Einführung in das mathematische Arbeiten - an der Fakultät für ...
Einführung in das mathematische Arbeiten - an der Fakultät für ...
Einführung in das mathematische Arbeiten - an der Fakultät für ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
4.2. GRUPPEN 67<br />
Nach Def<strong>in</strong>ition 4.2.4 können wir uns schon e<strong>in</strong>mal fragen, welche Konsequenzen die<br />
Existenz e<strong>in</strong>es E<strong>in</strong>selements hat. Die ersten beiden Ergebnisse f<strong>in</strong>den wir <strong>in</strong> den folgenden<br />
Propositionen. Beim Beweis <strong>der</strong>selben, sowie bei den übrigen Beweisen <strong>in</strong> diesem Abschnitt<br />
müssen wir genauestens auf die Eigenschaften achten, die wir verwenden dürfen. E<strong>in</strong>er <strong>der</strong><br />
beliebtesten Fehler <strong>in</strong> <strong>der</strong> Algebra ist, <strong>in</strong> Beweisen ohne zu zögern Eigenschaften <strong>der</strong> Verknüpfung<br />
zu verwenden, die gar nicht erfüllt s<strong>in</strong>d — also Achtung!<br />
Die Stärke <strong>der</strong> <strong>mathematische</strong>n Strukturtheorie gilt es auszunützen. Wir wollen zum Beispiel<br />
die <strong>in</strong>teress<strong>an</strong>te Frage be<strong>an</strong>tworten, ob <strong>in</strong> all unseren Beispielen <strong>das</strong> <strong>an</strong>gegebene E<strong>in</strong>selement<br />
<strong>das</strong> e<strong>in</strong>zige Element <strong>der</strong> Grundmenge ist, <strong>das</strong> die Neutralitätseigenschaft aufweist.<br />
Um nicht jedes Beispiel e<strong>in</strong>zeln untersuchen zu müssen, verwenden wir nur die Struktureigenschaften<br />
<strong>für</strong> den Beweis.<br />
Proposition 4.2.6. Ist (G, ◦) e<strong>in</strong> Gruppoid mit L<strong>in</strong>kse<strong>in</strong>selement e L und Rechtse<strong>in</strong>selement<br />
e R , so besitzt G e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>selement e, und es gilt e = e L = e R . Speziell folgt daraus, <strong>das</strong>s<br />
<strong>das</strong> E<strong>in</strong>selement e<strong>in</strong>es Gruppoides immer e<strong>in</strong>deutig bestimmt ist, falls es existiert.<br />
Beweis. Es gilt e L = e L e R , da e R e<strong>in</strong> Rechtse<strong>in</strong>selement ist, und weil e L l<strong>in</strong>ksneutral<br />
ist, haben wir e L e R = e R . Aus diesen Gleichungen sieht m<strong>an</strong> aber sofort e L = e R . Setzen<br />
wir e = e L = e R , so erhalten wir <strong>das</strong> gewünschte E<strong>in</strong>selement. Gäbe es zwei E<strong>in</strong>selemente e 1<br />
und e 2 , so wäre jedes l<strong>in</strong>ks- und rechtsneutral, und aus dem bereits gezeigten würde e 1 = e 2<br />
folgen. Daher ist e e<strong>in</strong>deutig bestimmt.<br />
□<br />
Das folgende Resultat ist ebenfalls wichtig.<br />
Proposition 4.2.7. E<strong>in</strong> (L<strong>in</strong>ks-, Rechts-) E<strong>in</strong>selement e e<strong>in</strong>es Gruppoids (G, ◦) ist immer<br />
idempotent. E<strong>in</strong> Element g ∈ G heißt idempotent, falls g ◦ g = g gilt.<br />
Beweis. Es gilt e ◦ e = e, weil e (L<strong>in</strong>ks-, Rechts-) E<strong>in</strong>selement ist.<br />
□<br />
Nachdem E<strong>in</strong>selemente häufig <strong>an</strong>zutreffen s<strong>in</strong>d, hat m<strong>an</strong> Halbgruppen, die e<strong>in</strong> solches<br />
enthalten, e<strong>in</strong>en eigenen Namen gegeben.<br />
Def<strong>in</strong>ition 4.2.8. Ist (G, ◦) e<strong>in</strong>e Halbgruppe und existiert e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>selement e ∈ G, so<br />
nennt m<strong>an</strong> G auch Monoid und schreibt (G, ◦, e).<br />
Beispiel 4.2.9. Sowohl ( , +) als auch ( , ·) s<strong>in</strong>d Monoide. Auch (¡ , +), (¡ , ·), (£ , +),<br />
(£ , ·) s<strong>in</strong>d Monoide, so wie (Abb(M), ◦) und T bzw. D aus Beispiel 4.1.1.<br />
Die Menge (F P 2 , ⊕) ist ke<strong>in</strong> Monoid. Sie besitzt zwar e<strong>in</strong> neutrales Element, hat aber<br />
ke<strong>in</strong>e assoziative Verknüpfung.<br />
W und S s<strong>in</strong>d ebenfalls ke<strong>in</strong>e Monoide, weil sie ke<strong>in</strong> neutrales Element besitzen. Wir<br />
könnten aber durch H<strong>in</strong>zufügung des leeren Hauptwortes bzw. des leeren Strichblockes E<strong>in</strong>selemente<br />
<strong>in</strong> W und S def<strong>in</strong>ieren.<br />
Auf diese Weise k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> übrigens aus je<strong>der</strong> Halbgruppe durch H<strong>in</strong>zufügen ( Adjungieren)<br />
e<strong>in</strong>es neutralen Elements e<strong>in</strong> Monoid machen.<br />
Fahren wir fort, die verschiedenen Beispiele mite<strong>in</strong><strong>an</strong><strong>der</strong> zu vergleichen. Vielleicht können<br />
wir noch weitere Eigenschaften <strong>der</strong> Verknüpfungen isolieren.<br />
Da stoßen wir übrigens auf e<strong>in</strong> wichtiges <strong>mathematische</strong>s Pr<strong>in</strong>zip. Wir spüren e<strong>in</strong>e Eigenschaft<br />
auf, geben ihr e<strong>in</strong>en Namen und machen sie so reif <strong>für</strong> e<strong>in</strong>e Untersuchung. Kreative<br />
Namensgebung ist bereits <strong>der</strong> erste Schritt zur erfolgreichen Beh<strong>an</strong>dlung e<strong>in</strong>er Theorie. Die<br />
Kreativität liegt dabei natürlich mehr darauf, was und nicht darauf wie etwas ben<strong>an</strong>nt wird<br />
— meist jedenfalls. Hätte zum Beispiel <strong>der</strong> amerik<strong>an</strong>ische Physiker die kle<strong>in</strong>en Teilchen, aus<br />
denen die Elementarteilchen aufgebaut s<strong>in</strong>d, nicht Aces gen<strong>an</strong>nt, wäre <strong>der</strong> Name George<br />
Zweig heute berühmt und nicht <strong>der</strong> Name Murray Gell-M<strong>an</strong>n, <strong>der</strong> zur selben Zeit wie Zweig<br />
die Theorie <strong>der</strong> Quarks entdeckt aber den erfolgreicheren Namen gewählt hat.