UND LANDWIRTSCHAFT - Schweizer Fleisch
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4.3 Bewertung der neuen<br />
Tierschutzverordnung<br />
(TSchV)<br />
Der Wille des Bundesrats, dem vom Parlament<br />
beschlossenen höheren Schutzniveau<br />
des Gesetzes, aber auch Erkenntnissen<br />
zum Tierwohl aus Wissenschaft und<br />
Praxis Rechnung zu tragen, ist in der<br />
neuen TSchV sichtbar. Davon können im<br />
Vergleich zur Situation vor 2008 gleich<br />
mehrere Tierarten profitieren. Beispielsweise<br />
die rund sieben Millionen Heimtiere<br />
sowie Pferde, Ziegen, Schafe, Truten und<br />
Fische. Diese bisher von der TSchV «vergessenen»<br />
Tierarten erhalten nun konkrete<br />
Schutzbestimmungen.<br />
Trotzdem: Die neue Tierschutzgesetzgebung<br />
ist nicht der grosse Wurf zugunsten<br />
der Nutztiere geworden, wie es<br />
etwa seinerzeit das Käfigbatterieverbot<br />
für Hühner darstellte. Nachdem Nutztiere<br />
jahrzehntelang ohne Rücksicht auf ihre<br />
Bedürfnisse ausgebeutet wurden, hätte<br />
unserer Gesellschaft ein konsequenterer<br />
Schritt zur Wiedergutmachung sehr wohl<br />
angestanden. Doch einmal mehr walzte<br />
die Agrarlobby mit einer Antitierschutzkampagne<br />
solche Überlegungen nieder.<br />
Wasser für alle Nutztiere<br />
Die neue TSchV ist strenger als die bisherige<br />
und bringt mit vielen Detailverbesserungen<br />
den allermeisten Nutztieren wenigstens<br />
etwas Erleichterung. Beispielsweise<br />
das Recht auf Wasser für alle. Bislang<br />
wurde nämlich jenen Mastschweinen<br />
und -kälbern, die mit flüssigen, salzreichen<br />
Abfällen aus der Käseerzeugung gefüttert<br />
wurden, Wasser vorenthalten – mit<br />
gerade bei Kälbern verheerenden Folgen<br />
für die Gesundheit und deutlich erhöhter<br />
Mortalitätsrate.<br />
Weniger Schmerz<br />
Zu begrüssen sind auch die geltend gemachte<br />
spezifischere Ausbildung und Information<br />
von Tierhaltern, der verbesserte<br />
Schutz von im Freien gehaltenen<br />
Tieren, die Forderung nach Sozialkontakt<br />
und Gruppenhaltung sowie der Schutz<br />
vor übermässigem Lärm. Endlich wurde<br />
auch eine tierschonende Regelung der allermeisten,<br />
teilweise extrem schmerzhaften<br />
Eingriffe getroffen wie beispielsweise<br />
für das Zähneabklemmen und Schwanzcoupieren<br />
bei Ferkeln, das Einsetzen von<br />
Nasenringen/-klammern bei Schweinen,<br />
das Kastrieren von Jungtieren oder das<br />
Schnabel- und Flügelcoupieren beim Geflügel.<br />
Punkto schmerzhafter Eingriffe<br />
sind <strong>Schweizer</strong> Nutztiere damit weltweit<br />
am besten geschützt.<br />
Lücken geschlossen<br />
Zu den Glückspilzen der Verordnungsrevision<br />
zählen Schafe, Ziegen, Truten<br />
und Pferde. Für sie gab es bislang keine<br />
konkreten und verbindlichen Schutzvorschriften,<br />
nun hat der Bundesrat welche<br />
erlassen. Seit 2010 dürfen die 76 000 Ziegen<br />
und 450 000 Schafe in der Schweiz<br />
weich auf Einstreu liegen. Dieses wissenschaftlich<br />
belegte Grundbedürfnis aller<br />
Bauernhoftiere – eine Ausnahme bildet<br />
das Geflügel, welches Einstreu zwar zum<br />
Picken, Scharren und Staubbaden benötigt,<br />
aber seiner Natur gemäss auf erhöhten<br />
Sitzstangen zu ruhen pflegt – gesteht<br />
der Bundesrat unseren Nutztieren allerdings<br />
nur selektiv zu. Zwei der drei Pechvögel<br />
der Revision, die Mastschweine und<br />
Bis 2008 gab es in der Tierschutzverordnung<br />
für Schafe<br />
gar keine Vorschriften<br />
Mastrinder, müssen weiterhin in kahlen,<br />
engen Buchten ohne Einstreu und ohne<br />
Auslauf ins Freie leben. Auch für die Kühe<br />
gab es keine relevanten Verbesserungen.<br />
Sie dürfen weiterhin den grössten Teil ihres<br />
Lebens angekettet im Stall gehalten<br />
werden, und auch der Kuhtrainer bleibt<br />
in bestehenden Ställen legal.<br />
Schluss mit fehlernährten<br />
Kälbern?<br />
Bessere Zeiten sollen für Mastkälber und<br />
Kalbfleischfreunde anbrechen. Der oft<br />
mangelnden Gesundheit von Mastkälbern<br />
aufgrund ihrer widernatürlichen<br />
Fütterung muss bislang mit häufigen Antibiotikagaben<br />
nachgeholfen werden. Ab<br />
Herbst 2013 sollen die natürlichen Abwehrkräfte<br />
von Kälbern gestärkt werden<br />
durch eine artgerechte, rohfaserreichere<br />
Zufütterung mit Heu, Silage oder Gras, die<br />
auch die Eisenversorgung verbessert. Die<br />
Konsumenten müssen deshalb endgültig<br />
Abschied nehmen vom hellen Kalbfleisch,<br />
haben aber dafür Gewähr, dass das in Zukunft<br />
rosa-rötliche Kalbfleisch von gesunden<br />
Kälbern stammt und der Antibiotikaeinsatz<br />
in der Kälbermast zurückgeht.<br />
Schweine können jetzt wenigstens<br />
SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS<br />
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