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P-OE - UniversitätsVerlagWebler

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P-<strong>OE</strong><br />

C. Johannes & T. Seidel • Professionelles Lernen von Anfängern in der Hochschullehre ...<br />

beziehen sich auf Vorgaben durch institutionelle Rahmenbedingungen<br />

und auf Curricula wie sie beispielsweise im<br />

Kontext von BA/MA Studienordnungen in Form von Modulen<br />

vorgegeben sind. Dozentenspezifische Faktoren umfassen<br />

Aspekte, die sich mit dem Wissen und den Überzeugungsstrukturen<br />

von Lehrenden beschäftigen (Lehrkonzept<br />

und Lehransatz), sowie mit den konkreten Handlungen in<br />

der Praxis (Lehrhandeln). Das Lehrkonzept eines Hochschullehrenden<br />

ist geprägt durch die Idealvorstellung von<br />

Hochschullehre. Es beinhaltet besondere Bedeutungszuschreibungen<br />

von Lehr-Lern-Situationen, die entsprechend<br />

im Lehransatz zum Tragen kommen (Prosser/Trigwell 2006;<br />

Trigwell/Prosser 2004; Trigwell, Prosser/Taylor 1994). Im<br />

Gegensatz dazu geht der Lehransatz einen Schritt weiter,<br />

indem er neben Bedeutungszuschreibungen und Interpretationen<br />

auch Strategien zur Umsetzung im Lehrhandeln<br />

beinhaltet (Kember 1997). Bei Lehransätzen wird häufig<br />

zwischen zwei Grundformen unterschieden, die sich entlang<br />

der beiden Dimensionen lehrendenzentriert/inhaltsorientiert<br />

und studierendenzentriert/lernorientiert gruppieren.<br />

Die Grundformen unterscheiden sich in der Rolle des<br />

Lehrenden, der eigenen Sicht von Lehren, der Rolle der Studierenden<br />

und der Definition von Inhalt und Wissen im<br />

Lehrprozess (Kember 1997). Der Lehransatz eines Lehrenden<br />

stellt somit eine zentrale Schaltstelle zwischen den Vorstellungen<br />

eines Lehrenden über Lehr-Lern-Prozesse (der<br />

eigenen Lehrkonzeption) und dem Lehrhandeln dar. Ein<br />

Lehrkonzept, welches „gute Lehre“ als Übertragung von<br />

Wissen versteht, ist eher mit einem inhaltsorientierten<br />

Lehransatz verbunden. Lehrende, die „gute Lehre“ als Unterstützung<br />

beim Lernen verstehen, nutzen eher studierendenorientierte<br />

Lehransätze (Kember/Kwan 2000). Studierendenspezifische<br />

Faktoren umfassen Aspekte, die sich vorrangig<br />

mit der Nutzung der durch das Lehrhandeln geprägten<br />

Gelegenheitsstrukturen beschäftigen. Die Nutzung des<br />

Angebots beinhaltet Informationsverarbeitungsprozesse<br />

wie kognitive Lernaktivitäten und die Qualität der Lernmotivation<br />

(Seidel 2003). Einfluss auf die Nutzung des Angebots<br />

nehmen Faktoren wie studentische Lernansätze (z.B.<br />

Lernstrategien), Erfolgserwartungen sowie individuelle<br />

Abbildung 1: Äußere, dozentenspezifische und studierendenspezifische<br />

Faktoren der Lehre<br />

Lernvoraussetzungen (z.B. Vorwissen) (Schiefele/Urhahne<br />

2000; Schiefele/Wild 2000; Vermunt 1992, 2003; Wild<br />

2000). Die Lernergebnisse umfassen kognitive, motivational-emotionale<br />

und metakognitive Aspekte des Lernens,<br />

also den Aufbau von Wissen, Interessen, Haltungen, Lernstrategien,<br />

etc.<br />

Empirische Studien konzentrieren sich auf Untersuchungen<br />

zum Zusammenhang zwischen Lehrkonzept/Lehransatz und<br />

dem Einsatz von Lernstrategien. Trigwell/Prosser/Waterhouse<br />

(1999) berichten über negative Zusammenhänge<br />

zwischen einer lehrendenzentrierten Strategie mit dem Ziel<br />

der Wissensvermittlung und tiefenorientiertem Lernen auf<br />

Seiten der Studierenden. Studierendenzentrierte Ansätze<br />

mit dem Ziel der Konzeptänderung bei Studierenden wiederum<br />

hängen negativ mit oberflächenorientierten Lernstrategien<br />

zusammen. Untersuchungen mit einem stärkeren<br />

Fokus auf dem konkreten Lehrhandeln (Braun/Hannover<br />

2008) zeigen, dass Dozenten mit einem studierendenzentrierten<br />

Ansatz über mehr aktive und sozial-interaktive<br />

Lehrformen als Methoden berichten. Gleichzeitig berichten<br />

die Studierenden über einen höheren subjektiven Lerngewinn.<br />

Lehrendenzentrierte Ansätze hängen dagegen stärker<br />

mit der Verwendung des klassischen Dozentenvortrags als<br />

bevorzugte Lehrmethode zusammen.<br />

Die bisherigen Untersuchungen konzentrieren sich auf subjektive<br />

Einschätzungen durch Dozenten und Studierende.<br />

Gerade in Hinblick auf die Untersuchung des Lehrhandelns<br />

ist aus anderen Forschungsbereichen (z.B. der Unterrichtsforschung)<br />

bekannt, dass subjektive Einschätzungen der<br />

Lehrenden häufig positiv verzerrt sind und nicht notwendigerweise<br />

mit ihrem konkreten Handeln übereinstimmen<br />

müssen (Seidel/Schwindt/Rimmele/Prenzel 2008). Aus diesem<br />

Grund wäre es für die Weiterentwicklung der Hochschulforschung<br />

wünschenswert, zusätzliche Methoden zu<br />

berücksichtigen. Videoanalysen von Hochschullehre stellen<br />

hier eine interessante Erweiterung dar, indem Lehrhandeln<br />

direkt untersucht wird und das Videomaterial gleichzeitig<br />

eine wichtige Basis für Weiterbildungsmaßnahmen darstellen<br />

kann (Krammer/Reusser 2005; Reusser 2005). Weiterbildungsmaßnahmen,<br />

insbesondere für Anfänger in der<br />

Hochschullehre, zeigen wiederum, dass eine Veränderung<br />

in Richtung eines studierendenzentrierten<br />

Lehransatzes erreicht werden kann und sich diese<br />

Veränderung emotional und motivational positiv auf<br />

die Lehrenden auswirkt (Gibbs/Coffey 2002, 2004).<br />

Als bedeutsame Faktoren für Veränderungsprozesse<br />

haben sich dabei Elemente der Weiterbildung herausgestellt,<br />

die sich auf die Veränderung der Perspektive<br />

vom Lehrenden hin zu den einzelnen Studierenden<br />

(„shift from teaching to learning“) konzentrieren,<br />

sowie die Bildung von kooperativen<br />

Lerngruppen. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass es<br />

sich insbesondere für Anfänger in der Hochschullehre<br />

lohnt, den Einstieg in die Hochschullehre durch<br />

Weiterbildungsmaßnahmen zu begleiten.<br />

1.4 Die Rolle von Video in der Unterstützung professionellen<br />

Lernens von Lehrenden<br />

Die Effektivität von Weiterbildungsmaßnahmen bei<br />

Lehrenden hängt im Wesentlichen von fünf Faktoren<br />

ab (Desimone 2009). Der erste Faktor stellt die<br />

P-<strong>OE</strong> 2+3/2010<br />

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