WERKBUCH_06_web
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werkbuch<br />
.<strong>06</strong> 5<br />
Methoden kultureller bildung aus dem<br />
bereich der Musik<br />
man diesem Reiz begegnen, den Kinder gerne im Spiel<br />
erzeugt beispielsweise ein geheimnisvolles Flüstern<br />
duktion, verhindern das Weglassen wichtiger Mor-<br />
eintauchen. Eine spielerische Möglichkeit eines<br />
nutzen. Doch was hat es – abgesehen von dem<br />
eine andere Körpersprache als ein lautes Rufen.<br />
pheme und Funktionswörter und unterstützen die<br />
solchen „Warming-Ups“ ist der so genannte Echoka-<br />
Kinderspiel „Boden berühren verboten“ – mit dieser<br />
Situation auf sich? Plötzlich größer als Erwachsene zu<br />
Sprachbildung durch Singen<br />
Merkfähigkeit.<br />
• Häufiges Singen führt zu einer kindgemä-<br />
talog. Unter Echo ist hier die Methode der Imitationstechnik<br />
zu verstehen. Der Katalog ist quasi der Werk-<br />
sein und so zu singen, verändert die Körperhaltung<br />
ßen Form der Wiederholung und des Übens von<br />
zeugkasten, aus dem man sich für die jeweilige Situa-<br />
der Kinder. Sie werden äußerlich und damit zugleich<br />
Sprache und Sprechen sind Grundlagen der mensch-<br />
Sprachstrukturen.<br />
tion das Passende heraussucht. Über das Vor- und<br />
auch innerlich größer. Ihre Haltung und Aufrichtung<br />
lichen Kommunikation und von größter Bedeutung<br />
• Kindern mit nicht-deutscher Muttersprache geben<br />
Nachmachen wird der Körper im Sinne von Disposi-<br />
sind entsprechend der Disposition ihres Körpers<br />
für die ganzheitliche Persönlichkeitsentwicklung des<br />
Lieder und Reime Sicherheit<br />
tion aufgewärmt, das Ohr für Klänge, Tonhöhen etc.<br />
deutlich sichtbar. Und besonders hier zeigt sich die<br />
Kindes. Melodie, Rhythmus und Akzentuierung sind<br />
• Durch die Kopplung von Sprache und Musik,<br />
sensibilisiert und die Stimme über verrückte Laute<br />
wechselseitige Beeinflussung von innerer und äußerer<br />
die Klangmerkmale (prosodische Elemente) von<br />
kontrolliert durch das Ohr, wird die Fähigkeit der<br />
bzw. Sätze oder auch experimentell mit Hilfe spieleri-<br />
Haltung in Verbindung mit dem Stimmklang: Die<br />
Sprache. Sie sind der Schlüssel, mit dessen Hilfe sich<br />
sensorischen Differenzierung trainiert, die wie-<br />
scher Stimmbildung herausgefordert. Und dies immer<br />
Erfahrung, „über der Sache zu singen“, führt bei<br />
das Kind Informationen über die Sprache erschließt,<br />
derum für die richtige Speicherung des Gehörten<br />
in Verbindung mit den Parametern der Musik:<br />
vielen Kindern ganz natürlich zu einer freieren<br />
die es umgibt.<br />
benötigt wird.<br />
Dynamik, Tempo und Artikulation.<br />
Stimme, die sie zunächst eher unbewusst erleben.<br />
Gleichzeitig löst die Freude am Reiz der erhöhten<br />
Die Sprechsilbe als rhythmische Sprecheinheit und<br />
• Lieder stimulieren die Motorik, die auf ihre Weise<br />
den Lernprozess und das Erinnern des Gelernten<br />
Hoch und Tief<br />
Raumebene bei Schülerinnen und Schülern meist<br />
als Hilfsmittel zur weiteren lautlichen Analyse ist den<br />
unterstützt.<br />
einen helleren und strahlenderem Stimmklang aus.<br />
Kindern relativ leicht zugänglich ist. Fingerspiele,<br />
Die Schulung der auditiven Wahrnehmung sollte mit<br />
Auch das Volumen und die Intensität der Stimme<br />
Abzählverse, Sprechverse, Sprechkanons und Bewe-<br />
Nicht vergessen werden soll in diesem Zusammen-<br />
der Zeit so weit entwickelt werden, dass Kinder<br />
nehmen unbewusst zu. Viele Erwachsene kennen das<br />
gungslieder nutzen die Silbe als rhythmische Einheit.<br />
hang, dass Kinder an Sprachspielen über die Freude<br />
Tonhöhen unterscheiden können. Dabei verwenden<br />
Phänomen, dass Kinder, wenn man zu ihnen sagt:<br />
Da die Silbe an sich keine Bedeutung trägt, wird an<br />
am Klang zum aktiven Sprechen angeregt und sie so<br />
sie statt der Begriffe „hoch“ und „tief“ im Regelfall<br />
„Singt doch mal lauter/kräftiger!“, eher ins Pressen<br />
dieser Stelle die Bedeutungsebene des Wortes<br />
in ihrer Sprachentwicklung gefördert werden. Spre-<br />
die Begriffe „hell“ und „dunkel“, was tatsächlich viel<br />
oder gar Schreien geraten, statt kraftvoller und volu-<br />
verlassen und die Aufmerksamkeit auf den Klang des<br />
chen entwickelt sich durch Sprechen, durch den<br />
näher liegt. Über Höraufgaben, wie z. B. Richtungs-<br />
minöser zu singen. Das Alltagsspiel der Kinder „Boden<br />
Wortes gelenkt. Sprachspiele, die auf Silben- oder<br />
aktiven Sprachvollzug in der lebendigen Kommuni-<br />
hören oder das Unterscheiden und Benennen von<br />
berühren verboten“ löst hier eine neue Form von<br />
Reimebene basieren, können im Grundschulbereich<br />
kation und nicht durch das Hören von Sprache in den<br />
Raum- oder Instrumentenklängen, lernen Kinder mit<br />
qualitativer Stimmarbeit aus.<br />
dem Kind große Hilfe sein, grobe Segmentierungs-<br />
Medien oder allein vor dem Computer.<br />
der Zeit auf spielerische Weise, Klangstäbe zu unter-<br />
Stimmbildung in verschiedenen<br />
Spielformen<br />
strategien zu entwickeln, wie z. B. die phonologische<br />
Bewusstheit im engeren Sinn.<br />
Hieraus ergibt sich die didaktische Konsequenz, dass<br />
Spielangebote mit Tanz, Musik und Sprachspielen,<br />
scheiden, deren Töne abzunehmen und nachzusingen.<br />
Dies<br />
führt dann unter anderem dazu, dass der Anfangston<br />
Welche Bedeutung haben Musik und insbesondere<br />
quasi einen ganzheitlichen Powercocktail für die<br />
eines Liedes gezielt übernommen werden kann.<br />
Alltagssituationen der Kinder, an denen man in musi-<br />
Lieder für die Sprachentwicklung?<br />
sprachliche Entwicklung, insbesondere auch für<br />
kalischer Hinsicht ansetzen kann, sind z. B. das<br />
Kinder, die Deutsch als Zweitsprache erlernen,<br />
Erfinden und Erzählen von Geschichten sowie Rollen-<br />
• Sprache und Musik sind enge Verwandte. Beide<br />
darstellen.<br />
spiele. Diese entstehen oft in den Verkleidungsecken<br />
oder im Spiel mit Handpuppen. In diesen Spielformen<br />
unterliegen den Regeln der Prosodie, (Melodie,<br />
Rhythmus, Kontrast) werden durch den Atem gere-<br />
Beispiele aus der Praxis<br />
setzen die Kinder ihre Stimme bewusst ein – sei es<br />
gelt und neurologisch identisch verarbeitet.<br />
Echokatalog<br />
beim geheimnisvollen Erzählen oder beim Charakte-<br />
• Reime und Lieder vermitteln Wortschatz und gram-<br />
Das Singen eines Begrüßungsliedes ist ein häufig<br />
risieren ihrer erdachten Figuren: Sie kichern, flüstern,<br />
matische Formen. Kinder können beim Sprechen<br />
genutztes Eröffnungsritual beim Musizieren mit<br />
rufen, färben ihre Stimme hoch oder tief, sprechen<br />
und Singen sprachliche Strukturen übernehmen,<br />
Kindern. Häufig zeigt sich jedoch, dass die Kinder zu<br />
schnell oder bewusst langsam, verbinden Worte<br />
die noch zum Repertoire ihrer Spontansprache ge-<br />
Beginn noch nicht ganz „anwesend“ sind. Ihre<br />
entsprechend einem musikalischen Legato oder<br />
hören. Gerade Kinder, die Deutsch als Zweitspra-<br />
Stimmen sind zum Singen noch nicht „angewärmt“<br />
entwickeln eine Art Robotersprache im Sinne eines<br />
che erwerben, können so spielerisch eine Unter-<br />
und das „äußere“ und „innere“ Ohr noch nicht für<br />
Staccato. Beobachtet man die Kinder in solchen Situ-<br />
stützung erfahren.<br />
das Musizieren sensibilisiert. Daher sollte die Eröff-<br />
ationen, erkennt man, dass ihr Stimmklang und ihre<br />
• Singen fördert die Artikulation, die Intonati-<br />
nung einer Musikstunde mit einer kleinen Aufwärm-<br />
Sprechart gleichzeitig ihre Körperhaltung, ihren<br />
on und den Sprachrhythmus. Reim, Rhythmus<br />
runde für Körper, Ohr und Stimme beginnen, durch<br />
Körperausdruck und ihre Gestik beeinflussen. So<br />
und Bewegung unterstützen die genaue Repro-<br />
die die Kinder allmählich in die Welt der Musik<br />
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