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UND LANDWIRTSCHAFT - Schweizer Fleisch

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Bis heute schützen Menschen Tiere<br />

selektiv. Das weltweit erste Tierschutzgesetz,<br />

das anfangs des 19. Jahrhunderts in<br />

Grossbritannien in Kraft gesetzt wurde,<br />

galt allein für Pferde. Abgeordnete, die<br />

den Schutz auch auf Esel ausdehnen wollten,<br />

wurden ausgelacht und überstimmt.<br />

Man mag heute darüber schmunzeln.<br />

Doch der Speziesrassismus lebt noch immer.<br />

In Indien sind nicht die Kühe an und<br />

für sich geschützt und «heilig», sondern<br />

nur das reinrassige indische Buckelrind,<br />

teilweise auch «Mischlinge».<br />

<strong>Schweizer</strong> Behörden und Hochschulprofessoren<br />

betrachten den Ersatz<br />

von Hunden und Katzen im Tierversuch<br />

durch Mäuse und Ratten als Tierschutzmassnahme<br />

im Sinne des gesetzlich verankerten<br />

3R-Prinzips: replace (ersetzen),<br />

reduce (reduzieren), refine (verfeinern).<br />

Ehrlicher und auf einem zeitgemässeren<br />

Wissensstand sind da die Pharmafirmen,<br />

welche unumwunden zugeben, dass Ratten<br />

entwicklungsbiologisch und in Bezug<br />

auf Schmerz- und Leidensfähigkeit Hunden<br />

in nichts nachstehen. Vielmehr verwende<br />

man im Tierversuch aus Kostengründen<br />

lieber Nagetiere als Hunde oder<br />

Katzen, aber auch, weil die Gesellschaft<br />

Mit dem Image des<br />

Schädling als Versuchstier<br />

«ethisch» vertretbar?<br />

wegen des «Schädlingimages» dieser Tiere<br />

kaum gegen deren Einsatz im Tierversuch<br />

opponiere und die Tierpfleger weniger<br />

an den Nagern hingen. Auch der<br />

Nutztierschutz in der EU ist sehr selektiv:<br />

Bis heute existieren keine verbindlichen<br />

Tierschutzrichtlinien für die Haltung von<br />

Kühen, Rindern, Schafen, Ziegen, Pferden<br />

und Truten. Wenig konsequent ist<br />

auch die eidgenössische Tier- und Landwirtschaftsgesetzgebung,<br />

die zwar richtigerweise<br />

hierzulande den Tierhaltern aus<br />

ethisch-tierschützerischen Gründen Vorschriften<br />

macht, wegen des Geldes und<br />

der hohen Politik aber Importe von Qualprodukten<br />

wie Stopfleber und Froschschenkel<br />

sowie <strong>Fleisch</strong> von Tieren aus<br />

Tierfabriken und Qualtransporten zulässt.<br />

2.4 Tiernutzung: ethisch<br />

gerechtfertigt?<br />

Unbestreitbar handelt es sich beim Vegetarismus<br />

und noch mehr beim Veganismus<br />

um einen individuellen und ethischen<br />

Entscheid, der stets auch das Tierleid<br />

und dessen Minimierung vor Augen<br />

hat und Respekt verdient. Es stellt sich<br />

darüber hinaus aber die Frage, ob Vegetarismus/Veganismus<br />

die ethisch einzig<br />

mögliche Massnahme zur Verminderung<br />

des Tierleids darstellt, oder ob auch<br />

andere Tierschutzstrategien zielführend<br />

oder gar ergänzend notwendig sind.<br />

Ein Indiz für Letzteres stellt die Tatsache<br />

dar, dass Tierschutz und Vegetarismus<br />

verschiedene Wurzeln haben und<br />

traditionell zumeist in verschiedenen Organisationen<br />

mit nicht deckungsgleichen<br />

Zielsetzungen und Zwecken organisiert<br />

sind. Praktizierende Vegetarier und Veganer<br />

vermindern sozusagen die Gesamtsumme<br />

des mit der Nutzung der Tiere verbundenen<br />

Leids, indem weniger Tiere genutzt,<br />

artwidrig gehalten, brutal transportiert<br />

und getötet werden. Ein Mensch,<br />

der achtzig Jahre lang Vegetarier ist, verhindert<br />

durch seine konsequente Haltung<br />

beim gegenwärtigen <strong>Schweizer</strong> Durchschnittskonsum<br />

das Leben, den Tod und<br />

das wahrscheinliche Leid von gesamthaft<br />

gegen tausend Masthühnern, Rindern,<br />

Kälbern und Schweinen.<br />

Rein quantitativ liesse sich dieselbe<br />

Wirkung auch erzielen, wenn die Menschen<br />

weniger <strong>Fleisch</strong> essen würden.<br />

Wenn drei Millionen <strong>Schweizer</strong> auf zwei<br />

<strong>Fleisch</strong>mahlzeiten pro Woche verzichteten,<br />

ergäbe das betreffend Reduktion<br />

der gehaltenen und getöteten Nutztiere<br />

die gleiche Wirkung, wie wenn 900 000<br />

<strong>Schweizer</strong> Vegetarier würden. Beide Strategien,<br />

Vegetarismus oder Reduktion des<br />

<strong>Fleisch</strong>konsums, sind aus der Optik einer<br />

tierschützerischen Realpolitik also wirksam,<br />

wobei es erfahrungsgemäss einfacher<br />

und erfolgversprechender ist, Menschen<br />

zur Reduktion statt zum Verzicht<br />

zu bewegen. Der erhebliche Rückgang<br />

des <strong>Fleisch</strong>konsums in der Schweiz in<br />

den letzten 25 Jahren von 72 auf 53 Kilogramm<br />

pro Kopf dürfte denn auch stärker<br />

darauf beruhen, dass die Menschen<br />

weniger <strong>Fleisch</strong> essen, als dass sie gänzlich<br />

darauf verzichteten. Das heisst nicht,<br />

dass dieser Befund auch zukünftig gelten<br />

muss, scheint der Vegetarieranteil heute<br />

doch gerade unter jungen Menschen<br />

überdurchschnittlich zu sein, während<br />

die Kriegs- und Grosselterngeneration,<br />

bei welcher der <strong>Fleisch</strong>konsum mehrheitlich<br />

noch positiv gedeutet wurde, immer<br />

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SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS

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