen.<br />

Konzepte wie Stoffstromanalysen, Ökobilanzen,<br />

Produktl<strong>in</strong>ienanalysen, Technikfolgenabschätzung<br />

und das Öko-Audit sollen<br />

beispielhaft dargestellt werden. 15 i Die Verfahren<br />

bef<strong>in</strong>den sich z.T. noch <strong>in</strong> Entwicklung<br />

und s<strong>in</strong>d nicht e<strong>in</strong>deutig vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />

abgrenzbar. Umweltbeobachtungs- und Umweltberichterstattungssysteme<br />

sowie e<strong>in</strong>ige<br />

Umweltzeichen werden ebenfalls im folgenden<br />

beschrieben. Es ist hervorzuheben,<br />

daß diese Instrumentarien - auch wenn sie<br />

noch nicht vollständig entwickelt s<strong>in</strong>d - e<strong>in</strong>en<br />

wesentlichen Beitrag für e<strong>in</strong>e H<strong>in</strong>wendung<br />

zu ökologischeren <strong>Produktion</strong>sverfahren<br />

leisten können, so daß umweltschädliche<br />

Stoff-und Energieflüsse langfristig<br />

gem<strong>in</strong><strong>der</strong>t werden ("nachsorgen<strong>der</strong><br />

Umweltschutz").<br />

Im Rahmen von Stoffstromanalysen werden<br />

so umfassend wie möglich alle stofflichen<br />

und energetischen E<strong>in</strong>gangs- und Ausgangsgrößen,<br />

die mit den Wegen chemischer<br />

Elemente, Verb<strong>in</strong>dungen o<strong>der</strong> Materialien<br />

<strong>in</strong> Natur- und Wirtschaftskreisläufen<br />

verbunden s<strong>in</strong>d, aufgezeichnet. Innerhalb<br />

e<strong>in</strong>es abgegrenzten Systems, dem sog. Bilanzraum,<br />

dessen Festlegung bereits als e<strong>in</strong>e<br />

erste Bewertung zu betrachten ist, werden<br />

diese Größen e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> gegenübergestellt und<br />

Umwandlungen sowie Anreicherungen berücksichtigt<br />

(Enquete-Kommission "Schutz<br />

des Menschen und <strong>der</strong> Umwelt - Bewertungskriterien<br />

und Perspektiven fürumweltverträgliche<br />

Stoffkreisläufe <strong>in</strong> <strong>der</strong> Industriegesellschaft"<br />

1993). Die gewonnenen Resultate<br />

ermöglichen e<strong>in</strong> gerichtetes Stoffstrommanagement.<br />

Stoffstromanalysen wurden<br />

für Cadmium, Benzol und den FCKW-<br />

Ersatzstoff R134a von <strong>der</strong> Enquete-Kommission<br />

"Zum Schutz des Menschen und<br />

<strong>der</strong> Umwelt- Bewertungskriterien und Perspektiven<br />

für u mweltverträgliche Stoffkreisläufe<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Industriegesellschaft" durchgeführt.<br />

Auch Institutionen wie das Wuppertal<br />

Institut für Klima, Umwelt und Energie<br />

beschäftigen sich mit <strong>der</strong> Erfassung <strong>der</strong>artiger<br />

Stoffströme.<br />

Ökobilanzen be<strong>in</strong>halten dagegen e<strong>in</strong>e vergleichende<br />

Bewertung von Umweltauswirkungen,<br />

die durch zwei o<strong>der</strong> mehrere unterschiedliche<br />

Produkte (Produkt-Ökobilanz),<br />

Produktgruppen, Systeme, Verfahren o<strong>der</strong><br />

Verfahrensweisen hervorgerufen werden<br />

(Umweltbundesamt 1992). Bei Produkt-<br />

Ökobilanzen wird <strong>der</strong> gesamte "Lebensweg"<br />

(Rohstofferschließung, Vorproduktion,<br />

<strong>Produktion</strong>, Distribution und<br />

Transpo1t, Nutzungsphase, Entsorgung) und<br />

dessen ökologische Auswirkungen berücksichtigt<br />

sowie alle entlang des "Lebensweges"<br />

auftretenden Stoff- und Energieumsätze<br />

und daraus resultierenden Umweltbelastungen<br />

bewertet. Für die Exaktheit von<br />

Ökobilanzen ist bedeutsam, daß die zu vergleichenden<br />

Produkte den gleichen Nutzen<br />

besitzen müssen. Auf E<strong>in</strong>zelheiten <strong>der</strong> Methodik<br />

bzw. <strong>der</strong> Durchführung von Ökobilanzen<br />

kann hier nicht e<strong>in</strong>gegangen werden,<br />

zumal sie sich z.T. noch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Diskussion<br />

bef<strong>in</strong>den. Ihre beson<strong>der</strong>en Schwierigkeiten<br />

liegen <strong>in</strong> <strong>der</strong> h<strong>in</strong>reichend genauen Erfassung<br />

<strong>der</strong> von den Produkten und ihrem "Lebensweg"<br />

ausgehenden Umweltwirkungen<br />

("Wirkungsbilanz"), vor allem aber <strong>in</strong> <strong>der</strong>en<br />

Bewertung. Schon bei den Wirkungen<br />

erlaubt <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeitige Wissensstand, gerade<br />

bei allgeme<strong>in</strong>en und globalen E<strong>in</strong>flüssen<br />

wie Eutrophierung, Klimaverän<strong>der</strong>ung o<strong>der</strong><br />

Toxizität, oft nur e<strong>in</strong>e ansatzweise Bilanzierung<br />

(HULPKE & MARSMANN 1994).<br />

Qualitative Umweltbee<strong>in</strong>flussungen, die nur<br />

schwer o<strong>der</strong> gar nicht quantifizierbar s<strong>in</strong>d,<br />

wie z.B. die Auswirkungen auf Natur und<br />

Landschaft (wie auf das Landschaftsbild<br />

o<strong>der</strong> auf den Artenbestand), werden oft vernachlässigt,<br />

müßten aber <strong>in</strong> das Verfahren<br />

unbed<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong>bezogen werden (D<strong>in</strong>-Mitt.<br />

1994 ). Die Bilanzbewertung erfor<strong>der</strong>t u.a.<br />

Datenaggregationen und Wirkungsabschätzungen,<br />

die häufig wissenschaftlich nicht<br />

begründbar s<strong>in</strong>d, son<strong>der</strong>n auf gesellschaftlichen<br />

Werten und Prioritäten fußen. Zw<strong>in</strong>gend<br />

s<strong>in</strong>d daher Vere<strong>in</strong>barungen, die festlegen,<br />

welche Werte primär zu schützen s<strong>in</strong>d.<br />

Heute durchgeführte Ökobilanzen (z.B. Ökobilanz<br />

über Mehrweg-Glasflaschen, Blockverpackungen<br />

od. Schlauchbeutel im Auftrag<br />

des Umweltbundesamtes) führten nach<br />

e<strong>in</strong>er langen Untersuchungszeit zu dem Ergebnis,<br />

daß e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>deutige ökologische<br />

Bewertung im S<strong>in</strong>ne von gut und schlecht<br />

bereits bei e<strong>in</strong>fach konstruierten Produkten<br />

unmöglich ist. Im Vergleich mit an<strong>der</strong>en<br />

Produkten kann <strong>in</strong> bezug auf bestimmte<br />

Umweltauswirkungen jedoch die umweltverträglichste<br />

Variante- sie entspricht nicht<br />

immer den Erwartungen - durch Ökobilanzen<br />

ermittelt werden.<br />

Konzepte wie die Produktl<strong>in</strong>ienanalyse und<br />

die Technikfolgenabschätzung beziehen<br />

über ökologische Gesichtspunkte h<strong>in</strong>ausgehend<br />

auch ökonomische, soziale, entwicklungspolitische<br />

und/o<strong>der</strong> gesellschaftliche<br />

Fragestellungen mit e<strong>in</strong>. Zusätzlich zu ökologischen<br />

Aspekten werden z.B. Verkaufspreis,<br />

externe Kosten (Wirtschaft) und Friedensverträglichkeit,<br />

Ernährungsfragen, Verdrängen<br />

<strong>in</strong>digener Völker, Arbeitsplatz-und<br />

Arbeitsschutz (Soziales) vergleichend berücksichtigt.<br />

Dies führt zu e<strong>in</strong>em erheblichen<br />

Zuwachs von Daten und vergrößert<br />

somit die bereits bei Ökobilanzierungen<br />

vorhandenen methodischen Schwierigkeiten.<br />

Der Ablauf von Produktl<strong>in</strong>ienanalysen<br />

entspricht dem <strong>der</strong> Ökobilanzen. Aufgrund<br />

<strong>der</strong> Komplexität des Verfahrens wurde angeregt,<br />

diese unter <strong>der</strong> Bezeichnung "Produktl<strong>in</strong>ienuntersuchung"<br />

zunächst auf den<br />

naturwissenschaftlich- technischen Bereich<br />

zu beschränken (ENGELFRIED 1994).<br />

Die Technikfolgenabschätzung befaßt sich<br />

dagegen speziell m.itden ökologischen, ökonomischen<br />

und sozialen Auswirkungen, die<br />

mit bestimmten Technologien verbunden<br />

s<strong>in</strong>d. <strong>Ökologische</strong> Gesichtspunkte <strong>der</strong>Tech-<br />

15) Vgl. hierzu die Beiträge von KOROPP &<br />

HABER, HELD, MARSMANN & SCHI-<br />

BURR <strong>in</strong> diesem Heft.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!