Motoretta Kaufberater 2013
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
die Gefahr eines blockierenden Hinterrades<br />
bleibt jedoch bestehen. Langsam läuft diese<br />
Bauart aus, bekannteste Vertreter waren<br />
die Vespa GTS 250, auch bei Peugeot wurde<br />
das System verbaut.<br />
Zweikanal-ABS<br />
Diese auch bei Motorrädern gängigste<br />
Variante wird im Rollerbereich von Yamaha,<br />
Suzuki, BMW, Sym und Kymco bevorzugt.<br />
Während die Japaner einheimischen Ausrüstern<br />
vertrauen – bei Yamaha heißt der<br />
Lieferant Advics, Suzuki verbaut Komponenten<br />
des Bremsenspezialisten Nissin –<br />
setzen BMW, Sym und Kymco auf Bosch.<br />
Dabei werden Vorder- und Hinterrad in zwei<br />
separaten Brems kreisen unabhängig voneinander<br />
gebremst und geregelt. Dazu vergleicht<br />
der Zentralrechner die Drehzahlen<br />
der beiden Räder untereinander und mit der<br />
tatsächlichen Fahrgeschwindigkeit. Sinkt<br />
die Drehzahl eines Rads überproportional<br />
ab, erkennt der Rechner die Blockiergefahr<br />
und greift sofort ein, indem er den Hydraulikdruck<br />
in der entsprechenden Bremsleitung<br />
reduziert. Ein blockierendes Hinterrad<br />
gehört hier also der Vergangenheit an, da<br />
bei einem stillstehenden Rad dieselben<br />
Regelvorgänge greifen wie beim<br />
Vorderrad. Dieses System kommt in<br />
der Regel ohne Bremskraftverstärker<br />
aus, je nach Entwicklungsstand<br />
kommt es beim Regeln zu deutlichem<br />
Pulsieren im Bremshebel. Einzige<br />
Schwierigkeit dieses narrensicheren<br />
Systems ist die<br />
perfekte Bremskraftverteilung<br />
zwischen Vorder- und Hinterbremse.<br />
CBS-ABS<br />
Derzeit stellt<br />
ein kombiniertes<br />
CBS-ABS-<br />
Verbundbremssystem<br />
(auch<br />
Integralsyst<br />
e m<br />
genannt)<br />
den höchsten<br />
Entwicklungsstand<br />
dar, es wird von Honda, Peugeot<br />
und Piaggio eingesetzt. Beim Integral-ABS<br />
werden die eingeleiteten Bremskräfte lastabhängig<br />
auf vorn und hinten verteilt; registrieren<br />
die Hallgeber in den Rädern dabei<br />
die Gefahr eines Stillstands, greift das ABS<br />
wie bei den anderen Bauarten druckmodu-<br />
34<br />
lierend ein. Bei Honda und Peugeot werkelt<br />
am Vorderrad ein Dreikolben-Schwimmsattel,<br />
dessen beide äußere Kolben vom rechten<br />
Bremshebel aktiviert werden und das<br />
Vorderrad abstoppen. Der linke Bremshebel<br />
kontrolliert nicht nur die Hinterradbremse,<br />
sondern leitet über ein Verzögerungsregelventil<br />
ein bestimmtes Maß an Bremskraft<br />
an den mittleren Kolben der vorderen<br />
Dreikolbenbremszange. Bedient man<br />
nur den linken Bremshebel, wird<br />
zuerst die hintere Bremszange und<br />
nach einer kleinen Verzögerung auch<br />
die vordere beaufschlagt.<br />
Das von<br />
Piaggio verbaute<br />
Bosch-System<br />
arbeitet vorn<br />
mit einer Doppelscheibenbremse<br />
– hier betätigt der rechte<br />
Hebel die Bremszange einer Scheibe, der<br />
linke aktiviert den zweiten vorderen und<br />
hinteren Bremssattel gleichzeitig. Die<br />
Bremskraftverteilung zwischen vorn und<br />
hinten erfolgt über ein Mengenteilerventil.<br />
Halten wir fest: Ein ABS kann Stürze<br />
infolge blockierender Räder verhindern,<br />
deshalb kann der Fahrer ohne eigene<br />
Dosierarbeiten die Bremsleistung entsprechend<br />
der Leistungsfähigkeit des ABS<br />
immer voll ausnutzen. Das setzt voraus,<br />
dass der Fahrer das Potenzial der Bremsen<br />
überhaupt voll ausschöpfen kann. Dies<br />
gelingt nur mit etwas Übung, von daher ist<br />
die Teilnahme an einem Fahrsicherheitstraining<br />
und das regelmäßige Üben des Bremsens<br />
angeraten, damit die Bremsung im<br />
Notfall möglichst routiniert abläuft.<br />
Ein ABS allein verkürzt aber keine<br />
Bremswege, für optimal kurze Bremswege<br />
müssen die Vorder- und Hinterradbremse<br />
ideal zusammen<br />
arbeiten. Dabei<br />
ist die gleichzeitige<br />
perfekte<br />
Dosierung<br />
und Verteilung<br />
der Bremskraft<br />
selbst für versierte<br />
Fahrer nicht realisierbar.<br />
Hinzu kommt<br />
beim Bremsen eine deutliche<br />
Gewichtsverlagerung<br />
nach vorn, die Front taucht<br />
ab und das Hinterrad wird<br />
zunehmend entlastet.<br />
Experten sprechen hier<br />
von dynamischer Radlastverlagerung,<br />
die einen<br />
Einfluss auf die maximal<br />
übertragbaren Bremskräfte<br />
hat – je mehr Last ein Rad trägt,<br />
um so höher ist die mögliche<br />
Bremskraft.<br />
Die modernste technische Lösung<br />
auf dem Markt ist ein elektronisches<br />
Verbundbremssystem (E-CBS). Hierbei verteilt<br />
das Steuergerät die Bremskraft in<br />
Abhängigkeit von vielen Eingangsdaten, die<br />
z.B. von einem Schräglagensensor ermittelt<br />
werden, automatisch zwischen Vorder- und<br />
Hinterrad. Betätigt der Fahrer isoliert nur<br />
die Vorder- oder Hinterbremse, schaltet<br />
sich die zweite Bremse selbsttätig zu, ohne<br />
dass die Bedienkraft für den Fahrer spürbar<br />
ansteigt oder die Dosierung sich verändert.<br />
Theoretisch dürften damit Fahranfänger<br />
wie alte Hasen die gleichen kurzen Bremswege<br />
erzielen können. Bislang werden solche<br />
fortschrittlichen Systeme jedoch nur im<br />
Motorradbereich eingesetzt, beispielsweise<br />
verfügt der Supersportler BMW HP4 über<br />
ein solches System von Bosch. Thilo Kozik