Operation âHerzintelligenzâ - Haufe.de
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Befun<strong>de</strong>n und <strong>de</strong>n erfahrungsbedingten<br />
persönlichen Annahmen o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n vorhan<strong>de</strong>nen<br />
Kenntnissen von Praktikern<br />
bestehen. Rousseau und McCarthy geben<br />
in diesem Zusammenhang zu be<strong>de</strong>nken,<br />
dass „Management“ kein Beruf mit etablierten<br />
rechtlichen und ethischen Anfor<strong>de</strong>rungen<br />
ist, mit einem prüfbaren Curriculum<br />
in Aus- und Weiterbildung, wie<br />
beispielsweise in <strong>de</strong>r Medizin.<br />
Oftmals sind die Akteure in <strong>de</strong>r Praxis<br />
über evi<strong>de</strong>nte Instrumente und Vorgehensweisen<br />
im Personalbereich nicht ausreichend<br />
informiert. Nur ein Bruchteil <strong>de</strong>r<br />
HR-Verantwortlichen liest regelmäßig empirische<br />
Literatur, obwohl sie Zugang zu<br />
<strong>de</strong>n entsprechen<strong>de</strong>n Zeitschriften haben<br />
und einige davon zumin<strong>de</strong>st kennen, so<br />
Rousseau. Mittlerweile gibt es viele wissenschaftlich<br />
fundierte Erkenntnisse zur<br />
Gestaltung von Personalauswahl-, Personalbeurteilungs-<br />
und Personalentwicklungsprozessen.<br />
Möglicherweise lässt<br />
sich durch eine systematische Aufbereitung<br />
dieses Wissens in sowohl verständlicherer<br />
als auch erkennbar systematisch<br />
überprüfter Art und Weise, zum Beispiel<br />
über geeignete Internet-Plattformen<br />
schon eine erste Hür<strong>de</strong> nehmen.<br />
Die mangeln<strong>de</strong> Verbindung von wissenschaftlichen<br />
Forschungsergebnissen und<br />
<strong>de</strong>m Vorgehen in <strong>de</strong>r Praxis, insbeson<strong>de</strong>re<br />
im HR-Bereich, geht auch auf oftmals<br />
wenig för<strong>de</strong>rliche Gegebenheiten<br />
in <strong>de</strong>n Unternehmen selbst zurück. Viele<br />
HR-Verantwortliche sind gar nicht in <strong>de</strong>r<br />
Lage, EbM in ihrem Zuständigkeitsbereich<br />
umzusetzen, da sie meist nur administrative<br />
Aufgaben zu erfüllen haben.<br />
Autoren<br />
Prof. Dr. Felix<br />
Brodbeck<br />
hat <strong>de</strong>n Lehrstuhl<br />
für Wirtschafts- und<br />
Organisationspsychologie<br />
<strong>de</strong>r Ludwig-Maximilians-Universität<br />
München inne. Zuvor war er für<br />
die Aston Business School und in leiten<strong>de</strong>n<br />
Funktionen <strong>de</strong>s Globe-Projekts<br />
tätig.<br />
brodbeck@lmu.<strong>de</strong><br />
Auch sind viele Verantwortliche <strong>de</strong>r Meinung,<br />
dass keine beson<strong>de</strong>re Ausbildung<br />
o<strong>de</strong>r spezifisches Wissen in sozial- und<br />
organisationswissenschaftlichen Bereichen<br />
erfor<strong>de</strong>rlich ist, um ein gutes Personalmanagement<br />
betreiben zu können.<br />
Gutes HR-Management setzt jedoch eine<br />
hoch qualifizieren<strong>de</strong> Ausbildung gepaart<br />
mit langjähriger Erfahrung voraus. Nicht<br />
vergessen wer<strong>de</strong>n darf dabei, dass es die<br />
Aufgabe von Hochschulen und <strong>de</strong>n dort<br />
tätigen Professoren und Dozenten ist, <strong>de</strong>n<br />
Stu<strong>de</strong>nten die wichtigsten Erkenntnisse<br />
aus <strong>de</strong>r Forschung und <strong>de</strong>n zugrun<strong>de</strong> liegen<strong>de</strong>n<br />
Theorien zu vermitteln.<br />
Die Verwirklichung von evi<strong>de</strong>nzbasiertem<br />
Personalmanagement und entsprechen<strong>de</strong>r<br />
Personalent wick lung ist noch<br />
keine Garantie, dass ein Unternehmen<br />
wirtschaftlich erfolgreich ist. Dazu ist die<br />
Realität von Wirt schafts sys temen und Organisationen<br />
zu komplex – wie auch <strong>de</strong>r<br />
menschliche Körper zu komplex ist, um<br />
mit einer Pille von allen Krankheiten geheilt<br />
zu wer<strong>de</strong>n. Aber durch EbM wer<strong>de</strong>n<br />
die Voraussetzungen geschaffen, mit <strong>de</strong>r<br />
wichtigsten Ressource im Unternehmen,<br />
nämlich <strong>de</strong>m Personal, durch Einsatz von<br />
qualitativ hochwertigen Instrumenten<br />
und Vorgehensweisen transparent, verantwortungsvoll<br />
und fair umzugehen.<br />
Noch besteht einige Kritik am<br />
Konzept <strong>de</strong>s EbM<br />
Dr. Ralph Woschée<br />
ist Aka<strong>de</strong>mischer<br />
Rat am Lehrstuhl<br />
für Wirtschafts- und<br />
Organisationspsychologie<br />
<strong>de</strong>r Ludwig-Maximilians-Universität<br />
München (LMU). Er hat an <strong>de</strong>r<br />
LMU Psychologie und Soziologie studiert<br />
und dort promoviert. Seit 2001 ist<br />
er außer<strong>de</strong>m als freiberuflicher Unternehmensberater<br />
tätig.<br />
woschee@psy.lmu.<strong>de</strong><br />
Quelle. Der Artikel ist in einer längeren<br />
Fassung im Fachbuch „Personalentwicklung<br />
2013“ (<strong>Haufe</strong>, 2012) erschienen.<br />
Natürlich gibt es auch viele Kritiker <strong>de</strong>s<br />
Konzepts von EbM. Ein zentraler Kritikpunkt<br />
richtet sich gegen die Gewinnung<br />
von relevanter Evi<strong>de</strong>nz selbst. Im Managementbereich<br />
ist es ungleich schwieriger,<br />
allgemeingültige Fakten o<strong>de</strong>r Erkenntnisse<br />
zu erzeugen, als in Bereichen<br />
wie zum Beispiel <strong>de</strong>r Medizin o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />
Physik. Quasi-Experimente sowie Interventions-<br />
und Feldstudien lassen sich nur<br />
schwer durchführen und höchste Qualitätsstandards<br />
<strong>de</strong>s wissenschaftlichen<br />
Arbeitens, wie zum Beispiel das randomisierte<br />
Zuordnen von Proban<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r<br />
gar Doppelblindverfahren sind nicht realisierbar.<br />
Zu<strong>de</strong>m wird beim EbM langjährige Erfahrung<br />
und Intuition von <strong>de</strong>r Anwendungsforschung<br />
zu wenig berücksichtigt.<br />
Simple Heuristiken, so <strong>de</strong>r Max-Planck-<br />
Direktor Gerd Gigerenzer, und intuitive<br />
Entscheidungen, so <strong>de</strong>r Nobelpreisträger<br />
Daniel Kahneman, können unter bestimmten<br />
Voraussetzungen zu ähnlichen,<br />
oftmals sogar besseren Entscheidungen<br />
führen als wissenschaftlich abgesicherte<br />
und komplexe Entscheidungsprozeduren.<br />
Auch wird EbM in <strong>de</strong>r Praxis als zu aufwendig<br />
und sperrig empfun<strong>de</strong>n, sowie<br />
die Sprache <strong>de</strong>r Wissenschaft zu unverständlich.<br />
Jedoch zeigen unsere Erfahrungen<br />
aus Kooperationsprojekten mit<br />
Unternehmen, dass es zu einer für bei<strong>de</strong><br />
Seiten sehr fruchtbaren Zusammenarbeit<br />
kommen kann – sobald die gegenseitigen<br />
Vorurteile abgebaut wur<strong>de</strong>n und sich eine<br />
Wertschätzung <strong>de</strong>r Perspektive <strong>de</strong>s jeweils<br />
an<strong>de</strong>ren entwickelt hat.<br />
Die genannten Kritikpunkte mögen als<br />
Ansatzpunkte verstan<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n, um in<br />
einen gemeinsamen Diskurs über EbM<br />
einzutreten und die Verbindung von Forschung<br />
und Praxis zu för<strong>de</strong>rn.<br />
Felix Brodbeck, Ralph Woschée<br />
02_2013 wirtschaft+weiterbildung 27