P-OE - UniversitätsVerlagWebler
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P-<strong>OE</strong><br />
C. Johannes & T. Seidel • Professionelles Lernen von Anfängern in der Hochschullehre ...<br />
lauf besuchen die Teilnehmer eintägige Workshops, in welchem<br />
u.a. didaktische Methoden, Anregungen zur Durchführung<br />
von Lehre und Umsetzung von Prüfungen behandelt<br />
werden. Workshops, z.B. zu didaktischen Methoden,<br />
erleichtern den Lehranfängern gerade zu Beginn ihrer Dozententätigkeit,<br />
Handlungsalternativen zu den Lernarrangements<br />
der eigenen Ausbildung zu finden. Durch den Besuch<br />
weiterer Workshops kann grundlegendes Handwerkszeug<br />
zur Gestaltung der eigenen Lehrtätigkeit entsprechend<br />
den eigenen Bedürfnissen erworben, erprobt und<br />
eingeübt werden.<br />
Das wichtigste Element des Zertifikatsprogramms stellt die<br />
Videoaufzeichnung und die Reflexion einer Lehrveranstaltung<br />
dar. Die Teilnehmer haben dazu im ersten und zweiten<br />
Zertifikatssemester die Möglichkeit, eine selbst durchgeführte<br />
Lehrveranstaltungssitzung aufzeichnen zu lassen und<br />
diese mit Hilfe von studentischer Befragung zu evaluieren.<br />
Für die eigene Aufzeichnung bietet das LehreLernen-Projekt<br />
ein Rückmeldegespräch für jeden Zertifikatsteilnehmer<br />
an. Zudem findet jeweils am Ende des ersten und zweiten<br />
Zertifikatssemesters eine eintägige Videoreflexion statt, in<br />
der die Lehrenden ausgewählte Lehrveranstaltungssequenzen<br />
in Bezug auf Methodeneinsatz, Zielorientierung und<br />
Lernbegleitung (Seidel et al. 2006; Seidel, Rimmele/Prenzel<br />
2005) gemeinsam und unter Einbezug von Impulsen durch<br />
das LehreLernen-Team reflektieren (vgl. Sherin/van Es<br />
2009; van Es/Sherin 2008).<br />
Der erste Reflexionsworkshop nach einem Semester dient<br />
dazu, die drei Reflexionselemente (Methodeneinsatz, Zielorientierung<br />
und Lernbegleitung) im Situierten Lernkontext<br />
zu erarbeiten und gemeinsam in der Lerngruppe zu reflektieren.<br />
Darüber hinaus sollen die Promovierenden versuchen,<br />
ihre Lehrveranstaltungen verstärkt aus der Perspektive<br />
der Studierenden und deren Lernprozessen zu betrachten.<br />
Am Ende des zweiten Semesters dient der Reflexionsworkshop<br />
der Vertiefung und Festigung des Wissens über<br />
lernwirksame Merkmale. Dazu werden in den Lerngruppen<br />
längere Videosequenzen von ca. acht Minuten reflektiert,<br />
die je nach Schwerpunktsetzung für die Analyse von allen<br />
drei erlernten lernwirksamen Merkmalen geeignet sind. Je<br />
nach individueller Bedürfnislage kann die Weiterbildungsgruppe<br />
eigene Reflexionsschwerpunkte setzen und so die<br />
Kriterien im Situierten Lernkontext vertiefen.<br />
Zur Berücksichtigung der inhaltlichen Fokussierung (Desimone<br />
2009) erfolgt im Zertifikatsprogramm die Konzentration<br />
auf drei übergreifende Merkmale von Qualität in der<br />
Lehre: Methodenvielfalt, Zielorientierung und Lernbegleitung<br />
(Seidel et al. 2006; Seidel/Rimmele/Prenzel 2005).<br />
Diese drei Merkmale werden in den Zertifikatsgruppen auf<br />
die einzelnen Spezifika der Lehre in unterschiedlichen<br />
Fächern und Inhaltsbereichen angewandt. Die Zertifikatsgruppen<br />
sind fakultätsübergreifend zusammengestellt,<br />
damit in einer heterogenen Lerngruppe Gemeinsamkeiten<br />
und Grenzen zwischen den Fächern deutlich werden. In<br />
beiden Reflexionsveranstaltungen wird beispielsweise diskutiert,<br />
wie einzelne Elemente auf die individuelle Lehrsituation<br />
(z.B. Seminar, Übung, Praktika oder Forschungsseminar)<br />
in unterschiedlichen Fachgebieten angewandt werden.<br />
Die Struktur des Zertifikatsprogramms bietet den<br />
Lehranfängern vielfältige Gelegenheiten zu aktivem Lernen<br />
in den Lerngruppen und den Reflexionsveranstaltungen.<br />
Auch das Workshopangebot hat eine handlungsorientierte<br />
Ausrichtung und bietet Gelegenheit für eigene Beispiele<br />
und praxisnahe Übungen, in welchen z.B. neue Methoden<br />
zur Veranstaltungsgestaltung ausprobiert werden. Die<br />
Kohärenz des Zertifikatsprogramms wird sichergestellt,<br />
indem die Lehranfänger dazu ermutigt werden, die eigenen<br />
Lehrziele selbst zu formulieren (z.B. Wissensvermittlung,<br />
kritische Reflexion) und die eingesetzten Methoden unter<br />
Berücksichtigung der eigenen Lehrziele zu reflektieren. Der<br />
Fokus dieser Reflexion ist nicht die Identifikation der „richtigen“<br />
Methode, sondern die Passung zwischen Methodeneinsatz<br />
und Lehr- bzw. Lernzielen. Zudem ist das Programm<br />
langfristig angelegt. Es erstreckt sich über einen Jahreszeitraum<br />
und mindestens 30 Zeitstunden an Weiterbildungsaktivitäten.<br />
Meist besuchen die Teilnehmer aufgrund<br />
ihrer Weiterbildungsinteressen zusätzliche Kurse, so dass<br />
die effektive Weiterbildungszeit in der Regel höher ausfällt.<br />
Nach Abschluss des Zertifikats bietet sich zudem die Möglichkeit,<br />
weitere Kurse anzuschließen oder sich für ein fortgeschrittenes<br />
Zertifikatsprogramm zu bewerben (Zertifikatsprogramm<br />
„Advanced“). Eine kollektive Partizipation wird<br />
im Zertifikatsprogramm durch die Bildung von Lerngruppen<br />
gewährleistet. Die Lehranfänger promovieren an der selben<br />
Universität und teilen ähnliche Bedürfnislagen im Prozess<br />
ihrer Qualifikation. Meist sind mehrere Teilnehmer pro<br />
Fachdisziplin in den Lerngruppen vertreten. Dieses Vorgehen<br />
stellt sicher, dass eine ausgewogene Mischung aus ähnlichen<br />
und unähnlichen Lehr-Lernanforderungen in der<br />
Hochschullehre erreicht wird.<br />
3. Forschungsfragen im Rahmen<br />
des Projekts LehreLernen<br />
Die wichtigste Basis der Konzeption des Projekts Lehre-<br />
Lernen ist die Fundierung durch bereits bekannte Elemente<br />
wirksamer Weiterbildungsstrategien (Desimone 2009).<br />
Um diese Fundierung empirisch zu prüfen, werden vier<br />
Teilaspekte im Rahmen der Forschungsarbeiten näher beleuchtet.<br />
a) Spezifizierung der Erwartungen von Lehranfängern in<br />
Bezug auf die Lehre<br />
Der erste Teilaspekt umfasst Erwartungen in Bezug auf<br />
Lehre. Hierfür soll untersucht werden, welche Erwartungen<br />
die Lehranfänger zu Beginn des Weiterbildungsjahres an<br />
ihre Lehre richten und wie sich diese bis zum Ende des Zertifikats<br />
entwickeln. Für ein erfolgreiches Absolvieren des<br />
Weiterbildungsprogramms sollten sich die Ziele im Verlauf<br />
des Zertifikats von anfänglich naiven, generalisierten Erwartungen<br />
(z.B. „Ich möchte meine Lehre verbessern.“) in<br />
Richtung eines spezifizierten und differenzierten Urteils<br />
über die eigenen Herausforderungen und Ziele im Lehr-<br />
Lernprozess entwickeln (Hammerness et al. 2002). Eine retrospektive<br />
Erfassung der persönlichen „Schlüsselerlebnisse“<br />
kann zusätzlich Hinweise auf Weiterbildungselemente<br />
geben, die einen besonderen Beitrag zu dieser Entwicklung<br />
geleistet haben.<br />
b) Einfluss des Lehransatzes auf das Lehrhandeln<br />
Als zweiter Teilaspekt wird untersucht, welche Elemente<br />
des Lehrhandelns verschiedene Lehransätze kennzeichnen.<br />
P-<strong>OE</strong> 2+3/2010<br />
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