P-OE - UniversitätsVerlagWebler
P-OE - UniversitätsVerlagWebler
P-OE - UniversitätsVerlagWebler
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
P-<strong>OE</strong><br />
P e r s o n a l - u n d<br />
O r g a n i s a t i o n s f o r s c h u n g<br />
Christine Johannes & Tina Seidel<br />
Professionelles Lernen von Anfängern in<br />
der Hochschullehre – Erwartungen und<br />
Vorstellungen über Hochschullehre im<br />
Rahmen des Projekts LehreLernen 1<br />
Christine Johannes<br />
Tina Seidel<br />
Die Qualifizierung für Hochschullehre ist trotz aktueller<br />
Veränderungen im deutschen Hochschulsystem oft gekennzeichnet<br />
durch „Learning by doing“, da es oft keine systematische<br />
Ausbildung für Lehranfänger gibt. Das Projekt<br />
LehreLernen bietet ein einjähriges Zertifikatsprogramm an,<br />
welches sich am Dreischritt des Planens, Durchführens und<br />
Evaluierens (vgl. Hiebert et al. 2002) orientiert. Das Programm<br />
nutzt Situiertes Lernen mit Videoaufzeichnungen<br />
(Krammer/Reusser 2005; Krammer 2005) um Lehranfänger<br />
durch Reflexion eigener Lehrsituationen für die Lernendenperspektive<br />
zu sensibilisieren (Sherin/Van Es 2009; Van<br />
Es/Sherin 2008). Für eine Stichprobe von N=14 Lehranfängern<br />
wurden Motivationslage, Weiterbildungsziele, Kompetenzerwartungen<br />
und erwartete Handlungsänderungen<br />
vor der Teilnahme am Programm exploriert. Die Ergebnisse<br />
zeigen, dass Promovierende beim Einstieg in die Hochschullehre<br />
unspezifische Vorstellungen von Elementen der<br />
Lehre, eigenen Kompetenzen und angestrebter Handlungsänderung<br />
zur Verbesserung der Lehrqualität haben.<br />
Zukünftig wird untersucht werden, wie sich Vorstellungen<br />
über Ziele, Kompetenzen und Handlungsänderungen im<br />
Verlauf des Programms ändern.<br />
Aktuell befindet sich das deutsche Hochschulsystem in<br />
einer Umbruchphase. Die Bedeutung der Universität als<br />
Ausbildungseinrichtung rückt wieder stärker ins Blickfeld<br />
und universitäre Lehre wird kritisch diskutiert (Bundesministerium<br />
für Bildung und Forschung 2005; Wissenschaftsrat<br />
2008). Gleichzeitig gibt es Bemühungen, durch zusätzliche<br />
Anreize die Qualität der Lehre an Hochschulen zu fördern.<br />
So wurde beispielsweise nach dem Vorbild der<br />
Exzellenzinitiative ein Programm des Stifterverbands für die<br />
Deutsche Wissenschaft ins Leben gerufen mit dem Ziel<br />
„durch positive Anreize den Wettbewerb der Hochschulen<br />
hinsichtlich der Lehre zu stimulieren und dadurch die Qualitätsentwicklung<br />
und Herausbildung international sichtbarer<br />
Exzellenz in der Lehre zu befördern“ (Stifterverband für<br />
die Deutsche Wissenschaft 2008). Elemente des Programms<br />
sind Nachwuchsförderung in der wissenschaftlichen<br />
Lehre, der Aufbau von Strukturen für eine kontinuierliche<br />
und strukturierte Weiterentwicklung von Lehre sowie<br />
die Förderung von lehrbezogenen Zukunftskonzepten.<br />
Eine wichtige Säule im Veränderungsprozess der Hochschullandschaft<br />
ist der so genannte Bologna-Prozess. Seitdem<br />
die europäischen Bildungsminister in der „Bologna-Erkärung“<br />
die Schaffung eines europäischen Hochschulraums<br />
beschlossen haben, wurde die Einführung von gestuften<br />
Bachelor- und Masterstudiengängen schrittweise umgesetzt<br />
(Teichler 2005). Das Konzept des Lebenslangen Lernens<br />
stellt eine wichtige Komponente in der Neuausrichtung<br />
der universitären Lehre im Zuge dieser Reform dar.<br />
Das Lehrkonzept an Hochschulen soll sich dementsprechend<br />
stärker in Richtung einer Lernerorientierung bewegen,<br />
d.h. Lehre grundlegend von den zu erwerbenden<br />
Kompetenzen her aufbauen und entsprechend fachliche<br />
und überfachliche Kompetenzen verknüpfen (Behrendt<br />
2005).<br />
Trotz dieser Zielstellungen haben sich die Ausbildungsvoraussetzungen<br />
von Hochschullehrenden nicht verändert. Im<br />
Gegensatz zu Lehrenden an Schulen gibt es für die meisten<br />
Hochschullehrenden neben ihrer fachlichen Ausbildung<br />
keine systematischen Ausbildungsinhalte, die sie auf ihre<br />
Lehrverpflichtung in der Hochschullehre vorbereiten. Gerade<br />
für Anfänger in der Hochschullehre ist die Planung und<br />
Durchführung einer eigenen Lehrveranstaltung oft „Learning<br />
by doing“ (Groth 2003). Da sich Anfänger im Einstieg<br />
in die Lehre an dem orientieren, was sie selbst im Rahmen<br />
ihrer fachlichen Ausbildung an Lehre erfahren haben, ist die<br />
Wahrscheinlichkeit hoch, dass so etablierte Lehrstrukturen<br />
und Methoden an Hochschulen beibehalten werden. Damit<br />
laufen gerade im Einstieg in die Hochschullehre Prozesse<br />
ab, die den neuen Ansprüchen an Hochschullehre entgegenwirken.<br />
Das Projekt LehreLernen beschäftigt sich deshalb<br />
mit der Frage, wie man im Rahmen strukturierter Ausbildungsprogramme<br />
diesen Prozessen entgegenwirken und<br />
neue Standards in der Hochschullehre etablieren kann.<br />
Damit greift das Projekt eine wesentliche Forderung des<br />
Wissenschaftsrats zu Strategien für die Verbesserung der<br />
Hochschullehre auf (Wissenschaftsrat 2008).<br />
1. Theoretischer Hintergrund<br />
1.1 Professionelles Lernen von Lehrenden<br />
Den theoretischen Hintergrund bilden Annahmen zum Situierten<br />
Lernen von Lehrenden (Greeno/Collins/Resnick<br />
1 Das Projekt LehreLernen wird finanziell über Mittel der Friedrich-Schiller-<br />
Universität Jena unterstützt.<br />
P-<strong>OE</strong> 2+3/2010<br />
31