UND LANDWIRTSCHAFT - Schweizer Fleisch
UND LANDWIRTSCHAFT - Schweizer Fleisch
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Diese pragmatische Sichtweise<br />
schliesst nicht aus, dass sich der STS stark<br />
für eine Konsumreduktion tierischer Produkte<br />
sowie für vegetarische und vegane<br />
Ernährungsweisen einsetzt. Das Beschreiten<br />
beider Wege – Einsatz für einen vertretbaren<br />
Konsum von Produkten aus tierfreundlicher<br />
Haltung und Aufzeigen von<br />
Alternativen zu tierischen Produkten –<br />
stellt weder einen Widerspruch noch eine<br />
Inkonsequenz dar. Vielmehr ist es eine<br />
Notwendigkeit für diejenigen Tierschutzorganisationen,<br />
die sich messen lassen<br />
wollen an den erreichten, konkreten Verbesserungen<br />
für die Tiere – im Stall, auf<br />
dem Transport und beim Schlachten. Echter<br />
Tierschutz muss mehr sein, als nur zu<br />
predigen und den moralischen Zeigefinger<br />
zu erheben, um sich billig ein gutes Gewissen<br />
als besserer Mensch zu verschaffen!<br />
9.3 Die Rolle des<br />
Konsumenten<br />
Konsumenten müssen den Zusammenhang<br />
zwischen ihrem Einkaufsverhalten<br />
und dem Tierwohl auf den Bauernhöfen<br />
kennen. Nur ein informierter Verbraucher<br />
kann sein Einkaufsverhalten überdenken<br />
und wird bereit sein, für Produkte aus<br />
tierfreundlicher Haltung den erforderlichen<br />
Mehrpreis zu entrichten.<br />
Der <strong>Schweizer</strong> Konsument steht in<br />
der Verantwortung wegen des hohen Verbrauchs<br />
tierischer Lebensmittel von rund<br />
170 Kilogramm jährlich sowie der Tatsache,<br />
dass wir <strong>Schweizer</strong> heute nur mehr<br />
7 % der Haushaltausgaben für Ernährung<br />
ausgeben müssen. Selbst ein vier-<br />
Produktequalität und<br />
Tierwohl<br />
Im Gegensatz zur Milch von Kühen mit<br />
Kraftfutterdiäten und reiner Stallhaltung<br />
liefern Tiere mit Weidegang Milch und<br />
Käse mit mehr Omega-3-Fettsäuren, z. B.<br />
Linolsäure. Auch das <strong>Fleisch</strong> von Weiderindern<br />
ist ernährungsphysiologisch wertvoller<br />
und zudem zarter. Das zeigt ein aktueller<br />
Vergleich von Stallhaltungs- und<br />
Weidetieren der ETH Zürich. Selbstverständlich<br />
beeinflussen auch die fachgerechte<br />
Lagerung, die Abkühlung und<br />
Was kann ich tun?<br />
1. Sich informieren über Tierhaltung<br />
und Landwirtschaft, z. B. über www.tierschutz.com<br />
und www.essenmitherz.ch.<br />
Mit Freunden über Tierschutz und Konsum<br />
diskutieren.<br />
2. Vegetarische Lebensweise oder massvoller<br />
<strong>Fleisch</strong>konsum, d. h. nicht täglich<br />
<strong>Fleisch</strong> konsumieren – von Ernährungsphysiologen<br />
wird 1- bis 2-mal/Woche<br />
empfohlen. Dabei auf höchste Qualität<br />
(Fütterung, Tierschutz, bäuerliche Tierhaltung,<br />
Transporte, Zucht), Regionalität<br />
und <strong>Schweizer</strong> Herkunft mit glaubwürdigem<br />
Label und Kontrollen achten.<br />
köpfiger Haushalt gibt nicht über 10 %<br />
aus. Bei einem Monatseinkommen von<br />
5000 Franken steigt der Anteil auf 13 %.<br />
Noch vor fünfzig Jahren lagen diese Anteile<br />
bei 30 % und mehr. Die Schweiz liegt<br />
hier international gesehen an der Spitze.<br />
Bereits in Deutschland muss der Durchschnittshaushalt<br />
14 % des Budgets für<br />
Nahrungsmittel ausgeben, obwohl deutsche<br />
Lebensmittelpreise günstiger sind als<br />
schweizerische.<br />
Der Konsument spielt mit seiner Nachfrage<br />
eine extrem wichtige, aber auch<br />
schwierige Rolle, denn ihm fehlt heute<br />
praktisch jeglicher Bezug zur tierhaltenden<br />
Landwirtschaft und zur Lebensmittelverarbeitung.<br />
Diese «Entfremdung» wird<br />
immer stärker und erscheint irreversibel.<br />
Konsumenten bleibt nichts anderes übrig,<br />
als Vertrauen zu haben, dass Bauern, Verarbeiter<br />
und Handel alles korrekt machen.<br />
Das erklärt auch die hohe Sensibilität in<br />
die Lagerdauer die <strong>Fleisch</strong>qualität stark.<br />
Schweine in guter Haltung erbringen rötlicheres,<br />
hochwertigeres <strong>Fleisch</strong> durch<br />
fleissige Bewegung. Dasselbe gilt für Kälber,<br />
die artgerecht gefüttert und gehalten<br />
werden.<br />
Freilandlegehennen legen Eier mit bis zu<br />
doppelt so hohen Carotinoidgehalten wie<br />
im Stall gehaltene Tiere. Das <strong>Fleisch</strong> von<br />
Freilandmasthühnern weist eine bessere<br />
sensorische Qualität und ein höheres<br />
Safthaltevermögen auf.<br />
Bezug auf Sicherheit und Qualität von<br />
Lebensmitteln und die sofortige mediale<br />
«Skandalisierung» bei Unregelmässigkeiten<br />
und Problemen. Entsprechend wichtig<br />
sind denn auch glaubwürdige Kontrollen<br />
und Sanktionen, nebst einer konsequenten<br />
Konsumenteninformation samt Deklarationen.<br />
9.4 Die Rolle der Land- und<br />
Ernährungswirtschaft<br />
Wer mit Tieren und Produkten tierischer<br />
Herkunft Geld verdient, seien dies Bauern,<br />
Transporteure, Metzger, Detaillisten,<br />
Gastronomen oder Importeure, hat gegenüber<br />
Tieren eine klare ethische Verpflichtung,<br />
die er in seinem Umfeld und<br />
mit seinen Möglichkeiten wahrnehmen<br />
muss. Der STS nagelt die Bauern und die<br />
Nahrungsmittelbranche immer wieder<br />
darauf fest.<br />
Ställe und Einrichtung sind auf Bauernhöfen<br />
oft gegeben, von der Vorgeneration<br />
übernommen und noch nicht amortisiert.<br />
Aus diesem Grund – um Härtefälle<br />
zu vermeiden – hat der Gesetzgeber bei<br />
Vorschriften zum Tierwohl auch stets<br />
Übergangsfristen für bestehende Ställe<br />
von bis zu zehn Jahren festgelegt. Aber<br />
Management, Tierpflege/-beobachtung/-<br />
kontakt sowie Auslauf und Weide sind in<br />
der Regel ohne teure Investitionen zu lösen<br />
und können deshalb von jedem verantwortungsbewussten<br />
Nutztierhalter<br />
optimal erfüllt werden, unabhängig von<br />
der baulichen und finanziellen Situation.<br />
Die einstigen Entwicklungsmotoren<br />
bei den Tierwohlprodukten, Migros und<br />
Coop, scheinen mittlerweile etwas auf<br />
der Stelle zu treten. Ihre Strategie, eine<br />
breitestmögliche Lebensmittelpalette anzubieten,<br />
konkurrenziert die Tierwohlangebote.<br />
Diese sind heute nur mehr ein<br />
Angebot unter vielen, von Billigpreislinien<br />
über ein Sammelsurium von Speziallinien<br />
(Heidi, Anna’s Best, Betty Bossi,<br />
Pro Montagna, Jamie Oliver) bis hin zu<br />
Premium- und Kinderlinien. Entsprechend<br />
schmilzt der Werbe- und PR-Etat<br />
für Tierwohlprodukte und es besteht die<br />
Gefahr, dass punkto Tierwohlengagement<br />
von Migros und Coop das Interesse und<br />
SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS<br />
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