WERKBUCH_06_web
WERKBUCH_06_web
WERKBUCH_06_web
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
werkbuch<br />
.<strong>06</strong> 2<br />
Methoden kultureller bildung aus dem<br />
bereich der bildenen kunst<br />
Dieser unberechenbare Moment ist das Schönheit,<br />
vielleicht Poesie oder Kunst? Der nächste Künstler<br />
war Wassily Kandinsky. Er arbeitet auch mit geometrischen<br />
Formen, lässt aber die Spuren der Malerei zu:<br />
Pinselstriche, Wasserränder, Linien und Striche, sein<br />
eigener Duktus sind erkennbar. Der dritte und letzte<br />
Künstler war Paul Klee. Seine Bilder haben eine starke<br />
poetische Komponente. Geometrische Formen und<br />
Farbkontraste setzt er bewusst ein, um seine Träume<br />
und reiche Phantasiewelt darzustellen. (1 UE)<br />
Nun folgte für die Kinder die praktische Tätigkeit.<br />
Nach dem Bild von Paul Klee „Sindbad, der Seefahrer“<br />
sollte ein großes Gemeinschaftswerk entstehen. Das<br />
Bild von Klee vereint eine mathematische Komponente<br />
(geometrische Formen des Hintergrundes,<br />
Farbmischungen vom dunkel nach hell und warm<br />
nach kalt) und eine poetische Komponente: Welle,<br />
Kind, Muster, Seeungeheuer. Den Kindern hat das<br />
Bild sehr gefallen und beflügelte ihre Phantasie, eine<br />
große Mehrheit entschied sich daher für dieses Werk.<br />
Ein großer Bildträger von 1,50m x 2,50m wurde von<br />
mir schon vorbereitet, d.h. mit einer Grundierung<br />
versehen.<br />
Die 27 Kinder wurden in 5 Gruppen aufgeteilt. Eine<br />
Gruppe mischte Farben und malte den Hintergrund.<br />
Die Farben stellten wir selbst aus Tapetenleim, Acrylbinder<br />
und Pigmenten her. Eine der Herausforderungen<br />
beim Malen des Bildgrundes war das Mischen<br />
der Farbnuancen. Die anderen Gruppen stellten in<br />
einer Kombination aus Collage und Zeichnung die<br />
Figuren her, die dann auf den Grund geklebt werden<br />
sollten: Schiffe, Menschen, gute und böse Seeungeheuer.<br />
Die Kinder ließen ihrer Phantasie freien Lauf,<br />
klebten, malten und erfanden ganz eigene Figuren.<br />
Die alleinige Vorgabe war, möglichst geometrische<br />
Formen zu verwenden. Die Platzierung der Figuren<br />
auf dem gemalten Grund war für die Kinder eine<br />
besondere Herausforderung. Jede Arbeitsgruppe<br />
wollte für ihre Werke einen guten zentralen Platz<br />
haben. Manche Kinder mussten zugunsten einer<br />
guten Gesamtansicht des Bildes zurückstecken,<br />
andere ihre Ideen argumentativ verteidigen. Alle<br />
Figuren bekamen auf dem Bild einen Platz. Dieser<br />
praktische Unterrichtsteil umfasste insgesamt 8,5 UE.<br />
Den Abschluss (0,5 UE) bildete eine Rückschau zum<br />
Umsetzungsprozess mit einer Würdigung aller<br />
Arbeiten und deren Zusammenhang zum<br />
Gesamtwerk.<br />
Der Lehrplan für die 4. Klassen beinhaltet u.a. die<br />
einfache Perspektive. Anhand von drei berühmten<br />
Werken aus der Kunstgeschichte, die mit Raumwirkung<br />
spielen, sollten die Kinder den Umgang mit der<br />
perspektivischen Darstellung lernen. In einer kurzen<br />
Einführung wurden den Kindern die Werke vorgestellt.<br />
Sie sollten ihre Beobachtungen mitteilen und<br />
wurden auf Besonderheiten der Darstellungsweise<br />
und des Inhaltes hingewiesen. (1 UE)<br />
Das erste Werk war Diego Velàzquez, „Las Meninas“.<br />
Dieses berühmte Bild aus dem 17. Jahrhundert befindet<br />
sich derzeit im Madrider Prado.<br />
Die interessante räumliche und auch inhaltliche Perspektive<br />
geben bis heute Rätsel auf. Der Maler (Selbstporträt,<br />
links im Bild) malt wahrscheinlich das<br />
Königspaar, welches in einem Spiegel in der Bildmitte<br />
zu sehen ist, oder er malt „Las Meninas“ selbst. Die<br />
Bildbetrachter, also wir, und das Königspaar befinden<br />
sich auf der gleichen Ebene. Der bühnenartige Aufbau<br />
ist in einer klaren Zentralperspektive dargestellt. Das<br />
Bild „Las Meninas“ wurde oft von anderen Künstlern<br />
interpretiert, vor allem von Picasso. Er hat über 40<br />
Varianten angefertigt. Sie sind nummeriert und<br />
heißen „Las Meninas nach Velàzques“. Einige Varianten<br />
schauten wir uns mit den Kindern an. Picassos<br />
Malstil begeisterte sie. Die Bilder sollten den Kindern<br />
die Hemmungen nehmen und eine Umsetzung der<br />
Werke in ihre eigene kindliche Sichtweise ermöglichen,<br />
für sie wichtige Dinge filtern und individuelle<br />
Formen wählen lassen.<br />
Das zweite Bildbeispiel aus der Kunstgeschichte war<br />
der „Grützturm“ von Lyonel Feininger.<br />
Mit einfachen geometrischen Formen wird hier eine<br />
realistische Darstellung erreicht. Durch den Kontrast<br />
von Hell und Dunkel, warmen und kalten Farben<br />
entsteht eine starke Räumlichkeit.<br />
Als drittes Bild wurde den Kindern „ Die persönlichen<br />
Werte“ von René Magritte vorgestellt. Hier sind ebenfalls<br />
die klare Zentralperspektive und damit der<br />
Bühnencharakter auffällig. Der Raum wird im Spiegel<br />
fortgeführt. Die Wände wirken durch die Wolkentapete<br />
offen, die Gegenstände hingegen vermitteln den<br />
Eindruck der Isoliertheit. Es ist der Reiz der Gegensätze<br />
und der Irritationen: ist das Zimmer zu klein<br />
oder Glas, Pinsel, Seife und Kamm zu groß?<br />
Die Kinder sollten sich für eines der drei Werke<br />
entscheiden und es auf ihre Weise interpretieren.<br />
Nach einer kurzen, vereinfachten Erläuterung der<br />
perspektivischen Grundlagen konnte begonnen<br />
werden. Vorgegeben war das Format A3. Die angebotenen<br />
Techniken waren Malerei, Zeichnung oder<br />
Collage. Zu Beginn versuchten die Kinder in Skizzen<br />
das Wesentliche des Bildes zu erfassen. Einige skizzierten<br />
mehrere Bilder ab, um sich dann für eines zu<br />
entschden. Der „Grützturm“ von Feininger und „Die<br />
persönlichen Werte“ von Magritte wurden oft<br />
gewählt, während sich an „Las Meninas“ nur wenige<br />
Kinder heranwagten.Wichtig war die Berücksichtigung<br />
der Perspektive, also ein Boden, auf dem alles<br />
steht, Seitenansichten der Gegenstände und eine<br />
Verjüngung nach hinten. Für viele Kinder war das<br />
perspektivische Zeichnen neu, aber sie bewältigten<br />
dieses Problem, vor allem auch deshalb, weil die<br />
Vorlage bereits ein zweidimensionales Bild war.<br />
Tatsächlich räumliche Gegenstände in der richtigen<br />
Perspektive abzuzeichnen, ist viel schwieriger und<br />
möglicherweise für diese Altersgruppe noch ungeeignet.<br />
Es entstanden sehr unterschiedliche Arbeiten.<br />
Alle interpretierten künstlerisch und individuell die<br />
Werke der „alten“ Meister (6 UE). Als Abschluss<br />
wurden alle entstandenen Werke gemeinsam<br />
betrachtet. Die Kinder hatten Gelegenheit, sich zu<br />
dem eigenen oder auch zu anderen Werken zu äußern.<br />
(1 UE)<br />
48 49