Einführung in das mathematische Arbeiten - an der Fakultät für ...
Einführung in das mathematische Arbeiten - an der Fakultät für ...
Einführung in das mathematische Arbeiten - an der Fakultät für ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
62 4. ALGEBRA<br />
wurden auch <strong>in</strong> späteren Büchern arabischer Mathematiker verwendet, und so wurde über<br />
viele Zwischenstufen aus dem arabischen al-jabr (Auffüllen, Vervollständigen) <strong>das</strong> mo<strong>der</strong>ne<br />
Wort Algebra.<br />
Heute versteht m<strong>an</strong> unter Algebra vor allem die <strong>mathematische</strong> Theorie von Strukturen,<br />
und was <strong>das</strong> genau ist, wollen wir uns <strong>in</strong> den nächsten Abschnitten genauer <strong>an</strong>sehen.<br />
4.1. Motivation<br />
Alle hier besprochenen Strukturen basieren auf dem Mengenkonzept. Es s<strong>in</strong>d Mengen<br />
zusammen mit Abbildungen, die bestimmte Eigenschaften aufweisen.<br />
Beispiel 4.1.1.<br />
• Sei W die Menge aller Hauptwörter <strong>der</strong> deutschen Sprache. Wählt m<strong>an</strong> zwei Wörter<br />
aus W , d<strong>an</strong>n k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> (meist) durch (fast bloßes) H<strong>in</strong>tere<strong>in</strong><strong>an</strong><strong>der</strong>setzen e<strong>in</strong> weiteres<br />
Wort aus W erzeugen. Wir können etwa aus ”<br />
Leiter“ und ”<br />
Sprosse“ <strong>das</strong> Wort<br />
” Leitersprosse“ bilden. Auch ” Dampf“ und ” Schiff“ lassen sich zu ” Dampfschiff“<br />
verb<strong>in</strong>den, ”<br />
Schiff“ und ”<br />
Kapitän“ ergeben ”<br />
Schiffskapitän“.<br />
• Sei S die Menge aller Strichblöcke. E<strong>in</strong> Strichblock ist e<strong>in</strong>fach e<strong>in</strong>e Ansammlung<br />
h<strong>in</strong>tere<strong>in</strong><strong>an</strong><strong>der</strong> geschriebener gleich l<strong>an</strong>ger Striche:<br />
s = ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣<br />
Fügen wir zwei Strichblöcke <strong>an</strong>e<strong>in</strong><strong>an</strong><strong>der</strong>, d<strong>an</strong>n erhalten wir wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>en (längeren)<br />
Strichblock.<br />
• Sei T die Menge aller Möglichkeiten, e<strong>in</strong> Objekt im dreidimensionalen Raum geradl<strong>in</strong>ig<br />
zu verschieben, also die Menge <strong>der</strong> Tr<strong>an</strong>slationen. Bei <strong>der</strong> Betrachtung solcher<br />
Verschiebungen können wir uns auf <strong>der</strong>en Richtung und Länge beschränken. Zusammen<br />
mit <strong>der</strong> Position des Objekts vor <strong>der</strong> Tr<strong>an</strong>slation ist es uns d<strong>an</strong>n leicht möglich,<br />
se<strong>in</strong>e Endposition zu bestimmen. Verschieben wir e<strong>in</strong> Objekt zweimal, so hätten wir<br />
dieselbe Endposition auch mit e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>zigen Tr<strong>an</strong>slation erreichen können. Das<br />
H<strong>in</strong>tere<strong>in</strong><strong>an</strong><strong>der</strong>-Ausführen von Tr<strong>an</strong>slationen ist also wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Tr<strong>an</strong>slation.<br />
• Betrachten wir wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Gegenst<strong>an</strong>d. Wir wählen e<strong>in</strong>e beliebige Gerade g, die<br />
durch se<strong>in</strong>en Schwerpunkt geht. D<strong>an</strong>n geben wir uns e<strong>in</strong>en W<strong>in</strong>kel ϕ vor und verdrehen<br />
<strong>das</strong> Objekt bezüglich <strong>der</strong> Drehachse g um den W<strong>in</strong>kel ϕ. Die Menge aller dieser<br />
Drehungen sei D. Wie bei den Tr<strong>an</strong>slationen ergibt <strong>das</strong> H<strong>in</strong>tere<strong>in</strong><strong>an</strong><strong>der</strong>-Ausführen<br />
zweier Drehungen wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Drehung.<br />
• Sei M M = Abb(M) die Menge aller Abbildungen von M nach M. Die H<strong>in</strong>tere<strong>in</strong><strong>an</strong><strong>der</strong>-<br />
Ausführung ◦ von Abbildungen ist e<strong>in</strong>e Verknüpfung auf Abb(M).<br />
• Wenn wir zwei natürliche Zahlen addieren o<strong>der</strong> multiplizieren, erhalten wir wie<strong>der</strong><br />
e<strong>in</strong>e natürliche Zahl.<br />
• Auch <strong>das</strong> Produkt und die Summe zweier g<strong>an</strong>zer Zahlen ist e<strong>in</strong>e g<strong>an</strong>ze Zahl.<br />
• Auch reelle Zahlen können wir addieren und multiplizieren, um e<strong>in</strong>e neue reelle Zahl<br />
zu berechnen.<br />
• Sei M 2 ) die Menge aller 2 × 2–Matrizen reeller Zahlen. E<strong>in</strong>e 2 × 2–Matrix (£<br />
ist<br />
dabei e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es Zahlenquadrat <strong>der</strong> Form<br />
( )<br />
a11 a 12<br />
a 21 a 22<br />
aus Zahlen a ij ∈ . Wir £ def<strong>in</strong>ieren die Summe zweier Matrizen komponentenweise<br />
( ) ( ) ( )<br />
a11 a 12 b11 b<br />
+<br />
12 a11 + b<br />
:=<br />
11 a 12 + b 12<br />
a 21 a 22 b 21 b 22 a 21 + b 21 a 22 + b 22<br />
und erhalten wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e 2 × 2–Matrix.