WERKBUCH_06_web
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werkbuch<br />
.<strong>06</strong> 3<br />
Methoden kultureller bildung aus dem<br />
bereich der Theaterpädagogik<br />
kann entweder vorher festgelegt werden, schöner<br />
und spannungsvoller ist es, wenn jede Schülerin und<br />
jeder Schüler selbst spürt, wann der richtige Moment<br />
für den „Auftritt“ ist. Sind alle durch, setzen sich alle<br />
18 Personen wieder in Bewegung. Die anderen Schülerinnen<br />
und Schüler haben die Namen der 18 Schülerinnen<br />
und Schüler in drei Spalten geschrieben,<br />
entsprechend den drei Figuren. Sind die einzelnen<br />
Zitate den richtigen Figuren zugeordnet worden? Dies<br />
wird nun überprüft. Die Zuschauerinnen und<br />
Zuschauer gehen nun gemeinsam mit den 18 Spielerinnen<br />
und Spielern kreuz und quer durch den Raum<br />
und stellen sich beliebig einer/einem der 18 Schülerinnen<br />
und Schüler in den Weg und nehmen Blickkontakt<br />
auf. Sobald dies geschieht, spricht diese den<br />
Text mit stimmlicher und körperlicher Haltung, die<br />
auch weiterentwickelt werden darf. Dann gehen die<br />
beiden wieder auseinander, so dass ein Durcheinander<br />
an stehenden Paaren und gehenden Einzelpersonen<br />
in unterschiedlichen Geschwindigkeiten<br />
entsteht. Aus der zunächst starren, statischen Körperhaltung<br />
kann immer stärker ein kleines szenisches<br />
Spiel mit Mimik und Gestik entstehen. Wegen des<br />
parallel stattfindenden Raumlaufs allerdings ohne<br />
große Bewegungen im Raum.<br />
Vertiefung der Übung:<br />
Die jeweils sechs Zitate einer Figur werden in eine<br />
sinnvolle Abfolge gebracht. Hier gilt nicht nur die eine<br />
Möglichkeit, welche die Autorin im originalen Text<br />
vorgibt!<br />
Die Gesamtdauer der Übung beläuft sich auf ca. eine<br />
Stunde.<br />
Übung 2<br />
In den Dialogen des postdramatischen Theaterstücks<br />
„Demut vor deinen Taten Baby“ fehlen direkt erlebte<br />
Situationen und Dialoge unter den Figuren. Für die<br />
Figuren sind Situationen und Dialoge schon oft nachempfundene,<br />
nachgespielte, simulierte Erlebnisse,<br />
Abläufe und Wortlaute, die dem Publikum erzählt<br />
werden. Die Haltung der drei jungen Frauen ist also<br />
eine reflektierte, routinierte. Mit dem Selbstverständ-<br />
nis der Abläufe steigert sich für die drei Figuren die<br />
Geschwindigkeit, aufeinander reagieren zu können,<br />
und der Spaß am Nachspielen, der sich auf das<br />
Publikum überträgt. Die Drei als nach Außen, zum<br />
Publikum hin Erzählenden benötigen keine Informationen<br />
voneinander, der Dialog findet nicht unter den<br />
Figuren, sondern direkt mit dem Publikum statt. Um<br />
diese Geschwindigkeit aufzubauen, sprich Spannung<br />
zu halten, gibt es eine Methode im Theater, die wir<br />
aus dem Alltag nur all zu gut kennen: Reden ohne Luft<br />
zu holen, allerdings auf mehrere Personen verteilt. Im<br />
Theater wird diese Methode umschrieben mit: „Text<br />
anschließen“ bzw. „Anschlüsse machen“. Speziell bei<br />
Klipp-Klapp-Dialogen, bei hintereinander weg nur<br />
kurzen Sätzen verschiedener Personen, wenn der Text<br />
von einer Figur zur anderen fliegt, die eine der<br />
anderen Rednerin beinahe ins Wort fällt und das<br />
Publikum den Eindruck hat, alle Figuren sprechen<br />
mit einer Zunge und dabei ein Sog entsteht, eine<br />
Beschleunigung, die bei längeren Sätzen einer Figur<br />
wieder abgebremst werden kann und die sich dann<br />
innerhalb der eigenen Rede, des eigenen Textes soviel<br />
Zeit wie nötig lassen kann. So wird die Spannung über<br />
die Schnelligkeit der sprachlichen Anschlüsse<br />
erreicht, es entsteht ein Rhythmus, ohne das<br />
Publikum dabei abzuhängen.<br />
Der Text auf den Seiten 5 - 10 des originalen Theaterstückes<br />
der Autorin Laura Naumann kann nach dieser<br />
Methode inszeniert werden. Auf diesen Seiten wird<br />
der dramatische Wendepunkt im Leben der drei<br />
einsamen Frauen beschrieben, eine existenzielle<br />
Grenzerfahrung, wie sie sich dabei kennen lernen und<br />
die Situation ihr Leben verändert. Alle drei Schauspielerinnen<br />
müssen in einer absoluten Konzentration<br />
und Spannung bleiben (HAB ACHT – Position), um<br />
wie beim Staffellauf ohne Verzögerung übernehmen<br />
zu können. Jede Unachtsamkeit bzw. Unaufmerksamkeit<br />
rächt sich sofort. Wie schwierig diese Technik<br />
ist, soll anhand dieser fünf Seiten ausprobiert werden.<br />
Vgl. dazu auch „Szenisches Lesen“, „Leseinszenierung“,<br />
„Szenenanspiel“. Dabei geht es in der Übung<br />
nur in 2. Linie um die Übernahme der Argumentationslinien<br />
der Figuren im Stücktext und der Interpretation<br />
der Rollen, sondern vielmehr um die pure<br />
Technik „Dialog-Texte anzuschließen“. Es geht<br />
außerdem um die Rhythmisierung von Dialog-Texten<br />
mit dieser Methode sowie um Tempi und die Veränderung<br />
von Tempi bei Dialog-Texten.<br />
Es bilden sich immer Gruppen von drei bzw. vier<br />
Personen (Regie), um ca. 10 Minuten zu üben. Jede<br />
Person hat einen Text. Jede Gruppe arbeitet mindestens<br />
an einer Seite. Die vierte Person als Zuhörer bzw.<br />
Regisseur ist sinnvoll, da diese beurteilen kann, wo<br />
die Anschlüsse schneller kommen müssen, d.h.<br />
jemand schneller einsetzen muss mit seinem Text,<br />
und wo innerhalb eines längeren Textes einer<br />
einzelnen Figur eine Pause gesetzt werden kann. Die<br />
vierte Person ist für den Rhythmus des gesprochenen<br />
Textes zuständig. Außerdem muss diese Person natürlich<br />
auch auf Textverständlichkeit achten. Die<br />
einzelnen Gruppen präsentieren ihre Textpassagen.<br />
Als nächsten Schritt könnten die Gruppen, deren<br />
Präsentationen am eindrücklichsten waren, sich mit<br />
einer anderen Gruppe zusammentun und zum gelesenen<br />
Text Haltungen und eine kleine Szene zum Text<br />
entwickeln, die dann stumm, aber zum gelesenen<br />
Text präsentiert wird. Die Lesenden setzen sich in den<br />
Hintergrund und synchronisieren sozusagen laut<br />
genug die Szene im Vordergrund.<br />
Wichtig bei beiden Präsentationen sind Engagement,<br />
Tempo, Empathie, Mut und Glaubhaftigkeit, Lesende<br />
und Spielende müssen ihre jeweilige Figur glaubhaft<br />
und ernsthaft vertreten. Deutlich bei der Übung wird<br />
auch, wie mit den Geschwindigkeiten von Bewegung<br />
und Sprache gespielt werden kann. Wird nur durch<br />
eine Person gesprochen und gehandelt, ist es sehr<br />
viel schwerer, unterschiedliche Geschwindigkeiten<br />
herzustellen und beizubehalten. Die beiden<br />
Geschwindigkeiten nähern sich immer wieder an.<br />
Die Gesamtdauer der Übung beläuft sich auf ca. 30 bis<br />
45 Minuten.<br />
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