UND LANDWIRTSCHAFT - Schweizer Fleisch
UND LANDWIRTSCHAFT - Schweizer Fleisch
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onen kam anstelle der Freilandhüttenhaltung<br />
das SPF-Verfahren (specific pathogen<br />
free) in Mode: Hochträchtige Sauen<br />
wurden mittels Kaiserschnitt entbunden<br />
und die Ferkel in möglichst keimfreier<br />
Umgebung aufgezogen. Die Firma Ovomaltine<br />
führte für ihre Eierproduktion<br />
schon früh die in den USA entwickelten,<br />
als letzter Schrei geltenden Käfigbatterien<br />
ein. Diese begannen sich ab den 1960er-<br />
Jahren bei «modernen» Geflügelwirten<br />
immer mehr durchzusetzen, obwohl solche<br />
Ställe in der Anschaffung um ein<br />
Mehrfaches teurer waren als die früheren<br />
tierfreundlichen Freilandhaltungsformen.<br />
Dafür wurde Zeit gespart, und mit gleichem<br />
Arbeitsaufwand konnte ein Vielfaches<br />
von Hühnern «betreut» werden.<br />
Mit dem Aufkommen der Käfigbatterien<br />
etablierte sich auch die Hybridzucht<br />
bei Hühnern. Bislang wurden die Hennen<br />
zum Eierlegen genutzt, und die Männchen<br />
drei bis vier Monate lang gemästet. Das<br />
neue Zuchtverfahren beendete die rund<br />
achttausendjährige Zweinutzung des<br />
Huhns. Fortan setzte man auf spezifische<br />
Mastlinien und mästete deren Männchen<br />
und Weibchen, weil beide viel des begehrten<br />
Brust- und Schenkelfleisches ansetzten,<br />
bereits in sechs Wochen schlachtreif<br />
waren und weniger Futter pro Kilogramm<br />
Zuwachs verbrauchten. Die Legelinien<br />
zeichneten sich durch extrem hohe Legeleistung<br />
aus. Legte früher ein Zweinutzungshuhn<br />
150 bis 180 Eier, so liefert ein<br />
modernes Hybridhuhn 300 Eier jährlich<br />
ab. Da die Mast der schmächtigen männlichen<br />
Legetiere nicht rentabel ist, werden<br />
sie als Eintagsküken getötet. Allein in<br />
Europa betrifft dies 500 Millionen Küken.<br />
Diese krasse Entwicklung führte dazu,<br />
dass das früher sehr teure Geflügelfleisch<br />
heute das billigste <strong>Fleisch</strong> ist und auch die<br />
Eierpreise, mindestens, was die Entschädigung<br />
der Bauern betrifft, massiv gesunken<br />
sind. In den 1930er-Jahren konnte ein<br />
Landwirt in der Schweiz vom jährlichen<br />
Ertrag des Eierverkaufs von fünf bis sechs<br />
Hühnern eine Kuh kaufen, heute bräuchte<br />
er dazu gut hundertmal mehr Hühner.<br />
Auf den Feldern und in den Ställen<br />
wurden unglaubliche Leistungssteigerungen<br />
realisiert. Seit 1960 verdoppelten sich<br />
die Kartoffelerträge pro Hektar auf 400<br />
Tonnen, die Weizenerträge verdreifachten<br />
sich auf 7,6 Tonnen. Innert weniger Jahrzehnte<br />
stieg die durchschnittliche Leistung<br />
je Kuh von 4000 auf fast 8000 Liter<br />
je Jahr. Wie den Masthühnern und Truten,<br />
so wurde auch dem Schwein immer mehr<br />
<strong>Fleisch</strong> angezüchtet, sodass heute 57 %<br />
des Schlachtkörpers sogenannte «edle»,<br />
das heisst verwertbare <strong>Fleisch</strong>stücke sind<br />
und dieser zwei Rippen mehr aufweist.<br />
Zwischen 1950 und 1980 verzweieinhalbfachte<br />
sich der Schweinebestand in<br />
der Schweiz auf 2,2 Millionen Tiere, und<br />
der Kuh- und Rinderbestand stieg in diesem<br />
Zeitraum um einen Drittel auf über<br />
2 Millionen Tiere. Damit wurde bei den<br />
beiden bis heute wirtschaftlich wichtigsten<br />
Tierarten schweizweit zahlenmässig<br />
ein Allzeithoch erreicht. Entsprechend<br />
viel Gülle fiel aber auch an. Die ökologischen<br />
und wirtschaftlichen Folgen dieses<br />
übermässigen Wachstums liessen nicht<br />
lange auf sich warten. Durch damals weitgehend<br />
ungeregeltes und in viehdichten<br />
Regionen wie etwa der Zentralschweiz<br />
sehr konzentriertes Ausbringen der Hofdünger<br />
wurden einzelne Seen derart be-<br />
Mit der extremen genetischen<br />
Leistungssteigerung wurde Geflügel<br />
zum heute billigsten <strong>Fleisch</strong><br />
lastet, dass ihr Ökosystem praktisch zusammenbrach.<br />
Die notwendige Sanierung<br />
verschlang enorme Steuermittel, ebenso<br />
das Verwerten der Milchüberschussproduktion.<br />
Seither sind die Tierzahlen wieder<br />
gesunken auf heute 1,6 Millionen<br />
Tiere der Rinder- und 1,6 Millionen der<br />
Schweinegattung.<br />
Agrowissenschaft, Beratung und Bauern<br />
waren und sind extrem erfolgreich bei<br />
der Bereitstellung von Nahrungsmitteln.<br />
Durch Rationalisierung (z. B. Spezialisierung<br />
auf einen Betriebszweig wie etwa<br />
Rindermast, Milchvieh oder Legehennen;<br />
Einführung von platz- und arbeitssparenden<br />
Haltungsformen), Mechanisierung<br />
und Intensivierung (z. B. Fortschritte<br />
in der Futtererzeugung und Fütterung sowie<br />
Einführung der einseitigen Leistungszucht)<br />
konnten die Erzeugungskosten für<br />
tierische Produkte extrem gesenkt werden.<br />
Dank des technisch-wissenschaftlichen<br />
Fortschritts in der Landwirtschaft<br />
können heute pro Hektar Ackerfläche 4,5<br />
Menschen ernährt werden. 1975, als der<br />
«Club of Rome»-Bericht Kultstatus hatte,<br />
waren es noch 2,8, und 1950 gar nur<br />
1,8 Menschen. Sollte die Weltbevölkerung<br />
weiterhin zunehmen, rechnet man, dass<br />
SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS<br />
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