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10 Frauenzentrierte Ansätze in der Gesundheitsförderung und in der ...

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620 Bericht zur ges<strong>und</strong>heitlichen Lage von Frauen <strong>in</strong> Deutschland<br />

Verfahren haben, die auf Frauen als Sachzwang wirken. Im Endeffekt stellen die befragten<br />

Expert<strong>in</strong>nen fest, daß Frauen nur selten e<strong>in</strong>e Entscheidung über den E<strong>in</strong>griff <strong>in</strong><br />

bewußter Kenntnis <strong>der</strong> Gründe dafür <strong>und</strong> <strong>der</strong> Risiken treffen. E<strong>in</strong> gewichtiger Anteil <strong>der</strong><br />

Arbeit mit Frauengruppen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Rehabilitationskl<strong>in</strong>ik wie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Selbsthilfe besteht<br />

dar<strong>in</strong>, das Wissen zu vermitteln, das für e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>formierte Zustimmung eigentlich vorher<br />

notwendig gewesen wäre.<br />

Bei vorsichtiger Bewertung des Materials dieser Erhebung ersche<strong>in</strong>t die E<strong>in</strong>schätzung<br />

begründet, daß schon bei dem unbestimmten Verdacht, es könne möglicherweise e<strong>in</strong><br />

Krebs vorliegen, sowohl die betroffene Frau wie auch ihre Ärzt<strong>in</strong> o<strong>der</strong> ihr Arzt unter<br />

extrem hohen Handlungsdruck gerät, als sei höchste Eile geboten. Hierfür spricht nicht<br />

alle<strong>in</strong> das Fehlen <strong>der</strong> sonst charakteristischen Themen <strong>der</strong> frauenzentrierten Praxis <strong>in</strong><br />

diesem Bereich, wie z. B. die ruhige Aufklärung über Alternativen <strong>und</strong> die Stärkung <strong>der</strong><br />

Eigenentscheidung <strong>der</strong> Frau; diese Aspekte tauchen allenfalls <strong>in</strong> bezug auf die Mammographie<br />

<strong>und</strong> die Selbstuntersuchung <strong>der</strong> Brust auf, wenn noch ke<strong>in</strong> auffälliger Bef<strong>und</strong><br />

<strong>und</strong> ke<strong>in</strong>e Beschwerden vorgekommen s<strong>in</strong>d.<br />

Die Atmosphäre von Angst <strong>und</strong> Zeitdruck, die von <strong>der</strong> Möglichkeit <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e des<br />

Brustkrebses erzeugt wird, wurde <strong>in</strong> den Gruppengesprächen mit betroffenen Frauen<br />

sehr deutlich. Alle fünf Frauen hatten die Art des E<strong>in</strong>griffs als nicht verhandelbaren<br />

Sachzwang wahrgenommen. Ihrer Er<strong>in</strong>nerung nach wurde ihnen gesagt, sie hätten angesichts<br />

des Bef<strong>und</strong>es „ke<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Wahl“ bzw. die Ärzte hätten „ke<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Möglichkeit“.<br />

Ihnen wurde e<strong>in</strong> höchst bedrohliches Bild vermittelt („die Krebszellen stehen<br />

schon <strong>in</strong> den Startlöchern <strong>und</strong> wenn Invasion ...“). Ihnen wurde, so berichten sie es aus<br />

<strong>der</strong> Sicht als Patient<strong>in</strong>, e<strong>in</strong>e sofortige E<strong>in</strong>willigung zum vorgeschlagenen E<strong>in</strong>griff abverlangt:<br />

„ich mußte mich <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong> paar M<strong>in</strong>uten entscheiden“, „ich mußte sofort ...“.<br />

Von e<strong>in</strong>er Entscheidung zwischen Alternativen berichtet nur diejenige Frau, die das<br />

„Schnellschnittverfahren“ erlebte: Hierbei wird die Diagnose anhand des histologischen<br />

Bef<strong>und</strong>es gestellt, während die Frau unter Narkose ist, <strong>und</strong> bei Karz<strong>in</strong>om dann gleich<br />

operiert. Nicht über dieses Vorgehen, son<strong>der</strong>n über den eventuell anschließenden Brustaufbau<br />

sollte sie sich vorher entscheiden: „Also wenn man jetzt die Brust hätte amputieren<br />

müssen, dann hätte ich gleich sagen müssen, ob ich e<strong>in</strong> Implantat o<strong>der</strong> irgendwas<br />

aus dem Rücken möchte. Ich sage: ‚Da muß ich mich entscheiden. Habe ich denn e<strong>in</strong>en<br />

Tag Bedenkzeit‘ - ‚Ja.‘ Und dann habe ich das mit me<strong>in</strong>em Mann durchgesprochen.<br />

Und da habe ich gesagt: ‚Ne<strong>in</strong>, ich möchte das nicht.‘ Und dann b<strong>in</strong> ich am nächsten<br />

Tag operiert worden.“<br />

Ke<strong>in</strong>e <strong>der</strong> Patient<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> dieser Gruppe nennt e<strong>in</strong>en Gr<strong>und</strong>, warum sie über e<strong>in</strong>en<br />

gravierenden E<strong>in</strong>griff ohne Bes<strong>in</strong>nungszeit entscheiden mußte; ke<strong>in</strong>e hatte die Chance,<br />

e<strong>in</strong>e zweite Me<strong>in</strong>ung zu hören. So ist es nicht verwun<strong>der</strong>lich, wenn e<strong>in</strong>e Expert<strong>in</strong><br />

berichtet, daß <strong>in</strong> den Selbsthilfegruppen „die Frauen sich gegenseitig angehört haben<br />

mit Staunen, was den e<strong>in</strong>zelnen gesagt worden ist, was nicht, <strong>und</strong> wie operiert wurde ...<br />

Das ist <strong>der</strong> pure Zufall, wie die Frauen behandelt werden.“

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