WERKBUCH_06_web
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werkbuch<br />
.<strong>06</strong> 4<br />
Methoden kultureller bildung aus dem<br />
bereich der Medienpädagogik<br />
Berufen wird von den Schülern erlebt, das Zusammenwirken<br />
von künstlerischen, technischen und<br />
verwaltenden Berufen bei der Entstehung einer<br />
Neuproduktion wird deutlich. Abschließend wird ein<br />
Organigramm der Kölner Oper erstellt, das Grundlage<br />
der Sitemap der PC-Präsentation wird. Die Homepage<br />
wird jetzt zum ersten Mal eingerichtet und verlinkt,<br />
von hier an wird im Fach Informatik parallel<br />
gearbeitet.<br />
Musikalische Proben: In kleinen Gruppen werden<br />
Einzelproben mit Klavier oder eine Orchester-allein-<br />
Probe besucht, die Schülerinnen und Schüler lernen<br />
den Studienleiter, die Repetitoren, den Dirigenten<br />
und vor allem die Sänger des Stücks kennen. Diese<br />
werden in kurzen Ausschnitten aufgenommen,<br />
Audio-Dateien dieser Ausschnitte erstellt und später<br />
als Tonbeispiele in die Homepage eingebunden.<br />
Szenische Proben: Die gesamte Gruppe besucht eine<br />
frühe szenische Probe, in der, wenn möglich, das von<br />
den Jugendlichen selbst im Workshop inszenierte<br />
Duett vom Regisseur mit den Sängerinnen und<br />
Sängern geprobt wird. Die Inszenierung wird mit der<br />
eigenen Version verglichen. Ein Gespräch mit dem<br />
Regisseur wird geführt; inhaltliche Aspekte und vor<br />
allem das Problem „Regietheater“ vs. „Werktreue“<br />
haben hier oft zu heftigen Diskussionen geführt –<br />
Schülerinnen und Schüler sind, für Regisseure oft<br />
ganz unerwartet, erstaunlich konservativ.<br />
Die Generalprobe wird besucht, danach arbeiten die<br />
Schülerinnen und Schüler in Gruppen, von denen<br />
jede den Auftrag hat, eine Kritik der Generalprobe zu<br />
schreiben. Wenn es vorher eine Zusammenarbeit mit<br />
einem Journalisten gegeben hat, der den Jugendlichen<br />
die Stilmittel unterschiedlicher Zeitungen erläutert<br />
hat, dann schreibt jede Gruppe ihre Kritik so, dass sie<br />
von der Länge, vom Stil und vom Inhalt her in einer<br />
bestimmten, der Gruppe vorgegebenen Zeitung<br />
erscheinen kann. Die Bandbreite reicht von der<br />
„Bild“-Zeitung bis zur „Frankfurter Allgemeinen“.<br />
Jede Gruppe sucht aus den offiziellen Pressefotos zum<br />
Stück das für „ihre“ Zeitung passende Foto aus, die<br />
Zeit zwischen Generalprobe und Abgabe des Gruppenartikels<br />
entspricht dem Zeitraum, den Journalisten<br />
zwischen Premiere und Redaktionsschluss für<br />
ihre Kritik zur Verfügung haben. Diese eigenen<br />
Kritiken werden in einer nachbereitenden Sitzung<br />
mit den wirklich erschienenen verglichen, und beide<br />
Versionen werden in die Homepage eingefügt. Die<br />
Inhaltsangabe der Kölner Inszenierung wird nachbereitet<br />
und mit einer Slide-Show der offiziellen<br />
Pressefotos illustriert. Parallel zu diesen letzten Besuchen<br />
im Theater wurde im Informatikunterricht,<br />
häufig auch außerhalb des Unterrichts oder, nicht<br />
gerade zur Freude von Kolleginnen und Kollegen,<br />
während die Schülerinnen und Schüler eigentlich<br />
anderen Unterricht hätten, die Homepage zum Stück<br />
fertig gestellt. Inzwischen sind fast 20 Homepages zu<br />
Kölner Opern- und Schauspielinszenierungen mit<br />
sehr unterschiedlicher Optik und noch viel unterschiedlicheren<br />
Inhalten entstanden. Um das Projekt<br />
auch mit Unterstufenklassen durchführen zu können,<br />
wurde ein einfaches Schema für die Erstellung einer<br />
Stück-Homepage entwickelt, auf dessen Grundlage<br />
das Projekt von Nichtinformatikern ohne Schwierigkeiten<br />
durchgeführt werden kann.<br />
Es handelt sich um einen „Homepage-Baukasten“,<br />
der mit Quelltext und html-Dateien arbeitet und<br />
nicht mit dem sonst oft angewandten „Youget-what-you-see“-Prinzip,<br />
Unterstufenschülerinnen<br />
und -schüler finden das als Informatik-<br />
Einstieg spannend. Das Schema kann als Prototyp für<br />
Projekte mit anderen Stücken, Theatern oder Schulen<br />
dienen.<br />
Von der Premiere an wird die Homepage auf drei<br />
Arten zugänglich gemacht:<br />
• Zwei PCs werden im Foyer der Oper aufgestellt,<br />
auf denen Besucher der Oper vor der Vorstellung<br />
und in den Pausen die erarbeiteten Informationen<br />
zum Stück abrufen können. Beide werden eifrig<br />
genutzt und zwar keinesfalls nur von jugendlichen<br />
Besuchern!<br />
• Die Präsentation wird auf den Homepages der<br />
jeweiligen Schule und der der Oper Köln ins Netz<br />
gestellt. Hier lässt sich der Erfolg der Projekte deutlich<br />
verfolgen: in der Woche vor den Vorstellungen<br />
des Stücks, die von vielen Schulabonnenten oder<br />
Schülergruppen besucht werden, steigt die Zahl der<br />
Seitenaufrufe nicht selten auf mehrere hundert.<br />
In diesen Vorstellungen werden dann signifikant<br />
weniger Programmhefte verkauft – digitale<br />
Programmhefte sind für Schülerinnen und Schüler<br />
attraktiver.<br />
• Lehrer, die mit Klassen, Kursen oder Schulabonnenten<br />
eine Vorstellung besuchen, erhalten eine CD<br />
der Homepage als Einführung in das Stück.<br />
Das mehrfach erprobte Projekt ist einzigartig an deutschen<br />
Bühnen und hat Modellcharakter. Jugendliche<br />
mit unterschiedlichen Interessen (Musik, Informatik,<br />
Deutsch, Kunst, Tontechnik, etc.) treten zunächst<br />
miteinander, dann mit außerschulischen Institutionen<br />
in einen Dialog, wechselseitiges Verstehen wird<br />
gefördert:<br />
• Jugendliche erfahren durch viel praktische Arbeit<br />
die sinnliche Komponente von Theater einerseits,<br />
lernen andererseits recherchieren und systematisch<br />
ordnen.<br />
• An der Produktion Beteiligte lernen die Wahrnehmung<br />
von Jugendlichen kennen, ein Faktor,<br />
der Wiederholungen des Projekts sehr verein<br />
facht. Schüler, die ganz andere Fragen stellen als<br />
Journalisten, selbst etwas zur Produktion beitragen<br />
und dabei interessiert feststellen, dass Oper<br />
und Schule doch keine doppelte Strafe ist, sorgen<br />
dafür, dass auch Sänger- und Regie-“Stars“ bereit<br />
willig mitmachen.<br />
• Normalen Besuchern wird am PC die Entstehung<br />
einer Produktion aus der Sichtweise von Jugendlichen<br />
vorgestellt.<br />
Das Projekt „Virtuelles Programmheft“ der Abteilung<br />
Theater und Schule der Bühnen Köln wurde von der<br />
PwC-Stiftung Jugend–Bildung–Kultur als „besonders<br />
eindrucksvolle Initiative, die auf innovative Art<br />
Jugendlichen Zugang zu etablierten Kunstformen<br />
verschafft“ mit dem durch den Bundespräsidenten<br />
verliehenen „Zukunftspreis Jugendkultur“<br />
ausgezeichnet.<br />
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