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Motoretta Kaufberater 2013

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Service<br />

ABS<br />

Ab 2017 müssen alle neuen Zweiräder<br />

mit mehr als 125 cm 3 europaweit mit<br />

einem ABS ausgerüstet sein – das<br />

hat die EU-Kommission beschlossen.<br />

Hintergrund: Anti-Blockier-Systeme erhöhen<br />

unbestritten die Verkehrssicherheit,<br />

innerhalb von zehn Jahren sollen so 5000<br />

Leben gerettet werden. Im sicherheitsorientierten<br />

Deutschland hat sich die positive<br />

Wirkung eines ABS bereits in den Zulassungszahlen<br />

niedergeschlagen: Im letzten<br />

Jahr verfügten rund ein Viertel der neu zu -<br />

gelassenen Kraftroller über ein ABS, bei<br />

den Motorrädern lag diese Quote mit zirka<br />

70 Prozent sogar noch deutlich höher –<br />

Tendenz steigend. Erheblicher Nachholbedarf<br />

besteht bei den Leichtkraftrollern,<br />

doch liegt das neben der segmenttypischen<br />

Preissensibilität auch am – noch – geringen<br />

Angebot. Denn dort, wo Hersteller ein ABS<br />

anbieten, sieht die Ausrüstungsquote gleich<br />

viel besser aus.<br />

Laut einer Untersuchung von ABS-Hersteller<br />

Bosch werden 47 Prozent aller Zweiradunfälle<br />

durch falsches und zögerliches<br />

Bremsen aus Angst vor einem Sturz verursacht.<br />

Hier hilft das ABS, weil der Fahrer<br />

immer voll bremsen kann, egal, ob der<br />

Untergrund feucht, nass oder unterschiedlich<br />

griffig ist oder ihm bei einer Schreckbremsung<br />

keine Zeit zum Nachdenken verbleibt<br />

– ein ABS verhindert blockierende<br />

Räder und mindert dadurch die Sturzgefahr.<br />

Vor allem Blockaden am Vorderrad<br />

sind gefährlich, weil dabei stabilisierende<br />

Kreisel- und Seitenführungskräfte wegfallen<br />

und das Rad einklappen kann, was<br />

unweigerlich zum Sturz führt. Ein blockierendes<br />

Hinterrad ist dagegen weniger dramatisch,<br />

so lange sich das Vorderrad noch<br />

dreht und die erwähnten Kräfte aufbaut.<br />

Der Vorgang einer ABS-Bremsung ist im<br />

Prinzip immer gleich: Zum Anhalten zieht<br />

der Rollerfahrer beherzt am Bremshebel,<br />

erzeugt dadurch einen hydraulischen<br />

Druck, der über die Bremsleitungen an die<br />

Bremskolben weitergeleitet wird. Diese<br />

Vollbremsung: Ein blockierendes Hinterrad<br />

führt zum Ausbrechen des Rollers,<br />

Vorderradblockaden zum Sturz. Der hier<br />

abgebildete Kymco Downtown vertraut<br />

dem neuen ABS von Bosch.<br />

Die jüngste ABS-Generation von Bosch wiegt nur noch 700 Gramm und hat einen Platzbedarf von 0,4 l<br />

pressen die Bremsbeläge gegen die Bremsscheiben<br />

und verringern dadurch deren<br />

Drehgeschwindigkeit und damit die Radgeschwindigkeit.<br />

Beim ABS kontrolliert ein<br />

Geschwindigkeitssensor die Raddrehzahl<br />

und gibt sie an einen Zentralrechner weiter.<br />

Signalisiert der Sensor ein blockierendes,<br />

also stillstehendes Rad an das Steuergerät,<br />

reduziert dieses den Bremsdruck. Die Blockade<br />

wird aufgehoben, das sich wieder<br />

drehende Rad kann stabilisierende Kreiselkräfte<br />

aufbauen und der Roller wird wieder<br />

lenk- und beherrschbar. Sogleich wird der<br />

Bremsdruck wieder aufgebaut, um das<br />

Fahrzeug zu verzögern. Diese Vorgänge –<br />

Bremsdruck reduzieren, halten, wieder aufbauen<br />

– laufen mehrmals pro Sekunde ab, je<br />

häufiger und je feiner diese Regelintervalle<br />

sind, um so effektiver arbeitet ein System.<br />

Während die ersten Generationen mit maximal<br />

sieben Regelvorgängen je Sekunde<br />

eher hemdsärmelig zu Werke gingen und<br />

von versierten Testbremsern bei gegebenen<br />

Bedingungen im wahrsten Sinne des<br />

Wortes „ausgebremst“ wurden, schaffen<br />

moderne Geräte heute ein Vielfaches dieser<br />

Regelfrequenz – so gut können unter realen<br />

Bedingungen selbst Profis nicht bremsen.<br />

Doch Vorsicht: Das ABS ist kein Allheilmittel<br />

gegen Stürze . Während sich ein PKW<br />

bei ABS-Bremsungen noch lenken lässt,<br />

verhindert das System beim Roller nur die<br />

Radblockade ohne das Lenken zu ermöglichen.<br />

Außerdem funktioniert ein ABS nur<br />

bedingt in Schräglage, weil die aufgebauten<br />

Führungskräfte deutlich geringer sind. Im<br />

Rollerbereich finden sich im wesentlichen<br />

drei ABS-Bauarten:<br />

ABS-PBS<br />

Bei diesem System bedient der rechte<br />

Bremshebel nur das Vorderrad. Wird der<br />

linke gezogen, aktiviert er die hintere<br />

Bremszange und über ein Verzögerungsventil<br />

auch die Vorderbremse – damit werden<br />

die Bremskräfte nach vorn und hinten<br />

verteilt, am Hinterrad gibt es jedoch keine<br />

ABS-Funktion. Der hydraulische Vorderrad-<br />

Bremsdruck – ganz gleich, von welchem<br />

Hebel aufgebaut – gelangt nicht direkt an<br />

die Bremskolben. Dazwischen geschaltet<br />

befindet sich eine Druckmodulator-Einheit<br />

aus mehreren, teils elektromagnetisch<br />

betätigten Ventilen und dem Zentralrechner.<br />

Signalisiert nun der Vorderradsensor<br />

ein blockierendes Rad, öffnet der Rechner<br />

ein Ventil im Modulator und reduziert in<br />

Sekundenbruchteilen den auf die vordere<br />

Bremszange wirkenden Druck; das Vorderrad<br />

beginnt sich wieder zu drehen. Gleichzeitig<br />

fungiert diese Einheit als Bremskraftverstärker,<br />

erhöht also den vom Fahrer eingeleiteten<br />

Druck in der vom Druckmodulator<br />

ausgehenden Bremsleitung zur vorderen<br />

Bremszange. Das verringert die benötigte<br />

Handkraft, weshalb oft auf eine zweite<br />

Bremsscheibe vorn verzichtet wird. Im<br />

Gegensatz zu älteren Systemen fällt das<br />

heftige Pulsieren des Handbremshebels im<br />

Regelbereich weg. Feinfühliges Dosieren<br />

der Bremskraft am Vorderrad ist mit diesem<br />

System jedoch kaum möglich, die<br />

Bremswirkung setzt stets abrupt und sehr<br />

heftig ein. Dafür ergeben sich jeweils kräftige<br />

Verzögerungen mit kurzen Bremswegen,<br />

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