WERKBUCH_06_web
WERKBUCH_06_web
WERKBUCH_06_web
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
werkbuch<br />
.<strong>06</strong> 3<br />
Methoden kultureller bildung aus dem<br />
bereich der Theaterpädagogik<br />
Prozess zu einem gemeinsamen Erkundungsvorgang<br />
machen. Da diese Methoden durch den körperlichen<br />
Einsatz eine gewisse Offenheit voraussetzen, sind<br />
eine gute Klassenatmosphäre und ein vertrauensvoller<br />
Umgang der Schülerinnen und Schüler miteinander<br />
Voraussetzungen für den Einsatz der gespielten<br />
Biologie. In Klassen mit starker Cliquenbildung und<br />
Mobbing-Vorfällen sollte man diese Methoden nicht<br />
oder nur mit großer Vorsicht einsetzen. Die Zeit der<br />
Pubertät ist sicherlich für solche körperbetonten<br />
Methoden schwieriger und erfordert von der Lehrperson<br />
viel Einfühlungsvermögen. Je stärker Klassen<br />
solche methodischen Zugänge gewohnt sind, desto<br />
weniger spielt das Alter eine Rolle.<br />
Einführungsphase: Hilfreich für die Vorbereitung auf<br />
spielerische Arbeitsformen sind Warm-up-Spiele. In<br />
verschiedenen Büchern zu Theater-Workshops sind<br />
solche Warm-Up-Übungen enthalten (z. B. Nunn<br />
1999, Vlcek 20<strong>06</strong>).<br />
Verteilung von verschiedenen Rollen: Bei Projekten<br />
und Aufgaben gibt es fast immer verschiedene Rollen,<br />
die eingenommen werden können. Dies gilt für<br />
größere theatermäßige Projekte, kann aber auch in<br />
kleinen Modelldarstellungen genutzt werden. So gibt<br />
es z. B. diejenigen, die für Skizzen der Bewegungsabläufe<br />
zuständig sind, diejenigen, die die Requisiten<br />
besorgen, diejenigen, die filmen, fotografieren oder<br />
andere Formen der Sicherung der Ergebnisse entwickeln.<br />
Nicht jeder muss im Endprodukt darstellerisch<br />
tätig sein.<br />
Sicherung und Reflexion: Jedes Beispiel gespielter<br />
Biologie muss ausgewertet und dafür dauerhaft aufgezeichnet<br />
oder aufgeschrieben werden. Dies kann<br />
schon Teil der Aufgabenstellung sein oder im Nachhinein<br />
von anderen an diesem Beispiel nicht beteiligten<br />
Schülerinnen und Schüler geschehen. Die Übertra-<br />
gung eines gespielten Modells in ein gezeichnetes<br />
Modell erfordert wiederum Transferleistungen, die<br />
bewusst in den Unterricht einbezogen werden<br />
können. Ein im Unterricht eingesetztes Spiel sollte<br />
mit einer ausführlichen Reflexionsphase abgeschlossen<br />
werden, in der sowohl fachliche als auch<br />
emotionale und soziale Aspekte zur Sprache kommen<br />
können.<br />
Schwierigkeiten und Hindernisse<br />
Unsicherheit der Schülerinnen und Schüler führt zu<br />
Albernheit und zu unangenehmen Situationen. Je<br />
nüchterner die Aufgabenstellung ist, desto stärker<br />
können sich die Schülerinnen und Schüler emotional<br />
distanzieren. Je eher sie die spezifischen Vorteile der<br />
gespielten Biologie verstehen (Modellentwicklung<br />
mit Zeitdimension in Kooperation einer Gruppe)<br />
desto eher werden sie sich darauf einlassen. Anzügliche<br />
Bewegungen und Bemerkungen werden verhindert.<br />
Probleme können auch durch negative<br />
Färbungen bestimmter Organismen oder Prozesse<br />
entstehen (z. B. Affe: «Ich mach mich doch nicht zum<br />
Affen»). Auch dies sollte in der Vorbereitung beachtet<br />
werden.<br />
In der interaktiven Entwicklung von Modellen entstehen<br />
leicht unübersichtliche und unstrukturierte<br />
Situationen (Chaos). Dies ist vielleicht die größte<br />
Gefahr der gespielten Biologie. Zu beachten ist<br />
deshalb:<br />
• klare zeitliche Abfolge von Gruppenprozessen und<br />
Plenum;<br />
• eingebaute Konzentrations- und Ruhephasen<br />
zwischendurch;<br />
• Schülerinnen und Schüler als Spielleiterinnen und<br />
Spielleiter oder Jury benennen, die ordnende Funk<br />
tionen haben.<br />
In den einzelnen Spielbeispielen in diesem Heft<br />
werden hierzu genau Anweisungen und Vorschläge<br />
gegeben. «Rollenspiel kann nur durch Spielen gelernt<br />
werden» (Freudenreich 1983). Die selbständige<br />
Entwicklung von gespielten Modellen biologischer<br />
Sachverhalte ist nur in gewissem Rahmen planbar<br />
und erfordert vom Lehrenden viel Improvisationsvermögen.<br />
Das erfordert Erfahrung, die sich der Lehrende<br />
nur selbst erarbeiten kann. Je stärker Schülerinnen<br />
und Schüler in die Verantwortung einbezogen werden<br />
und ihre Ideen berücksichtigt und wertgeschätzt<br />
werden, desto eher wird dieser Prozess zu einem<br />
gemeinsamen Lernprozess und zu einer «symmetrischen<br />
Kommunikation» (Stuckenhoff 1983).<br />
Claudia Wulff:<br />
• Jahrgang 1954, Studium der Diplombiologie,<br />
Medizin und Landwirtschaft<br />
• Nach dem Studium Mitarbieterin an der<br />
Biologischen Bundesanstalt Braunschweig<br />
• Verschiedene kreative Projekte, u.a. Theaterprojekte<br />
mit Kindern.<br />
• 2005-2008 Lehrkraft in der Drogenhilfe<br />
Nordhessen e.V.<br />
• 2008 Promotion in der Didaktik der Biologie an<br />
der Universität Kassel<br />
• Seit 2008 Wissenschaftliche Mitarbeiterin mit<br />
Schwerpunkt Evolution und Umweltbiologie<br />
• Seit 2010 Leiterin der Experimentier-Werkstatt<br />
Biologie FLOX der Universität Kassel<br />
Kontakt:<br />
Claudia Wulff:<br />
Universität Kassel, FB 10<br />
Didaktik der Biologie<br />
Heinrich-Plett-Str.40<br />
34132 Kassel<br />
Tel.: 0561 804-4523<br />
E-Mail: claudia.wulff@uni-kassel.de<br />
70 71