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werkbuch<br />

.<strong>06</strong> 2<br />

Methoden kultureller bildung aus dem<br />

bereich der bildenen kunst<br />

Franziska Möbius<br />

Kunst und Mathematik - die Kunst steckt voller<br />

mathematischer Überlegungen<br />

Zielsetzung<br />

Kunst macht Abstraktes anschaulich und in der Auseinandersetzung<br />

mit ihr werden Schlüsselkompetenzen<br />

geschult, wie z. B. die Fähigkeit genau zu beobachten<br />

und ungewöhnliche Verknüpfungen herzustellen.<br />

Sie fördert mehrdimensionales Denken und das Verständnis<br />

komplexer Phänomene. Vor allem aber hilft<br />

sie, die eigene Ausdrucksfähigkeit zu entwickeln.<br />

Beim Sprechen über Kunst sind alle Sinne beteiligt,<br />

so ist die ganze Persönlichkeit betroffen, und selten<br />

gibt es nur eine richtige Lösung. Genaues Beobachten<br />

und ein längeres Verweilen vor den Exponaten<br />

werden durch überraschende Entdeckungen belohnt<br />

und stärken zugleich das Konzentrationsvermögen.<br />

Die Versprachlichung komplexer visueller Phänomene<br />

fördert ganz allgemein die sinnliche Wahrnehmung<br />

und das sprachliche Ausdrucksvermögen. Das<br />

Museum ist ein kreativer Freiraum. Gedankenspiele<br />

sind erwünscht, sie werden nicht benotet. Die Atmosphäre<br />

ist anders als in der Schule, schon der Ort selbst<br />

trägt dazu bei. Immer wieder stellen Lehrer fest, dass<br />

Schülerinnen und Schüler, die im Unterricht eher<br />

still und schüchtern sind, im Museum geradezu aufblühen.Vielleicht<br />

liegt das auch daran, dass hier wissensbezogene<br />

Vermittlungsansätze gleichberechtigt<br />

neben spielerisch-kreativen stehen. Man kann sich<br />

Kunstwerken auf eine sehr persönliche Weise nähern,<br />

Lieblingsbilder entdecken, Geschichten dazu erfinden,<br />

sie nachspielen, in Töne und Geräusche umsetzen<br />

oder sich von ihnen zu eigenen Bildern inspirieren<br />

lassen.Die Freude und das Interesse, die der Kunst<br />

entgegengebracht werden, können auf Fragestellungen<br />

übertragen werden, die mit ihr verbunden sind.<br />

So kann ein Museumsbesuch nachhaltig zur Bereicherung<br />

des Schulunterrichts beitragen.<br />

Birgit van de Water:<br />

Studium der Diplom-Pädagogik und Kunst in Köln;<br />

Freie Mitarbeit in verschiedenen Museen; seit 2001<br />

wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung<br />

„Kulturelle Bildung und Pädagogik“ im Museum<br />

Kunstpalast Düsseldorf.<br />

Kontakt:<br />

Birgit van de Water:<br />

Museum Kunstpalast<br />

Ehrenhof 4-5<br />

40479 Düsseldorf<br />

Tel. 0211 56642100<br />

www.smkp.de<br />

Kunst und Mathematik scheinen auf den ersten Blick<br />

sehr gegensätzlich zu sein. Die Kunst gilt eher intuitiv,<br />

stark personenbezogen und emotional beeinflusst,<br />

die Mathematik hingegen als rational und<br />

logisch, sie produziert vergleichbare Ergebnisse und<br />

folgt einheitlichen Regeln. Und doch gibt es auch in<br />

der Kunst viele logische Überlegungen, wenn auch<br />

zumeist auf einem einfachen mathematischen Niveau.<br />

Diese beiden Bereiche zusammenzuführen kann<br />

durchaus auch eine Aufgabe für Kinder in der Grundschule<br />

sein. Der Lehrplan in Sachsen enthält daher im<br />

Fach Mathematik den Wahlpflichtbereich „Mathematik<br />

in der Kunst“. Für die 3. und 4. Klasse sind<br />

dafür jeweils 10 Unterrichtsstunden vorgesehen. Im<br />

Anschluss an den Geometriestoff der 3. Klasse sind<br />

z.B. das Gestalten von Labyrinthen und Mosaiken<br />

sowie das Zeichnen von Parkettierungen vorgesehen.<br />

In der 4. Klasse kommt die Schulung des räumlichen<br />

Denkvermögens hinzu, beispielsweise die Beurteilung<br />

bildlicher Darstellungen auf ihren Realitätsbezug:<br />

Kann dieser Musterbogen ein Würfel sein?<br />

Schrägbilddarstellungen von verschiedenen Blickwinkeln,<br />

die Lage im Raum und die Perspektive<br />

stehen im Mittelpunkt.<br />

geben könnten. Die Lehrerin hat sofort erkannt, dass<br />

wir sehr unterschiedliche Herangehensweisen haben:<br />

Sie fordert von den Kindern klare Resultate und<br />

wünscht sich Ergebnisse, die möglichst nah am<br />

Vorgegebenen liegen – ich hingegen bevorzuge das<br />

freie intuitive Arbeiten, vertraue in die Phantasie der<br />

Kinder und baue auf überraschende, wenn auch sehr<br />

unterschiedliche Ergebnisse. Sie war sich sicher, dass<br />

meine Arbeitsweise einen guten Kontrast zu dem<br />

sonst sehr pragmatisch ablaufenden Mathematikunterricht<br />

bilden würde. Für die praktische Umsetzung<br />

beschlossen wir, dass ich den inhaltlichen Bereich<br />

übernehmen sollte und sie sich als Klassenleiterin mit<br />

um die Aktivierung der Schülerinnen und Schüler<br />

unterstützend kümmern würde. In der 3. Klassenstufe<br />

wurde diese Aufgabenteilung das erste Mal<br />

geprobt und ein Jahr später mit der gleichen Klasse<br />

weitergeführt.<br />

Die Kinder waren gut vorbereitet auf die besondere<br />

Form des Unterrichtes. Nach einer kurzen Einführung<br />

folgte ein praktisch orientiertes Arbeiten. Um den<br />

Faden des Lehrplanes aufzunehmen, entschloss ich<br />

mich, abstrakt arbeitende Künstlerinnen und Künstler<br />

vorzustellen und langsam von einer sehr logisch<br />

aufgebauten konkreten Kunst zu mehr spielerischpoetischen<br />

Beispielen zu wechseln. Max Bill bildete<br />

den Anfang. Mit allen Schülerinnen und Schülern<br />

gemeinsam betrachteten wir seine Bilder. Es galt zu<br />

erkennen, dass Bill mit klar abgegrenzten Farbfeldern<br />

arbeitet und kein Pinselduktus deutlich wird. Seine<br />

Bilder scheinen berechnet. Oft hat er versucht, Rotationen<br />

darzustellen. Anscheinend hat er sich an die<br />

mathematische Gesetze z.B. der Tiefenwirkung durch<br />

Farben gehalten und dann doch wieder gebrochen<br />

und einen mathematischen „Fehler“ eingebaut.<br />

Diese sehr konstruktiv-mathematischen Aufgaben<br />

können durch den spielerischen Umgang mit den<br />

Mitteln der bildenden Kunst aufgelockert und<br />

„erfahrbarer“ gestaltet werden. Hierzu hat mich die<br />

Mathematiklehrerin einer Leipziger Grundschule als<br />

Künstlerin hinzugezogen. Gemeinsam überlegten<br />

wir, welche konkreten Aufgaben wir den Kindern<br />

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